Die Ursache des Einschlagens vom Blitze:§ 13

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§. 13.

Es sind noch einige Nebenanmerkungen zu erwägen. Die Zeigerscheiben aussen an den Thürmen, welche aus grossen kupfernen Platten zu bestehen pflegen, erfodern eine besondere Aufmerksamkeit. Denn, wenn sie nahe unter dem kupfernen Dache gelegen sind, und der Blitz aussen keine Ableitung hat, so springet er auf dieselben und wird durch die Axe des Zeigers inwendig in den Thurm nach der Uhr, von da durch die metallenen Dräthe nach den Glocken u.s.w. geführet. Eben so können auch die Glocken, welche an offenen Orten des Thurms hängen, durch die an ihren Hämmern befindlichen Ketten oder Dräthe, die Gewittermaterie herein leiten. Dieses ist oft der Weg eines Blitzes in einem Thurme gewesen, davon man nicht begreifen können, woher mitten im |[33] Gebäude eine und andere Beschädigung gekommen, weil aussen das metallene Dach u.s.f. unversehret war *). Bey unserm Nicolai Thurme aber, wo die Zeigerscheiben nebst der daselbst |[34] befindlichen Uhr mit dem Kupfer des Daches umgeben sind, so daß dieses noch einen Absatz tiefer herunter gehet, und die Stunden Glocken oben bey dem Glockenspiele in der Laterne hän|[35]gen, demnach zusammen in dem Bezirk des Daches eingeschlossen sind, (da hingegegen die Glocken, welche zum Läuten gebraucht werden, davon abgesondert im Thurme sich befinden,) |[36] hat man inwendig bey der Uhr und dem, was damit zusammenhänget, keine Beschädigung gespüret. Es war nämlich der Blitz aussen am Dache tiefer herunter geleitet worden, und hatte |[37] davon zu anderm nahen Metalle seinen Ausgang gefunden. Noch zuverläßiger würden demnach die von dem Ende des Daches mit Fleiß angebrachten und bis in die Erde geführten metalle|[38]nen Ableitungen den Weg des Blitzes nach innen verhüten. Solche müßten besonders bey den Thürmen, wo das Dach mit Frontons aufhöret, darin die Zeigerscheiben sind, mit den vier untersten Ecken des Kupferdaches, welche neben den Frontons herunter gehen, verbunden werden.

|[33]*) Es war vermuthlich eine gleiche Ursache, daß der Blitz in dem Marktthurm zu Hannover sowohl 1760. als 1761. nach der Uhr hinein gefahren; (dessen in den Hannöverschen Beyträgen 1760. N. 97. und 1761. N. 47. erwähnet wird) da aber die Spitze mit Kupfer gedecket ist, so war sie unverletzt geblieben. In der Dänischen Kirche in London, hatte der Blitz 1755. den metallenen Drath und die Kette, welche von dem Hammer der Glocke im Thurm zur Uhr gingen, zerrissen, und bey den zusammengefügten Gliedern geschmolzen, ohne weitern Schaden zu thun (Phil. Trans. Vol. XLIX. p. 298.[1]). Bey unserm Petri Thurme habe ich, dieser Betrachtung wegen, neulich die Spuren eines starken Wetterschlages aufgesuchet, davon derselbe 1737, nachmittags bey ziemlich heiterer Luft, und ohne vorhergegangenes Gewitter, getroffen wurde. An der hohen mit Kupfer gedeckten Spitze, welche eine Pyramide vorstellet, ward keine Beschädigung gefunden. Von der Thurmspitze scheinet der Blitz meistens aussen längst den häufigen an der Thurmmauer liegenden Ankern auf das nördliche kupferne Kirchendach gefahren zu seyn, davon er durch eine bleyerne Rinne gegen Nordosten herunter gekommen und die hölzerne Röhre, darin sie geleitet, war, zerschmettert hatte. An der südlichen Seite der Kirche war aber damals das Dach noch nicht mit Kupfer gedecket. Etwas von dem Strahle war auch inwendig in den |[34] Thurm hineingegangen und hatte einige wenige Beschädigung hinterlassen. Dazu hat mir die Uhr den Weg gezeiget. Die Thurmmauer endiget sich nämlich an allen vier Seiten mit einem hohen gotischen Fronton[2], um welchen das kupferne Dach der achteckigten Spitze sich zusammenschliesset. In der Mitte dieser Frontons (gegen Süden, Westen und Norden) sind die Zeigerscheiben: in dem obern Winkel des südlichen hänget auch unter einer ausgebauten Bedeckung die Stundenglocke, und unter diesem Fronton in einem freyen Gehäuse das kleine Glockenspiel, welches von der Stundenuhr getrieben wird. Es konnte demnach die Materie des Blitzes entweder von den Glocken, durch die metallenen Dräthe an den Hämmern, oder von den Zeigerscheiben, durch die Zeigerstangen, welche von der Uhr herkommen, in die Uhrkammern fahren. In deren öbern fand man zwar keine Beschädigung: es gehen aber von da metallene Dräthe zur zweyten, und es war damals noch eine untere in dem Boden, wo das grosse Glockenspiel ist, von welcher die metallenen Drähte zu den Halbstundenglocken, welche aussen bey dem kleinen Glockenspiel hangen, geleitet waren. Nun fand man an dem Boden der zweiten Uhrkammer ein Loch, vermuthlich bey einem Nagel in ein Brett geschlagen, und auch daneben, nicht weit von den heruntergehenden Dräthen, ein Stück Holz abgesprenget. Von der untern konnte der Blitz auf |[35] die grossen Läutglocken springen und sich darinn vertheilen. Ich finde, daß er an einem Sparren auf einen Anker, welcher der nächste unter der grösten Glocke ist, gefahren: denn da an diesem Sparren weiter unten ein Paar eiserne Bänder umher, und sodann wieder ein Anker, angelegt sind; so war in dem Zwischenraume dieser Eisen der Sparren durch den Schlag abgesplittert, und einer der eisernen Bänder vom Holze abgebogen worden. Daß dieses der Weg des Blitzes gewesen, wird dadurch noch wahrscheinlicher, weil 1705. den 30sten Aug. als gleichfals ein Wetterstrahl auf den Thurm gefallen, derselbe Sparren in eben dem Zwischenraume der Eisen, nur auf der anderen Seite, beschädiget worden. Damals aber waren zugleich die eisernen Dräthe, welche von dem erwähnten frey hängenden kleinen Glockenspiele zur Uhr gehen, zerrissen und geschmolzen worden. – Ferner habe ich nun auch untersucht, wie der Blitz 1760. in die Altonaer Kirche gekommen, ohne daß aussen einige Beschädigung zu spüren gewesen. Die Spitze des Thurms ist mit Kupfer gedecket, und in einer Laterne derselben hänget die Stundenglocke. Unten an dem kupfernen Dache, gleich über dessen Frieß- und Stabgesimse, sind die Zeigerscheiben. Hernach folgt die unmittelbar auf der Mauer ruhende Kuppel des Thurms: diese ist mit Schindeln, und das Dach der Kirche selbst mit glasurten Dachziegeln beleget. Hier|[36]war also keine Ableitung nach aussen: von der Glocke aber konnte die Gewittermaterie gleich zur Uhr kommen, und sich in alles daran stossende Metall vertheilen. An dem Eingange der Zeigerscheiben in den Thurm findet sich keine Spur, daß etwas versenget sey. Es gehet aber von der Uhr im Thurm eine andere Stange herab, welche den Zeiger an einer kleinen Scheibe in der Kirche über der Orgel regieret, dahin sie durch den vergipsten Boden und zwischen die Orgelpfeiffen durchgeführet ist: imgleichgen kömmt daselbst ein metallener Drath herunter, welcher zu einer Glocke bey dieser Stundenscheibe gehet. Da, wo die Stange, welche eines kleinen Fingers dick ist, und der dünne Drath in der Kirche hervorkommen, ist das Gipswerk umher schwarz. Von da konnte also ein Theil der Gewittermaterie, wie oben (§. 10. not. *) beschrieben, sich in den eisernen Drath unter der Gipsdecke vertheilen: das übrige fuhr in die metallene Orgelpfeiffen, davon viele geschmolzen und sonst beschädiget worden. Auch war hie und da die Vergoldung an der Orgel angegriffen und die hölzerne Verkleidung theils schwarz geworden, theils zerschmettert. Von der Orgel konnte der Blitz an den eisernen Stangen, darauf sowohl das Orgelgerüste als der darunter befindliche Balcon (in dessen Vergipsung sich ebenfals die Spuren bey dem eisernen Drathe fanden) ruhet, herunter kommen. Bei der Rostocker Jacobi|[37]kirche, welche neulich vom Blitze getroffen worden muß der Zeiger an dem Zifferblatte in der Kirche auf gleich Weise, als in der Altonaerkirche, mit der Uhr im Thurme zusammenhängen; da aber hier die Zahlen schwarz auf weissem Grunde gemahlt sind, so muß jene Scheibe vergoldete Zahlen haben. Laut einer (im Hamb. Correspond. 1768. N. 58. eingerückten) Nachricht, „ist in dortigen Thurm das Gewitter seit sechs Jahren schon dreymal geschlagen.“ Es hat vorher nicht gezündet: aber jedesmal eine Zahl auf der Stundenscheibe unten in der Kirche, und zwar die, worauf eben damals der Zeiger gewiesen, geschwärzet und ausgelöschet, das erstemal nämlich die XI., das zweytemal die IX. und letzlich die XII. – Der Zeiger hat vermittelst eines starken eisernen Draths mit der Stundenglocke oben im Schallthurm Communication.“ Man urtheilet daraus mit Recht, der Blitz habe von oben herab bis zum Zeiger in der Kirche fortlaufen können. Es aber ein Irthum, wenn man eine besondere Ursache in dem eisernen Zeiger suchet, weswegen der Blitz auf den Thurm gefallen sey, „es müsse der Zeiger (dem Ausdruck nach) elektrisch seyn,“ und meinet, ein meßingener an seiner Stelle würde die Gewittermaterie weniger anlocken, so wie man bey unserm Petri Thurme sich vorgestellet hatte, die Schuld müsse in dem Sparren stecken, der zweymal vom Blitze getroffen worden, da vielmehr durch|[38]eine Ableitung des Blitzes nach aussen die Anhäufung an dem Metalle in dem Thurme zu verhindern wäre. – An den Zeigerspindeln selbst, wenn sie aus einer Stange bestehen, wird man zwar nicht leicht eine Beschädigung finden, wenn gleich ein ziemlich starker Blitz dadurch geleitet worden. Indessen zeigten sich bey einem Thurme zu Southmolton in England deutliche Spuren, daß der Blitz diesen Weg nach der Uhr genommen, (wiewohl in der Beschreibung, Phil. Trans. Vol. XLVII. p. 330. erzehlt wird, als ob er von unten den Thurm hinauf gegangen). Die grosse eiserne Zeigerspindel, welche von der Uhr zur Zieferscheibe an der Südseite des Thurms ging, 50 Fuß lang war, und aus verschiedenen mittelst viereckigter Hülfen ineinander geschobenen Theilen bestand, war durch den Wetterschlag aus einander gerissen und sehr verbogen worden. Der Strahl hatte auch an den Glocken und den daran befindlichen eisernen Dräthen verschiedenen Schaden verursachet.

Anmerkungen (Wikisource)[Bearbeiten]

  1. Phil. Trans. Vol. XLIX. p. 298. – Gustavus Brander: An Account of the Effects of Lightning in the Danish Church, in Wellclose-Square. By Gustavus Brander, Esq; F. R. S. in: Philosophical Transactions 52 (1761/62), S. 298–299.
  2. Fronton – von frz. le fronton, Giebel oder Giebeldreieck.