Die Ärzte

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Autor: Rudolf Lennhoff
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Titel: Die Ärzte
Untertitel:
aus: Handbuch der Politik Dritter Band: Die Aufgaben der Politik, Vierzehntes Hauptstück: Die Lage der geistigen Berufe, 74. Abschnitt, S. 89−96
Herausgeber: Paul Laban, Adolf Wach, Adolf Wagner, Georg Jellinek, Karl Lamprecht, Franz von Liszt, Georg von Schanz, Fritz Berolzheimer
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1914
Verlag: Dr. Walther Rothschild
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Erscheinungsort: Berlin und Leipzig
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[89]
74. Abschnitt.


Die Ärzte.
Von
Professor Dr. med. Rudolf Lennhoff,
Berlin.


Literatur:

Hoche, Dr. L. und Hoche, Reg.-Rat: Ärztliches Rechtsbuch. Verlag von Gebr. Lüdeking, Hamburg 1906. –
Hundeshagen, Dr. K.: Einführung in die ärztliche Praxis. Verlag von Ferdinand Enke, Stuttgart 1905. –
Joachim, San.-Rat, und Korn, Justizrat: Deutsches Ärzterecht. Verlag von Franz Vahlen, Berlin 1911. –
Krohne, Reg.-Rat und Medizinalrat Dr.: Ärztliche Praxis und Medizinalgesetzgebung. Verlag von R. Schoetz, Berlin, 1909. –
Lennhoff, Prof. Dr.: Die zukünftige staatsrechtliche Stellung der Ärzte in Deutschland. (Sonderabdr. aus der Medizinischen Reform 1903.) Verlag von Oscar Coblenz, Berlin 1903. –
Lennhoff, Prof. Dr.: Aufgaben und Stellung des Arztes in der Arbeiter-Versicherung. Referat, gehalten auf dem Intern. Kongress für Arbeiterversicherung in Rom 1908. Medizinische Reform. Nr. 46/47, 1908. Allgemeine mediz. Verlagsanstalt, Berlin.) –
Neumann, Dr. H.: Oeffentlich rechtliche Stellung der Ärzte. Verlag von Struppe und Winckler, Berlin. –
Prinzing, San.-Rat. Dr.: Die Ärzte Deutschlands im Jahre 1911. (Deutsche medizinische Wochenschrift S. 2462, 1912.) Verlag Thieme, Leipzig. –
Rabe, Dr. med. Alex: Ärztliche Wirtschaftskunde. Verlag von Dr. W. Klinckhardt, Leipzig 1907. –
„Arzt und Privatversicherung.“ Fünf Vorträge gehalten im Seminar für soziale Medizin. Berlin 1911. Von Stadtrat San.-Rat Dr. Gottstein; San.-Rat Dr. Boehler; Prof. Dr. Martius; Dr. L. Feilchenfeld; Dr. Schönheimer. (Bibliothek für Soziale Medizin, Hygiene und Medizinalstatistik. Nr. 5, 1912. Herausgegeben von Prof. Dr. Lennhoff.) Verlegt von der Allgemeinen Medizinischen Verlagsanstalt. Berlin 1912. –
Verhandlungen des XXXVIII. Deutschen Ärztetages in Stuttgart am 23./24. Juni 1911. (Ärztliches Vereinsblatt für Deutschland, Nr. 824b. 1911.)

Inhalt:

Arzt und Staatsinteresse. – Approbation. – Die rechtliche Stellung des Arztes. – Zahl und Gruppierung der Aerzte. – Organisation und Vereinswesen.

Arzt und Staatsinteresse.

Die eigentliche Aufgabe der Ärzte besteht darin, Kranke zu behandeln, so dass deren beeinträchtigte Gesundheit wieder auf den höchsterreichbaren Stand gehoben wird. Die eigentliche Tätigkeit des einzelnen Arztes gilt also jedesmal der einzelnen Person. Da der Staat ein Interesse an der Gesundheit der einzelnen hat, so muss sich auch sein Interesse denen zuwenden, die sich mit der Behandlung der Kranken befassen. Das Interesse des Staates an der Behandlung des einzelnen Kranken geht vornehmlich nach zwei Richtungen: erstens, dass der Kranke möglichst wieder ein gesundheitlich vollwertiges Glied des Volkskörpers werde, zweitens, dass nicht von der einen Person aus eine Krankheit auf viele andere Personen übergreift. Daraus folgt an Staatsinteresse gegenüber dem Arzte, dass dieser entsprechend der auf ihm lastenden Verantwortung über das nötige Mass von Wissen, Können und Pflichtbewusstsein verfügt. Demgemäss hat der Staat Bildungsanstalten[1] für Ärzte errichtet, zu deren Besuch ein bestimmter Befähigungsnachweis [90] vorgeschrieben ist. Ferner sind vorgeschrieben eine Mindeststudiendauer, ein bestimmter Studiengang und nach dessen Vollendung die Beibringung des Befähigungsnachweises über die staatlichen Anforderungen.

Das Staatsinteresse den Ärzten gegenüber geht noch weiter. Der Staat braucht ärztliche Sachverständige für Verwaltung und Rechtsprechung, er stellt Ärzte als Medizinalbeamte an. Er braucht des weiteren Aerzte für die Armee, er stellt Militärärzte an, schafft teilweise für diese besondere Ausbildungsstätten. So werden die staatlichen Massnahmen bestimmend für das Ärztewesen.

Approbation.

Die Festsetzung der Vorbedingungen für die Erteilung des Befähigungsnachweises, der Approbation, ist nach § 29 Abs. 2 der Gewerbeordnung Sache des Bundesrats. Demnach sind sie für das gesamte Gebiet des Deutschen Reichs gleichmässig. Zur Zeit gelten die Bestimmungen vom 28. Mai 1901. Nach diesen ist die Zulassung zum Medizinstudium abhängig von dem Reifezeugnis eines deutschen Gymnasiums, eines deutschen Realgymnasiums oder einer deutschen Oberrealschule.

Das Medizinstudium geschieht an deutschen Universitäten. Frühestens nach fünf Semestern ist die ärztliche Vorprüfung abzulegen. Hierbei kann die Ableistung der militärischen Dienstpflicht bis zu einem Semester angerechnet werden, falls dieser in einer Universitätsstadt genügt wurde und der Studierende gleichzeitig immatrikuliert gewesen ist. Die Vorprüfung umfasst Anatomie, Physiologie, Physik, Chemie, Zoologie und Botanik.

Mindestens vier Semester nach Bestehen der Vorprüfung kann die ärztliche Prüfung abgelegt werden. Auf diese Zeit wird Militärdienst nicht angerechnet. Die Prüfung umfasst pathologische Anatomie und allgemeine Pathologie, innere Medizin, Chirurgie, Geburtshilfe und Gynäkologie, Augenheilkunde, Irrenheilkunde, Hygiene.

Beide Prüfungen werden vor jährlich von den Zentralbehörden berufenen Prüfungskommissionen abgelegt. Wird eine Prüfung in einem der vorgeschriebenen Fächer nicht bestanden, kann sie wiederholt werden. Ist die Gesamtprüfung innerhalb von drei Jahren nicht beendet, so gilt sie in allen Abschnitten als nicht bestanden.

Auf die bestandene Prüfung folgt das praktische Jahr, während dessen der „Medizinalpraktikant“ sich nach freier Wahl an einer Universitäts-Klinik oder -Poliklinik oder an einem besonders ermächtigten Krankenhause innerhalb des Deutschen Reichs unter Aufsicht und Anleitung des Direktors praktisch zu beschäftigen hat und zwar mindestens vier Monate vorzugsweise mit der Behandlung innerer Krankheiten. Der Anstaltsleiter muss ein Zeugnis ausstellen über die Art der Beschäftigung, die praktischen Kenntnisse und Fähigkeiten des Kandidaten und über sein Verständnis für die Aufgaben und Pflichten des ärztlichen Berufs. Nunmehr wird auf Antrag der Zentralbehörde, unter der die ärztliche Prüfung bestanden war, die Approbation erteilt.

Einer Doktorpromotion, die in früheren Zeiten die Approbation in sich schloss, bedarf der Arzt nicht mehr. Da aber immer noch im Volke vielfach die Bezeichnungen Doktor und Arzt als gleichbedeutend gelten, so promovieren die weitaus meisten Mediziner. Zur Vorbeugung von Missbräuchen bestimmt die Promotionsordnung für die medizinischen Fakultäten vom 1. Oktober 1900, dass die Zulassung von Inländern in der Regel erst nach Beibringung der Approbation erfolgen darf.

Die rechtliche Stellung des Arztes.

Die rechtliche Stellung der Ärzte ergibt sich aus der Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869, insoweit sie ausdrückliche Bestimmungen darüber enthält. Solche finden sich in den Paragraphen 29, 40, 53, 54 über Notwendigkeit, Voraussetzung und Wirkung der Approbation, § 30 über Konzessionspflicht von Anstalten, § 56 a über den Ausschluss der Heilkunde von den Gewerbebetrieben im Umherziehen, § 144 über die Aufhebung des Behandlungszwanges, § 147, der Nichtapprobierten arztähnliche Titel verbietet.

Die Einreihung der Ärzte unter die Gewerbeordnung hat eine praktische Bedeutung, z. B. für die Beurteilung der Angestellten von Ärzten als Gewerbegehilfen, die Gültigkeit der Konkurrenzklausel, [91] den Verkauf der ärztlichen Praxis und schliesslich die Heranziehung der Ärzte zur Gewerbesteuer.

Rechte des Arztes.

Die Ausübung der Krankenbehandlung steht nach der Gewerbeordnung jedermann im Deutschen Reiche frei. Welche Rechte verleiht demgegenüber die Approbation als Arzt?

1. Zunächst und vornehmlich das Recht, den Titel „Arzt“ zu führen.

Nach § 147 III Abs. 3 der Gewerbeordnung wird mit einer Geldstrafe bis zu 300 M und im Unvermögensfalle mit Haft bestraft, „wer, ohne hierzu approbiert zu sein, sich als Arzt (Wundarzt, Augenarzt, Geburtshelfer, Tierarzt) bezeichnet oder sich einen ähnlichen Titel beilegt, durch den der Glaube erweckt wird, der Inhaber desselben sei eine geprüfte Medizinalperson.“ Auch kann die unberechtigte Führung eines solchen Titels wegen unlauteren Wettbewerbs strafbar sein. Nach deutschem Recht gilt daher auch ein im Auslande approbierter praktizierender Arzt innerhalb des Deutschen Reichs nicht als „Arzt“, nach neueren Entscheidungen ist auch zweifelhaft, ob er sich „im Auslande approbierter Arzt“ nennen darf. Über das, was im übrigen als arztähnlicher Titel oder nicht zu verstehen ist, liegt eine umfangreiche Rechtsprechung vor.

2. Nach der schon erwähnten Promotionsordnung vom 1. Oktober 1900 darf in der Regel nur ein approbierter Arzt zum Doktor der Medizin promoviert werden.

3. Nach § 29 der Gewerbeordnung darf nur ein approbierter Arzt von Staat oder Gemeinden als Arzt anerkannt oder mit amtlichen Funktionen betraut werden.

Das gleiche gilt von allen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Provinzen, Kreisen, Gemeindeverbänden und den Körperschaften der sozialen Versicherung. Während unter dem bisherigen Krankenversicherungsgesetz gelegentlich Krankenkassen sich für befugt hielten, nicht approbierte Personen mit ärztlichen Funktionen zu betrauen, bestimmt § 122 der neuen Reichsversicherung ausdrücklich, dass die ärztliche Behandlung im Sinne des Gesetzes durch „approbierte“ Ärzte, bei Zahnkrankheiten durch approbierte Zahnärzte zu leisten ist.
Nur unter bestimmten Voraussetzungen sind nach §§ 122 und 123 Ausnahmen zulässig.
Zu den den Ärzten vorbehaltenen Funktionen gehören namentlich:
Impfung (Gesetz vom 8. April 1874), Tätigkeit als Schiffsarzt (nach der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 14. März 1898 muss jedes Schiff zur unentgeltlichen Behandlung der Auswanderer einen Arzt an Bord haben), als Armenarzt, Schularzt, Polizei-Gerichts-Gefängnisarzt (soweit nicht Medizinalbeamte in Betracht kommen), das Ausstellen ärztlicher Atteste und Gutachten.

4. Das Recht, bestimmte starkwirkende Arzneimittel zu verordnen, ist durch Bundesratsbeschluss vom 13. Mai 1896 den Ärzten vorbehalten.

5. Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen Ärzte in abgelegenen Gegenden, in denen eine Apotheke oder eine Filialapotheke nicht bestehen kann, eine Hausapotheke halten und für ihre Patienten die Arzneien selbst abgeben und verkaufen.

6. Ausübung der Heilkunde im Umherziehen, ist nach § 56 a der Gewerbeordnung im allgemeinen verboten, den approbierten Ärzten erlaubt. Von diesem Recht wird indes wenig Gebrauch gemacht, auch wurde es mehrfach ehrengerichtlich beanstandet.[2] [92]

Pflichten des Arztes.

1. Macht der Arzt von dem Recht, sich an irgend einem Orte des deutschen Reichs zur Ausübung der Praxis niederzulassen, Gebrauch, dann hat er hiervon, gemäss den jeweiligen bundesstaatlichen Bestimmungen, der zuständigen Medizinalbehörde Mitteilung zu machen, unter Angabe seiner Personalien und Nachweisung des Rechts zur Führung des Arzt-, evtl. des Doktortitels.

2. Eine Pflicht zur Hilfeleistung besteht gesetzlich nur wie bei jedem Staatsbürger gemäss § 360, 10 St.G.B., wonach bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not der Aufforderung der Polizei zur Hilfeleistung nachgekommen werden muss, wenn nicht erhebliche eigene Gefahr dem entgegensteht. Die ärztliche Standesauffassung dehnt diese Pflicht erheblich weiter aus. So erklärte der preussische Ehrengerichtshof in einem Urteil vom 1. Dezember 1902 die Verweigerung ärztlicher Hilfeleistung in Fällen dringender Gefahr als einen Verstoss gegen die ärztlichen Standespflichten.

3. Die Pflicht zur gewissenhaften Ausübung der Berufstätigkeit ergibt sich aus der Art des Berufes. Dieser verpflichtet zu sorgsamer Untersuchung, Beratung und Behandlung. Überdies verpflichtet eine besondere Standesgesetzgebung.

4. Pflicht zur Erteilung von Auskunft und Rechenschaft gegenüber dem Auftraggeber (B.G.B. § 666).

5. Schweigepflicht über anvertraute Tatsachen (Berufspflicht und St.G.B. § 300).

6. Wenn auch grundsätzlich die Höhe des ärztlichen Honorars der freien Vereinbarung unterliegt, so ist mangels einer solchen der Arzt in den meisten Staaten an staatlich festgesetzte Gebührenordnungen gebunden (in Preussen vom 15. Mai 1896). Diese lassen je nach der Vermögenslage des Patienten und der besonderen Art des Krankheitsfalles einen Spielraum zwischen Höchst- und Mindestsätzen. Zur Anrechnung nur der Mindestsätze ist der Arzt gegenüber nachweisbar Unbemittelten und Armenverbänden verpflichtet oder wenn die Zahlung aus Staatsfonds, den Mitteln einer milden Stiftung, einer Knappschafts- oder Arbeiterkrankenkasse zu leisten ist, soweit nicht besondere Schwierigkeiten der ärztlichen Leistung oder das Mass des Zeitaufwandes einen höheren Satz rechtfertigen. Handelt es sich um sanitätspolizeiliche oder gerichtsärztliche Geschäfte nicht beamteter Ärzte, in amtlichem Auftrage, dann kommen in Preussen die Gebühren für Medizinalbeamte nach dem Gesetz vom 14. Juli 1909, § 12, in Anrechnung.

Die Frage, ob „Autoritäten“ von anerkanntem Ruf auch ohne besondere Vereinbarung nicht an die Sätze der Gebührenordnung gebunden sind, weil die Patienten ohne weiteres höhere Honorarforderungen zu erwarten gewohnt seien, ist in der neueren Rechtsprechung meistens, aber nicht immer, verneint worden. Gegenüber „Spezialisten“, die nicht zugleich „Autoritäten“ sind, wird sie regelmässig verneint.

7. Anzeigepflicht bei bestimmten ansteckenden Krankheiten, ohne Entgelt, (sog. Reichsseuchengesetz vom 30. Juni 1900 und die entsprechenden Landesgesetze; in Preussen vom 28. August 1905).

8. Anzeigepflicht bei Geburten. (Personenstandsgesetz vom 6. Februar 1875 §§ 17–20).

9. Pflicht zur Abgabe von Gutachten vor Gericht und anderen Behörden.

Zahl und Gruppierung der Arzte.

Nach den Berechnungen von Prinzing (Deutsche Mediz. Wochenschrift 1912, S. 2462) betrug die Zahl der Ärzte in Deutschland im Jahre 1912 im ganzen 33 527, das sind auf je 10 000 Einwohner 5,06. Die Verteilung auf Städte und Land ist aber keine gleichmässige, denn es kamen auf je 10 000 Einwohner in den Grossstädten 10,0, im übrigen Deutschland 3,6 in Gross-Berlin 11,05. Zwischen den einzelnen Grossstädten bestehen grosse Verschiedenheiten. In der Bäderstadt Wiesbaden kamen auf je 10 000 Einwohner 25,1 Einwohner[WS 1], in Hamborn nur 2,0. Am wenigsten Ärzte sind in den Grossstädten mit vorwiegender Arbeiterbevölkerung, in denen die Krankpraxis monopolisiert ist. Die Zahl der weiblichen Ärzte betrug 151.

Ihrer Berufsstellung nach kann man die Ärzte in drei Gruppen scheiden, die der freipraktizierenden, der beamteten, der Militärärzte, von denen die erstere die weitaus grösste ist. Auf Grund der Berufsausübung zerfallen wiederum die frei praktizierenden Ärzte in zwei [93] Gruppen, die der Allgemeinärzte und die der Spezialärzte. Seit einer Reihe von Jahren nimmt die Zahl der letzteren ständig zu, eine Folge der sich dauernd noch vertiefenden Erforschung der einzelnen Organerkrankungen und der sich immer mehr entwickelnden therapeutischen und operativen Technik einerseits, der für Spezialleistungen insgemein gezahlten höheren Honorare andererseits. Aus leicht ersichtlichen Gründen entfällt die grösste Zahl der Spezialärzte auf die Grossstädte, in denen 1912 auf 100 Ärzte 35,5 Spezialärzte kamen. Zum Teil ist die Zunahme der Spezialärzte auch durch die soziale Versicherung bedingt, die überhaupt in einschneidender Weise den ärztlichen Stand beeinflusst hat und dauernd beeinflusst. Am meisten die Krankenversicherung. Günstig und ungünstig.

Die soziale Versicherung wirkte günstig, indem vordem nicht vorhanden gewesene Geldmittel verfügbar wurden und so den Ärzten ein ausgedehnteres therapeutisches Handeln ermöglicht wurde. Bei der Unfallversicherung zur Wiederherstellung eines möglichst hohen Grades von Erwerbsfähigkeit, bei der Invalidenversicherung zur Vorbeugung von Krankheitsverschlimmerungen, bei der Krankenversicherung zur Krankenbehandlung überhaupt. Durch neue Anforderungen, die an die Wissenschaft herantraten, wurde auch diese gefördert. Schliesslich beeinflusste die soziale Versicherung das Hospitalwesen, indem sie sowohl die Gelder zur Errichtung neuer Anstalten, als auch für die Verpflegungsgebühren aufbrachte und so die Gründung von Heilstätten aller Art und das Aufblühen der neuzeitlichen öffentlichen Krankenhäuser ermöglichte. Vielfältig wirkt das auf die Ärzte selbst zurück, eine grosse Zahl von ihnen findet Anstellung als Krankenhausleiter, anderen wird ihre Praxis vermindert. Wesentlich ist der mit der steigenden Zahl von Anstaltsbetten steigende Bedarf an jungen Assistenzärzten; man spricht seit einiger Zeit von einem Assistentenmangel. Sobald aber die Assistentenzeit vorüber, findet der junge Arzt allerorten die Praxis überfüllt.

Ungünstig wirkte die soziale Versicherung zunächst dadurch, dass das für eine erfolgreiche ärztliche Behandlung hochbedeutsame und dem innersten Wesen des ärztlichen Berufs entsprechende persönliche Verhältnis zwischen Arzt und Patienten insofern geändert wurde, als zwischen beide als Mittler der Versicherungsträger, insbesondere der Krankenkassenvorstand geschoben wurde. Durch diese Zwischenschiebung wurden die Ärzte zugleich unfrei, sie gerieten in Abhängigkeit von dem Massenarbeitgeber, dem Kassenvorstand, und der Wert der ärztlichen Leistung sank durch den Zwang zur Massenarbeit. Da aber die weite Ausdehnung der Versicherung die Mehrzahl der Ärzte auf Versicherungspraxis angewiesen sein lässt, so ergaben sich Stellenjägerei, bei der manchmal bis zum Mittel des Stellenkaufs gegangen werden muss, und eine Tyrannei der Kassenvorstände, die in dem Zwang zum Austritt aus der ärztlichen Organisation, der sogar von sozialdemokratischen Gewerkschaftlern ausgeübt wird, ihren vorläufigen Gipfel erreicht hat.

Die moralische und die wirtschaftliche Schädigung der Ärzte wurde so bedeutend, dass diese zu einer gewerkschaftlichen Organisation schritten, obwohl sie durch die Eigenart ihrer Berufsausübung wie kaum die Angehörigen eines anderen Berufes individualistisch veranlagt sind. Ob die Krankenkassen wirklich für die Ärzte einen wirtschaftlichen Schaden bedeuten, wird vielfach bestritten, indem auf die grossen, von den Krankenkassen an die Ärzte gezahlten Summen und auf die Tatsache hingewiesen wird, dass durch die Kassen die Ärzte vor Einnahmeverlust aus der Praxis der Minderbemittelten gesichert sind. Demgegenüber führen die Ärzte an, dass früher bei geringerer Arbeitslast die Einnahmen mindestens gleiche gewesen wären. Sei auch früher die Inanspruchnahme geringer gewesen, so doch die Bezahlung eine soviel bessere, dass jetzt zur Erzielung einer gleichen Einnahme viel mehr Leistungen notwendig seien. Da die Tätigkeit bei den Krankenkassen nicht unbedingt eine schlecht entlohnte zu sein braucht, und da die Erfordernisse der Krankenkassenverwaltung nicht unbedingt eine Einschränkung der freien Praxis erheischen, so kämpfen die Ärzte um angemessene Bezahlung und um eine organisierte freie Arztwahl, bei der alle Ärzte zur Kassenpraxis zugelassen sein sollen, die sich zu bestimmten Bedingungen verpflichten und diese innehalten. Der hauptsächlichste Untergrund des Streites dürfte darin zu suchen sein, dass die Verwaltung zwar von den Ärzten eine Anpassung an die Bedürfnisse der Verwaltung verlangt, aber es nicht verstanden hat, oder nicht geneigt ist, sich ihrerseits den dem Wesen des ärztlichen Berufs entspringenden Eigenarten des ärztlichen Berufs anzupassen.

[94] Durch Inkrafttreten der Reichsversicherungsordnung für die Krankenversicherung am 1. I. 1914 werden weitere Millionen Einwohner der freien Praxis entzogen. Den Ärzten drohte erhöhte Abhängigkeit, gegen die sie sich mit allen gesetzlichen Mitteln zu wehren suchten. Unter Führung des Staatssekretärs des Innern ist in letzter Stunde, am 23. XII. 13 ein Abkommen für ganz Deutschland zwischen den zentralen Ärzteorganisationen (Ärztevereinsbund und Leipziger Verband) und den zentralen Krankenkassenorganisationen zustande gekommen, dem die Reichsregierung und alle bundesstaatlichen Regierungen als dritter Kontrahent beigetreten sind. Durch Ausschaltung des einzelnen Arztes von der Bewerbung und der Vertragsverhandlung und Schaffung paritätischer Schiedsinstanzen hofft man für die nächsten 10 Jahre einen erträglichen Frieden geschaffen zu haben.

Die beamteten Ärzte. Die Aufgaben der öffentlichen Gesundheitspflege: Krankheitsverhütung durch Beseitigung der Krankheitsursachen und Unterdrückung der Ausbreitung ansteckender Krankheiten, Nahrungsmittelüberwachung, Wohnungs- und Gewerbehygiene etc., und die Aufgaben der Rechtspflege gegenüber Geisteskranken, Leichenschau etc. bedingen die Notwendigkeit von Medizinalbeamten, bei den Zentralbehörden, den Lokalinstanzen, in zunehmendem Masse auch bei den Gemeinden. Sieht man von den Universitätslehrern als Beamten ab, dann findet man Ärzte in reinem Beamtenverhältnis beim Reich im Kaiserlichen Gesundheitsamt, in den Ministerien der Bundesstaaten (in Preussen steht seit 1911 auch an der Spitze der Medizinalabteilung wieder ein Arzt) bei den Oberpräsidien und den Regierungspräsidien – je nach der bundesstaatlichen Regelung. Der beamtete Arzt in der Lokalinstanz ist der Physikus oder Kreisarzt. (In Preussen Gesetz betr. die Dienststellung der Kreisärzte etc. vom 16. 9. 1899 in der Dienstanweisung für die Kreisärzte vom 1. 9. 09). Vorbedingung für die Anstellung als Kreisarzt ist das Bestehen der kreisärztlichen Prüfung, die erst nach Ablauf eines angemessenen Zeitraums nach der Approbation als Arzt abgelegt werden darf und die vorherige Ausübung einer fünfjährigen selbständigen Tätigkeit als Arzt. Die kreisärztliche Prüfung ist geregelt durch die Prüfungsordnung für Kreisärzte vom 24. 6. 09. Vereinzelt sind beamtete Ärzte ausschliesslich als Gerichtsarzt angestellt. Nur ein Teil der Kreisärzte ist vollbesoldet, die meisten sind noch auf Privatpraxis angewiesen und befinden sich so oft in einer misslichen Zwischenstellung.

Auch für den Gesundheitsdienst der Gemeinden mehrt sich die Notwendigkeit der Anstellung ausschliesslich beamteter Ärzte. In einigen wenigen Grossstädten, wie Berlin, Cöln, Charlottenburg, Schöneberg ist ein Arzt als besoldetes Mitglied des Magistrats angestellt worden, häufiger ist bisher noch die Anstellung als Beamter des Magistrats.

Militärärzte. Als dritte Hauptgruppe der Ärzte kommen die Ärzte bei der Armee und der Marine in Betracht, sie zählen zu den aktiven Militärpersonen mit Offiziersrang. Die Vorbildung ist dieselbe, wie bei allen übrigen Ärzten. Zur Ausbildung von Militärärzten gibt es in Preussen die Kaiser-Wilhelm-Akademie (Aufnahmebedingungen geregelt durch die Verordnung vom 1. 6. 07). Der Staat trägt hier die Kosten des Universitätsstudiums und gewährt überdies vielerlei Beihilfen, wie freie Wohnung, Zuschüsse für den Lebensunterhalt, Anschaffung von Büchern Instrumenten etc. In den meisten anderen Bundesstaaten und ebenso bei der Marine, deren Sanitätskorps von dem der Armee getrennt ist, ergänzen sich die aktiven Ärzte aus den einjährig-freiwilligen Aerzten und denen der Reserve. Neben den erwähnten Erleichterungen bei der Ausbildung, geniessen die Militärärzte den Vorzug einer unentgeltlichen und ausgezeichneten Fortbildung. Mit besonderer Erlaubnis der vorgesetzten Behörde dürfen sie Zivilpraxis ausüben, müssen sich aber für diese in Preussen wie die übrigen Ärzte beim Kreisarzt melden. Ihre Ehrengerichtsbarkeit ist von der der Zivilärzte, sowohl wie von der des Offizierskorps gesondert.

Organisation und Vereinswesen.

Zu unterscheiden sind staatliche und freiwillige Organisation.

Staatliche Organisation. Diese ist nicht in allen Bundesstaaten vorhanden, dort, wo sie besteht, ist sie z. T. sehr verschiedenartig gestaltet, in einzelnen Staaten in Anlehnung an die Vereine, in anderen aus besonderen Wahlen hervorgegangen, in einzelnen Staaten mit, in anderen ohne Disziplinarbefugnissen. [95] In Preussen wird auf Grund Kgl. Verordnung vom 25. 5. 87 alle drei Jahre für jede Provinz eine Ärztekammer gewählt, aus deren Mitte nach dem Gesetz vom 25. 11. 99 ein Ehrengericht gewählt wird, mit einem juristischen Mitgliede. Die Ärztekammern haben das Recht, von den wahlberechtigten Ärzten eine Umlage zu erheben, von wenigen bestimmten Ausnahmen abgesehen ist jeder Arzt wahlberechtigt. Den Ehrengerichten unterstehen nicht die Sanitätsoffiziere und die einer staatlichen Disziplinarordnung unterliegenden beamteten Ärzte. Aus den Vorständen der einzelnen Ärztekammern wird der Ärztekammerausschuss für Preussen gebildet, als Berufungsinstanz gegen die Urteile der Ehrengerichte besteht der Ehrengerichtshof für Preussen, dessen Entscheidungen endgültig sind. Ein Wiederaufnahmeverfahren ist nicht möglich.

Ehrengerichtliche Strafen sind Warnung, Verweis, Geldstrafe bis 3000 M., zeitweise oder dauernde Aberkennung des aktiven und passiven Wahlrechts zur Ärztekammer. Die Approbation kann nirgends durch Ehrengerichtsspruch entzogen werden. Diese ist nur möglich gemäss §§ 53, 54 Gewerbeordnung.

In Sachsen sind alle Ärzte gezwungen, dem zuständigen ärztlichen Bezirksverein anzugehören, die Bezirksvereine der Regierungsbezirke bilden die Kreisvereine, aus deren Abgeordneten die Ärztekammern gebildet werden. An diese Organisation sind auch die Ehrengerichte angelehnt, die nach einer vom Minister des Innern erlassenen Standesordnung urteilen müssen, (während in Preussen das Urteil auf Grund freier Meinungsbildung zu fällen ist.) Ehrengericht zweiter Instanz ist der Ehrengerichtshof in Dresden, gegen dessen Entscheidung Anfechtungsklage beim Oberverwaltungsgericht zulässig ist.

In Bayern gibt es Ärztekammern, die sich aus Delegierten der Bezirksvereine zusammensetzen. Der Beitritt zu den Bezirksvereinen ist freiwillig, Ehrengerichte gibt es nicht.

(Ausführliches über die Standesgesetze in den einzelnen Bundesstaaten bei Joachim – Korn: Deutsches Ärzterecht).

Freiwillige Vereinsorganisation. Abgesehen von den zahlreichen wissenschaftlichen Vereinen gibt es ein weitverzweigtes Netz von ärztlichen Vereinen, die sich vornehmlich mit Standesangelegenheiten befassen. Die weitaus meisten von ihnen sind zu dem „Deutschen Ärztevereinsbund“ zusammengeschlossen, der von einem Geschäftsausschuss geleitet wird und von dem für gewöhnlich einmal im Jahre der „Deutsche Ärztetag“ einberufen wird, zu dem die einzelnen Vereine ihre Delegierten entsenden. (Auf dem Ärztetag im Sommer 1914 vertraten 383 Delegierte 314 Vereine mit 24 556 Mitgliedern.)

Neben und in engster Verbindung mit dem Ärztevereinsbund, und zwar als dessen wirtschaftliche Abteilung, besteht der „Verband der Ärzte Deutschlands zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen,“ nach seinem Sitz kurz „Leipziger Verband“ genannt. Seine Mitgliederzahl betrug am 1. Mai 1913 25 184. Er verdankt seine Entstehung den aus dem wirtschaftlichen Übergewicht der Krankenkassen entstandenen Nöten und stellt eine ausgesprochen gewerkschaftliche Organisation dar. Er bietet den Ärzten eine Stütze bei Kämpfen mit Krankenkassen, vermittelt kostenfrei Stellen als Assistenzarzt, Schiffsarzt etc., Vertretungen für erkrankte oder verreiste Ärzte, vermittelt Niederlassungen (und dämmt damit den Handel mit ärztlicher Praxis ein), unterhält eine Darlehnskasse für vorübergehende Notlagen, eine Sterbekasse, einen Witwen- und Waisenunterstützungsfonds, eine Zentral-Vertragsprüfungstelle und Einrichtungen für die sozialmedizinische Fortbildung (Musterbeispiel das von der Ortsgruppe Berlin des Leipziger Verbandes unterhaltene „Seminar für soziale Medizin“).

Ausserdem gibt es in vielen Grossstädten, Kreisen oder wirtschaftlich zusammengehörenden Bezirken wirtschaftliche Vereine, mit dem ausschliesslichen Zweck des Abschlusses von Verträgen mit Krankenkassen und ähnlichen Organisationen und der Überwachung des ärztlichen Dienstes. Einzelne dieser Vereine bemühen sich weiter durch Abhaltung von Kursen oder Kollektivabonnement auf Zeitschriften um die sozial-medizinische Weiterbildung ihrer Mitglieder (Beispiel: Verein der freigewählten Kassenärzte zu Berlin – Medizinische Reform, Halbmonatsschrift für soziale Hygiene und praktische Medizin). Die Mehrzahl dieser [96] Vereine reicht die von ihnen abzuschliessenden Verträge zur Prüfung oder Genehmigung besonderen Vertragskommissionen ein, die meist als Organe der Ärztekammern oder im Anschluss an diese errichtet sind. Das Inkrafttreten der Reichsversicherungsordnung veranlasste die Gründung von kassenärztlichen Vertragsvereinen fast in allen Teilen Deutschlands. Durch das Abkommen vom 23. XII. 13 kommen in allen Bezirken neu hinzu Arztregister und Vertragsausschuss.

Unterstützungswesen und Pensionskassen. Sehr vielgestaltig ist das ausgedehnte Versicherungs- und Unterstützungswesen der deutschen Ärzte, dessen Besonderheiten im einzelnen vielfach durch die historische Entwicklung begründet sind. Abgesehen von kleineren Unterstützungskassen vieler Standesvereine kommen vor allem in Betracht: die „Versicherungskasse deutscher Ärzte“ mit dem Sitz in Berlin, eine selbständige Einrichtung nach Art der grossen allgemeinen Versicherungsgesellschaften, aber mit im wesentlichen ehrenamtlicher Verwaltung und einem grösstenteils aus Stiftungen und Legaten herrührenden Reservefonds. Sie schliesst mit Ärzten Lebens-, Invaliden-, Witwen-, Waisen- etc. Versicherungen zu verhältnismässig niedrigen Prämien ab. Vielfach bestehen ausserdem zwischen grossen Ärztevereinen und Versicherungsgesellschaften Vorzugsverträge über Lebens-, Unfall-, Haftpflichtversicherung. In einzelnen Bundesstaaten (Sachsen, Bayern) bestehen z. T. schon sehr alte ärztliche Pensions- und Witwenkassen, auf ein Alter von fast 100 Jahren blickt die Hufelandstiftung zurück, ferner ermöglichte das gesetzlich festgelegte Umlagerecht der preussischen Ärztekammern diesen für jede Provinz die Errichtung einer Unterstützungskasse für bedürftige Arzte, Arztwitwen und -Waisen. (Die Unterstützungskasse der Ärztekammer Berlin-Brandenburg hat einen Jahresetat von rund 60 000 M.) Bei der Berlin-Brandenburger Ärztekammer besteht ausserdem eine Darlehnskasse, ferner besteht eine besondere Organisation über ganz Deutschland zur Arbeitsvermittlung für Arztwitwen und -Waisen.

Ärztliches Zeitschriftenwesen. Die Zahl der ärztlichen Zeitschriften geht in die hunderte. Fast für jede wissenschaftliche Spezialität gibt es eine oder mehrere Zeitschriften, Archive, Monats-, Vierteljahrs-, Jahresberichte etc. Eine Anzahl von Wochenschriften, die z. T. in einer Stärke von mehreren tausend Seiten im Jahre erscheinen, behandeln das Gesamtgebiet der Medizin für den praktischen Arzt. Speziell für die Standesangelegenheiten gibt der Deutsche Ärztevereinsbund das wöchentlich erscheinende „Ärztliche Vereinsblatt“ heraus, auf das die angeschlossenen Vereine für jedes ihrer Mitglieder abonnieren müssen; der Leipziger Verband stellt wöchentlich seinen Mitgliedern die „Ärztlichen Mitteilungen“ zu, ausserdem besitzen die Standesvereine in den meisten Bundesstaaten, Provinzen und einzelnen Grossstädten eigene Korrespondenzblätter.

Ein grosser Teil der Redaktionen ärztlicher Zeitschriften gehört zur „Vereinigung der Deutschen Medizinischen Fachpresse“. Diese stellt einheitliche Grundsätze auf für die Aufnahme von Polemiken und dergl., über Nachdruck und Sonderabdrucke, übt eine Kontrolle über etwaige Reklameaufsätze, kontrolliert den Inseratenteil zur Fernhaltung von Kurpfuscheranzeigen und falschen Deklarationen von Heilmitteln und dergl., entsendet gemeinsame Referenten auf Kongresse. Ähnliche, aber meist weniger straff organisierte Vereinigungen gibt es in den meisten Kulturstaaten, alle zusammen bilden die „Internationale Vereinigung der medizinischen Fachpresse“ (Sitz Paris), die ihrerseits den gegenseitigen Austausch der Zeitschriften, die Berichterstattung auf grossen internationalen Kongressen etc. regelt, einheitliche Nomenklatur, einheitliche Abkürzungen beim Zitieren etc. vorbereitet.





  1. Als Bildungsanstalten kommen in Betracht die Medizinischen Fakultäten an den deutschen Universitäten mit ihren vielerlei Instituten und Kliniken, wie die militärärztliche „Kaiser Wilhelmsakademie“ in Berlin. Ausserdem gibt es zahlreiche Anstalten und Vereinigungen für ärztliche Fortbildung, so die von den Gemeinden errichteten und unterhaltenen und vom Staat beaufsichtigten „Akademien für praktische Medizin“ in Cöln und Düsseldorf. Die meisten Vereinigungen oder Anstalten für ärztliche Fortbildung sind, mit diesen Akademien, angeschlossen an das Deutsche Reichs-Komitee oder an das Preussische Zentralkomitee für ärztliche Fortbildung, in denen auch die Regierungen vertreten sind. Einen besonderen Zweig der Fortbildung pflegt für ganz Deutschland das „Deutsche Zentral-Komitee für ärztliche Studienreisen‘‘ in Berlin.
  2. Ausser diesen eigentlichen Rechten gewährleistet die Approbation eine Anzahl von Vorrechten.
    1. Die Militärpflicht braucht nur im ersten Halbjahr mit der Waffe geleistet zu werden, das zweite Halbjahr kann der Approbierte als einjährig-freiwilliger Arzt dienen.
    2. In Frieden und Krieg ist der Arzt von der Pflicht, Vorspann und Fourage zu leisten, so weit befreit, als Pferde und Fourage für die Ausübung seiner ärztlichen Tätigkeit notwendig sind.
    3. Öffentliche Ehrenämter darf der Arzt z. T. ablehnen. So nach § 35 Nr. 3 und § 85 des Gerichtsverfassungsgesetzes das Amt des Geschworenen und des Schöffen. In den meisten Bundesstaaten kann er auch durchweg oder unter bestimmten Voraussetzungen kommunale Ehrenämter ablehnen.
    4. Ärztliche Hilfeleistung beim Zweikampf ist straflos. (§ 209 Strafgesetzbuch).
    5. Das Zeugnis über dem Arzte anvertraute Tatsachen darf verweigert werden im Zivilprozess (Z.P.O. § 383), im Strafprozess (St.P.O. § 52) und im Militärstrafgerichtsprozess (M.St.P.O. § 188).
    6. Pfändung ist ausgeschlossen von Gegenständen, die zur Ausübung des ärztlichen Berufs notwendig sind und von entsprechend anständiger Kleidung (Z.P.O. § 811 Nr. 7), auch hat hieran der Vermieter kein Pfand- und Zurückbehaltungsrecht (B.G.B. § 850).
    7. Bei Konkursen haben Aerzte ein Vorrecht für Kur- und Pflegekosten aus dem letzten Jahre (K.O. § 61).
    8. Das Amt als Trichinenschauer kann dem Arzte ohne besondere Prüfung übertragen werden.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. gemeint wohl: Ärzte