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Der Knochenhauer Aufruhr

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Textdaten
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Autor: Ernst Deecke
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Titel: Der Knochenhauer Aufruhr
Untertitel:
aus: Lübische Geschichten und Sagen, S. 145–147
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1852
Verlag: Carl Boldemann
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Erscheinungsort: Lübeck
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Quelle: Google, Commons
Kurzbeschreibung:
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[145]
77. Der Knochenhauer Aufruhr.

1380 erhoben die Knochenhauer einen schädlichen Zwist mit Einem Rath der Stadt Lübeck, und begehrten große und ansehnliche Freiheiten in Bezug auf ihre Litte; die ihnen doch nicht wohl konnten gestattet werden, weil der Stadt Nahrung dadurch merklich bekümmert wäre. Als man ihnen dieß glimpflich vorstellte, wurden sie patzig, zogen auch die Becker und viele von dem gemeinen Mann an sich, und rathschlagten in der S. Katharinen-Kirche, wie das Regiment in dieser Stadt nach ihrem Sinne zu bestellen wäre. Nun legten sich die Kaufherren und Stadtjunker dazwischen, und gingen in der Kirche, wo der Rath auf einer, die Knochenhauer und ihre Verwandte auf der andern Seite standen, von einem Theil zum andern. Endlich war der Zank so weit ausgeglichen, daß beide Theile zufrieden waren. Da aber verlangten die Knochenhauer Eines Rathes Gunst und Verwilligung zu ewigem Gedächtniß unter der Stadt Insiegel: hingegen ließ sich Ein Rath bedünken: es wäre genug, daß es in der Stadt Buch verzeichnet würde; und gelobte solches an. Da begann ein großes Schnarchen und Schnauben, so daß der Handel unvertragen blieb.

Die Knochenhauer aber und ihre Verwandte liefen in Eil nach Hause, nahmen ihre Harnische und langen Spieße von der Wand, und wollten damit einen Tumult [146] erregen. Allein alsbald traten auch die Kaufleute und Junker zusammen, an die 5000 Mann wohlgerüstet und staffiert, besetzten der Stadt Häuser, und waren bereit, Einem Rathe zu Hülfe zu kommen, wo sich etwas regen würde.

Und das geschah an dem Tage, da man in der Kirche singt Laetare (Freue dich); aber es war alles verwirret und verstürzt.

Inmittels entfiel den Trotzigen, als sie die gute Rüstung sahen, der hitzige Muth; daß sie ihre Wehren in der Scheide behielten. Nun ließ Ein Rath sie fordern; und da ging die Handlung weit anders aus. Die Knochenhauer mußten die Litte, welche sie bisher mit Unrecht besessen, herausgeben, und ließ Ein Rath dieselben ganz und gar wegreißen und Bäume dahin pflanzen, wie im Schrangen noch zu sehen; so daß nur zwei Reihen Litte, statt ihrer vier, blieben. Auch mußten sie sie Einem Rath Abtrag leisten und der Stadt mit 20 Pferden zu dienen sich verpflichten. Ferner mußten sie zwei zierlich aus Holz geschnitzte Altarschäppe mit Monstranzien in die Marienkirche schenken, die, ich weiß nicht warum, 1619 stückweise weggenommen sind. Zuletzt mußten sie ein Gestühlte zu S. Marien bauen, darin der Knochenhauer Älterleute alle Sonntage vor und nach der Predigt den Herren Burgemeistern aufwarten müssen. Als aber 1618 dort eine große Begruft angeordnet worden, [147] ist das Gestühlte weggerissen; da sangen die Knochenhauer andern Tages: „der Strick ist entzwei, und wir sind frei.“ Sie sind aber ehrliche und fromme Bürger geblieben.

Bemerkungen

[392] Litte – Läden, die vorn einen Klappdeckel haben, worauf die Waare ausgelegt wird.