Der Friedensstifter
Der Friedensstifter.
Dreimal war der kühne Karl geschlagen.
Und die Macht Burgunds im Blut erlegen;
Gransee, Murten, Nansen zeugen ewig,
Was der Tapfre über ungerechten
Auch ins Herz der Tapfern schlich. Sie zankten
Lieblos um des Sieges reiche Beute.
Fast schon theilte sich der Eidgenossen
Bündniß. Denn mit Frankreichs Gelde waren
Ueppigkeit und Pracht. Dem Schweizerbunde
Drohete Auflösung. Da, am letzten
Friedenstag zu Stanz in Unterwalden
Trat ein alter Mann in die Versammlung.
Doch gemischt mit Gütigkeit und Anmuth.
Lang sein Bart, von wenig schlichten Haaren,
Zweigespalten; auf dem braunen Antlitz
Glänzt ein Himmlisches. Gebietend stand er
Männlich-langsam:
„Liebe Eidgenossen,
Lasset nicht, daß Haß und Neid und Misgunst
Unter euch aufkommen; oder aus ist
Gar zu weit hinaus, damit ihr eures
Theurerworbnen Friedens lang’ genießet.
Eidgenossen, werdet nicht verbunden
Fremder Herrschaft, euch mit fremden Sorgen
Werdet nicht des Vaterlands Verkäufer
Zu unredlich eignem Nutz. Beschirmet
Euch und nehmt Banditen, Landesläufer,
Nicht zu Bürgern auf und Landesleuten. –
Niemand mit Gewalt; doch angefallen,
Streitet kühn. Und habet Gott vor Augen
Im Gericht, und ehret eure Priester.
Folget ihrer Lehre, wenn sie selbst auch
Trinket man, die Röhre sei von Silber
Oder Holz. – Und bleibet treu dem Glauben
Eurer Väter! Zeiten werden kommen,
Harte Zeiten, voll von List und Aufruhr.
Treu dem Pfad’ und Fußtapf’ unsrer Väter.
Alsdann werdet ihr bestehn! kein Anstoß
Wird euch fällen und kein Sturm erschüttern.
Seyd nicht stolz, ihr alten Orte. Nehmet
Denn das wird euch nützen.“ – Also sprach er,
Neigte sich, und ging aus der Versammlung.
Alle, die den heilgen Mann erkannten,
Hörten in ihm eines Engels Stimme:
der an seiner einsamen Kapelle
Ohne Speis’ und Trank, (so spricht die Sage)
Zwanzig Jahr gelebt. Dem Kind’ und Jüngling
War am Himmel oft ein Stern erschienen,
Jederzeit, auch ämsig in Geschäften,
Stille Einkehr in sich selbst geliebet,
Zehen Söhn’ und Töchter auferzogen,
Auch in Kriegeszügen seinem Lande
Für ihn ward. Er nahm von Weib und Kindern
Liebreich Abschied, und mit ihrem Segen
Ging er zur Einöde. Vielen Pilgern,
Die ihn suchten, gab er Rath und Hülfe.
Senkete ein Wort von ihm zur Ruhe.
Denn er war von starkem Herzen; mächtig-
Frei, und floh wie Pest die Landsverderber.
Oft weißaget’ er, und wußt’ der Seelen
Täglicher und hocheinfältiger Spruch war:
„Nimm, o Gott mich mir; und gib mich ganz dir.“
Der war Bruder Claus. Die Bundesversammlung
Folgte seinem Rath; einmüthig wurden
Und so manche Rathsversammlung wünschte
Bruder Claus zu sich von Unterwalden,
Mit der Bärentappe, die der Engel,
Falls er in den Himmel kommen wollte,