David und Salomo/08. Vortrag

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VIII.
1. Chron. 16, 1–3; 11–15; 16–24.


1.
 Es mag eine nicht geringe Demüthigung für den König David gewesen sein, daß sein erster Versuch die Lade Gottes in sein Haus zu bringen, so mislang. Es würden viele an seiner Statt auf lange Zeit abgeschreckt worden sein, weiter Hand anzulegen. Aber David erweist sich unaufhaltsam in seinem Streben Gottes Ehre und gottesdienstliches Leben zu fördern. Hat er die Lade Gottes damals nicht an ihren Ort bringen können, so läßt er doch die Sache nicht liegen. Die Zeit, die zwischen jenem ersten Versuch und jetzt verfloß, wird eine Zeit der mannigfaltigsten Studien und wol auch der ernstesten Gebete gewesen sein. Wenn er die frühere Zeit bedachte, so fand er, daß der Lade Gottes und dem gottesdienstlichen Leben überhaupt weit noch nicht die große und völlige Aufmerksamkeit geschenkt worden war, die sich gebührt hätte. Deshalb fängt er an, in seinem Hause ihr einen würdigen Platz auszusuchen und denselben mit königlicher Pracht zu schmücken. „Er bereitete einen Platz für die Lade Gottes und spannte ihr ein Gezelt auf.“ Man kann fragen, warum er dazu nicht das Gezelt nahm, das von Anfang an bei der Lade war? Dann hätte er ein Zelt für die Lade gehabt, das Gott selbst befohlen hatte. Er thut das nicht; vielleicht war jenes Zelt veraltet; aber jedenfalls wird die neue Wohnung, die er der Lade Gottes bereitete, eine herrliche gewesen sein. Wenn er so viel Gabe gehabt hat in der Einrichtung heiliger Weisen und Gebräuche, wird da die Gabe nicht lebendig geworden sein, wenn es galt für das Heiligthum Gottes eine würdige Stätte zu schaffen? Wird ja von dem| Ort der Ruhe der Lade auf Zion Ps. 5, 8 der Ausdruck Tempel und Palast gebraucht. Kurz, David gibt sich die größte Mühe, dem HErrn ein würdig Haus zu bereiten. Er jagt mit heiliger Geduld seinem Ziele nach, Hindernisse stählen ihn nur, er will, daß sein Gott bei ihm sei. Die Verbindung mit der Lade seines Gottes ist ihm etwas Großes und unter all seinen Anliegen das bedeutendste. Daher der Ernst, der Fleiß, das Gelingen.

 Wer dem HErrn dienen will in etwas Großem, der muß einen langen Athem haben, mit Geduld ausharren im guten Werk, nicht ermüden, unverwandt zum Ziele gehen. Dann werden ihn seine Füße dorthin bringen, wo das Kleinod am Ziele seiner wartet, und wo seine Sehnsucht Erfüllung wird.


2.
 Der König hatte der Lade nun einen würdigen Platz bereitet, fortan handelt es sich darum, wie die Lade in würdiger Weise an ihren Ort gebracht werde. Bei jenem ersten Versuch war es zu königlich, zu wenig priesterlich hergegangen. Die Priester waren daran selbst mit Schuld, sie waren in den bösen Zeiten Sauls so herabgekommen, daß sie nicht überlegten und thaten, was ihres Amts gewesen wäre. David findet beim Nachdenken, daß er damit einen Fehler gemacht, daß er die Priester das erste Mal bei Seite gesetzt habe. Er hätte immerhin den Anstoß zur Heimholung der Lade Gottes geben können, aber ausführen hätte die Sache niemand sollen als die Priester, die Hohenpriester, denn es gab ja damals zwei (V. 11). Nicht auf einen Wagen hätte die Lade gehoben, nicht mit Rindern hätte sie gezogen werden sollen, sondern sie hätte auf Stangen getragen und auf den Schultern der Leviten heraufgebracht werden| sollen. Die aber das Heiligthum tragen sollten, hätten zuvor sich heiligen müßen, wozu denn David die Priester und Leviten auch ermahnt. Auch das war das vorige Mal versäumt worden, man hatte nicht bedacht, daß nur geheiligte Schultern tragen, nur geheiligte Seelen beten können.

 Man kann es bei der religiösen Unwissenheit und der allgemeinen Verwirrung in gottesdienstlichen Dingen, die vor Davids Zeit herrschte, begreiflich finden, daß David das erste Mal glaubte, die Sache ohne Beiziehung der Priester selbst in die Hand nehmen zu können. Doch ist er auch damals nicht so weit gegangen als Usia, der selbst hinzutrat, priesterliche Werke zu thun. Jetzt aber hat er seinen Fehler eingesehen und bekennt ihn auch frank und frei den Priestern, er gibt die ganze Schuld des Mislingens dem Umstande, daß die Priester damals nicht dabei gewesen waren, und überlegt nach allen Seiten, daß es nicht wieder an etwas fehle, sondern die Sache gelinge. Davids Verhalten in der ganzen Sache ist musterhaft, wir können viel von ihm lernen.

 Wenn irgendwo ein Mißlingen ist, so forsche man nicht nach der nächsten Ursache allein, sondern thue Buße allewege. Da bekenne einer dem andern seine Sünde, da mahne einer den andern zur Buße, und wenn der König den Hohenpriester ermahnen muß. Der innere Fortschritt darf nicht unterlassen werden, man muß in Buße und Heiligung vorwärts gehen, wenn man sich vorgenommen hat, dem HErrn JEsus und Seinem Reich zu dienen.


3.
 David hat nun der Lade seines Gottes den rechten Platz bereitet. Bei dieser Gelegenheit entfaltet sich auch seine Gabe für geistlichen Gesang und heilige Musik. Drei Sänger hat er gefunden, denen überträgt er die Leitung des großen| Chors, diese bekommen Cymbeln; acht erhalten Harfen, sechs andre achtsaitige Harfen (Lauten), dazu kommen sieben Priester, die mit Posaunen vor der Lade Gottes blasen sollen. Das sind aber nur die Vorsteher, die den Gesang leiten, die Sänger sind nicht mit eingerechnet. So sorgt David für Gesang und heilige Musik. Er wird ohne Zweifel auch für den Inhalt gesorgt haben. Aus seiner Seele flossen die Psalmen, die diesen festlichen Tag verherrlichten. Bei welcher andern Gelegenheit wird man Psalmen wie den 24. (Machet die Thore weit etc.) und ähnliche gesungen haben wenn nicht an diesem hohen Festtage?

 Dabei möchte ich Eins hervorheben. Habt ihr nicht bemerkt, daß der König David ausdrücklich lauten Gesang befahl? Die Stimme des Menschen ist gewissermaßen die aus der Brust des Menschen hervorschlagende Opferflamme: so opfert die Seele ihren Leib im Gesang. Darum gehört das Opfer der Lippen zur Feier der Feste Gottes. Wenn die Lade gekommen wäre in aller Herrlichkeit, es wäre aber eine schweigende Menge daneben gegangen, wie hätte sich das geziemt? Oder wenn eine Schaar mit träger Stimme ihr vorangezogen wäre, hätte sich das geziemt? Die laute Stimme kommt aus der Inbrunst der Andacht, aus dem Feuer des Herzens. Was ist alle Festfeier ohne Stimme?

 So hat David also alles gethan, um das Haus seines Gottes und den Gottesdienst herrlich zu machen. Er kann uns darin wol Vorbild sein. Es hat heilige und treue Menschen gegeben, die da meinten, zu einem Gotteshaus sei alles gut genug. Noch jetzt gibt es solche, die im eignen Haus alles zur Bequemlichkeit einrichten und das Gotteshaus vernachlässigen zu dürfen glauben. Ja für das Gotteshaus haben die Leute kein Geld, keinen Fleiß, kein Geschick noch Nachdenken. Woran fehlt es da im tiefsten Grunde? Sie| haben keine Ueberzeugung von der Gegenwart Gottes in der Kirche und insonderheit von Seiner Gegenwart im Sacrament. Wer einsieht, daß da mehr Herrlichkeit ist als im Tempel Salomonis, als in der Wolken- und Feuersäule, der wird auch einsehen, daß der Ort, wo Gott den Seinen begegnet, eine würdige Beschaffenheit haben muß, der wird eifern für Schönheit des heiligen Orts und wird sich schämen, sein Glas Narde zurückzuhalten, das er dem HErrn JEsus schuldig ist.
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