Die Springwurzel

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Textdaten
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Autor: Brüder Grimm
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Titel: Die Springwurzel
Untertitel:
aus: Deutsche Sagen, Band 1, S. 11–13
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1816
Verlag: Nicolai
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Erscheinungsort: Berlin
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Originalherkunft:
Quelle: Google, Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: [1]
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[11]
9.
Die Springwurzel.
Mündlich auf dem Köterberg von einem Schäfer.
vgl. Altdeutsche Wälder II. 95.

Vorzeiten hütete ein Schäfersmann friedlich auf dem Köterberg, da stand, als er sich einmal umwendete, ein prächtiges Königs-Fräulein vor ihm und sprach: „nimm die Spring-Wurzel und folge mir nach.“ Die Spring-Wurzel erhält man dadurch, daß man einem Grünspecht (Elster oder Wiedehopf) sein Nest mit einem Holz zukeilt; der Vogel, wie er das bemerkt, fliegt alsbald fort und weiß die wunderbare Wurzel zu finden, die ein Mensch noch immer vergeblich gesucht [12] hat. Er bringt sie im Schnabel und will sein Nest damit wieder öffnen, denn hält er sie vor den Holzkeil, so springt er heraus, wie vom stärksten Schlag getrieben. Hat man sich versteckt und macht nun, wie er heran kommt, einen großen Lärm, so läßt er sie erschreckt fallen (man kann aber auch nur ein weißes oder rothes Tuch unter das Nest breiten, so wirft er sie darauf, sobald er sie gebraucht hat.) Eine solche Springwurzel besaß der Hirt, ließ nun seine Thiere herumtreiben und folgte dem Fräulein. Sie führte ihn bei einer Höhle in den Berg hinein, kamen sie zu einer Thüre oder einem verschlossenen Gang, so mußte er seine Wurzel vorhalten und alsbald sprang sie krachend auf. Sie gingen immer fort, bis sie etwa in die Mitte des Bergs gelangten, da saßen noch zwei Jungfrauen und spannen emsig; der Böse war auch da, aber ohne Macht und unten an den Tisch, vor dem die beiden saßen, festgebunden. Ringsum war in Körben Gold und leuchtende Edelsteine aufgehäuft und die Königstochter sprach zu dem Schäfer, der da stand und die Schätze anlusterte: „nimm dir, so viel du willst.“ Ohne Zaudern griff er hinein und füllte seine Taschen, so viel sie halten konnten und wie er, also reich beladen, wieder hinaus wollte, sprach sie: „aber vergiß das Beste nicht!“ Er meinte nicht anders, als das wären die Schätze und glaubte sich gar wohl versorgt zu haben, aber es war das Spring-Wort[1]. [13] Wie er nun hinaustrat, ohne die Wurzel, die er auf den Tisch gelegt, schlug das Thor mit Schallen hinter ihm zu, hart an die Ferse, doch ohne weitern Schaden, wiewohl er leicht sein Leben hätte einbüßen können. Die großen Reichthümer brachte er glücklich nach Haus, aber den Eingang konnte er nicht wieder finden.


  1. Der erzählende Schäfer brauchte ganz gleichbedeutend die Spring-Wurzel und das Spring-Wort wie im Gefühl von der alten Verwandschaft beider Ausdrücke.