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Das Glöcklein

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Conrad Ferdinand Meyer
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Titel: Das Glöcklein
Untertitel:
aus: Gedichte, Seite 78–79
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1882
Verlag: Verlag von H. Haessel
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Google-USA* und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[78]

Das Glöcklein.

Er steht an ihrem Pfühl in herber Qual,
Den jungen Busen muß er keuchen sehn –
Er ist ein Arzt. Er weiß, sein traut Gemahl
Erblaßt, sobald die Morgenschauer wehn.

5
Sie hat geschlummmert: „Lieber, du bei mir?

Mir träumte, daß ich auf der Alpe war,
Wie schön mir träumte, das erzähl ich dir –
Du schickst mich wieder hin das nächste Jahr!

Dort vor dem Dorf – du weißt den moos’gen Stein –

10
Saß ich, umhallt von lauter Heerdgetön,

An mir vorüber zogen mit Schalmein
Die Heerden nieder von den Sommerhöhn.

Die Heerden kehrten alle heut nach Haus –
Das ist die letzte wohl? Nein, eine noch!

15
Noch ein Geläut klingt an und eins klingt aus!

Das endet nicht! Da kam das letzte doch!

Mich überfluthet’ fliehend Abendroth,
Die Matten dunkelten so grün und rein,
Die Firne brannten still – und lagen todt,

20
Darüber glomm ein leiser Sternenschein –


[79]
Da horch! ein Glöcklein noch aus finst’rer Schlucht,

Verirrt, verspätet, wandert’s ohne Ruh,
Ein armes Glöcklein, das die Heerde sucht –
Auf wacht’ ich dann und bei mir warest du!

25
Mann, schick mich wieder auf die lieben Höhn –

Sie haben, sagst du, mich gesund gemacht …
Dort war es schön! Dort war es wunderschön!
Das Glöcklein! Wieder! Hörst du’s? Gute Nacht …“