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Die Schlußsteinlegung im neuen Reichstagshause

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Textdaten
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Titel: Die Schlußsteinlegung im neuen Reichstagshause
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 52, S. 888–889, 891
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1894
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Vgl. Die preisgekrönten Entwürfe des neuen Reichstagsgebäudes in Berlin, 1882
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[888–889]

Die Schlußsteinlegung im neuen Reichstagshause.
Nach einer Originalzeichnung von W. Pape.

[891] Die Schlußsteinlegung im neuen Reichstagshause. (Zu dem Bilde S. 888 und 889.) Bereits in Nr. 45 des nun zum Abschluß gelangenden Jahrgangs hat die „Gartenlaube“ die Vollendung des neuen Reichstagshauses zum Anlaß für eine Würdigung seiner künstlerischen und nationalen Bedeutung genommen und dieses selbst den Lesern nebst den verschiedensten Räumlichkeiten aus seinem Innern im Bilde vorgeführt. Die weihevoll symbolische Handlung, welche nunmehr am 5. Dezember durch die vom Kaiser geführten drei Hammerschläge auf den dafür bereit gehaltenen Schlußstein im Kuppelraum der Wandelhalle vollzogen worden ist und die das Hauptbild der heutigen Nummer den Lesern vors Auge stellt, soll uns weiter die „Weihe des Hauses“ vergegenwärtigen, mit der das herrliche Gebäude in Gegenwart seines Erbauers am Tage der Eröffnung der neuen Reichstagssession von seiten der Reichsregierung und des Reichstags selbst seiner hohen Bestimmung übergeben worden ist. Mit demselben Hammer, mit dem vor zehn Jahren – am 9. Juni 1884 – von Kaiser Wilhelm I. die Grundsteinlegung des Hauses besiegelt worden war, vollführte nun sein Enkel den letzten Hammerschlag an dem Bau! Und, wie es in der kaiserlichen, beim Beginn der Feier vom neuen Reichskanzler, dem Fürsten Hohenlohe, verlesenen Urkunde heißt, soll dieser nun als „ein Denkmal der großen Zeit“ aufragen, „in welcher als Preis des schwer errungenen Sieges das Reich zu neuer Herrlichkeit erstanden ist, eine Mahnung den künftigen Geschlechtern zu unverbrüchlicher Treue in der Pflege dessen, was die Väter mit ihrem Blute erkämpft haben.“

Zu der Feierlichkeit, welche mittags um 1 Uhr begann, war der mittlere Teil der großen Wandelhalle festlich drapiert worden. Für den Kaiser und die Kaiserin, die Prinzen und Prinzessinnen in ihrer Begleitung war an der östlichen Front des Kuppelraums unter einem Baldachin eine Estrade errichtet. Die obersten Vertreter der Regierung, des Heers und der Marine, frühere Minister und Reichstagspräsidenten, unter diesen auch Simson, sowie der Maler Adolf Menzel befanden sich unter den geladenen Gästen – Fürst Bismarck hatte wegen des schweren Trauerfalls, der ihn betroffen, die Einladung absagen müssen. Auch die Mitglieder des Bundesrats gruppierten sich um die kaiserliche Estrade, während gegenüber, rechts und links von der westlichen Eingangsthüre zum Kuppelraum die Mitglieder des Reichstags Aufstellung nahmen. Wallot, die Mitglieder der Reichstagsbauverwaltung und die Meister des Maurer- und Steinmetzgewerkes hatten ihren Platz neben dem Schlußstein, an dessen Stelle sich später ein Denkmal Kaiser Wilhelms I. erheben soll.

Nach der Verlesung der Urkunde wurde dieselbe in einer Kapsel verwahrt und in die dafür hergestellte Höhlung des Schlußsteines versenkt. Dann überreichte der Bevollmächtigte Bayerns beim Bundesrat, Graf Lerchenfeld, indem er den Bau als „Wahrzeichen der Einheit des Deutschen Reiches“ pries, dem Kaiser die Kelle, mit welcher dieser aus der vom Meister des Maurergewerks gehaltenen Mulde den Mörtel in die Vertiefung des Schlußsteines warf, worauf die Meister der beiden Gewerkschaften den Schlußstein versetzten. Der Präsident des Reichstags, v. Levetzow, der seine Landwehrmajorsuniform trug, ergriff nunmehr das Wort und reichte dem Kaiser feierlich auf einer silbernen Platte den Hammer dar. In seiner Ansprache ward auch der Großartigkeit des Bauwerks selber gedacht. „Seine Grundmauern sind fest,“ fuhr er fort, „seine Hallen weit, seine Zimmer hoch, und fest in Treue, weit in Voraussicht, hoch in den Gedanken sei immer das, was je und je in diesem Hause möge beraten und beschlossen werden.“ Der Kaiser, hinter welchem wir auf unserem Bilde die Kaiserin und den Fürsten Hohenlohe sehen, erhob dann den Hammer; den dritten Schlag begleitete er mit den Worten: „Pro gloria et patria!“ Unter den letzten, die in programmmäßiger Reihenfolge den Hammerschlag ferner vollzogen, befand sich der geniale Erbauer des Hauses, Paul Wallot, der in zehnjähriger unermüdlicher Arbeit mit schöpferischem Künstlergeist das machtvolle Bauwerk ausgeführt hat, dessen von Würde und Anmut beseelter Stil der „Freude am Reich“ architektonischen Ausdruck verleiht. Auf unserem Bilde steht der Künstler rechts vom Präsidenten des Reichstags.