Die Edda (Simrock 1876)/Ältere Edda/Fafnismâl
Sigurd und Regin fuhren aufwärts zur Gnitahaide und fanden da Fafnirs Weg, auf dem er zum Waßer kroch. Da machte Sigurd eine große Grube im Wege und stellte sich hinein. Als aber Fafnir von seinem Golde kroch, blies er Gift von sich und das fiel dem Sigurd von oben aufs Haupt. Als aber Fafnir über die Grube wegglitt, stach ihm Sigurd das Schwert ins Herz. Fafnir schüttelte sich und schlug mit Haut und Schweif. Da sprang Sigurd aus der Grube, wo denn Einer den Andern sah. Fafnir sprach:
Was bist du mir ein Menschenkind?
Der in Fafnir färbtest den funkelnden Stahl;
Mir haftet im Herzen dein Schwert.
Aber Sigurd verhehlte seinen Namen, weil es im Altertum Glaube war, daß eines Sterbenden Wort viel vermöchte, wenn er seinen Feind mit Namen verwünschte. Er sprach:
Ein Kind, das keine Mutter kennt.
Auch miss ich den Vater, den Menschen sonst haben,
Ich gehe einsam, allein.
Welches Wunder erzeugte dich?
Und ich selber auch nicht.
Sigurd heiß ich, Sigmund hieß mein Vater;
Meine Waffe verwundete dich.
Mein Leben zu morden,
Klaräugiger Knabe? kühn war dein Vater:
Dem Ungebornen vererbt’ er den Sinn.
Und mein scharfes Schwert.
Keiner ist kühn, wenn die Jahre kommen,
Der von Kindesbeinen blöd war.
Man kennte dich kühn im Kampfe;
In Haft bist du hier, ein Heergefangner:
Stäts, sagt man, bebt der Gebundne.
Meinem Mutterlande?
Nicht war ich in Haft hier, auch als Heergefangner;
Du fühlst wohl, daß ich frei bin.
Aber Eins verkünd ich dir:
Das gellende Gold, der glutrothe Schatz,
Diese Ringe verderben dich.
Stäts bis an den Einen Tag.
Denn Einmal muß jeder Mann doch
Fahren von hinnen zu Hel.
Mein Wort für unweise Rede.
Doch ertrinkst du im Waßer, ob du beim Winde ruderst:
Alles sterbt ihn, der sterben soll.
Da ich über Kleinoden kroch;
Allein daucht ich mich stärker als alle
Und fand selten meinen Mann.
Wo Zornige kommen zu kämpfen.
Wer mit Vielen ficht befindet bald:
Keiner ist allein der Kühnste.
Dem Vielen, meines Vaters.
Ein hartes Herz erhieltest du.
Der Muth schwillt mächtig den Menschensöhnen,
Die solchen Helm haben.
Und wohl Manches weist:
Welches sind die Nornen, die nothlösend heißen
Und Mütter mögen entbinden?
Und nicht Eines Ursprungs.
Einige sind Asen, andere Alfen,
Die dritten Töchter Dwalins.
Und wohl Manches weist:
Wie heißt der Holm, wo Herzblut mischen
Surtur einst und Asen?
Dereinst mit Speren spielen.
Bifröst bricht eh beide sich scheiden
Und im Strome schwimmen die Rosse.
Und reit heim von hinnen.
Das gellende Gold, der glutrothe Schatz,
Diese Ringe verderben dich.
Zu dem Hort auf der Haide.
Du Fafnir lieg in letzten Zügen
Bis du hin must zu Hel.
Er bringt uns beiden den Tod.
Sein Leben muß nun Fafnir laßen,
Deine Macht bemeistert mich.
Regin war fortgegangen, während Sigurd Fafnirn tödtete; er kam zurück, als Sigurd das Blut vom Schwerte wischte. Regin sprach:
Und den Fafnir gefällt.
Von allen Männern, die auf Erden wandeln,
Acht ich dich den Unverzagtesten.
Der Sieggötter Söhne,
Welcher der unverzagteste ist:
Mancher ist kühn, der die Klinge nie
Barg in des Andern Brust.
Da du Gram im Grase wischest.
Den Bruder hast du mir umgebracht;
Doch trag ich selbst der Schuld ein Theil.
Über die heiligen Berge her.
Gut und Leben gegönnt wär dem glänzenden Wurm,
Triebest du mich nicht zur That.
Da ging Regin zu Fafnir und schnitt ihm das Herz aus mit dem Schwerte, das Ridil heißt und trank dann das Blut aus der Wunde.
Und halte Fafnirs Herz ans Feuer.
Ich will das Herz zu eßen haben
Auf den Bluttrunk, den ich trank.
Röthete das scharfe Schwert.
Meine Stärke setzt ich wider den starken Wurm,
So lange du auf der Haide lagst.
Jenen alten Joten,
Wenn du das Schwert nicht schwangst, das ich dir schuf,
Die wohlgewetzte Waffe.
Wo sich Tapfere treffen.
Den Kühnen immer sah ich erkämpfen
Mit stumpfem Schwerte den Sieg.
Sich im Kriegesspiel versuchen.
Mehr gelingt dem Muntern als dem Mürrischen
Was er hab in der Hand.
Sigurd nahm Fafnirs Herz und briet es am Spieß. Und als er dachte, daß es gar wäre, und der Saft aus dem Herzen schäumte, da stieß er daran mit seinem Finger und versuchte ob es gar gebraten wäre. Er verbrannte sich und steckte den Finger in den Mund. Aber als Fafnirs Herzblut ihm auf die Zunge kam, da verstand er der Vögel Stimmen. Er hörte, daß Adlerinnen auf den Zweigen zwitscherten.
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Und brät am Feuer Fafnirs Herz.
Klug däuchte mich der Ringverderber,
Wenn er das leuchtende Lebensfleisch äße.
Wie er triege den Mann, der ihm vertraute;
Sinnt in der Bosheit auf falsche Beschuldigung:
Der Unheilschmied brütet dem Bruder Rache.
Fahren von hinnen zu Hel.
So soll er den Schatz besitzen allein,
Wie viel des unter Fafnir lag.
Den Anschlag, Schwestern, den ihr wohl ersannt.
Er berathe sich rasch die Raben zu erfreuen,
Denn den Wolf erwart ich, gewahr ich sein Ohr.
Wie ich den Heerweiser hätte gewähnt,
Läßt er den einen Bruder ledig
Und hat den andern umgebracht.
Den gemeingefährlichen Feind.
Dort liegt Regin, der ihn verrathen will;
Er weiß sich davor nicht zu wahren.
Und beraub ihn der Ringe.
So sind die Schätze, die Fafnir beseßen,
Ihm allein zu eigen.
Mir zum Mörder werden:
Beide Brüder sollen alsbald
Fahren von hinnen zu Hel.
Sigurd hieb Regin das Haupt ab, und aß Fafnirs Herz und trank beider Blut, Regins und Fafnirs. Da hörte Sigurd was die Adlerinnen sangen:
Um Künftges sich kümmern ziemt Königen nicht.
Ein Weib weiß ich, ein wunderschönes,
Goldbegabt: wär sie dir gegönnt!
Dem Wandernden weist das Schicksal den Weg.
Da hat eine Tochter der theure König:
Die magst du, Sigurd, um Mahlschatz kaufen.
Ganz von Glut umgeben außen.
Ihn haben hehre Herscher geschaffen
Aus undunkler Erdenflamme.
Und lodernd umleckt sie der Linde Feind.
Mit dem Dorn stach Yggr (Odhin) sie einst in den Schleier
Die Maid, die Männer morden wollte.
Die aus dem Gewühl trug Wingskornir das Ross.
Nicht vermag Sigrdrifas Schlaf zu brechen
Ein Fürstensohn eh die Nornen es fügen.
Sigurd ritt auf Fafnirs Spur nach dessen Hause und fand es offen und die Thüren von Eisen und aufgeklemmt. Von Eisen war auch alles Zimmerwerk am Hause und das Gold unten in die Erde gegraben. Da fand Sigurd großmächtiges Gut und füllte damit zwei Kisten. Da nahm er Ögis Helm und die Goldbrünne und das Schwert Hrotti und viele Kostbarkeiten und belud Grani damit. Aber das Ross wollte nicht fortgehen bis Sigurd auf seinen Rücken stieg.
Anmerkungen (Wikisource)
Siehe auch Anmerkungen des Übersetzers zu diesem Lied.