Die Anwendung der sogenannten Leuchtfarben

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die Anwendung der sogenannten Leuchtfarben
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 51, S. 854–855
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[854] Die Anwendung der sogenannten Leuchtfarben, über welche wir im vorigen Jahrgange wiederholt (S. 10 und 544) berichtet haben, tritt immer mehr aus dem Kreise der Spielereien heraus in’s Praktische Leben. Sie lassen sich in zwei Hauptgruppen theilen, je nachdem bestimmte Gegenstände bei stockfinsterer Nacht selbstleuchtend gemacht werden, oder ausgedehntere, derartig bestrichene Flächen zur Erleuchtung ganzer Räume dienen sollen. Zu der ersteren Gruppe der selbstleuchtenden Gegenstände gehören Hausgeräthe und Einrichtungen: die leuchtenden Schlüsselloch-Umrahmungen, Feuerzeugbehälter, Leuchter, Stiefelknechte etc.

Alle diese Gegenstände erfordern aber, um wirklich ihrem Zwecke zu genügen, gewisse Vorbedingungen, als z. B. daß sie vorher genügend vom Tageslichte getroffen werden und daß es an dem Orte, wo sie des Nachts leuchten sollen, auch wirklich hinreichend finster sei. So haben sich dem Vernehmen nach die leuchtenden Pferdebahn-Aufschriften, die auf einer Berliner Linie versuchsweise eingeführt worden waren, gar nicht bewährt, weil es eben auf den Berliner Straßen dazu nicht finster genug ist.

Ganz praktisch dürften dagegen die leuchtenden Rettungsbojen sein, die sich den des Nachts auf Schiffen in Gefahr befindlichen Personen dauernd sichtbar machen sollen. Ueber ihren Werth und über sonstige Anwendungen der leuchtenden Farben für Schifffahrtszwecke sucht unter Anderen auch die Swinemünder Hafenbaudirection zur Zeit Erfahrungen zu sammeln. Einen originellen, wenn auch nicht gerade künstlerischen Effect machen die von der Thonwaarenfabrik Seegerhall in der Neumark hergestellten leuchtenden Büsten, Statuen und Statuetten. Sie leuchten zwar recht schön und sind wetterbeständig, aber da die Wirkung eines plastischen Kunstwerkes ohne Schatten keine vollständige sein kann, und hier Alles Licht ist, so sind die Züge einer solchen Büste kaum zu erkennen, und man gewahrt in geringer Entfernung nicht viel mehr als eine unbestimmte Lichtmasse von der ungefähren Gestalt einer menschlichen Büste. Es soll nicht geleugnet werden, daß eine derartig leuchtende Statue in einer Grotte oder einem dunklen Gartenbosquet eine ganz überraschende Wirkung erzielen kann, indessen immerhin keine künstlerische.

Viel weniger Bedeutung und Zukunft können wir der Idee einer Zeitschrift mit leuchtenden Schriftzügen für Nachtlectüre, wie [855] sie unter dem Titel „Merlino Coccajo“ in Turin erscheinen sollte, zugestehen; schon beim Betrachten eines einfachen leuchtenden Gegenstandes flimmern Einem nach wenigen Secunden die Augen. Wie würde es erst sein, wenn man leuchtende Schrift lesen sollte!

Noch weniger allgemeine Anwendung scheint die Beleuchtung ganzer Räume durch Sonnenphosphore, wie sie schon Noah in seiner Arche gehabt haben soll (siehe „Gartenlaube“ S. 10) finden zu können. Deutsche und schweizerische Eisenbahndirectionen stellen zur Zeit Versuche all, ob man in Eisenbahnwagons, deren Decken mit Leuchtfarbe bestrichen sind, Petroleum oder Gas sparen könne. Für Waggons, welche lange Tunnels zu passiren haben, scheint die Idee nicht übel. Die schon erwähnte Thonwaarenfabrik zu Seegerhall hat sich eine sogenannte Lichtmagnetlampe patentiren lassen, die zur Erleuchtung feuergefährlicher Räume als Scheunen, Petroleumlager, Spritfabriken etc. dienen soll, um bei deren Scheine gröbere Arbeiten verrichten zu können. Dieselbe besteht einfach aus einem möglichst großen, aus Pappe oder Blech angefertigten, trichter- oder hohlspiegelförmigen Schirm, dessen Innenseite mit der Leuchtfarbe überzogen ist. Das von dieser „Lampe“ ausgestrahlte Licht ist immerhin ein sehr schwaches und kommt dem Vollmondscheine bei Weitem nicht gleich. Uebrigens kann man sich derartige Schirme und sonstige Leuchtgegenstände leicht selbst anfertigen, da die Balmain’sche Leuchtfarbe durch die Firma Wirth u. Comp. in Frankfurt am Main – freilich nicht ganz billig! – zu beziehen ist. Im Oelanstrich ist dieselbe gegen Feuchtigkeit so wenig empfindlich, daß man damit sogar leuchtende Taucheranzüge hergestellt hat.

Gegenüber dem blauleuchtenden Balmain’schen ist von dem Chemiker Gäde in Berlin auch ein grünleuchtendes Schwefelcalcium bereitet worden, und da man auch gelb und roth leuchtende Varietäten erzielen kann, so sollte man statt der leuchtenden Büsten lieber leuchtende Sträuße mit grünen Blättern und mit rothen und blauen Blumen anfertigen.