Der Frühling und die Minne
Auf Wald und Haide überall
Ertönet heller Hochzeitschall,
Die Lande steh’n in grünem Schein,
Der klare Himmel blaut darein,
Da führt der Lenz sein süß Gemahl,
Die ist genannt Frau Minne.
Er pranget, wie ein Bräut’gam thut,
Im frischen, freudenkühnen Muth;
Möcht’ lieber ungesehen sein;
Sie liebet nicht den lauten Schall,
Doch wirkt sie leise überall
Im Herzen und im Sinne.
Was sitzest du der Freuden bar?
Komm’ mit mir in mein Gartenhaus,
Da sieht man weit in’s Land hinaus;
Die Blumenbeete keimen jung,
Und würzig Weh’n darinne.
Dort hören wir im Laubgezelt
Den Frühling jubeln durch die Welt,
Und lauschen, wie im Innern schafft
In jungen Herzen ist die Statt,
Darin am liebsten Hochzeit hat
Der Frühling und die Minne.
In Sonntagsruhe liegt die Welt,
Die Vöglein sind verstummet fast,
Sie halten kurze Mittagsrast,
Die Winde schlummern allerort, –
Die treuen Blumen duften fort,
So klinget aus in uns’rer Brust
Des Lebens laute Frühlingslust,
Und Sinn und Denken schlummert ein, –
Die Herzensminne wacht allein.
Und fühlen nur im Herzen warm
Der Liebe Athem wehen.
So soll, wenn Lenz und Lust vergeh’n,
Die treue Minne noch besteh’n!
Des Lebenskranzes letztes Laub,
So fülle sie in Grau’n und Tod
Mit der Erinn’rung Abendroth
Die nachtumhüllten Sinne.
Die Liebe glaubt Unsterblichkeit.
Auf Erden läßt von seiner Braut
Der Frühling sterbend, kaum getraut;
Doch in dem namenlosen Land,
Der Frühling und die Minne.