Das Frühstück der Mäher
[484] Das Frühstück der Mäher. (Mit Illustration S. 481.) Ein heißer Sommertag liegt über der weiten, fruchtbaren Ebene, auf die der Himmel in durchsichtiger Bläue herniederlacht. In der Ferne, halb verdeckt durch das Grün der Bäume, grüßen die freundlichen Häuser des Dorfes herüber. Dasselbe liegt am Flusse hingestreckt; man erkennt das an den schwellenden Segeln, welche – die Dächer überragend – auf den Fluthen ihre stille Straße ziehen. Ruhe und Frieden allüberall; nur jenes geheimnißvolle Weben der Natur, jenes unbestimmte Singen und Summen von Millionen Insekten, welche zur Zeit des Hochsommers Erde und Luft bevölkern, dringt an unser lauschendes Ohr. Eben vernahm dasselbe noch das klingende Geräusch, welches beim Schleifen der Sensen der Wetzstein auf dem Eisen hervorbringt; jetzt ist auch dieses verstummt.
Die fleißigen Arbeiter ruhen von dem mühevollen Schaffen aus. Die Sensen haben sie an den Zaun gelehnt, um sich in der Nähe desselben zu lagern, Alt und Jung, Alle im Kreise um das weiße Leintuch, auf dem die Tochter des Bauern die Herrlichkeiten ausgebreitet hat, die das Frühstück der hungrigen Gesellschaft bilden sollen. – Dieses Motiv hat sich Ernst Henseler zu seinem Bilde „Das Frühstück der Mäher“ gewählt.
Bis jetzt kannten wir erst ein größeres Bild dieses talentvollen, jungen Künstlers: „Socialdemokrat Donnermaul vorlesend“; auch dieses erregte seiner Zeit durch seinen „berechtigten Realismus“ das Aufsehen aller Kunstfreunde, es war nur in der Technik noch zu wenig fein durchgearbeitet, die überaus charaktervollen, lebenswahren Gestalten waren mit zu festen Pinselstrichen ausgeführt. Bei seinem neuen Werk hat Ernst Henseler diese Fehler vermieden, dagegen sind die Vorzüge, welche jenes Bild hatte, auch diesem eigen. F.