Das Centrum des englischen Kornhandels
Ich war zu Anfang dieses Jahres in der Nähe des Towers beschäftigt gewesen und der Zufall führte mich durch Mark-Lane, eine der unweit der Bank von England zwischen Great-Towerstreet und Fenchurchstreet den Mittelpunkt des Londoner Großhandels durchschneidenden Gassen, zurück, die meist aus Reihen kolossaler Waarenhäuser bestehen. Hier wurde meine Aufmerksamkeit durch das lebhafte Menschengedränge an dem Eingang eines großen Gebäudes gefesselt. Ich ging auf die gegenüberliegende Seite der Straße und sah mir die Fronte des Gebäudes an. Ein Blick durch eine rings von Fenstern umgebene Vorhalle zeigte mir, daß das Innere in zwei Theile getheilt sei, und in höchst auffallender Weise schied auch die Architektur der Außenseite sich in zwei schroff begrenzte Theile ab. Ueber der Vorhalle zur Rechten die Ziegelsteinfronte eines dreistöckigen Gebäudes im einförmigsten Casernenstyl; links, ohne jeden Uebergang mit diesem Bau verbunden, die Portlandsteinfronte eines von sechs dorischen Säulen getragenen griechischen Tempels. Niemand hätte auf den ersten Blick denken sollen, daß diese dreistöckige Caserne und jener griechische Tempel ein und demselben Zwecke bestimmt seien. Aber da stand dieser Zwitter von einem Gebäude als unleugbare, monumentale Thatsache und in dem Giebelfelde der Tempelfronte waren die Worte eingegraben: „Corn Exchange. Erected pursuant to Act of Parliament. 1828“ (Korn-Börse. Errichtet nach Parlamentsbeschluß), während an dem Eingang der Casernenfronte ein messingenes Schild die Worte trug: „Corn Exchange Hotel“. Ich befand mich vor der Londoner Kornbörse, dem Centrum des englischen Getreidehandels, und nach dem Zudrang von außen und dem Gedränge im Innern zu schließen, war es ein Markttag.
Ich war nicht in Eile und beschloß daher, diese Gelegenheit zu benutzen und mir die Kornbörse mit ihrem Leben und Treiben genauer zu betrachten. Ich bereute auch meinen Entschluß nicht. Denn ich sah eines der eigenthümlichsten Bilder des großstädtischen Lebens der Londoner City, und da der Zutritt keine besondere Erlaubniß erfordert, sondern Jedermann freisteht, lade ich den Leser ohne weitere Ceremonie ein, mich in die Kornbörse zu begleiten.
Wir treten ein durch die schon erwähnte fensterumgebene Vorhalle und schon hier bietet sich uns ein äußerst belebter Anblick dar. In buntem Gemisch drängen sich um uns Gruppen von Männern, dergleichen man an der Geld- und Actienbörse nie zu Gesicht bekommt und die sich sofort als die arbeitende Classe des Kornhandels zu erkennen geben: Bootleute in blauem Schifferanzug, die ihre Kähne zum Transport auf der Themse bereit halten; Müllerknechte in mehlbestäubten Kleidern und Farmersknechte im Bauernkittel, die den Befehl ihrer im Innern beschäftigten Herren erwarten; Lastträger und Laufburschen in Barchent, die zur Ausführung aller möglichen Aufträge bereit sind. An ihnen vorbei wogt der rauschende Strom der Börsenmänner nach und von dem Innern der Börse hin und her. So gut es gehen will, drängen wir uns durch das Menschengewühl in die innere Börse ein. Es ist dies die alte Kornbörse, im Unterschied von der neuen, deren Datum im Giebelfelde der griechischen Tempelfronte bereits angeführt wurde, obgleich auch die alte Kornbörse nicht sehr alt ist. Noch zu Anfang des vorigen Jahrhunderts nämlich gab es so gut wie gar keinen Kornmarkt in London. Korn wurde allerdings an einem besonderen Platze, an dem Bear Quay in Thamesstreet, und Mehl in Queenhithe und Holborn-Bridge gekauft und verkauft, aber das Factorei- und Agentursystem, wodurch heutzutage die Handelsoperationen so wunderbar erleichtert werden und welches in der Kornbörse sein Hauptorgan besitzt, war so gut wie unbekannt. Einige Farmer aus Essex legten, so heißt es, die erste Grundlage dazu, indem sie, meist in Gasthäusern, in verschiedenen Theilen der City Agenturlocale für den Kornhandel errichteten.
Von diesen zerstreuten Agenturlocalen zu der Gründung einer Kornbörse war dann nur ein Schritt. Man hatte den schlauen Gedanken, daß der Kornhandel an Bequemlichkeit und Ausdehnung gewinnen müsse, wenn die einzelnen Agenturen in einem gemeinsamen Centrum vereinigt würden, und errichtete, um dies Ziel zu erreichen, im Jahre 1747 die alte Kornbörse in Mark-Lane. Inzwischen aber nahm der englische Ackerbau und mit ihm der Kornhandel von Jahr zu Jahr größere Verhältnisse an. Während zu Ende des siebenzehnten Jahrhunderts England eine Jahresernte von durchschnittlich vierzehn Millionen Scheffeln Weizen erzeugte, belief sich zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts der Jahresertrag derselben Korngattung auf hundert Millionen Scheffel, und die Räumlichkeiten der alten Kornbörse wurden für die so gewaltig angewachsenen Bedürfnisse des Handels allgemein als unzureichend erkannt. Die Schwierigkeit, innerhalb der Börse Plätze für die Ausstellung von Kornarten zu erhalten, war zuletzt so groß, daß angesehene Kaufleute zehn bis zwanzig Jahre darauf zu warten hatten und Bureaus in den anliegenden Häusern miethen mußten. Andere machten ihre Geschäfte nach der urväterlichen Farmer-Methode in Wirthshäusern, noch Andere auf offener Straße oder in den Passagen und Höfen, die nach Mark-Lane auslaufen. Um so schreienden Uebeln abzuhelfen, trat im Jahre 1825 ein Comité zur Beförderung der Anlage einer neuen Kornbörse zusammen und drei Jahre später wurde das Gebäude mit der griechischen Tempelfronte vollendet. Die Abschaffung der Kornschutzzölle im Jahre 1849 und der dadurch bewirkte mächtige Aufschwung des englischen Kornhandels machte endlich ein Jahr später (1850) die Zufügung eines neuen Hintergebäudes nothwendig – ein Ereigniß in der Geschichte der Kornbörse, mit welchem ihre äußere Entwickelung, wie sie gegenwärtig dasteht, beschlossen wurde.
Aber wir befanden uns bereits in dem Gedränge am Eingang zu der alten Kornbörse. Folgen wir denn nach diesem historischen Rückblick ohne weiteren Verzug dem Menschenstrome vor uns und sehen das gegenwärtige Treiben im Innern an. Daß Markttag war, zeigte der erste Blick und ich erfuhr außerdem, daß es der Hauptmarkttag der Woche sei, daß ich mithin zu keiner gelegneren Zeit hätte kommen können als heute. Der wöchentlichen Markttage in Mark-Lane sind nämlich drei: Montag, Mittwoch und Freitag; aber der größeste ist der Montag und Montag war heute. Die Eindrücke beim ersten Eintritt sind doppelter Natur. Man sieht vor sich ein unruhig wogendes Meer von Köpfen und hört um sich her ein dumpfes Rauschen, wie die Brandung von Meereswellen. Indem man nun vorwärts drängt, fühlt man sich selbst einen Augenblick von diesem Meere verschlungen und von diesem Wellenrauschen übertäubt. Aber allmählich sondert das unterschiedslose Gedränge sich in die Gruppen und Charaktergestalten der Börsenmänner, das Rauschen der Brandung löst sich in vernehmbare Conversation und articulirte Laute auf, und gemächlich hin und her wandernd gewinnen wir nach und nach eine Vorstellung von dem innern Arrangement und dem commerciellen Mechanismus der Börse.
Man denke sich das Innere einer Basilika, von etwa hundertundfünfzig Fuß Länge, fünfzig Fuß Breite und dreißig Fuß Höhe. Man theile diesen Raum der Länge nach durch zwei Reihen von je elf ionischen Säulen in ein Hauptschiff und zwei Seitenschiffe, scheide das Hauptschiff der Breite nach durch vier Mal vier Säulen in fünf Abtheilungen, von denen die erste aus einer die volle Breite des Gebäudes einnehmenden Vorhalle, die zweite aus einer durch ein achteckiges kuppelförmiges Fensterdach überwölbten Art Taufcapelle, die dritte aus einer der Vorhalle entsprechenden Passage, die vierte aus einer andern achteckigen Taufcapelle und die fünfte wieder aus einer der Vorhalle entsprechenden Passage besteht; man denke sich endlich diesen ganzen Raum, Hauptschiff, Seitenschiffe und Passagen, von oben her erleuchtet – und man wird von der innern architektonischen Ausstattung der alten Kornbörse ein ziemlich treues Bild haben. Ringsherum, den beiden Längenseiten und der Hinterwand der Börse entlang, erheben sich die sogenannten Stands oder Verkaufplätze der Kornhändler. Es sind dies völlig gleichmäßig angelegte Structuren aus dunkelm Holz, von je höchstens fünf Fuß Länge und vier Fuß Breite, Structuren, deren erster Anblick an nichts mehr erinnert, als an altmodische Kirchenstühle, mit hohen Hinter- und Seitenlehnen. Der Unterschied ist nur der, daß diese Verkaufsplätze der Kornbörse außer den Bänken auch mit kleinen Schubfächern und Schreibepulten versehen sind und statt des Bücherpults einen Ladentisch haben. Auf den Bänken nun sitzen die Kornhändler und auf den Ladentischen stehen große [576] und kleine Säcke und Beutel, alle geöffnet und alle angefüllt mit Proben aller möglichen cerealischen Erzeugnisse. An einigen der Stands bemerkt man außerdem Hinterthüren, die sich entweder in kleine Vorrathsstübchen öffnen, welche nach der Marktzeit zur Aufbewahrung der Proben dienen, oder in Privatzimmerchen, wo der Großhändler seine Correspondenz besorgt, oder mit seinen Kunden wichtige Geschäfte in Ruhe bespricht. Doch diese Stands an den Wänden sind nicht die einzigen Verkaufsplätze. Verkaufsplätze anderer Art befinden sich an den Säulen im innern Raum der Börse. Dort sind es keine hochlehnigen Stühle, Bänke und Tische, sondern kreisrunde, der Form der Säulen angepaßte Holzladen, die ungefähr zwei Fuß hoch bei etwa zwölf Fuß Umfang auf dem Boden ruhen. Ueber diesen untersten und breitesten Laden erheben sich ähnliche von geringerem Umfang; über diesen wieder kleinere im verjüngtesten Maßstabe. Die Kaufleute stehen daneben, und den Verkaufstellen entsprechend, sieht man die untersten Läden mit den größeren Kornsäcken angefüllt, indeß die kleineren und kleinsten im Verhältniß von unten nach oben folgen. Wie sich von selbst versteht, trägt jeder Verkaufsplatz, an den Säulen wie an den Wänden, Schilder mit den Namen der Firmen, deren Waaren ausgestellt sind. Ich betrachtete mir eine Anzahl derselben, um womöglich fremde, deutsche Namen zu entdecken, war jedoch in diesem Bemühen nicht erfolgreich, obgleich die einzigen nicht englischen Worte, die mir in dem Sprachgewirr zu Ohren kamen, deutsche Worte waren. Auch von der israelitischen Physiognomie, die man sonst gewöhnlich mit der Vorstellung einer Kornbörse in Verbindung setzt, fand ich keine Spur. Dagegen wurde ich durch eine andere Einrichtung befähigt, auf den Umfang des in der alten Kornbörse getriebenen Handels einen Schluß zu ziehen. Die Verkaufsplätze sind nämlich außer mit den Namen der Firmen auch mit fortlaufenden Nummern versehen und die höchste mir zu Gesicht kommende Nummer war die Zahl vierundachtzig, woraus sich die bemerkenswerthe Thatsache ergiebt, daß innerhalb der alten Kornbörse nicht weniger als vierundachtzig Kornhandlungshäuser en gros vertreten sind.
Um diese Verkaufsplätze herum, durch das Hauptschiff, durch die Seitenschiffe, durch die Passagen, drängt und wogt der summende geschäftige Menschenschwarm, der die Börse am Markttage füllt. Neben dem eleganten, feingekleideten Citymann sieht man den wohlbeleibten provinciellen John Bull, in altmodischem Frack, in Lederhosen und Stulpenstiefeln; neben dem blassen, grauröckigen Mühlenbesitzer den Supercargo mit pelzverbrämter Mütze und wettergebräunten, pockennarbigen Zügen; neben dem stattlichen Kaufmann, der satt und vornehm mit dem Gold in seiner Tasche klimpert, den kleinen Agenten, der unruhig von Ort zu Ort eilt, den Commis, der an dem Pult seines Verkaufsplatzes eifrig in Courantzettel und Rechnungsbücher vertieft ist. An dieser Säule conversirt eine Gruppe Börsenmänner über Kornschiffe, die von Odessa und Asow, an jener eine andere über Sendungen, die von Danzig und Reval, oder von New-York erwartet werden. Dort an den Verkaufsplätzen in den Passagen bespricht man die Aussichten des Korngeschäfts in Schottland und Irland, oder in Kent und Essex (den vorzugsweise auf dem Londoner Kornmarkt vertretenen Grafschaften Englands), und ein paar hingeworfene Worte geben so ein Bild der gewaltigen Operationen, welche von diesem Mittelpunkte aus und nach ihm zu den Handel ferner Continente und Meere sich bewegen. Kein Klang von Gold und Silber unterbricht das Rauschen der Conversation, die sich um den Austausch von Tausenden und Hunderttausenden dreht. Man sieht nichts als die Probesäckchen an den Verkaufstellen, als die gedruckten und geschriebenen Zettel, die an den Comptoirs von Hand zu Hand wandern. Aber jedes Säckchen mit Proben repräsentirt ein fruchttragendes Ackerfeld; jede Verkaufsstelle hochgespeicherte Vorrathskammern in den Waarenhäusern an der Themse und schwerbeladene Kauffahrteischiffe auf der Ostsee, dem Schwarzen Meere, dem Atlantischen Ocean; jeder Wechsel und jede Bestellung Erzeugnisse, welche Tausende von hungrigen Mägen mit Nahrung füllen und im besten Falle Käufern und Verkäufern zu gleichem Gewinnste ausschlagen werden. In allen diesen Dingen trägt (wie es in einer Stadt wie London ganz in der Ordnung ist) die Kornbörse einen entschieden großhändlerischen Anstrich, und wenn etwas geeignet ist, den Eindruck dieses großhändlerischen Wesens zu verstärken, so ist dies die durchgehende Nonchalance des Verkehrs, die sorglose Verschwendung, mit welcher die Habitués der Börse an den Verkaufstellen herumoperiren und den Inhalt der Probesäckchen verstreuen. Daß der Käufer die Güte des Artikels nicht ohne Weiteres auf Treu und Glauben annimmt, sondern sie auf die Probe stellt, ist nicht mehr als billig, und wenn die Kornbörsenmänner sich begnügten, die Körner in den Händen zu sichten und zu wägen, oder auch zum Zeitvertreib daran zu knuspern und zu beißen, so könnte das nicht weiter überraschen. Aber die Kornbörse sichtet und wägt und knuspert und kaut nicht allein, sie schüttelt sich auch gleichsam und streut den goldenen Regen nach allen Seiten aus. Hundert Mal sieht man, bald an dieser, bald an jener Verkaufstelle, dasselbe Manöver intendirender Käufer wiederholt. Der Käufer tritt heran, stößt seine Hand tief in einen Getreidesack, sichtet und wägt das herausgenommene Korn, beriecht es, ob es feucht oder trocken, behält ein oder zwei Körner im Munde und läßt endlich den Rest nachlässig auf die Erde fallen. So geschieht es, daß, indem die Zeit vorrückt, der ganze Steinboden der Börse dichter und dichter mit Korn bedeckt wird, bis die Menge im eigentlichsten Sinne des Wortes nicht mehr auf dem Stein-, sondern auf einem Kornboden umherwandert.
Indem nun Tausende von Füßen über diese Aussaat hinstreichen, vermischt sie sich zu einem Ganzen, in dem es schwer halten würde, den Antheil der einzelnen Verkaufstellen zu bestimmen. Neugierige Köpfe haben daher speculirt, was aus diesem Kehricht der Kornbörse wird, wem er zu gute kommt. Denn Korn bleibt Korn, und wenn die Füße der Börsenmänner es für die Zwecke menschlicher Nahrung verderben, so behält es doch als Futter für Hühner, Enten, Schweine und Pferde seinen Werth, und was die verschüttete Quantität angeht, so möchte es an den Hauptmarkttagen nicht schwer sein, ein Dutzend Säcke damit zu füllen. Der Sage nach (denn auch die Londoner Kornbörse hat ihren Sagenkreis) fiel dieser Schatz in den guten alten Zeiten dem Feger (sweeper) der Börse anheim und der Mann machte damit ein brillantes Geschäft, hatte eine Einnahme von etwa eintausend fünfhundert Pfund Sterling jährlich und wurde, wie kaum versichert zu werden braucht, ein Gentleman, der eine elegante Villa in der Nähe von London bewohnte, Diener und Wagen und Pferde hielt und nur an den Markttagen in die Stadt fuhr, um das Einfegen des Kornes durch die von ihm besoldeten „Unterfeger“ zu beaufsichtigen. Aber ach! diese guten alten Zeiten sind dahin und der nivellirenden Geist unserer Tage hat, wie so manchen andern Sinecuren, auch der des „Fegers“ der Londoner Kornbörse ein Ende gemacht. Das Börsencomité hat den Kehricht als gemeinsames Börseneigenthum in Anspruch genommen und eine Anzahl „Feger“, die keine Gentlemen sind, besorgen das Geschäft und der Ertrag fließt in die Generalcasse der Börse, die ihn nach Gutdünken verwendet.
Tritt man aus der alten in die neue Kornbörse, so findet man in allen Hauptstücken dieselbe äußere Einrichtung, dasselbe Leben und Treiben. Die Architektur ist womöglich noch schmuckloser als drüben, aber die kirchenstuhlartigen Verkaufstellen mit den Zimmerchen dahinter und eine Anzahl Säulen mit den in verjüngtem Maßstabe aufsteigenden Laden findet man auch hier. Auch hier herrscht dieselbe Nonchalance des Verkehrs, auch hier knuspert und kaut und sichtet und wägt Alles, und auch hier liegt der Boden voll von verschüttetem Korn. Uebrigens ist der Verkaufskatalog der Kornbörse keineswegs auf diejenigen Cerealien beschränkt, die gemeinhin unter dem Namen „Korn“ zusammengefaßt werden. Neben den Säcken mit Weizen und Roggen, mit Gerste und Hafer stehen Säcke und Säckchen mit Bohnen und Erbsen, mit Raps- und Leinsamen, mit Mais und Johannisbrod. Ja, das schöne Johannisbrod, das uns in unserer Jugend so herrlich schmeckte, wird hier als Pferdefutter verkauft. Auch fertig fabricirtes Pferde- und Viehfutter in Form von cerealischen Kuchen ist ausgestellt und an mehreren Verkaufstellen handelt man ausschließlich mit Mehl. Nahe am Eingang haben die Agenten eines Sack- und Taugeschäfts und nicht weit davon die Agenten verschiedener Eisenbahn-, Dampfschiff- und Canalcompagnien ihre Bureaus aufgeschlagen, um Aufträge wegen Güterbeförderung in Empfang zu nehmen. Kurz, es fehlt an keinem cerealischen Producte und die Industrie, welche dieselben verarbeitet, der Handel, der sie zu allgemeinem Nutzen vertreibt, springen allerorten in die Augen.
Aus dem Innern der neuen Kornbörse führt eine Thür in das neue Corn Exchange Hotel, wo den Mitgliedern eine [577] Restauration, Lese- und Gesellschaftszimmer und ein bequemes Unterkommen offen steht. Aber Alles hat seine Zeit und auch dem großen Markttage der Londoner Kornbörse ist seine Grenze gesetzt. Der große Zeiger der Uhr, welche die Rückwand des Börsenraumes ziert, steht nicht mehr weit von der zweiten Nachmittagsstunde, und das Gewühl der Börsenmänner beginnt sich zu verlaufen. Auch unsere Zeit drängt. Wir folgen daher dem Menschenstrome, welcher der Vorhalle zuwogt, und sagen, indem wir die Sorge für das verschüttete Korn den „Fegern“ anheimgeben, für heute der Kornbörse und dem Leser Lebewohl.