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Die Tempelherren auf der Burg Lahneck

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Textdaten
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Autor: Heinrich Pröhle
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Titel: Die Tempelherren auf der Burg Lahneck
Untertitel:
aus: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten, S. 125–127
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1886
Verlag: Tonger & Greven
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Erscheinungsort: Berlin
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans eines Exemplares der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung Berlin, Signatur 19 H 104 auf Commons; E-Text nach Deutsche Märchen und Sagen
Kurzbeschreibung:
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[125]
Die Tempelherren auf der Burg Lahneck.

Südlich von Koblenz, gegenüber der Burg Stolzenfels, mündet die Lahn in den Rhein. Hier liegt auf dem rechten Ufer des Rheines die kleine Stadt Lahnstein. Neben ihr erhebt sich eine steile Felsenhöhe, auf welcher die Burg Lahneck steht. Man vermutet, daß Stolzenfels und Lahneck von demselben Baumeister zu beiden Seiten des Rheines geschaffen wurden. Wer aber dieser Baumeister auch sei, so hat er es jedenfalls verstanden, die Lage und die Verhältnisse, in denen er seine Burgen erbaute, gut zu benutzen, wodurch er ihnen dann zugleich eine verhältnismäßig nicht unbedeutende Wichtigkeit zu verleihen wußte.

Lahneck war eine mainzische Burg und diente zum Schutze des Rheinzolles. Man glaubt, daß sie aus der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts herrührt. Aus der Zeit kurz darauf stammt denn auch folgende geschichtliche Sage von Lahneck her.

Während der Kreuzzüge hatten sich die Ritterorden im gelobten Lande gebildet. Der Orden der Tempelherren war 1118 entstanden, um christliche Pilger zu pflegen. Er war immer mächtiger geworden, und seine Reichtümer waren beständig gewachsen. Allein nach einem fast zweihundertjährigen Bestehen hatten ihm im Jahre 1307 der Papst Clemens V. und der König Philipp der Schöne von Frankreich den Todesstoß versetzt. Ueberall[1] begann auch in Deutschland die Verfolgung der Templer. In [126] der Provinz Sachsen zeigt man zu Schlanstedt die rote Tempelherrnstube: man hatte sich nicht gescheut, zwölf Templer zu einem Gastmahle zu laden und dann in halber Trunkenheit gerade dann zu ermorden, als die nichts ahnende Tochter des verräterischen Burgverwalters, einem Winke ihres Vaters folgend, zu ihnen in’s Zimmer trat, um durch ihre Gegenwart die Geselligkeit noch mehr zu beleben. Zu den Würgeengeln, welche sich gegen die Tempelherren erhoben, gehörte auch der damalige Bischof von Mainz Peter Aichspalter, der sich dem Papste dafür dankbar zeigen wollte, daß dieser ihn vom Hausarzt eines luxemburgischen Grafen, was er bis dahin gewesen war, auf den erzbischöflichen Stuhl zu Mainz erhoben hatte.

Peter Aichspalter stellte den Tempelherren die Wahl zwischen Verbannung und Tod, aber hier wie überall war es für die Tempelherren schwer, eine neue Heimat zu finden, weil sie überall ausgewiesen wurden. An allen Orten mußten sie deshalb darauf denken, Schlupfwinkel ausfindig zu machen. Ein solcher Schlupfwinkel hat sich für die Tempelherren in der Altmark auf dem jetzigen kaiserlichen Jagdgute zu Letzlingen in der von Sümpfen umgebenen alten Linderburg gefunden, und auf mainzischem Gebiete wurde die Burg Lahneck als Zufluchtsort der letzten Tempelherren benutzt. Nachdem nämlich einige Tempelherren auf’s Gerathewohl in die Verbannung gezogen waren, andere aber ihren Orden abgeschworen hatten, warfen sich die letzten zwölf Tempelherren in die Burg Lahneck und schwuren sich einander zu, daß keiner die Burg lebend wieder verlassen wolle.

Als Peter Aichspalter diese Nachricht erhielt, geriet er in Wut und sandte seine Soldaten ab, um sie alle zwölf niederzuhauen.

Zwar wurde ihnen angeboten sich noch zu ergeben, doch wartete ihrer dann etwas anderes als der Tod durch Henkershand? Es wurde ihnen auch noch immer frei gestellt, ihren Orden abzuschwören, welchen sie ja doch durch ein sittenloses Leben und durch das Streben nach irdischen Reichtümern entweiht hätten. Aber daß sie das Gelübde des Gehorsams gegen ihren Ordensmeister, den sie auf das höchste verehrten, jemals gebrochen hätten, wagte niemand zu behaupten; dafür, daß sie nicht tugendhaft gewesen seien, verlangten sie Beweise; daß sie nach irdischen Schätzen getrachtet [127] hatten und reich an Gütern waren, lag allerdings auf der Hand; aber dies war ja eben der Grund, weswegen man sie überall aus dem Lande jagte oder gar hinrichtete. Kein Wunder daher, daß alle zwölf Tempelherren auch nach dieser Aufforderung ihren Orden zu verlassen, ihm treu blieben.

Gegen einen Heereshaufen wie dieser hätten sich die Tempelherren nun allerdings nicht lange halten können, wenn die Mainzer hätten damit anfangen dürfen, die Burg Lahneck in Brand zu stecken; aber sie hatten im Gegenteile die Weisung empfangen, die Burg so viel als möglich zu schonen. Es blieb daher den Soldaten des Erzbischofs nichts übrig, als mit den zwölf Tempelherren, unter denen sich sogar einige Grauköpfe befanden, so lange zu kämpfen, bis sie ermattet zusammensinken würden.

Als die Nacht hereinbrach, blies ein furchtbarer Sturmwind vom Rheine herauf, welchen der Schlachtruf der Mainzer nicht zu übertönen vermochte. Die Tempelherren aber nickten sich einander zu, und ihr Nicken allein schon enthielt das erneuerte Gelöbnis, zu kämpfen bis in den Tod. So kämpften sie denn auch die ganze Nacht hindurch, und beim hereinbrechenden Morgen schwang nur noch einer von ihnen das Schwert. Der ritterliche Anführer der Mainzer Truppen wandte sich jetzt von neuem an den letzten Tempelherrn und forderte ihn nochmals auf, sich zu ergeben. – Höhnisch verweigerte er die Annahme, weil er nicht glaubte, daß man das halten werde, was man ihm verspräche.

Erbittert durch die Herausforderung des einzelnen Mannes hieben die Mainzer Soldaten mit Macht auf ihn ein. Mit diesem einen Manne wurde noch gekämpft, als auf schaumbedeckten Rosse ein Bote des Erzbischofs heransprengte und verkündigte, der Kaiser selbst habe befohlen allen zwölf Tempelherren das Leben zu schenken.

„Mein Leben ist ein elendes Geschenk für mich, seit meine elf Brüder tot sind!“ rief der letzte Tempelherr aus. Von der Burgmauer herunter sprang er mitten unter die Mainzer Soldaten, schlug nach allen Seiten gewaltig um sich und empfing auch sogleich den Todesstoß. Auf dem Burghofe zu Lahneck liegen alle zwölf Tempelherren begraben.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Üeberall