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Die Gartenlaube (1885)/Heft 33

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Autor: Verschiedene
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Titel: Die Gartenlaube
Untertitel: Illustrirtes Familienblatt
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Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum: 1885
Erscheinungsdatum: 1885
Verlag: Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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[533]

No. 33.   1885.
Die Gartenlaube.


Illustrirtes Familienblatt.Begründet von Ernst Keil 1853.

Wöchentlich 2 bis 2½ Bogen. – In Wochennummern vierteljährlich 1 Mark 60 Pfennig. – In Heften à 50 Pfennig oder Halbheften à 30 Pfennig.


Unterm Birnbaum.

Von Th. Fontane.
1.

Vor dem in dem großen und reichen Oderbruchdorfe Tschechin – halben Wegs zwischen Küstrin und Frankfurt – um Michaeli 20 eröffneten Gasthaus und Materialwaarengeschäft von Abel Hradscheck (so stand auf einem über der Thür angebrachten Schilde) wurden Säcke, vom Flur her, auf einen mit zwei magern Schimmeln bespannten Bauerwagen geladen. Einige von den Säcken waren nicht gut gebunden oder hatten kleine Löcher und Ritzen und so sah man denn an dem, was herausfiel, daß es Rapssäcke waren. Auf der Straße neben dem Wagen aber stand Abel Hradscheck selbst und sagte zu dem eben vom Rad her auf die Deichsel steigenden Knecht: „Und nun vorwärts, Jakob, und grüße mir Oelmüller Quaas. Und sag’ ihm, bis Ende der Woche müßt’ ich das Oel haben, Leist in Wrietzen warte schon. Und wenn Quaas nicht da ist, so bestelle der Frau meinen Gruß und sei hübsch manierlich. Du weißt ja Bescheid. Und weißt auch, Kätzchen hält auf Komplimente.“

Der als Jakob Angeredete nickte nur statt aller Antwort, setzte sich auf den vordersten Rapssack und trieb beide Schimmel mit einem schläfrigen „Hüh“ an, wenn überhaupt von antreiben die Rede sein konnte. Und nun klapperte der Wagen nach rechts hin den Fahrweg hinunter, erst auf das Bauer Orthsche Gehöft sammt seiner Windmühle (womit das Dorf nach der Frankfurter Seite hin abschloß) und dann auf die weiter draußen am Oderbruch-Damm gelegene Oelmühle zu. Hradscheck sah dem Wagen nach, bis er verschwunden war, und trat dann in den Hausflur zurück. Dieser war breit und tief und theilte sich in zwei Hälften, die durch ein paar Holzsäulen und zwei dazwischen ausgespannte Hängematten von einander getrennt waren. Nur in der Mitte hatte man einen Durchgang gelassen. An dem Vorflur lag nach rechts hin das Wohnzimmer, zu dem eine Stufe hinaufführte, nach links hin aber der Laden, in den man durch ein großes, fast die halbe Wand einnehmendes Schiebefenster hineinsehen konnte. Früher war hier die Verkaufsstelle gewesen, bis sich die zum Vornehmthun geneigte Frau Hradscheck das Herumtrampeln auf ihrem Flur verbeten und auf Durchbruch einer richtigen Ladenthür, also von der Straße her, gedrungen hatte. Seitdem zeigte dieser Vorflur eine gewisse Herrschaftlichkeit, während der nach dem Garten hinausführende Hinterflur ganz dem Geschäft gehörte. Säcke, Citronen- und Apfelsinenkisten standen hier an der einen Wand entlang, während an der andern übereinandergeschichtete Fässer lagen, Oelfässer, deren stattliche Reihe nur durch eine zum


Vroni. 0Nach dem Oelgemälde von H. Fechner jun

[534] Keller hinunterführende Fallthür unterbrochen war. Ein sorglich vorgelegter Keil hielt nach rechts und links hin die Fässer in Ordnung, so daß die untere Reihe durch den Druck der obenaufliegenden nicht ins Rollen kommen konnte.

So war der Flur. Hradscheck selbst aber, der eben die schmale, zwischen den Kisten und Oelfässern freigelassene Gasse passierte, schloß, halb ärgerlich halb lachend, die trotz seines Verbotes mal wieder offenstehende Fallthür und sagte: „Dieser Junge, der Ede. Wann wird er seine fünf Sinne beisammen haben!“

Und damit trat er vom Flur her in den Garten.

Hier war es schon herbstlich, nur noch Astern und Reseda blühten zwischen den Buchsbaumrabatten und eine Hummel umsummte den Stamm eines alten Birnbaums, der mitten im Garten hart neben dem breiten Mittelsteige stand. Ein paar Möhrenbeete, die sich, sammt einem schmalen mit Kartoffeln besetzten Ackerstreifen, an eben dieser Stelle durch eine Spargel-Anlage hinzogen, waren schon wieder umgegraben, eine frische Luft ging, und eine schwarzgelbe, der nebenanwohnenden Wittwe Jeschke zugehörige Katze schlich, muthmaßlich auf der Sperlingssuche, durch die schon hoch in Samen stehenden Spargelbeete.

Hradscheck aber hatte dessen nicht Acht. Er ging vielmehr rechnend und wägend zwischen den Rabatten hin und kam erst zu Betrachtung und Bewußtsein, als er, am Ende des Gartens angekommen, sich umsah und nun die Rückseite seines Hauses vor sich hatte. Da lag es, sauber und freundlich, links die sich von der Straße her bis in den Garten hineinziehende Kegelbahn, rechts der Hof sammt dem Küchenhaus, das er erst neuerdings an den Laden angebaut hatte. Der kaum vom Winde bewegte Rauch stieg sonnenbeschienen auf und gab ein Bild von Glück und Frieden. Und das alles war sein! Aber wie lange noch? Er sann ängstlich nach und fuhr aus seinem Sinnen erst auf, als er, ein paar Schritte von sich entfernt, eine große, durch ihre Schwere und Reife sich von selbst ablösende Malvasierbirne mit eigenthümlich dumpfem Ton aufklatschen hörte. Denn sie war nicht auf den harten Mittelsteig, sondern auf eins der umgegrabenen Möhrenbeete gefallen. Hradscheck ging darauf zu, bückte sich und hatte die Birne kaum aufgehoben, als er sich von der Seite her angerufen hörte:

„Dag, Hradscheck. Joa, et wahrd nu Tied. De Malvesieren kümmen all von sülwst.“

Er wandte sich bei diesem Anruf und sah, daß seine Nachbarin, die Jeschke, deren kleines, etwas zurückgebautes Haus den Blick auf seinen Garten hatte, von drüben her über den Himbeerzaun kuckte.

„Ja Mutter Jeschke, ’s wird Zeit,“ sagte Hradscheck. „Aber wer soll die Birnen abnehmen? Freilich wenn Ihre Line hier wäre, die könnte helfen. Aber man hat ja keinen Menschen und muß alles selbst machen.“

„Na, Se hebben joa doch den Jungen, den Ede.“

„Ja, den hab ich. Aber der pflückt blos für sich.“

„Dat sall woll sien,“ lachte die Alte. „Een in’t Töppken, een in’t Kröppken.“

Und damit humpelte sie wieder nach ihrem Hause zurück, während auch Hradscheck wieder vom Garten her in den Flur trat.

Hier sah er jetzt nachdenklich auf die Stelle, wo vor einer halben Stunde noch die Rapssäcke gestanden hatten, und in seinem Auge lag etwas, als wünsch’ er, sie stünden noch am selben Fleck oder es wären neue statt ihrer aus dem Boden gewachsen. Er zählte dann die Fässerreihe, rief, im Vorübergehen, einen kurzen Befehl in den Laden hinein und trat gleich danach in seine gegenüber gelegene Wohnstube.

Diese machte neben ihrem wohnlichen zugleich einen eigenthümlichen Eindruck, und zwar, weil alles in ihr um vieles besser und eleganter war, als sich’s für einen Krämer und Dorf-Materialisten schickte. Die zwei kleinen Sophas waren mit einem hellblauen Atlasstoff bezogen und an dem Spiegelpfeiler stand ein schmaler Trumeau, weißlackirt und mit Goldleiste. Ja, das in einem Mahagoni-Rahmen über dem kleinen Klavier hängende Bild (allem Anscheine nach ein Stich nach Claude Lorrain) war ein Sonnenuntergang mit Tempeltrümmern und antiker Staffage, so daß man füglich fragen durfte, wie das alles hierherkomme? Passend war eigentlich nur ein Stehpult mit einem Gitter-Aufsatz und einem Kuckloch darüber, mit Hilfe dessen man, über den Flur weg, auf das große Schiebefenster sehen konnte.

Hradscheck legte die Birne vor sich hin und blätterte das Kontobuch durch, das aufgeschlagen auf dem Pulte lag. Um ihn her war alles still und nur aus der halboffenstehenden Hinterstube vernahm er den Schlag einer Schwarzwälder Uhr.

Es war fast, als ob das Ticktack ihn störe, wenigstens ging er auf die Thür zu, anscheinend um sie zu schließen; als er indeß hineinsah, nahm er überrascht wahr, daß seine Frau in der Hinterstube saß, wie gewöhnlich schwarz aber sorglich gekleidet, ganz wie Jemand der sich auf Figurmachen und Toilettendinge versteht. Sie flocht eifrig an einem Kranz, während ein zweiter, schon fertiger an einer Stuhllehne hing.

„Du hier, Ursel! Und Kränze! Wer hat denn Geburtstag?“

„Niemand. Es ist nicht Geburtstag. Es ist blos Sterbetag, Sterbetag Deiner Kinder. Aber Du vergißt alles. Blos Dich nicht.“

„Ach, Ursel, laß doch. Ich habe meinen Kopf voll Wunder. Du mußt mir nicht Vorwürfe machen. Und dann die Kinder. Nun ja, sie sind todt, aber ich kann nicht trauern und klagen, daß sie’s sind. Umgekehrt, es ist ein Glück.“

„Ich verstehe Dich nicht.“

„Und ist nur zu gut zu verstehn. Ich weiß nicht aus noch ein und habe Sorgen über Sorgen.“

„Worüber? Weil Du nichts Rechtes zu thun hast und nicht weißt, wie Du den Tag hinbringen sollst. Hinbringen sag’ ich, denn ich will Dich nicht kränken und von todtschlagen sprechen. Aber sage selbst, wenn drüben die Weinstube voll ist, dann fehlt Dir nichts. Ach, das verdammte Spiel, das ewige Knöcheln und Tempeln. Und wenn Du noch glücklich spieltest! Ja, Hradscheck, das muß ich Dir sagen, wenn Du spielen willst, so spiele wenigstens glücklich. Aber ein Wirth, der nicht glücklich spielt, muß davon bleiben, sonst spielt er sich von Haus und Hof. Und dazu das Trinken, immer der schwere Ungar, bis in die Nacht hinein.“

Er antwortete nicht und erst nach einer Weile nahm er den Kranz, der über der Stuhllehne hing, und sagte: „Hübsch. Alles was Du machst, hat Schick. Ach, Ursel, ich wollte, Du hättest bessere Tage.“

Dabei trat er freundlich an sie heran und streichelte sie mit seiner weißen fleischigen Hand.

Sie ließ ihn auch gewähren und als sie, wie beschwichtigt durch seine Liebkosungen, von ihrer Arbeit aufsah, sah man, daß es ihrer Zeit eine sehr schöne Frau gewesen sein mußte, ja, sie war es beinah noch. Aber man sah auch, daß sie viel erlebt hatte, Glück und Unglück, Lieb’ und Leid, und durch allerlei schwere Schulen gegangen war. Er und sie machten ein hübsches Paar und waren gleichaltrig, Anfang vierzig, und ihre Sprech- und Verkehrsweise ließ erkennen, daß es eine Neigung gewesen sein mußte, was sie vor länger oder kürzer zusammengeführt hatte.

Der herbe Zug, den sie bei Beginn des Gesprächs gezeigt, wich denn auch mehr und mehr, und endlich fragte sie: „Wo drückt es wieder? Eben hast Du den Raps weggeschickt, und wenn Leist das Oel hat, hast Du das Geld. Er ist prompt auf die Minute.“

„Ja, das ist er. Aber ich habe nichts davon, alles ist blos Abschlag und Zins. Ich stecke tief drin und leider am tiefsten bei Leist selbst. Und dann kommt die Krakauer Geschichte, der Reisende von Olszewski-Goldschmidt und Sohn. Er kann jeden Tag da sein.“

Hradscheck zählte noch anderes auf, aber ohne daß es einen tieferen Eindruck auf sie gemacht hätte. Vielmehr sagte sie langsam und mit gedehnter Stimme: „Ja, Würfelspiel und Vogelstellen …“

„Ach, immer Spiel und wieder Spiel! Glaube mir, Ursel, es ist nicht so schlimm damit und jedenfalls mach’ ich mir nichts d’raus. Und am wenigsten aus dem Lotto; ’s is alles Thorheit und weggeworfen Geld, ich weiß es, und doch hab’ ich wieder ein Loos genommen. Und warum? Weil ich heraus will, weil ich heraus muß, weil ich uns retten möchte.“

„So, so,“ sagte sie, während sie mechanisch an dem Kranze weiter flocht und vor sich hin sah, als überlege sie, was wohl zu thun sei.

„Soll ich Dich auf den Kirchhof begleiten?“ frug er, als ihn ihr Schweigen zu bedrücken anfing. „Ich thu’s gern, Ursel.“

Sie schüttelte den Kopf.

„Warum nicht?“

[535] „Weil, wer den Todten einen Kranz bringen will, wenigstens an sie gedacht haben muß.“

Und damit erhob sie sich und verließ das Haus, um nach dem Kirchhof zu gehen.

Hradscheck sah ihr nach, die Dorfstraße hinauf, auf deren rothen Dächern die Herbstsonne flimmerte. Dann trat er wieder an sein Pult und blätterte.


2.

Eine Woche war seit jenem Tage vergangen, aber das Spielglück, das sich bei Hradscheck einstellen sollte, blieb aus und das Lottoglück auch. Trotz alledem gab er das Warten nicht auf, und da gerade Lotterie-Ziehzeit war, kam das Viertelloos gar nicht mehr von seinem Pult. Es stand hier auf einem Ständerchen, ganz nach Art eines Fetisch, zu dem er nicht müde wurde, respektvoll und beinah mit Andacht aufzublicken. Alle Morgen sah er in der Zeitung die Gewinn-Nummern durch, aber die seine fand er nicht, trotzdem sie unter ihren fünf Zahlen drei Sieben hatte und mit sieben dividirt glatt aufging. Seine Frau, die wohl wahrnahm, daß er litt, sprach ihm nach ihrer Art zu, nüchtern aber nicht unfreundlich, und drang in ihn „daß er den Lotteriezettel wenigstens vom Ständer herunternehmen möge, das verdrösse den Himmel nur und wer dergleichen thäte, kriege statt Rettung und Hilfe den Teufel und seine Sippschaft ins Haus. Das Loos müsse weg. Wenn er wirklich beten wolle, so habe sie was Besseres für ihn, ein Marienbild, das der Bischof von Hildesheim geweiht und ihr bei der Firmelung geschenkt habe.“

Davon wollte nun aber der beständig zwischen Aber- und Unglauben hin und her schwankende Hradscheck nichts wissen. „Geh mir doch mit dem Bild, Ursel. Und wenn ich auch wollte, denke nur, welche Bescheerung ich hätte, wenn’s einer merkte. Die Bauern würden lachen von einem Dorfende bis ans andere, selbst Orth und Igel, die sonst keine Miene verziehen. Und mit der Pastor-Freundschaft wär’s auch vorbei. Daß er zu Dir hält, ist doch blos, weil er Dir den katholischen Unsinn ausgetrieben und einen Platz im Himmel, ja vielleicht an seiner Seite gewonnen hat. Denn mit meinem Anspruch auf Himmel ist’s nicht weit her.“

Und so blieb denn das Loos auf dem Ständer, und erst als die Ziehung vorüber war, zerriß es Hradscheck und streute die Schnitzel in den Wind. Er war aber auch jetzt noch, all seinem spöttisch-überlegenen Gerede zum Trotz, so schwach und abergläubisch, daß er den Schnitzeln in ihrem Fluge nachsah und als er wahrnahm, daß einige die Straße hinauf bis an die Kirche geweht wurden und dort erst niederfielen, war er in seinem Gemüthe beruhigt und sagte: „Das bringt Glück.“

Zugleich hing er wieder allerlei Gedanken und Vorstellungen nach, wie sie seiner Phantasie jetzt häufiger kamen. Aber er hatte noch Kraft genug, das Netz, das ihm diese Gedanken und Vorstellungen überwerfen wollten, wieder zu zerreißen.

„Es geht nicht.“

Und als im selben Augenblick das Bild des Reisenden, dessen Anmeldung er jetzt täglich erwarten mußte, vor seine Seele trat, trat er erschreckt zurück und wiederholte nur vor sich hin: „Es geht nicht.“

*               *
*

So war Mitte Oktober heran gekommen.

Im Laden gab’s viel zu thun, aber mitunter war doch ruhige Zeit, und dann ging Hradscheck abwechselnd in den Hof, um Holz zu spellen, oder in den Garten, um eine gute Sorte Tischkartoffeln aus der Erde zu nehmen. Denn er war ein Feinschmecker. Als aber die Kartoffeln heraus waren, fing er an, den schmalen Streifen Land, darauf sie gestanden, umzugraben. Ueberhaupt wurde Graben und Gartenarbeit mehr und mehr seine Lust, und die mit dem Spaten in der Hand verbrachten Stunden waren eigentlich seine glücklichsten.

Und so beim Graben war er auch heute wieder, als die Jeschke, wie gewöhnlich, an die die beiden Gärten verbindende Heckenthür kam und ihm zusah, trotzdem es noch früh am Tage war.

„De Tüffeln sinn joa nu rut, Hradscheck.“

„Ja, Mutter Jeschke, seit vorgestern. Und war diesmal ’ne wahre Freude; mitunter zwanzig an einem Busch und alle groß und gesund.“

„Joa, joa, wenn een’s Glück hebben sall. Na, Se hebben’t, Hradscheck. Se hebben Glück bi de Tüffeln un bi de Malvesieren ook. I, Se möten joa woll ’n Scheffel ’runnerpflückt hebb’n.“

„O mehr, Mutter Jeschke, viel mehr.“

„Na, bereden Se’t nich, Hradscheck. Nei, nei. Man sall nix bereden. Ook sien Glück nich.“

Und damit ließ sie den Nachbar stehn und humpelte wieder auf ihr Haus zu.

Hradscheck aber sah ihr ärgerlich und verlegen nach. Und er hatte wohl Grund dazu. War doch die Jeschke, so freundlich und zuthulich sie that, eine schlimme Nachbarschaft und quacksalberte nicht blos, sondern machte auch sympathetische Kuren, besprach Blut und wußte, wer sterben würde. Sie sah dann die Nacht vorher einen Sarg vor dem Sterbehause stehn. Und es hieß auch, „sie wisse wie man sich unsichtbar machen könne“, was, als Hradscheck sie seinerzeit danach gefragt hatte, bald von ihr bestritten und dann halb auch wieder zugestanden war. „Sie wisse es nicht; aber das wisse sie, daß frisch ausgelassenes Lamm-Talg gut sei, versteht sich von einem ungeborenen Lamm und als Licht über einen rothen Wollfaden gezogen; am besten aber sei Farrnkrautsamen in die Schuh oder Stiefel geschüttet.“ Und dann hatte sie herzlich gelacht, worin Hradscheck natürlich einstimmte. Trotz dieses Lachens aber war ihm jedes Wort, als ob es ein Evangelium wär’, in Erinnerung geblieben, vor allem das „ungeborne Lamm“ und der „Farrnkrautsamen“. Er glaubte nichts davon und auch wieder alles, und wenn er, seiner sonstigen Entschlossenheit unerachtet, schon vorher eine Furcht vor der alten Hexe gehabt hatte, so nach dem Gespräch über das sich Unsichtbarmachen noch viel mehr.

*               *
*

Und solche Furcht beschlich ihn auch heute wieder, als er sie, nach dem Morgengeplauder über die „Tüffeln“ und die „Malvesieren“ in ihrem Hause verschwinden sah. Er wiederholte sich jedes ihrer Worte: „Wenn een’s Glück hebben sall. Na, Se hebben’t joa, Hradscheck. Awers bereden Se’t nich.“ Ja, so waren ihre Worte gewesen. Und was war mit dem Allem gemeint? Was sollte dies ewige Reden von Glück und wieder Glück? War es Neid, oder wußte sie’s besser? Hatte sie doch vielleicht mit ihrem Hokuspokus ihm in die Karten gekuckt?

Während er noch so sann, nahm er den Spaten wieder zur Hand und begann rüstig weiterzugraben. Er warf dabei ziemlich viel Erde heraus und war keine fünf Schritt mehr von dem alten Birnbaum, auf den der Ackerstreifen zulief, entfernt, als er auf etwas stieß, das unter dem Schnitt des Eisens zerbrach und augenscheinlich weder Wurzel noch Stein war. Er grub also vorsichtig weiter und sah alsbald, daß er auf Arm und Schulter eines hier verscharrten Todten gestoßen war. Auch Zeugreste kamen zu Tage, zerschlissen und gebräunt, aber immer noch farbig und wohlerhalten genug, um erkennen zu lassen, daß es ein Soldat gewesen sein müsse.

Wie kam der hierher?

Hradscheck stützte sich auf die Krücke seines Grabscheits und überlegte. „Soll ich es zur Anzeige bringen? Nein. Es macht blos Geklätsch. Und Keiner mag einkehren, wo man einen Todten unterm Birnbaum gefunden hat. Also besser nicht. Er kann hier weiter liegen.“

Und damit warf er den Armknochen, den er ausgegraben, in die Grube zurück und schüttete diese wieder zu. Während dieses Zuschüttens aber hing er all jenen Gedanken und Vorstellungen nach, wie sie seit Wochen ihm immer häufiger kamen. Kamen und gingen. Heut aber gingen sie nicht, sondern wurden Pläne, die Besitz von ihm nahmen und ihn, ihm selbst zum Trotz, an die Stelle bannten, auf der er stand. Was er hier zu thun hatte, war gethan, es gab nichts mehr zu graben und zu schütten, aber immer noch hielt er das Grabscheit in der Hand und sah sich um, als ob er bei böser That ertappt worden wäre. Und fast war es so. Denn unheimlich verzerrte Gestalten (und eine davon er selbst) umdrängten ihn so faßbar und leibhaftig, daß er sich wohl fragen durfte, ob nicht andere da wären, die diese Gestalten auch sähen. Und er lugte wirklich nach der Zaunstelle hinüber. Gott sei Dank, die Jeschke war nicht da. Aber freilich, wenn sie sich unsichtbar machen und sogar Todte sehen konnte, Todte, die noch nicht todt waren, warum sollte sie nicht die Gestalten sehn, die

[536]

Marschlandschaft im Themsethal.
Nach dem Oelgemälde von Cecil Lawson.
Photogravure im Verlag von Goupil u. Comp. (Bouffod, Valadon u. Comp.) Berlin und Paris.

[537] WS: Das Bild wurde auf der vorherigen Seite zusammengesetzt. [538] jetzt vor seiner Seele standen? Ein Grauen überlief ihn, nicht vor der That, nein, aber bei dem Gedanken, daß das, was erst That werden sollte, vielleicht in diesem Augenblicke schon erkannt und verrathen war. Er zitterte, bis er, sich plötzlich aufraffend, den Spaten wieder in den Boden stieß.

„Unsinn. Ein dummes altes Weib, das gerade klug genug ist, noch Dümmere hinters Licht zu führen. Aber ich will mich ihrer schon wehren, ihrer und ihrer ganzen Todtenkuckerei. Was ist es denn? Nichts. Sie sieht einen Sarg an der Thür stehn, und dann stirbt einer. Ja, sie sagt es, aber sagt es immer erst, wenn einer todt ist oder keinen Athem mehr hat oder das Wasser ihm schon ans Herz stößt. Ja, dann kann ich auch prophezeihn. Alte Hexe, Du sollst mir nicht weiter Sorge machen. Aber Ursel! Wie bring’ ich’s der bei? Da liegt der Stein. Und wissen muß sie’s. Es müssen zwei sein ..“

Und er schwieg. Bald aber fuhr er entschlossen fort: „Ah, bah, es wird sich finden, weil sich’s finden muß. Noth kennt kein Gebot. Und was sagte sie neulich, als ich das Gespräch mit ihr hatte? ‚Nur nicht arm sein .. Armuth ist das Schlimmste.‘ Daran halt’ ich sie; damit zwing’ ich sie. Sie muß wollen.“

Und so sprechend, ging er, das Grabscheit gewehrüber nehmend, wieder auf das Haus zu.

(Fortsetzung folgt.)

Eine Ruderfahrt auf der Themse.

Von Wilh. F. Brand. Mit Illustrationen von Richard Püttner.

Es ist recht erfreulich wahrzunehmen, daß der Rudersport in Deutschland in den letzten Jahren einen so wesentlichen Aufschwung genommen, allein den in dieser Hinsicht in England herrschenden Zuständen kommt derselbe doch noch lange nicht gleich. Das mag auch Manchen gar nicht wünschenswerth erscheinen – namentlich Solchen, die nie ein Ruder in der Hand gehabt. Es mag Einzelnes in dieser Beziehung bei den Engländern in der That auf die Spitze getrieben sein, aber das Rudern hat doch auch seine außerordentlichen Vortheile und Annehmlichkeiten mittelbar und unmittelbar. Deß ward ich jüngst so recht auf einer dreitägigen Themsefahrt inne. Ein verheiratheter Freund, der als trefflicher Ruderer bekannt und einmal sogar zur Mitwirkung an der ganz England alljährlich in Aufregung versetzenden Oxford and Cambridge boat race von seinen Kommilitonen ausgewählt worden war, hatte mich aufgefordert, diese Fahrt mit ihm, seiner Frau, zwei anderen Damen und einem dritten Herrn zu unternehmen. Da ich schon verschiedene kleine Ruderfahrten mit ihnen gemacht und mich allemal herrlich vergnügt hatte, so nahm ich die Einladung gern an.

Forsthaus in den Wäldern von Cliveden.

Unser Boot, die „May“, war aus Mahagoni geschnitzt, mit Gold reich verziert und so leicht und elegant, wie man selten eins auf dem Kontinent zu sehen bekommt. Man brauchte nur einen schiefen Mund zu machen, so fing es schon an zu schaukeln. Hätte aber Jemand ein wenig den Kopf hängen lassen, es wäre unfehlbar umgestürzt. So sagte wenigstens mein Freund, und die Folge war denn auch die heiterste Laune auf allen Seiten. Derselbe wachte mit unerbittlicher Strenge darüber, daß kein irgendwie entbehrliches Gepäck das Boot beschwerte. Ich glaube, er hatte von vornherein die vulgäre Absicht, mit jedwedem Boote zu wettrudern, jedenfalls aber von keinem sich überholen zu lassen. Nur in Bezug auf Mitnahme von Proviant gab es für ihn keine Schranken, um so mehr aber in Bezug auf die Kleidungsstücke, von denen kein Extrastück erlaubt wurde. Als die Damen sich hiermit nicht zufrieden geben wollten und ohne ein zweites Kleid nicht glaubten fertig werden zu können, mußten sie sich dazu verstehen, dieses an einen Gasthof, wo wir für die zweite Nacht Zimmer genommen, vorauszusenden, um es dort für das erstere umzutauschen.

Wir waren sammt und sonders in Weiß gekleidet, wie Tausende von anderen Ruderern, die wir auf dem Flusse trafen. Unsere Damen trugen eine Art Finette, während die Herren nur mit der allgemein üblichen dünnen Flanellblouse, entsprechendem Beinkleide und Schuhen bekleidet waren. Gürtel, Halsbinden und Hutbänder waren Oxford(dunkel)-blau und harmonirten genau mit dem Besatze der Damenkleider. Ja, wir müssen ein „pretty sight“ (netter Anblick) gewesen sein! – Nur die nothwendigsten Regenmäntel und Decken waren gestattet, und als reiner Luxusartikel nur eine kleine englische und eine – deutsche Flagge, eine Aufmerksamkeit, auf die ich zu Anfang nicht wenig stolz war. Ahnte mir doch nicht, welches Ungemach sie mir hinterdrein bereiten sollte.

Solchermaßen ausgestattet, war die „May“ mit der Bahn nach Oxford gesandt, sodaß wir nur flußabwärts zu rudern hatten. Von hier bis Richmond, wo meine Freunde zu Hause sind und das in geringer Entfernung oberhalb Londons liegt, beträgt die Entfernung ungefähr hundert englische Meilen – gerade genug für drei Tage! Nach Oxford fuhren denn auch wir mit der Bahn, und hier in der altehrwürdigen hübschen Universitätsstadt gingen wir an Bord. Das rechte Flußleben fängt indeß hier erst ganz allmählich an. Nur wenige Dutzende von Booten trafen wir den ersten Tag. Beginnt doch die eigentliche Themse erst 17 Meilen abwärts von Oxford und wird bis dahin vielfach nur als Isis oder Ouse bezeichnet. Erst wo die Thame sich mit der Isis verbindet, wird die „Thamesis“ oder „Thames“ daraus.

Die Gegend ist hier idyllisch einfach und still, wie sie uns die Illustration von der Hand C. Lawson’s vorführt. Der Künstler hat sich mit den dürftigsten Anhaltspunkten begnügt und doch ein Bild entworfen, das auf den ersten Blick die Themse erkennen läßt, die Themse mit ihren klaren Fluthen, die nur hier und dort von Feldern von Wasserlilien bedeckt wird, die Themse mit der üppigen Vegetation ihrer lieblichen Uferpartien, mit dem reichen frischen englischen Grün, das so viel grüner ist, als in anderen Landen, denn wie die Frauen und Mädchen Englands durch die zarte Frische ihres Teint sich auszeichnen, so ist für eine englische Landschaft das frische Kolorit, das darüber ausgehaucht, charakteristisch. Und warum sollte nicht das Eine von dem Andern sich herleiten!

Die erste Nacht brachten wir in dem kleinen Ort Goring zu. Die Gegend wird nun immer schöner. Wohlgepflegte Parkanlagen mit kurzgeschorenen, spiegelglatten Rasenflächen wechseln ab mit blumigen Wiesen und malerischen Hügelketten. Wie mundete es doch da, wenn wir nach einer scharfen Fahrt auf einem schön gelegenen Inselchen oder am schattigen Gestade unser Lager aufschlugen und einen rechten englischen Picknick abhielten!

[539]

Eton-College.

Und wie sich die englischen Damen auf ein solches Leben verstehen! Ganz irrig wäre es aber, ihnen deßhalb die Eigenschaft, die sie selbst so passend mit „fast“ bezeichnen, zuschreiben zu wollen, nur weil sie das Ruder zu handhaben und einem Picknick vorzustehen wissen. Wohlgesittetere Mädchen und Frauen, als diejenigen, die uns begleiteten, giebt es gewiß nicht. Dagegen erhöhte ihre Gegenwart an sich schon die Freuden und Annehmlichkeiten der Fahrt in hohem Grade, um so mehr, als wir durch keinerlei Verpäppelung ihrerseits in der Erreichung des uns vorgesteckten Zieles bedingt wurden.

Mit Zunahme der Schönheiten des Flusses wurde auch das Leben auf demselben ein regeres. Das zeigte sich nun vornehmlich bei den vielfachen Schleusen, die, auf der Strecke von Oxford bis London in einer Anzahl von nicht weniger als 40 errichtet, das Gefälle des Flusses auf ein Minimum beschränken und so selbst das Rudern flußaufwärts zur Leichtigkeit machen. Hier trafen wir oftmals mit 30 bis 40 Booten zusammen. Mehr vermochte eine einzige Schleuse selten zu fassen. Es mußten also manche Fahrzeuge noch außerhalb derselben bleiben. Diejenigen aber, welche hineingekommen waren, fanden drinnen, nicht selten eng aneinander gedrängt, Muße genug, sich gegenseitig genauer Musterung zu unterziehen. Sobald aber das untere Wasserthor sich öffnete, ging’s mit rastlosem Eifer – ja hin und wieder auch mit rücksichtslosem Ungestüm! – durch dasselbe hindurch, sodaß die außerhalb harrenden Boote, die flußaufwärts wollten, klüglicher Weise sich hart an den Ufern hielten, um dem Anprall möglichst auszuweichen.

Nach der kurzen Rast in der Schleuse tauchten nun die Ruder mit erneuter Kraft in die Fluth, und in dem entstehenden Gewirre wollte Niemand gern zurückbleiben. Bald aber ward es uns klar, daß man unserem Boote insonderheit den Vorrang nicht gewähren wollte. Es war offenbar die deutsche Flagge auf demselben, welche die wettruderbegierigen Engländer reizte wie das rothe Tuch des Toreador den Stier in der Arena. Es giebt viele Ruderer, die, wie die Bauern auf der Brautfahrt, die Omnibuskutscher auf der Suche nach Passagieren, es nicht über sich ergehen lassen können, daß Jemand sie überholt. Was Wunder, wenn man da eine ausländische Flagge auf den heimischen Gewässern nicht vorüber lassen wollte. Meine Freunde und Bootsgenossen waren aber nicht minder eifersüchtig. Ohne ein Wort, ohne einen Blick mit den Insassen anderer Boote auszutauschen, ruderten sie, anscheinend mit äußerster Nonchalance, in Wirklichkeit aber oft meilenweit unter entsetzlicher Anstrengung, nur um sich nicht überholen zu lassen. Sie waren aber – selbst die Damen – so rudergewandt, daß ich mich im Stillen einer gewissen schnöden Freude nicht erwehren konnte ob der Triumphe, die unsere deutsche Flagge auf englischen Gewässern davontrug, eine Freude, die – es war gewiß unrecht von mir – durch den Umstand, daß es Engländer waren, die unter der deutschen Flagge Engländer besiegten, keineswegs vergällt wurde, denn so oft ich an die Reihe kam, mit Jemand zusammen zu rudern, änderte sich die Sache regelmäßig. Dann schienen unsere Rivalen stets besonders geschickt zu sein. Ich weiß nicht, wie es kam – aber wir blieben dann meistens zurück! Das hätte mir nun wenig ausgemacht, wäre die deutsche Flagge nicht gewesen. Ach, die Flagge, die Flagge! Schon dachte ich ernstlich daran, zu proponiren, daß wir dieselbe einzögen – wenigstens wenn ich mitruderte; aber konnte ich mich so erniedrigen? – Keineswegs! – Und so habe ich denn gerudert und gerudert – fürs Vaterland! fürchte aber, demselben wenig Ehre gemacht zu haben.

Zu dem Platze, wo alljährlich die großartigste internationale Regatta der Welt stattfindet, Henley, kamen wir noch an demselben Tage. Wie es zur Zeit der Regatta dort aussieht, davon dürfte unsere Illustration S. 545 ein anschauliches und zugleich naturwahres Bild geben.

Auch deutsche Ruder-Vereine – wie der Frankfurter und Hamburger – haben zu wiederholten Malen ihre Vertreter hierher geschickt und sich oft durch ihre tüchtigen Leistungen in den Wettkämpfen Anerkennung erworben.

In Great Marlow verbrachten wir die zweite Nacht. Von hier kamen wir am nächsten Morgen bald an die schönsten Strecken, welche die Themse aufzuweisen hat. Cookham und Cliveden, der prächtige Landsitz des Herzogs von Westminster, sind reizende Punkte. Das Schloß selbst ist vom Flusse aus leider nicht sichtbar, doch wird das Auge durch die dazu gehörigen prächtigen Waldungen nebst einigen Försterhäuschen genügend entschädigt. Nicht minder schön sind Maidenhead und Burnham Beeches, der Lieblingsaufenthalt des Dichters Gray. Daran reiht sich in einiger Entfernung die königliche Residenz Windsor, deren prächtige Lage schon Wilhelm dem Eroberer dermaßen gefiel, daß er sich ein Schloß daselbst errichtete. Dieses wurde später von Heinrich I. vergrößert und Georg IV. verausgabte nahezu eine Million Pfund Sterling zur Verschönerung desselben. Und ein gar herrlicher stolzer Bau ist es geworden. Auf der anderen Seite des Flusses liegt Eton, bekannt durch das von Heinrich VI. gegründete Eton-College, die vornehmste Hochschule Englands.

Windsor-Castle.

Doch Bauten ganz anderer Art zogen nun immer mehr unsere Aufmerksamkeit an: Häuser im Flusse selbst, schwimmende Häuser, die immer zahlreicher an malerischen Punkten des Ufers anzutreffen waren. Dieselben erinnern lebhaft an eine Arche Noah, doch sind sie meistens sehr elegant und mit einem platten Dache versehen, das vortreffliche Ruhesitze gewährt. Man sieht sie von den verschiedensten Größen. Zuweilen nur zwei, manchmal auch mehr als ein halbes Dutzend Zimmer enthaltend, scheinen sie wie für die Zeit der Flitterwocheu geschaffen. Werden ihre Bewohner des Aufenthalts an einer Stelle müde, so brauchen sie nur einen Dampfer vorspannen zu lassen. Und wohnen sie heute bei Windsor, [540] so steht ihr Haus morgen vielleicht bei Henley, ein Nomadenleben, das für ein paar Sommerwochen nicht idyllischer gedacht werden kann. Anders ist die Sache schon mit den kleinen Leinenzelten, die je näher bei London, in um so größeren Haufen auf Inseln und am Gestade aufgeschlagen sind. Wunderliche Liebhaberei! Es sind die Schlafstätten junger Leute, von denen manche Morgens und Abends eine weite Reise in die City und zurück nicht scheuen, nur um im Stande zu sein, die Nacht im Freien zuzubringen. Es geht in solchen Zeltlagern recht munter zu, namentlich bei Regenwetter, wo der Vorsicht halber eine mehr als doppelte Quantität des üblichen „brandy and soda“ eingenommen wird, ein derartiges Nachtlager mag abhärten in seiner Weise, ob es aber im allgemeinen der Gesundheit zuträglich, durfte doch zweifelhaft sein.

Inzwischen sind wir der Hauptstadt näher und näher gekommen. Immer zahlreicher werden allerart Boote, immer zahlreicher aber nun auch die Cockneys und noch gewöhnlichere Elemente der Hauptstadt, die in den Booten sitzen. Schon sind wir an den schönen Städtchen Weybridge und Walton vorüber, da steigt der prächtige Palast von Hampton Court vor unseren Augen auf. Ursprünglich vom Kardinal Wolsey erbaut, wurde derselbe, um nicht den Neid des Königs zu erregen, Heinrich VIII. von jenem zum Geschenk gemacht und ist seitdem oftmals der Wohnsitz königlicher Personen gewesen. An Hampton Court schließt sich der durch seine unvergleichlichen Alleen von Kastanienbäumen berühmte Bushey-Park. Etwas weiter stromabwärts liegt das schon aus der Sachsenzeit rühmlichst bekannte Kingston. So können wir kaum einen Ruderschlag thun, ohne durch hervorragende historische Erinnerungen gefesselt zu werden. Doch schon lächelt das trauliche Richmond freundlich zu uns herüber, und die vom Abendlicht vergoldeten Zinnen einzelner auf dem Hügel erbauter Herrenhäuser und vornehmlich des bekannten Star und Garter Hôtels erglänzen in stolzer Pracht. Doch noch ehe wir ihnen nahe kommen, ist der Goldglanz dem Silberschein gewichen. Der Mond ist aufgegangen. In geringer Entfernung unterhalb Richmond hören die Flußschönheiten auf. Das Lichtermeer von London erleuchtet das Firmament. Die Themse wird Weltstrom, aber für den Ruderer ist sie hier zu Ende.

Richmond an der Themse.

Epilepsie.

Eine kleine Mittheilung von Geheimrath von Nußbaum in München.


Nur weil ich darum ersucht bin, über diese Krankheit Mittheilungen zu machen, thue ich es, denn es ist nicht gut, über eine Sache zu schreiben, von welcher man sehr wenig Bestimmtes weiß und über welche verschiedene bedeutende Gelehrte sehr verschiedene, einander geradezu widersprechende Ansichten haben.

Ich will deßhalb meine Mittheilung recht kurz machen und nur das sagen, mir zweifellos erscheint.

Wir verstehen unter Epilepsie klonische Krämpfe (Zuckungen), Konvulsionen, welche zu jeder Tageszeit und auch bei Nacht oft ganz plötzlich, ohne alle Vorläufer eintreten, manchmal aber eine sogenannte Aura haben, ein Vorläuferstadium, das dem Kranken die Gewißheit giebt, daß jetzt bald ein epileptischer Anfall kommen wird. Eine solche Aura besteht oft in einem Kitzeln oder Ziehen in einem Gliede, oder in einem Schwindel- oder Schauergefühl im Kopfe, oder Ohrensausen und vielem Anderen. Viel häufiger stürzt aber der Kranke ohne alle Vorläufer plötzlich mit einem Schrei wie vom Blitze getroffen ganz bewußtlos mit stieren Augen, den Kopf hinten übergebogen, zusammen und hat nicht mehr Zeit, eine scharfe Ofenkante oder einen harten Eckstein etc. zu vermeiden. Während er Schaum vor dem Munde hat und die Daumen kräftig einzieht, starre Pupillen und ein violettrothes Gesicht zeigt, wirft und wälzt es ihn drei bis fünf Minuten lang unbarmherzig am Boden herum, bis das unregelmäßige, meist verlangsamte röchelnde Athmen ruhiger wird, das Dunkelroth im Gesicht einer auffallenden Blässe Platz macht und ein tiefer Schlaf eintritt. Dieser dauert oft einundeinhalb bis zwei Stunden und thut dem Kranken sehr wohl, obgleich er aus ihm noch müde erwacht. Während des Anfalls kommen die Kranken selten in Lebensgefahr, außer sie zerschlagen sich den Kopf an einer Mauer oder stürzen von großer Höhe und knicken sich die Wirbelsäule und das Rückenmark. Nur ganz selten entsteht durch gehemmten Blutrückfluß im Kopfe eine Apoplexie. Ueberhaupt sterben Epileptische meist an anderen Krankheiten, welche vor dem Eintritt der Epilepsie schon vorhanden waren, worunter die Tuberkulose eine Hauptrolle spielt. Es sind ja gewöhnlich kränkliche junge Leute, welche von dieser gefürchteten Krankheit ergriffen werden.

Wenn man Epileptische nach dem Tode untersucht, findet man keine bestimmten Veränderungen. Einmal werden diese, das andere Mal jene Hirntheile krank gefunden. Blutüberfüllung, Verhärtung, Erweichung, Ergüsse, eindringende Knochenwucherung des Schädels – das verschiedenste wird gesehen. Noch mannigfaltiger aber sind die Ursachen, welche Epilepsie erzeugen.

Besonders disponirt hierzu sind Kinder, namentlich rhachitische und skrophulöse, junge Leute des weiblichen Geschlechts mehr als das männliche, ferner Kinder von Eltern, welche der Trunksucht ergeben waren. Endlich kann die Epilepsie von Krankheiten der verschiedensten Organe erzeugt werden, Hirn- und Rückenmarkskrankheiten stehen oben an, aber auch Krankheiten von Brust, Bauch, Nieren u. s. w. können Epilepsie erzeugen, Kopfverletzungen, welche mit unverschiebbaren Narben geheilt sind, fand man schon sehr oft als Ausgangspunkt dieser Krankheit. Tiefgehende Narben anderer Körpertheile wurden auch schon Ursache der Epilepsie. Eine ganz große Rolle spielt aber die Erblichkeit. Ganze Stammbäume verzeichnen dieses Unglück. Furcht, Zorn, Schrecken, namentlich Schrecken über einen gesehenen Anfall werden oft auf das Bestimmteste als Ursache bezeichnet. Es ist recht schwer, herauszufinden, welche dieser vielen Ursachen in diesem oder jenem Falle Veranlassung gab, und weil die Heilung der Epilepsie meist nur nach Entfernung der Ursache gelingt, ist auch die Heilung eine recht seltene. Man rechnet im Durchschnitt, daß von 20 Kranken nur Einer geheilt wird. Jene Fälle, welche während des Zahnens entstanden sind, bieten die hoffnungsvollsten Aussichten. Als ein günstiges Zeichen wird auch aufgefaßt, wenn ein Ausschlag oder eine Blutung wieder zurückkehrt, bei deren Verschwinden Epilepsie aufgetreten war.

Manchmal werden viele Heilversuche ohne jeden Erfolg gemacht, wahrscheinlich, weil man die wahre Ursache der Krankheit nicht entdeckte. Geht es besser, so werden die Anfälle seltener und weniger heftig; es kommt auch vor, daß die Epilepsie plötzlich aufhört und nie wiederkehrt, obwohl Niemand weiß, warum sie verschwunden, und Niemand weiß, warum sie kam. Manche Menschen haben überhaupt nur Einen epileptischen Anfall in [541] ihrem ganzen Leben, andere haben wieder alle drei bis vier Jahre einen Anfall, während viele in wenigen Jahren Tausende von Anfällen haben bei Tag und bei Nacht, bei Leid und Freud.

„Pst, die Depesche!“
Nach dem Oelgemälde von H. Max.
Photographie im Verlag von G. G. Steiner u. Co. in Wien.

Oft halten die Anfälle bestimmte Zeiten ein, so daß die Aerzte zu dem falschen Glauben kommen, es handle sich um eine Art Wechselfieber. Bei vielen kommen nur Anfälle, wenn sie sich verderben: erkälten, stark aufregen, eine Indigestion zuziehen etc. Die Folgen der epileptischen Anfälle sind oft sehr traurige, namentlich wenn die Anfälle in sehr kurzen Intervallen auftreten. In armen Familien, wo man die Kranken nicht überwachen kann, giebt es natürlich in Folge des plötzlichen Zusammenfallens viele Beinbrüche, Verrenkungen, Wunden u. dgl. m.

Die Kranken werden nach und nach elend an Körper und Geist, verlieren das Gedächtniß, werden sogar ganz blödsinnig. Doch geht es nicht bei allen so übel. Es giebt sogar eine große Anzahl von Beispielen, wo sich der Geist trotz vieler epileptischer Anfälle staunenswerth entwickelte und Großes leistete.

Die Geschichte erzählt von ganz hervorragenden Männern, welche beständig an Epilepsie gelitten haben. Julius Cäsar, Peter der Große, Mohammed, Karl V., Rousseau, Napoleon I. und selbst der weltberühmte Newton waren davon befallen.

Von Laien werden öfters die krampfhaften Zuckungen nervöser Frauen mit Epilepsie verwechselt. Aufmerksamen Aerzten dürfte dies wohl kaum begegnen, denn hysterische nervöse Frauen verlieren das Bewußtsein gewöhnlich nicht ganz, stürzen nicht so plötzlich zusammen, schäumen nicht und drehen die Daumen nicht so ein. Auch folgt der Schlaf nicht so unmittelbar auf den Anfall wie bei Epileptikerinnen. Eine große Uebung und Aufmerksamkeit erfordert es aber hier und da, simulirte Anfälle von wahren zu unterscheiden. In einem Zuchthause lernte ich einen Simulanten kennen, der den sehr tüchtigen Hausarzt jahrelang täuschte.

In Zuchthäusern bekommen nämlich solche Sträflinge, welche an Epilepsie leiden, mancherlei Erleichterungen. Man giebt ihnen ein weiches Bett, nährt sie besser und schont sie in verschiedener Weise. Der eben besprochene Simulant hatte jahrelang alle Wochen zwei bis drei Anfälle, so daß ihm vom Hausarzt jede erlaubte Erleichterung verschafft wurde. Im Uebermuthe theilte derselbe seinem Nebensträflinge mit, daß er ganz gesund sei und die Epilepsie nur simulire. Der Nebensträfling denunzirte ihn beim Arzte, und dieser ließ den Simulanten kommen und stellte ihn mit dem Bemerken zur Rede: wenn er Alles offen eingestehe, so werde er nicht angezeigt und könne alle seine Erleichterungen behalten, wenn er aber lüge, so lasse man ihn bestrafen. Darauf hin erwiderte der Sträfling, daß er ganz gesund sei, diese epileptischen Anfälle aber in seinem zehnten Jahre schon gelernt habe und seit dieser Zeit mit vielem materiellen Nutzen fortübe. Als zehnjähriger Knabe sei er mit einem Stück Brot in der Hand auf der Landstraße gegangen; ein reisender Bursche habe ihm das Brot abgebettelt, und als er es hergegeben, sagte der Reisende: siehe, jetzt lehre ich Dich die hinfallende Krankheit, übe sie recht ein, dann kannst Du immer essen und trinken ohne zu zahlen, und brauchst nicht Soldat zu werden.

Der Knabe übte nun alle Bewegungen, welche er von dem Reisenden gelernt hatte, zu Hause fleißig ein und machte alsbald damit die besten Geschäfte. Der Epilepsie wegen wurde der faule Bursche in seiner Lehre behalten, der Epilepsie wegen, welche vom Dorfschullehrer und Dorfpfarrer bestätigt war, wurde er militärfrei. In den Wirthshäusern aß und trank er nach Lust, und wenn es zum Zahlen kam, stürzte er zusammen, und der erschrockene Wirth ließ ihn noch schnell nach Hause tragen auch, weil er Sorge hatte, durch den ekelhaften Anblick seine Gäste zu vertreiben. Sein Leben war ein Gemisch von Betrug, Betteln und Stehlen. Er war bereits zum zweiten Male im Zuchthause, jedesmal mit jenen Milderungen, die man Epileptischen gönnt.

Der erstaunte Zuchthausarzt hielt sein Wort und verklagte den Sträfling nicht, nahm aber einen in Nervenkrankheiten geübteren Kollegen mit sich in das Zuchthaus und bat den Sträfling, vor ihren Augen einen Anfall zu produciren. Plötzlich stürzte derselbe mit einem grellen Schrei zusammen, drehte die Daumen ein, schäumte am Munde, verdrehte die Augen, bog den dunkelblauen Kopf starr nach rückwärts und wälzte und schlug um einander, daß beide Aerzte, die ihn überall beschauten und berührten, erstaunt waren. Nach ungefähr drei Minuten ließ der Anfall nach und trat ein ruhiger Schlaf ein, wobei der Sträfling plötzlich auflachte und frug: „Hab’ ich meine Sache gut gemacht?“

Bei näherer Betrachtung mußten aber die Aerzte doch gestehen, daß mit größerer Aufmerksamkeit die Simulation zu erkennen. war: Der Simulant fiel schon viel vorsichtiger zusammen, weil er sich den Kopf nicht zerschlagen wollte, die Pupillen hatten nicht die Unbeweglichkeit, der Puls nicht die Unregelmäßigkeit, wie bei einem Epileptiker; drehte man dem Simulanten die eingebogenen Daumen heraus, so zog er sie wieder ein, was bei wahrer Epilepsie nicht geschieht. Das dunkle Gesicht während des Anfalles war herrlich simulirt worden, aber die Blässe nach dem Anfall brachte er nicht zuwege. Scharfe Riechmittel machten den Simulanten niesen, während die wirklichen Epileptiker davon nicht gereizt werden.

Mit einem Wort, der Hausarzt mußte sich sagen: Hätte ich alle Hilfsmittel der ärztlichen Kunst zusammen genommen, so wäre mir die Simulation nicht entgangen. Uebrigens besitzen die Aerzte gegenwärtig im Chloroform auch ein Hilfsmittel, wirkliche Epilepsie und Simulation von einander zu unterscheiden. Epileptische bekommen im Chloroformrausch meist einen sehr heftigen Anfall.

Epilepsie wird ziemlich häufig simulirt, weil sie so viel Mitleid erregt, daß ein [542] erfolgreicher Bettel damit getrieben werden kann. In jedes Menschen Herz liegt die Neigung, einem Unglücklichen beizuspringen, und wenn auf der Straße, in der Kirche oder im Theater ein Epileptischer niederstürzt, läuft Alles zusammen und will Hilfe bringen. Leider kann man einem Epileptischen im Paroxysmus, das heißt während des drei bis fünf Minuten langen Anfalles nicht sehr viel nützen. Aerzte wie Laien müssen sich darauf beschränken, den Kranken zu schützen, daß er sich nicht schwer verletzt, mit dem Kopfe an eine Ecke hinfällt, mit den Armen in ein Fenster schlägt u. s. f. Das Eröffnen aller einschnürenden Kleidungsstücke ist sehr zu empfehlen. Halsbinden, Korsetts, Rockbänder sollen sofort gelockert oder besser ganz abgenommen werden. Endlich soll man einen Knoten des Taschentuches, ein Korkstück, irgend etwas Festes zwischen die Zähne stecken, damit sich die Kranken nicht in Lippen und Zunge beißen, und den Kranken vielleicht auf eine auf den Boden hingeworfene Matratze legen.

Hiermit ist aber auch beinahe Alles erschöpft, womit wir während der Anfälle nützen können. Das Vorhalten von Niese- oder Riechmitteln an die Nase, das Zurufen, Anspritzen mit kaltem Wasser und Reiben, das Schütteln, das Aufdrehen der eingezogenen Daumen, das Drücken der großen Hals-Pulsader und Anderes ist eher schädlich als nützlich, so oft man es auch thun sieht.

Der Erregungszustand wird durch solche Betastungen nur noch mehr gesteigert, und die darauf folgende Schwäche wird um so größer. Der dem Anfalle folgende Schlummer soll ebenfalls durch nichts gestört werden, da er sehr zur Erholung des angegriffenen Kranken beiträgt.

In jenen Fällen, wo dem Anfalle eine sogenannte Aura (Vorläuferstadium) vorausgeht, kann der Anfall oft verhindert werden. Gehen Störungen der Verdauung voraus, so kann ein Brechmittel vielleicht den Anfall unterdrücken. Gehen nervöse Reizerscheinungen voraus, so kann eine Dosis Morphinm, Opium, Belladonna, Hirschhorngeist und Anderes manchmal den Anfall unmöglich machen. Werden an den Armen und Füßen Vorläufersymptome gefühlt, so hilft oft Binden und Knebeln der Glieder den Anfall hinaus zu schieben oder zu unterdrücken.

Wenn dies auch unter gewissen Verhältnissen sehr bequem und angenehm sein kann, so ist es doch nicht zu rathen, weil die Anfälle unverkennbar einen kritischen Charakter haben und das Unterdrücken einer Krise der Krankheit selbst nur schaden wird. In den meisten Fällen giebt es an und für sich kein Vorläuferstadium und der Anfall kommt so plötzlich, daß selbst eine fortwährende Ueberwachung nicht viel zu leisten vermag, weßhalb man in den Krankenzimmern Wohlhabender schon der ganzen Zimmereinrichtung eine ungefährliche Form giebt. Die Möbel haben keine scharfen Ecken, den heißen Ofen umgiebt ein Gitter, das Bett ist recht niedrig, und in Heilanstalten polstert man sogar Boden und Wände.

So wenig man während der Anfälle thun kann, um so viel mehr wird gegen die Krankheit in ihren zahlreichen Ursachen selbst unternommen. Wie ich schon Anfangs erwähnte, wird nur deßhalb so selten Epilepsie geheilt, weil deren Ursachen so zahlreich und oft schwer zu entdecken und schwer zu entfernen sind. Wenn man liest, was Alles schon geholfen hat, so kann man die Krankheit wirklich keine unheilbare nennen. Man sah schon entschiedene Heilungen von stärkenden und schwächenden Mitteln, von Unterbindung der großen Halsader, von Trepanation, von Wiederbringung der unterdrückten Schweiße und Hautausschläge, von Wurm- und Abführmitteln. Die kalten Klistiere bei Verstopfung, die kalten Bäder bei Blutarmuth haben sich großen Ruf erworben.

Ableitung von Gehirn- und Brustorganen auf die Haut und auf den Darm, reizmildernde Mittel für Nerven, ein gänzliches Umändern der Lebensweise, des Wohnortes und der Beschäftigung und vieles Andere wurden schon mit Erfolg benutzt.

In neuester Zeit haben Nervendehnungen und das Ausschneiden unverschiebbarer Narben bei sogenannten Reflexepilepsien, wo Leiden der peripheren Nerven die Epilepsie erzeugt hatten, eine große Anzahl von Heilungen zu verzeichnen. Ein gutes Krankenexamen und eine genaue Untersuchung ist bei dieser Krankheit daher vom höchsten Werthe. Ich erinnere mich eines Falles, wo die weinende Mutter ihr zehnjähriges Knäbchen in Romberg’s Klinik brachte und klagte, daß der Knabe seit vier Jahren tägliche zwei bis drei epileptische Anfälle habe und schon sehr Vieles fruchtlos versucht worden sei. Eisen, Arsenik, Quecksilber, Kupfer, Zink, Baldrian, Artemisia, heilmagnetische, elektrische und Wasserkuren, alles Erdenkliche sei erfolglos angewendet worden. Geheimrath von Romberg examinirte nun Mutter und Kind auf das Genaueste. (Romberg’s Krankenexamen war ja weltberühmt.) Dabei wurde nicht das Geringste vergessen, nicht, ob der Knabe Leinwand oder Wolle am Körper trage, ob seine Zimmertapete etwa von einer arsenikhaltigen grünen Farbe sei, ob er auf einer Roßhaarmatratze oder einem Federbett schlafe u. A. m. Nachdem keine krankmachende Ursache herausexaminirt werden konnte, fragte Romberg die Mutter noch, ob der Knabe nicht einmal gefallen sei und eine Kopfnarbe habe? Auch dieses verneinte die Mutter mit dem Bemerken, daß auch die früher zu Rath gezogenen Aerzte nach Kopfnarben gefragt hätten. Nun ließ Romberg den Knaben ganz auskleiden, auf ein Bett legen und untersuchte ihn vom Scheitel bis zur Fußsohle auf das Genauste. An der Achillessehne des rechten Fußes endlich fand er eine verwachsene Narbe, welche gegen Druck etwas empfindlich war. Die Mutter des Knaben hatte dieser Narbe nicht die geringste Aufmerksamkeit geschenkt gehabt, weil dieselbe von einem schon in frühester Kindheit geschehenen Sensenhiebe geblieben war. Da Romberg am ganzen Körper nichts anderes Verdächtiges fand, so ließ er den Knaben chloroformiren und diese adhaerente Narbe ausschneiden. In wenig Tagen war die Wunde geheilt und nie mehr bekam der Knabe einen epileptischen Anfall, obwohl er bisher jährlich stets 7 bis 800 Anfälle gehabt hatte.

Findet man bei Epileptischen irgendwo am Körper festgewachsene Narben, so ist immer ein Hoffnungsstrahl vorhanden, durch Ausschneiden derselben die Epilepsie zu heilen. Auch eingewachsene fremde Körper können Epilepsie veranlassen. Ich nahm einem jungen Manne, welcher alle drei bis vier Wochen ein entzündetes Auge und jedesmal bald darauf einen epileptischen Anfall bekam, ein in die Hornhaut des Auges eingewachsenes ganz kleines Spitzchen eines Insektenstachels heraus, und von diesem Momente angefangen kam nie mehr ein epileplischer Anfall. Solche glückliche Heilungen kennt man verhält[niß]mäßig viele. Auch durch Nervendehnung gelingt es manchmal, Epilepsie zu heilen, wenn an den betreffenden Nerven jedesmal vor dem Anfalle ein abnormes Gefühl bemerkt worden war.

Wie ich wiederholt schon erwähnte, wird die Epilepsie so selten geheilt, weil sie so gar viele Ursachen haben kann und weil es nicht immer gelingt, die wahre Ursache zu finden und zu entfernen. Ist ein Magenleiden die Ursache und das Magenleiden wird gehoben, so ist damit auch die Epilepsie gehoben. So ist es auch bei Darmleiden, Nierenleiden, Herzleiden und vielen anderen. Wenn man nun für die Behandlung gar keinen Anhaltspunkt findet, nicht Ein krankes Organ entdeckt, wenn das Verschwinden von Fußschweißen und Hautausschlägen nicht nachzuweisen ist, auch keine verdächtige Narbe gefunden wird, kein anfallendes Vorläuferstadium, kein Fehler in der Lebensweise vorhanden ist, so bleibt nichts übrig, als einige Mittel abzuprobiren, unter deren Anwendung man die Epilepsie schon öfters heilen sah.

Einige Metalle: Silber, Eisen, Zinnober, Kupfer, Zink, Bromkali u. s. f., einige Mittel aus dem Pflanzenreich: Atropin, Morphin, Strychnin, Baldrian, Artemisia, Eichenmistel, endlich aus dem Thierreiche. Castoreum und Antilopenhaare haben sich einen gewissen Ruf erworben.

Viele dieser Mittel zeigen anfangs eine sehr günstige Wirkung, indem die Anfälle lange Pausen machen, nach einiger Zeit aber meist wieder häufiger werden. Das Bromkali und das Atropin neben kalten Waschungen und sorgfältiger Lebensweise leisten in dieser Richtung sehr häufig recht gute Dienste, und wie bereits erwähnt, ist es stets ein nicht zu verachtender Rath: Die ganze Lebensweise zu ändern, an einem anderen Orte mit guter reiner Luft eine der Konstitution der Kranken wohl angepaßte Ernährung, körperliche und geistige Thätigkeit anzuordnen und für Ruhe des Gemüthes zu sorgen.


[543]

Unruhige Gäste.

Ein Roman aus der Gesellschaft.
Von Wilhelm Raabe.
(Fortsetzung.)
14.

Fräulein Valerie war wieder mal verschwunden; – wieder einmal „ihren Lieben abhanden gekommen,“ wie diese Lieben selbst, wenig besorgt, da sie das schon kannten, sich hierüber ausdrückten.

Ja, man kannte ihre Gepflogenheiten in dieser Hinsicht seit lange recht genau und ängstigte sich durchaus nicht um die verloren Gegangene. Auch Papa Excellenz zuckte nur die Achseln und sagte:

„Ich weiß wie immer von Euch Allen am wenigsten etwas Genaues. Sie soll ziemlich früh am Morgen ein hiesiges Edelroß sammt dem dazu gehörigen ortseingeborenen Pagen gemiethet haben und im Gebirge verschollen sein. Onkel Anton, im Grunde der einzige vernünftige Mensch und Frühaufsteher unter uns, behauptet, sie im Frühnebel jenseit des Thals und seines Promenadenweges am Bergeshang aufwärts reitend gesehen zu haben. Allein der Gute ist bekanntermaßen auch für einen vortragenden Rath im Kultusministerium (er hört uns doch nicht?) außergewöhnlich kurzsichtig und kann sich geirrt haben. Es sind bei einem solchen Menschenzusammenflusse immer einige eigenwillige, autoritätslose, närrische Frauenzimmer mehr vorhanden, als man im engsten Familienkreise und geselligen Cirkel für glaubhaft hält. Meine Maxime übrigens ist, mich in erster Instanz an das Nächstliegende zu halten, und so hatte ihre Kammerjungfer die Güte, mir die beruhigende Mittheilung zu machen: wohin dies gnädige Fräuleiu so früh uns ausgerückt sei, wisse sie nicht, aber jedenfalls (also jedenfalls nicht unwahrscheinlicherweise) werde man sich zur musikalischen Soiree am heutigen Abend wieder einfinden. Da habt Ihr den Inhalt meines Packets! Haben Sie eine Ahnung, können Sie uns nähere Mittheilung machen, wo das liebe Kind sich diesmal bei ‚die Hitze‘ eine Migraine zu holen wünscht, lieber Bielow? Sie hat, wie gewöhnlich bei unseren Begegnungen auf den Pfaden dieser Welt, so auch hier und jetzt mit ziemlicher Rücksichtslosigkeit Beschlag auf Ihre Veranlagung zur Geduld gelegt.“

Veit wußte keine Auskunft zu geben. Einem Gedanken, der ihm durch den Sinn schoß, hätte er unter keinen Umständen an dem heiter-behaglichen Frühstückstisch unter der Vorhalle des übervölkerten Hôtels Ausdruck geben können. Er wies denselben aber auch für sich selber von sich; denn die Tage waren hingegangen, und nichts ist so mächtig als die hinfließende Zeit, um der Menschen erregte Gemüther wieder auf das gewohnte Gleichmaß zu stimmen. Er schwamm schon wieder so mit im Strom, zumal da auch das Fräulein vollkommen ihre alte Tonart gegen ihn aufgenommen hatte.

Wir lassen ihn unter dem Geplauder und dem leichten Scherz der fröhlichen Sommertafelrunde und folgen jener bergaufführenden Spur der abhanden gekommenen Schönsten im Kreise.

Es verhielt sich in der That so wie die Gesellschaft es sich aus den Berichten Adolfines und des gelehrten myopischen Onkels Anton zusammengelegt hatte. Valerie hatte ein Roß und einen Knaben für diesen Tag gemiethet und war in die Berge gezogen, ohne Verwandte und Freunde vorher davon in Kenntniß zu setzen. Der gute Onkel Antonio hatte bei seiner frühen Brunnenpromenade diesmal ganz recht gesehen, als er jene lichte Gestalt auf dem Reitwege jenseit des Thals im ersten Morgensonnenschein gleiten sah und, die Brillengläser putzend, kopfschüttelnd brummte:

„Was hat der unruhige Gast, was hat das Mädchen nun wieder vor?“

Wir aber treffen diesen „unruhigen Gast“ erst um die Mittagszeit und zwar tief genug in den Wäldern und in sonderbarster Gesellschaft, – nämlich im eingehendsten Verkehr mit den Ueberbleibseln der Familie Fuchs, dem alten Räkel und seinen beiden Jungen.

Wenn Fräulein Valerie ausgezogen war, den Fuchs zu suchen, so konnte sie das nicht glücklicher treffen; denn es kam leider nur selten vor, daß Jemandem der Aufenthalt desselben in der Wildniß bei rechter Arbeit und am ordentlichen Tagewerk nachzuweisen war. Aber es verhielt sich diesmal wirklich so. Der Räkel hatte sich gleich am Tage nach dem Begräbniß seiner Fee beim Oberförster gemeldet und um Beschäftigung beim „Schneebruch“ gebeten. Und unter den Schneebruch- und Windfallhölzern des jüngstvergangenen Winters hatte er sich mit in die Reihe gestellt im Kampfe gegen die bitterböse „Wurmtrockniß“ und – man mußte ihm das lassen – seit einer Woche wie Drei geschafft gegen den Borkenkäfer.

Wie der Forst aussieht, wo der Sturm und Schneebruch gewirthschaftet haben und Bostrichus Typographus seine Wirthschaft anfängt, das weiß man wohl. Lieblicher wird die Gegend nicht dadurch. Was Wind und Schneewucht nicht gebrochen haben im Fichtenbestand, das schlägt die Axt so bald als möglich nieder. Geknickte und gefällte Stämme liegen dann im Wirrwarr durcheinander, todtes, staubig-harziges grauweißes Gezweig liegt zu hohen Haufen gethürmt. Die Berglehnen werden bloß; und Felsenfratzen, die der Wald seit hundert Jahren versteckte, grinsen wieder ins Tageslicht, hohnlachend hervor unter der Decke, die jetzt Menschenhand mit hastigster Eile fortschafft, um – größten Schaden durch den Wurm zu verhüten.

In einem derartig durch die letzten Winter zugerichteten Thalkessel hatte Volkmar Fuchs selber jetzt eine ganz ähnliche Hütte aufgerichtet wie die, welche ihm seine Dorfgemeinde auf der Vierlingswiese gebaut hatte. Aber sein Herdfeuer, an dem er nach seiner eigenen Kunst eine kuriose Kocherei übte, glimmte diesmal vor derselben unter einem vom Berghang vorstehenden Steinblock; und neben dem Feuer und Kessel war Fräulein Valerie zu einem Sitz eingeladen worden. Auch zu ihrem Theil an dem Inhalt des Kessels hatte der Räkel sie höflich genöthigt; aber für diese Höflichkeit hatte sie bis jetzt gedankt, obgleich die Sache gar so übel nicht roch, und der junge Begleiter dem Waldmann ganz verständnißvoll zunickte, mit der Zunge um die Mundwinkel leckte und mit dem Zeigefinger über die Lippen strich. Das Fräulein hatte sich mit einem Griff in ihre Kleidertasche und einiger Chokoladefabrikantenwaare begnügt, und nun saß sie inmitten dieser abenteuerlichen Tischgesellschaft, und obgleich die zärtlichen Verwandten und guten Freunde drunten im Thal und Aktienhôtel „Vieles von ihr gewohnt“ waren, so würde ihnen doch ein solcher „Exkurs ins Extravagante“, wie Papa sich vielleicht ausgedrückt hätte, als über das Maß des Gewöhnlichen hinausgehend erschienen sein, wenn ein Zauberspiegel ihnen plötzlich die Situation an die Wand ihres Salons geworfen hätte.

Als wir an diesem Tage das schöne Mädchen im wilden Forst, unter den Windfallhölzern auffinden, war die intimste Bekanntschaft mit der Familie Fuchs bereits gemacht, und hatte Fräulein Valerie dem Räkel seine Dorf-, Wald- und Welterlebnisse, seine Familiengeschichten so ziemlich abgehört. Wir treffen Volkmar mit dem Taschenmesser in der einen Faust und dem schwarzen Brotlaib in der andern ihr gegenüber bereits am letzten Ende der Unterhaltung.

„Ich hätte das Begängniß niemalen zugegeben ohne diesen Herrn, der auch Ihr guter Bekannter ist, wie Sie sagen, Fräulein. Jetzt wollen’s die Kanaillen im Dorf bloß auf den Doktor und die Gesundheit schieben, wie sie mich infam traktirt haben und die Frau mir haben eingehen lassen in der Einöde. Das Wildbrett, das Vieh gehört in das Dickicht, wenn es angeschossen ist oder sonst verkümmert. Der Mensch in seiner letzten Noth gehört hinter vier ordentliche Wände, und selbst wenn er keinen Groschen in der Tasche hat und am Wege gefunden ist. Mit ihrem öffentlichen Wohlsein! Als ob sie selber sich zum allgemeinen Besten, bei Regen und Sturmwind, auf die Vierlingswiese hinaus verfügten, wenn ihnen das Giftfieber in den Knochen brennt und ihnen die Haut auseinanderreißt?! Das war die Sache, daß ihnen eben der Räkel mit seiner Fee und seinen Jungen niemals und nirgends besser wohin paßte, als auf den Mist. Da war ihnen die Ordonnanz vom Doktor Hanff das rechte gefundene Fressen. Nicht Einer unter dem Volk, der nicht mit Vergnügen [544] Hand angelegt hätte, den Volkmar Fuchs mit seinem kranken Weibe dahin zu spediren, wohin er, nach ihrer Meinung immer, gehörte. Er hatte es ja von Kindesbeinen an darnach gemacht – sakerment! Ja, ohne das liebe Fräulein Phöbe aus dem Pastorhause hätte ich ihnen schon in der ersten Nacht nach unserer Austreibung was angerichtet, woran sie über Jahr und Tag noch wieder aufzubauen haben sollten. Ohne Der ihr eigen Kopfkissen und Bettdecke – ja, ja – na, na! Na, das ist ja nun aber auch vorüber und die Welt noch vorhanden, und das Dorf habe ich ja auch stehen lassen; – hier sind wir Alle – was noch von uns übrig ist, ziemlich wohlauf und warten bei den Fichtenwürmern aufs Nächste, was uns von Oben oder Unten zu Theil werden mag. Die Fee ist ja nun in Sicherheit vor Hunger und Kummer, Regen und Wind und Schimpfgerede, und mit Spörenwagen bin ich auch so ziemlich aufs Reine, und ich würde hiervon auch gar nicht wieder angefangen haben, wenn die schöne Dame es mir nicht so heraus holte. – Da kam mir der Herr Pastor Hahnemeyer – ja Der! Da kam er mir in meiner Frauen Sterbenacht und wollte mir auf seine Weise zum Verständniß reden. Ich könnte heute fast darüber lachen, denn auf seine Weise ist der eben so eine Unglückskreatur als wie ich; und wäre er jung geworden und aufgewachsen als wie ich, so wäre er heute ganz wie ich; aber umgekehrten Falls vielleicht ich noch lange nicht wie er. Der hat seinen Ingrimm und seine Lust und Rathlosigkeit auf der Erde an die Heiligkeit gewendet, darauf muß er nun bis zu Ende reisen – wir sind alle unruhige Gäste auf des Herrn Erdboden, sagt Fräulein Phöbe, – und ich, ich hätte ihn erwürgt in der Nacht nach dem Absterben meiner Anna ohne den Schluck, den er aus meiner Flasche nahm bei der Leiche. Der hat ihm meine Faust von der Gurgel gehalten in meiner Tollwuth, und so war es nur eine Erleichterung, als er abging und uns auf der Wiese wieder bei uns alleine ließ, nachdem er in Erfahrung gebracht hatte, daß er uns mit seinem Buche und seinem Predigen nicht zur Vernunft anleiten möge. Die Kinder schliefen wohl schon unter seiner Rednerei ein; aber ich habe bis an den nächsten Morgen mit Vergnügen bei meinem Weib wachgesessen und wegen dem armen schwarzen Mann grade so erleichtert hinter der Faust gelacht, wie wegen dem Lümmel, dem Vorsteher – nämlich ihrer unbändigen Verlegenheit halber. Mit dem Lachen auf den Stockzähnen ist’s aber aus und zu Ende gewesen, als dann Fräulein Phöbe und der fremde Herr, Baron oder Professor oder was er ist, kamen und ihr Heil versuchten. So feine Besuche hatte ich noch mein Lebtage nicht gehabt, und werden mir auch wohl mein Lebtage nicht wieder passiren. Ein liebes Paar – liebe Dame! So vornehme Leute, wie ich nicht auf Erden für möglich geachtet habe, trotzdem daß ich doch auch mal auf dem Versuch mit meinem Herrn Grafen in Berlin gewesen bin! So grundverschieden, und doch so ganz für einander gemacht in ihrer Meinung. Grade wie wenn zwei Wasser zusammen sich geben hier im Revier, wo das eine, das im Sprung von der Höhe kommt, das andere trifft, das im Thal hingeschlichen ist, wo man es kaum hörte im Dunkel und Buschwerk und wo beide sich gar nicht darüber zu verwundern brauchen, daß sie so gut zu einander passen, da sie doch von Erschaffung der Welt an vorher nichts voneinander gewußt hatten.“

„Das haben Sie sofort herausgefunden, Meister Fuchs?“ fragte Valerie, die bis hierhin ruhig und nur mit dunkel zusammengezogenen Augenbrauen den Räkel hatte reden lassen.

„Sitzen Sie mal so wie ich, schönste Dame, ob Sie es da nicht auch gleich spüren, was an der Menschheit ist, die bei Ihnen eintritt und Ihnen ihre Wuth und Tollheit abhandeln will! Da thut’s Manches nicht, womit der Mensch sonst beim Menschen Manches ausrichtet. Nicht Grobheit und Drohung mit den Landdragonern, nicht Geld und auch nicht bloße gute Worte. Vom Hinweis auf unsern Herrgott und seinen großen und kleinen Katechismus gar nicht zu reden. Da muß das anders kommen, wenn Einem da ein Licht in seinem Elend aufgehen soll! S’ war mir doch, als ob meine Anna unter ihrem Sackleinen und der Haide, welche ihr die Kinder übergeschüttet hatten, lache, wie sie lachte, als Spörenwagen und ich um sie einander zuerst vor die Brust griffen. Und so hatte ich den Sonnenschein seit Wochen nicht in der Kabache gehabt, als wie die Zwei, Fräulein Phöbe und der Herr Baron, jetzt darin standen und mir ihren Vorschlag thaten. Als die in ihrer Seele Eins wurden vor dem Tode, ist es mir in meiner Seele bloß als ein Licht aufgegangen: Und auf das Pack um Dich her hast Du was gegeben, Fuchs, wo doch so was möglich ist in der Welt? habe ich mich gefragt. Und nun frage ich Sie, liebe Dame, hätten Sie Ihre Einwilligung zurückgehalten? Hätten Sie sich vor solch einem Herrn und solch einem Fräulein blamiren mögen? Ne, Sie hätten gerade wie ich Ihre Anfechtungen hinuntergeschluckt und dabei es wie eine heiße Hand um Ihre Gurgel gefühlt. Sie hätten, gerade wie ich, Ihren ältesten Feind Spörenwagen mit seinem Edelmuth frei passiren lassen, als er in der Abenddämmerung mit seinem Karren und Sarge auf die Vierlingswiese anrückte. Und am andern Morgen, immer in der Gegenwart von dem Herrn Baron und Fräulein Phöbe Hahnemeyer, hätten Sie unter der begrabenen Bauernschande ruhig angehört, was der Herr Pastor noch über Sie und Ihre Jungen zu bemerken hatte. – Was uns anbetrifft, so hat sich der Räkel mit seinem Mädchen und seinem Jungen hinter all’ diesen noblen Leuten vom Kirchhofe weg in den Forst geschlichen, und da hat er Rathsversammlung gehalten zu Drei und gemeint: Haben die Halunken den Bau aufgeführt, so sollen sie ihn niederlegen ohne uns. Was sie darin von uns noch finden, schenken wir ihnen, Pestilenz, Ansteckung und Alles. Nun thut mir aber die Liebe an, Bälger, und legt Euch nicht selber! Mit Eurer lieben Fee und Mama ist das ja nun doch anders in Ordnung gebracht, als wir es uns mit ihr vorgenommen hatten; na, und nun laßt es auch Euch so lieb sein. In die Schule holen sie Euch wohl noch nicht wegen ihres allgemeinen Wohlbefindens – also, meinswegen, melden wir uns beim Oberförster von wegen Arbeit beim Windbruch, so weit als möglich weg aus ihrer Witterung. Sehen Sie, liebe Dame, da steht des Räkels neues Wohngebäude, da behilft er sich nun auch ohne seine Fee! Heb’ den Pott von den Kohlen, junger Räkel, heb den Deckel vom Pott, junge Fee. Also Sie wollen wirklich nicht mithalten, liebe junge Dame? Eselstoffel, dann rücke Du wenigstens ’ran.“

Die fremde junge Dame überwand den letzten Schauder vor der Kochkunst ihrer Wirthe. Wie Prudens Hahnemeyer getrunken hatte mit den Armen und Elenden, aß sie mit ihnen. Sie brach ein Stück von dem schwarzen Brote, das ihr der Waldarbeiter hinhielt, tauchte es in die verdächtige Brühe und aß. Dann wandte sie sich an ihren Begleiter und sagte mit tiefem Seufzer:

„Eselstoffel, wenn wir gegessen haben, wollen wir weiter.“


15.

Die sinkende Sonne dieses Tages hat Phöbe Hahnemeyer in seele- und sinnzerüttendem Nachgrübeln und ihren Bruder in unruhigem Erstaunen und einigem Unmuth über einen Besuch gefunden, den beide Geschwister am Nachmittage zu empfangen hatten.

Die Zeitlichkeit als Weib, in all’ ihrer Liebenswürdigkeit und Schönheit, hatte das stille asketische Pharrhaus im Gebirge überfallen, es so zu sagen mit Sturm genommen und jedenfalls durchaus nicht vorher um die Erlaubniß dazu angefragt.

Fräulein Valerie, der unruhige Gast, hatte ihr Reitthier sammt ihrem Knappen nach dem Dorfkruge geschickt und war in die Laube an dem versunkenen Kirchhofe und im Schatten der Kirche eingetreten – lächelnd, sieghaft, fürstlich und vor allem mit herzbezaubernder Freundlichkeit und Natürlichkeit.

Sie hatte nicht einmal das alte, schon biblisch bekannte Mittel gebraucht, einen Trunk aus dem Brunnen für ihren Durst zu fordern, um die Bekanntschaft einzuleiten. Sie hatte einfach gesagt, wer sie sei und wie sie heiße; hatte gesagt, daß sie drunten im Bade wohne, und daß sie eine gute Bekannte des Herrn Veit Bielow, des Jugendfreundes des Herrn Pastors, sei.

„Und entsetzlich heiß und staubig und langweilig ist’s da unten, und Professor von Bielow, der ein so guter Freund des Herrn Pastors ist und ein so großer Lobredner dieses lieben Fräuleins geworden ist, hat mir so viel von diesem lieben, gastlichen Hause berichtet und von den Felsen und Wäldern und Leuten umher, daß ich widerstandslos das Alles selbst kennen lernen mußte. Und nachdem sie mich gestern Abend im Hôtel um den letzten Funken von gutem Humor gebracht und von jeder Rücksichtnahme auf Papa, Onkel und sonstige Familien- und Gesellschaftsgenossenschaft entbunden haben, bin ich ihnen allen heute Morgen in der Frühe durchgegangen und bin unter dem Schutz und Schirm

[545]

Ruderregatta bei Henley auf der Themse.
Nach einer photographischen Aufnahme auf Holz gezeichnet von Fritz Bergen.

[546] des Eselstoffel hieher gekommen und habe mich in der Wildniß umgetrieben, um frische Luft zu schöpfen. Sehr hungrig bin ich auch; denn nur mit einem Zwieback und einer Düte voll Zuckerwerk bin ich ausgeritten, und was aus mir geworden wäre, wenn mich nicht ein wilder Waldmensch ganz civilisirt zu seiner Suppe eingeladen hätte, das weiß ich nicht. Ja, Glück habe ich immer; auch dieser wilde Mann war mir schon ein Bekannter; und seine Axt, sein zottiger Bart, seine Reden und seine beiden Kinder durften mir weiter keinen Schrecken einjagen. Herr von Bielow hat uns da unten fast eben so viel von dem Räkel wie von Ihnen, mein liebes Fräulein Hahnemeyer, erzählt; und da saß ich nun im Herzen der Romantik und tauchte des Räkels schwarzes Brot in seinen Topf grade so, wie der Herr Pastor hier in jener schlimmen Nacht aus seiner Flasche getrunken hat. Die Leute zutraulich zu machen, ist ein Talent, zu welchem man geboren werden muß, Herr Pfarrer. Ich gehöre von heute an vollkommen zu der Familie Fuchs. Sie hat mir stundenlang das Geleit gegeben, und nun läßt sie herzlich grüßen; und herzlich bitte ich, mir meine Andränglichkeit zu verzeihen. Papa, der leider Gottes stets wenig an seiner Tochter zu loben hat, nennt dies Valeriens grenzenlose, widerstandslose, rücksichtslose Zuversicht im Menschenverkehr, und nun, bitte, fürchten Sie sich nicht zu arg davor! Lassen Sie auch mich wie Herrn Veit Bielow ein Stündchen in Ihrer Stille sitzen und ausruhen!“ …

Nun hatte sich freilich Fräulein Phöbe als rechtes Weib im Geheimen gefragt: „Sollte jener Mann wirklich dort unten im Thal unter den Seinigen und den Freunden über mich – über uns so laut gewesen sein?“ aber viele Waffen hatte sie gegen die wunderschöne, lachende, rauschende und doch auch wieder so ernsthaft theilnahmvoll blickende und redende Fremde, die so plötzlich auch zu einer Gastfreundin oder gar einer Freundin werden wollte, nicht gehabt. So hatte Valerie nicht nur ebenfalls in der Laube am alten Kirchhof gesessen und die Unruhe im Thurm gehört, sondern sie hatte auch das Haus gesehen, von der Küche im Erdgeschoß bis zu den Fenstern im obern Stock, denn „von dort aus sollte ja die Aussicht so wunderbar schön sein.“ Auch in Phöbe’s Stübchen und Kämmerchen war sie gewesen und hatte in letzterm die kleine Bleistiftzeichnung der Idiotenanstalt Halah vom Nagel über dem Bett abgehoben und dieselbe sehr hübsch und interessant gefunden. Sie hatte erzählt, daß ihr guter Onkel Anton im Ministerium des Kultus an diesen wohlthätigen, barmherzigen Einrichtungen viel Antheil nehme und nach Kräften in seiner Stellung sich bemühe, dafür zu wirken. Ueber dieses war die junge Schulschwester sehr erfreut und dankbar gewesen. Auch seine Kirche hatte Prudens Hahnemeyer seinem diesmaligen Gast aus der Weltlichkeit aufschließen und zeigen müssen, und die Fremde hatte sich sehr gut und still darin betragen. Sie hatte leise erzählt, daß sie auf Reisen sehr gern in solche kleine Kirchen gehe und sich still in einen Stuhl setze, vorzüglich in katholischen Ländern, wo man nicht erst den Küster mit seinem Schlüsselbund zu holen brauche. Von allerlei Kirchen, an welche diese gegenwärtige Kirche sie erinnerte, hatte sie gesprochen, hatte dann nach den Todtenkränzen hinter dem Altar gefragt und die Tafel mit den Namen der drei aus dem Dorfe im Franzosenkriege Gefallenen gelesen. Dabei hatte sie mitgetheilt, daß auch einige von ihren Verwandten mit im Felde gewesen seien, und daß ein junger Vetter von ihr, ein guter prächtiger Junge, auch vor Metz gefallen sei und bei Saint-Privat unter der Garde mit begraben liege. Hierdurch war die Rede ganz natürlich noch mehr auf Leben, Sterben und Begrabenwerden der Menschen gekommen, und da der Pastor Prudens nun wirklich nicht länger Zeit hatte, sondern in sein Studirzimmer zu seiner Predigt zurück mußte, so hatte Fräulein Valerie Fräulein Phöbe sanft unter den Arm genommen und ihr zugeflüstert:

„Wie furchtbar ernst und wie böse auf mich Ihr Herr Bruder ist, Liebste! Ich gefalle ihm gewiß nicht recht; – es thut mir leid, aber ich kann wirklich nichts dafür. Und Sie, Sie müssen doch wohl manchmal ein recht schweres Leben bei ihm haben, in seiner Schweigsamkeit?! Wir wollen ihn jetzt gehen lassen zu seinen Büchern. Ach, wenn er nur wüßte, wie grade uns bunte Thörinnen im öden Lärm und Wirbel da draußen unter unserer Tanzmusik dann und wann die bitterste Sehnsucht nach solcher Stille und Ruhe wie hier um ihn und Sie überkommen mag! Dann sähe er nicht so verdrießlich auf mich hin! Bleiben Sie freundlich, aber lassen Sie auch uns wieder ins Freie. Mich fängt an hier zu frösteln, lassen Sie uns wieder in die Sonne, Phöbe, – in dieser Kühle merkt man es erst, wie sehr die Sonne zu Einem gehört, schiene sie uns selbst auf einem Kirchhofe. Er ist zu seinen Büchern, lassen Sie uns auch gehen, Liebe, Süße; – zeigen Sie mir das Grab der Fee.“ …

„Das Grab der Fee?“ hatte Phöbe gefragt.

„Das letzte, das jüngste Grab auf Eurem Friedhof, Kind! In der Gesellschaft da unten war viel Redens darüber, was der Staat, die Polizei und Kirche mit dem armen Mann anzufangen habe, der wie Michel Kohlhaas im Streit, nicht mit den Junkern, sondern mit seines Gleichen liege. Ich aber möchte den Hügel seines todten Weibes sehen, Fräulein Hahnemeyer!“

Die Stimme, mit der das gesagt oder geflüstert wurde, war plötzlich hart und rauh geworden, der Gesichtsausdruck der schönen lachenden Fremden strenge und zornig. Ueberrascht, erschreckt, einen Augenblick mit unsäglicher Angst, blickte Phöbe Hahnemeyer auf den Gast, aber nur einen Augenblick; dann neigte sie das Haupt und wies stumm unter der Kirchthür mit jener ruhigen Anmuth, die aus der höchsten Höflichkeitsschule der Welt stammt, den Pfad an und schritt auf ihm voran. Aus Halah-Schmerzhausen wußte sie, wie verschiedenartiges Elend es auf Erden gab, und was Menschen auf ihr leiden müssen.

Sie öffnete die kleine Pforte in dem niedrigen Zaun und ließ die Fremde vorantreten:

„Dort links, dem Felsen zu.“

Die rothe Abendsonne überglänzte wieder die Gräber des Dorfes, die Klippen, Tannen und einzelnen Steinblöcke umher, die Berge und die weite Ebene über die Berge hinaus. Die beiden Mädchen hatten die Schönheit und die tiefe Stille ganz für sich allein.

„Hier hat der Herr die arme Anna Fuchs in seinem Frieden gebettet.“

Valerie, ihr weißes Taschentuch in den erregten, zitternden Händen zerzerrend, flüsterte:

„Ich weiß es ja wohl, wie Sie ihm dabei geholfen haben! Von dem Freunde drunten im Kurhause, im Narrenschwarm habe ich es gehört, auf welche liebe, aber sonderbare Weise Sie es fertig gebracht haben, den Räkel zu zwingen, Euch und der dummen Welt zu Willen zu sein. Es verlohnte sich der Mühe!“

„O!“

Das war ein Aufblitzen des Schmerzes, des Zornes, wie ihn die junge lutherische Nonne bis jetzt nimmer in ihrer Seele erfahren hatte. War das jetzt erst die richtige Welt, von der der Herr wußte, daß es den Seinigen besser sei, wenn sie nichts damit zu schaffen hätten? Hatte jener Mann aus dem unbekannten Treiben auch Dieses zu einem Unterhaltungsthema drunten im Lärm der Erde gemacht? Hatte er so gesprochen, daß diese Unbekannte, diese ganz unbekannte Fremde, sich das Recht nahm, so hier zu sprechen?

Wie diese rothe Sonne blendete! Und was war das? Diese Fremde, diese Unbekannte legte ihr, der armen Phöbe, jetzt heftig und doch wie schwesterlich-zärtlich den Arm um die Schultern und rief weinend:

„O, wußtest Du genau, was Du thatest, als Du Dich so bandest, und ihn an Dich?! Dachtest Du nicht vorher nach, ob Du nicht Anderen – einer Anderen hierdurch wehthun könntest – für alle Zeit, für ihr ganzes armes Leben?! …“

Doch nun war es, als seien die Rollen, wenn dieses der richtige Ausdruck hier sein kann, zwischen den Beiden ausgetauscht. Erbleichend und schwerathmend machte Phöbe sich frei von dem Arm Valerie’s. Streng und hart sah sie ihr in das leidenschaftliche zuckende Gesicht, und hart und klar war die Stimme, mit der sie fragte:

„Also deßhalb sind Sie zu mir gekommen?“

„Ja, ja – ja!“

„So fragen Sie die Todte da unten und den barmherzigen Gott über uns, wem zu Ehren ich meinen Schrecken über den Einfall überwand; wem zu Liebe ich hierzu eingewilligt habe. O, und nun gehe wieder und laß mich allein in meiner neuen Verstörung. O, Du hattest kein Recht, mich an diesem Orte so zu ängstigen. Gewiß nicht! O bitte, nun gehe zurück zu den Deinigen und laß mich versuchen, hierüber mit meinen Gedanken zurecht zu kommen; – ich habe diese Sonne jetzt wie blutige [547] Flammen im Auge, und kann mich nicht besinnen. O, wie soll ich nun an diesen Mann denken, dem meine Seele eben noch nur dankbar in ihrer Zuneigung nachfolgte? O, weßhalb ist Dein Freund nicht seines Weges weiter gegangen und hat uns mit unsern Nöthen und Aengsten allein gelassen? Gehe Du nun wieder und suche Dich auch zu besinnen und sprich kein Wort von dieser Stunde und Stelle, bis der Herr uns geholfen hat, bis er Dich und mich aus dieser Verwirrung herausgeführt hat!“

Sie stand auf ihrem Eigenthum neben der Ruhestelle der Fee und legte die Hände zusammen und sprach jetzt, wieder leise wie ein Kind, das sein Abendgebet spricht:

„Und gieb uns Deinen Frieden, Amen!“

(Fortsetzung folgt.)

Wandelungen in der Sprache.[1]

Schalk und Schelm.

Kaum etwas macht das rosige Antlitz unserer Damen liebreizender als eine gewisse Schalkhaftigkeit, die zumeist beflissen ist, in unschuldigem Uebermuth den Geliebten mit Neckereien zu überhäufen und den Glücklichen gerade dadurch immer mehr ihrer innigen Zuneigung zu versichern, denn „was sich neckt, das liebt sich“, sagt das alte wahre Sprichwort.

Es ist ganz gewiß auch ein klein wenig Spottlust mit in ihren Worten enthalten, wenn Voß’ Luise an ihrem 18. Geburtstage bei Gelegenheit des ihr zu Ehren „im Schatten der alten Familienbuche“ veranstalteten Familienkaffees zum allgemeinen Ergötzen der traulichen Gesellschaft „schalkhaft lächelnd ausruft: Nehmen Sie mir’s nicht übel, Mama hat die Löffel vergessen!“ Welch ein reizendes Bild, die unschuldige Schalkhaftigkeit der lieblichen Jungfrau dem gutherzigen Mütterchen gegenüber! Und Mütterchen kennt den neckischen Schelm zu gut, als daß sie ihm wegen seiner Worte grollen möchte. Schalk und Schelm, beides zugleich ist das Töchterlein, beide sehen ja auch in unserem heutigen Sprachgebrauche einander zum Verwechseln ähnlich, und das frohsinnstrahlende Bild A. Ludwig’s in Nr. 11 der „Gartenlaube“ könnte ebensowohl der kleine Schalk wie die kleine Schelmin unterschrieben sein. Und nicht erst von heute ist die Aehnlichkeit der beiden Begriffe, schon das Mittelalter kannte sie und braucht nicht selten beide Worte allitterirend nebeneinander in fast gleichem Sinne. Freilich, da ist es nicht mehr heitere – unschuldige Neckerei, was sie bezeichnen, sondern kurz gefaßt eine moralisch schlechte, niedere That, und der Schalk zunächst ist nicht mehr, wie ihn Goethe seiner Zeit definiren konnte, eine Person, die mit Heiterkeit und Freude Jemand einen (fügen wir als selbstverständlich hinzu: unschuldigen) Possen spielt,“ sondern ein mauvais sujet, von dem man sich aller bösen Handlungen versehen darf, und von dem das dem 16. Jahrhundert entstammende Volksbuch „der Froschmäuseler“ Georg Rollenhagen’s in Gesetzeston sagt:

Ich hab oftmal das hören sagen,
Kein besser Recht könnt man bescheiden,
Ohn’ daß der Schalk müßt selber leiden,
Was er ein’m Andern hat gethan.

Die romantische Schule, welche mit Vorliebe Worten und Wortbegriffen der deutschen Sprachvergangenheit, mit deren dichterischen Erzeugnissen sie sich vorzüglich beschäftigte, ein neues, freilich zumeist nur sehr kurzes Scheinleben schuf, hat auch dem mitelalterlichen Schalk zu einer unglücklichen Wiedergeburt verholfen, und so ist es nicht wunderbar, daß noch in Tieck’s Drama „Leben und Tod der heiligen Genoveva“ (1800) Pfalzgraf Siegfried dem Bösewicht Golo gegenüber, dessen lichtscheues Treiben er durchschaut hat, in die Worte ausbrechen kann:

„Gottloser Schalk, du kennst sie also nicht,
Die Genoveva nicht, die du verfolgt?
Die fälschlich du verklagt, die du zum Tod
Verdammt?“

Und die Schelme des Mittelalters?

Ueber sie hat Luther’s scharfsinniger Gegner Thomas Murner, der in seiner Jugend als fahrender Schüler Frankreich und Deutschland durchzogen und auf seinen Wanderungen Exemplare der fraglichen Gattung zur Genüge angetroffen hat, ein ganzes Buch geschrieben, das er „Die Schelmenzunft“ nannte und das im Jahre 1512 erschienen ist. Die Schelme, die er kennt und nennt, sehen freilich dem mittelalterlichen Schalke wieder sehr ähnlich, es sind keine harmlosen Necker in der optimistischen Färbung des Wortes von heutzutage, sondern sie verüben „alles weltleuffigen mutwillens schalckeiten und bübereien“, und wie in der Litteratur, so predigt er auch von der Kanzel herab gegen sie. Ein Schelmenstreich von damals ist daher von einem unserer Tage wohl zu unterscheiden. Und in dem auf Murner’s Thätigkeit folgenden Jahrhundert giebt es eine förmliche Romangattung, die sich mit dem Leben und den erwähnten Geniestreichen dieser Schelme beschäftigt: es sind die an spanische Vorbilder sich anlehnenden Schelmenromane des 16. Jahrhunderts, und diejenigen, deren buntbewegtes, abenteuerndes Leben sie behandeln, sind Landstreicher, Vagabunden und meistens rohe und ausschweifende Gesellen. Die Memoiren des Ritters Hans von Schweinichen[2], welcher hart gegen das Ende des angezogenen Jahrhunderts als Abenteurer im Lande herumzog, sind ungefähr als das erste Beispiel ihrer Gattung anzusehen, dem dann schnell hinter einander, erzeugt von dem entgegenkommenden Verlangen des Publikums jener derbsinnigen Tage, andere folgten, und die endlich in dem 1669 erschienenen „Simplicius Simplicissimus“ Grimmelshausen’s gipfelten. Im Dänischen hat das Wort heute noch die Bedeutung Schurke, und man sieht, daß dieselbe traditionell wohl berechtigt ist.

So bezeichnen also auch im Mittelalter Schalk und Schelm fast noch dieselben, im Ganzen wenig vertrauenerweckenden Individuen. Je weiter wir indeß sprachlich zurückblicken, desto sichtlicher nimmt die Aehnlichkeit der beiden Wortbegriffe ab. In der mittelhochdeutschen Sprachperiode des 11. bis 14. Jahrhunderts bezeichnet der schelme zwar immer noch, oder vielmehr bereits den Schuft, der schalc dagegen zumeist einfach den „Knecht“ des Hauses, zu dessen Charakterbilde noch durchaus nicht immer Bosheit und Hinterlist als nothwendige Attribute hinzuzudenken sind, und wenn wir auf das Gothische zurückgehen, in das uns nur noch der Schalk, nicht mehr der Schelm begleitet, so finden wir hier in den Worten des ersten deutschen Bibelübersezers, des Gothen Ulfilas:

Nist siponeis ufar laisarja, nih skalks ufar fraujin seinamma.“[3]

unsern Schalk in seiner ursprünglichen, keinerlei böse Färbung des Charakters enthaltenden Bedeutung Knecht, Diener vor. Und auch in dieser Bedeutung hat er sich fortentwickelt, ja gerade in ihr wird er uns, je mehr wir uns von jener Zeit aus der unserigen wieder nähern, um so interessanter, nicht freilich als Knecht an sich, sondern in seinem verengten Begriffe als Knecht des oder der Pferde (marah, marc, Mähre) des Herrn, als marahschalk oder – Marschalk. Und wahrlich, nicht lange ist der so entstandene Marschalk einfach der Knecht der Rosse geblieben, gar schnell ist er avancirt; er wird zunächst zum Hüter des gesammten Marstalls seines Gebieters, und wenn es in unserem Nibelungenliede heißt

Dankwart der was marschalc“,

so haben wir in demselben keinen Geringeren vor uns als des grimmen Hagen Bruder, einen Recken hochgeehrt. Er tritt in dem Vollgewicht der Würde auf, welches das 13. Jahrhundert dem Marschall beilegte, also etwa als Oberstallmeister und als Führer der reisigen Mannen des Reiches. Ja das wichtige Amt wurde im 14. Jahrhundert sogar erblich und blieb in der Folgezeit bei dem Hause Wettin, so daß der Herzog von Sachsen zugleich des deutschen Reiches Erzmarschall war. Aus der Amtsthätigkeit dieser mittelalterlichen Marschälle und besonders aus dem einen Zweige ihrer Funktionen, der sie als Führer der kaiserlichen Kriegsmannschaft darstellt, hat sich denn allmählich die heutige hohe militärische Würde herausgebildet, wie sie der allbekannte „Marschall Vorwärts“, wie sie der kriegsberühmte Prinz Friedrich Karl, wie sie General von Manteuffel trug, und wie sie heute noch selbst der Kronprinz des Deutschen Reiches und Moltke tragen. Welch eine Entwickelung des ursprünglich so einfachen Wortbegriffes! Dr. Söhns.     


  1. Vergl. „Gartenlaube“ Jahrgang 1883, Nr. 39, S. 639 und Jahrgang 1884, Nr. 20, S. 336.
  2. Herausgegeben von A. Diezmann, Leipzig. Wigand 1868
  3. Der Jünger ist nicht über seinen Meister, noch der Knecht über den Herrn. Matth. 10, 24.

Blätter und Blüthen.

Dienstboten-Ehen in Rußland. Was würde wohl eine unserer deutschen Hausfrauen dazu sagen, wenn eines schönen Tages das naseweise Dienstmädchen Wilhelmine vor sie mit den Worten träte: „Gnädige Frau! Nächsten Sonntag heirathe ich, und zwar den Kutscher Wilhelm vom Herrn Doktor drüben. Sie werden mir gewiß die Ehre anthun, an der Hochzeit theilzunehmen. Montag früh bin ich wieder da.“ Unsere „Gnädige“, wäre sie in den Ueberraschungen der Dienstmädchenstreiche noch so erfahren, würde gewiß denken, sie sei plöslich aus den Wolken gefallen, und nach einiger Erholung von dem grenzenlosesten Staunen würde der unerwarteten Hochzeitseinladung mindestens eine Fluth von Auseinandersetzungen über vierwöchentliche Kündigung und andere im Gesindebuche abgedruckte Paragraphen folgen. Heute heirathen und morgen weiter als Dienstmädchen dienen, das ist in Deutschland undenkbar, wo Ehe und eigener Hausstand zwei unzertrennliche Begriffe bilden.

Aber – andere Länder, andere Sitten – sagt das Sprichwort, und in Rußland befremdet es in einigen Städten keineswegs, wenn der gute Iwan vor seinem Herrn oder seiner Herrin mit einem mächtigen Kniefall niedersinkt und die Bitte an sie richtet: nächsten Sonntag bei der Hochzeit mit seiner Tanja von drüben oder seiner Gruscha aus der Vorstadt die Rolle des Trauvaters oder der Traumutter zu übernehmen. Die also angeredete Herrschaft weiß wohl, daß Iwan und Tanja wegen der Heirath ihren Dienst nicht verlassen und das Versprechen des gemeinsamen Tragens [548] von Freud und Leid, das sie sich fürs ganze Leben zuschwören werden, nur für Sonn- und Feiertage als bindend erachten.

Und so wird hier der feierliche Akt wirklich vollbracht. Die Herrschaft stiftet das unumgänglich nöthige Heiligenbild, und nach vollzogenem Ehebündniß und nach vollendetem Hochzeitsmahl kehrt jedes der „jungen Eheleute“ auf seinen Posten zurück und dient weiter in verschiedenen Häusern.

Ein sonderbares Familienleben! An Werkeltagen sehen sich die Gatten höchstens im Fluge, wenn sie sich zufällig auf der Straße begegnen; nur an Feiertagen, die, nebenbei gesagt, in Rußland häufiger im Kalender auftreten als bei uns, suchen sie redlich den Spruch zu bewahrheiten:

„Die Hand, die Samstags ihren Besen führt,
Dich Sonntags wird am besten karessiren.“

Selbst der Kindersegen kann diese eheliche „Zwei-Häuser-Theorie“ nicht erschüttern, denn es finden sich stets Basen und Tanten, welche die Kleinen gegen billiges Entgelt in Erziehung nehmen. Die Gatten aber arbeiten unverdrossen fort und sparen fleißig, nicht um ihre längst geschwundenen Flitterwochen zu genießen, sondern um gemeinsam ihren Lebensabend zu verbringen. Ist nach Jahren das nöthige Sümmchen voll, so wird ein kleiner Handel begonnen oder auf dem Lande ein kleiner Hof gekauft, und die „erfahrenen Eheleute“ leben alsdann unter den Bauern in nicht geringem Ansehen. Und sonderbar, diese Ehen sind zumeist gut und glücklich. Ein Spötter sagte allerdings: sie wären es darum, weil sich die Gatten nur selten sähen.


Nothsignale auf Eisenbahnen früherer Zeit. Schon in den ersten Jahren des Eisenbahn-Betriebes stellte sich das Bedürfniß nach Vorrichtungen heraus, welche im Nothfalle die Verständigung des reisenden Publikums mit dem Zugpersonale ermöglichen konnten. So waren auf einigen Bahnen in den damals noch unbedeckten Wagen dritter Klasse rothe Fahnen vorhanden, durch deren Hin- und Herschwenken man die Aufmerksamkeit der Beamten erregen und den Zug zum Anhalten bringen konnte. Das reisende Publikum machte hiervon mitunter, zum allgemeinen Aergerniß und zum Verdruß der Beamten, den ausgedehntesten Gebrauch; bisweilen unter den lächerlichsten Vorwänden. Beispielsweise wird uns von einer Dame erzählt, welche, das Wagniß der ersten Eisenbahnfahrt unternehmend, den in voller Fahrt begriffenen Zug mitten im freien Felde halten ließ, weil sie glaubte, daß der Zug zu schnell fahre, als daß er auf der nächsten Station, wo sie aussteigen wollte, werde halten können. Ein andermal alarmirte ein Mitreisender das Zugpersonal, weil ihm durch den scharfen Luftzug seine Mütze entführt worden sei und er ohne diese nothwendige Kopfbedeckung die Reise nicht fortsetzen könne.

Die Bahnverwaltungen waren im Interesse eines geregelten Betriebes genöthigt, den Gebrauch dieser Signale mehr und mehr einzuschränken und mißbräuchliche Benutzung mit Strafen zu belegen.Br.     


„Pst! die Depesche!“ (Mit Illustration S. 541.) Das reizende Genrebildchen ist frisch aus dem Leben herausgegriffen und erinnert Jeden unwillkürlich an seine eigene naive Kinderzeit, wo in dem kleinen Kopfe gar sonderbare Gedanken über die in dem Telegraphendraht dahineilende „Depesche“ ihren Spuk trieben. Der Künstler, dem wir diesen originellen Schmuck unserer heutigen Nummer verdanken, ist Professor Heinrich Max in Wien, der jüngste Bruder des rühmlichst bekannten Gabriel Max. Er wurde 1847 in Prag geboren und lieferte schon viele von der Kritik günstig beurtheilte Kunstwerke, unter denen namentlich „Die Klostermalerin“ und „Ein Wiedersehen“ hervorzuheben sind. Auch die Gattin von Heinrich Max, die Florentinerin Ehrler, ist eine geschätzte und unter dem Künstlernamen Max-Ehrler bekannte Genremalerin. Eines ihrer lezten Bilder „Die Fächermalerin“ ist vor Kurzem vom österreichischen Kaiser gekauft worden.


Der Werth eines Geldstückes kann mit der Zeit ein unerhört großer werden. In London wurde vor Kurzem eine Sammlung seltener Münzen versteigert und für einen sehr alten Penny, ein Geldstück, dessen Werth etwa 8 Pf. beträgt, die nette Summe von 600 Mark bezahlt.


An die Mildthätigkeit und Großmuth der Glücklichen wendet sich eine arme Mutter für ihr unglückliches Kind. Eine Beamtenwittwe mit 150 Mark Jahrespension wurde in der Erziehung ihrer übrigen drei Kinder bis jezt von ihrer ältesten Tochter unterstützt. Als Mädchen von 19 Jahren Lehrerin an einer über 80 Schüler und Schülerinnen zählenden Klasse einer Volksschule und nebenbei noch in Privatunterricht thätig, hat sie sich durch diese Ueberanstrengung ein Lungenleiden zugezogen, das ihr jede fernere Lehrthätigkeit verbietet und den Genuß südlicher Luft als einziges Lebensrettungsmittel vorschreibt.

Die Aermste weilt derzeit in Meran zur Kur; nächsten Monat bezieht sie ihr letztes Lehreringehalt. Dann ist sie vollständig mittel- und rathlos. Arzt und Obrigkeit aber bezeugen mit warmen Worten die Würdigkeit und Noth der Bittenden.

Zur Entgegennahme von Gaben ist die Expedition der „Gartenlaube“ bereit.


Allerlei Kurzweil.


Zahlen-Kryptogramm:0 „Der Berg“.


Auflösung der Schachaufgabe Nr. 3 in Nr. 31.
 Weiß:   Schwarz:
1. D a 3 – e 7 T h 8 – h6 :
2. D e 7 – f 8 † K g 7 – f 8 :
3. T d 5 – d 8 † K f 8 - e 7, g 7
4. T d 8 - e 8 resp. g 8 matt.

Auf 2. ...., K g 6: folgt 3. D g 8 † nebst 4. D g 4 matt.

Varianten: a) 1. ..., T g 8; 2. S g 4, c 6; T oder L a 5 (S d 7, S a 6; 3. e 5 – e 6 : (T : S d 7) etc. oder 2. ..., beliebig anders; 3. D g 5 † resp. f 6 † etc. (2. S : T g 8, statt S g 4, scheitert an S d 7; 3. T : S d 7, T : S g 8!) – b) 1. ..., L f 4; 2. S e 8 †, K g 8; 3. T g 6 † etc. oder: 2. ..., K : T (T : T); 3. D f 6 † etc. – c) 1. ..., K : T; 2. S g 4 †, K g 7; 3. D g 5 † etc. – Auf sonstige Züge entscheidet: 2. S h 5 † oder 2. S e 8 † etc.


Auflösung des Räthsels in Nr. 31: 0Besuch, Buch.


Kleiner Briefkasten.

(Anonyme Anfragen werden nicht beantwortet.)

Frl. A. D. in Demmin. Wir vermögen Ihnen leider keine Auskunft zu geben, da auf unsere Anfrage im kleinen Briefkasten der Nr. 18. dieses Jahrganges: „Wer kauft gebrauchte Korke, Stahlfedern, alte Glacéhandschuhe etc., die zu wohlthätigen Zwecken gesammelt sind?“ keine Antwort eingegangen ist.

W. F. in England. Nein, wir können Ihnen nicht dazu rathen.

Ella, „Alleine“, Illas G., Sch.-Waldhaus, K. M. in Dresden: Nicht geeignet.

F. S. in A. Wir empfehlen Ihnen das „Lehrbuch des Schachspiels von Jean Dufresne“ (Verlag von Philipp Reclam jun. in Leipzig, vierte Auflage, Preis geb. 1 Mk. 50 Pf.); ein vortreffliches Werk, welches sich trotz des billigen Preises durch Gründlichkeit auszeichnet.

H. S. in Frankfurt a. M. Es mangelt uns leider an Zeit und Raum, um Ihnen die gewünschten Kommentare zu geben.

P. K. in W–g. In solchen Fällen müssen Sie sich unbedingt persönlich an einen Arzt wenden.


Inhalt: [ zu diesem Heft, hier nicht transkribiert. ]



Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger. in Leipzig.

In unserem Verlage ist erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben:

„Gartenlaube-Kalender

für das Jahr 1886.
8. 251 Seiten mit zahlreichen Illustrationen in Holzschnitt, eleg. geb. Preis ℳ 1,50.

Der Kalender, im Geiste der „Gartenlaube“ geschrieben, enthält neben zahlreichen praktischen Nachweisen und Notizen eine Lulle unterhaltender und belehrender beitrage und wird sich dadurch, wie wir hoffen, rasch Eingang in die deutsche Familie verschaffen.

Leipzig, im Juli 1885. Ernst Keil’s Nachfolger.


Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart. Redacteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.