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Die Frauen in Persien

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Textdaten
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Titel: Die Frauen in Persien
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 35, S. 579
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Heirats- und Ehebräuche in Persien
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[579] Die Frauen in Persien. Was uns über die Lage des weiblichen Geschlechtes in dem Sonnenlande Persien berichtet wird, ist ganz geeignet, dasselbe den Frauen des Abendlandes als eine Art von „Eldorado“ erscheinen zu lassen. Nicht als ob die gesellschaftliche Stellung der Frauen irgendwie an die unserige erinnerte; aber sie sind frei von jeder Arbeitslast; die Bedienung des Hauses besteht nur aus Männern, die auch auf den Markt gehen und jede häusliche Arbeit verrichten. Ausgenommen sind nur die Haremssklavinnen, welche sich natürlich, da sie in alle Geheimnisse der Toilette eingeweiht werden, nicht ersetzen lassen. Diese Toilette ist fast die einzige Beschäftigung der Frauen: dazu Gesang und Tanz, Bäder, Besuche und Spaziergänge. Mit Farben, Salben, Schminktöpfen jeder Art ist die Toilette der Perserinnen reich ausgestattet. Die Wimpern werden mit Salbe zusammengepappt und geschwärzt; die Brauen müssen über der Nase zusammenstoßen; Wangen und Kinn werden roth und blau gemalt, das Haar, die Nägel und Handflächen roth gefärbt und zwar mit dem Pflanzenstoff Hennah. Das Haar hängt meist in zahlreichen Zöpfen herab, wird indeß auch von vielen Frauen hinten in einem Knäuel aufgesteckt. Es giebt in den persischen Harems blutjunge Frauen: mit zwölf Jahren ist ein Mädchen heirathsfähig. Der Mann lernt das Gesicht seiner Braut erst nach der Hochzeit kennen; auch die Gestalt wird durch die bis zu den Füßen wallenden Schleier unkenntlich gemacht. Kaufen und ausstatten muß der Mann die Frau, die in der Regel nur ein kleines Gegengeschenk in Waffen oder ähnlichen Dingen bietet. Bei der Heirath giebt es allerlei symbolische Gebräuche, besonders bei den Kurden: der Mann tritt der Frau auf den Fuß und läßt ihr einige gelinde Ruthenhiebe zu Theil werden. Die persischen Schönheiten haben runde Gesichter, Gazellenaugen und Neigung zur Körperfülle. Die ehelichen Verhältnisse sind übrigens von einer Bequemlichkeit für die Männerwelt, von welcher das Eherecht des Abendlandes nichts weiß. Vier rechtmäßige Frauen sind dem Perser zugestanden, und auch der gemeine Mann hat in der Regel mehr als eine Frau; der Unterhalt ist nicht theuer; ein Landmädchen wird oft für wenige Groschen verkauft, wenn es nur versorgt wird. Doch bleibt diese Versorgung unsicher, denn der Mann kann sich jeden Augenblick wieder scheiden lassen und braucht dafür gar keine Gründe anzugeben.

Nun giebt es aber noch allerlei Spielarten des ehelichen Glückes; außer den rechtmäßigen Ehefrauen giebt es noch Vertragsfrauen, Frauen auf unbestimmte Zeit, welche meistens aus der Zahl der geschiedenen Frauen und der Wittwen genommen werden und deren jeder Mann sich so viele halten kann, als seine Mittel irgend erlauben. Die Zeit kann sehr kurz gemessen sein; denn beim Landaufenthalt oder auf Vergnügungsreisen kann der Perser irgend ein Bauernmädchen heirathen, von dem er sich dann nach beendigter Villeggiatur wieder scheiden läßt. Daß die rechtmäßigen Ehefrauen sich mit denen „auf Zeit“ nicht aufs Beste vertragen und auch die mehrjährigen und mehrmonatigen sich gelegentlich in den Haaren liegen, ist begreiflich; es sollen sogar häufig genug Vergiftungen vorkommen. Am schwierigsten ist natürlich das persische Erbrecht: denn es bedarf einer mehr als Solonischen Weisheit, um die Rechtsansprüche der Kinder aus diesen verschiedenen Ehen in billiger Weise festzustellen. †