Die gezeichnete Stirne
Die gezeichnete Stirne.
„Weib, verrathe mir, von wem gerufen
Du zur Leidgesellin dich gegeben?
Wer herunter dieses Kerkers Stufen
Dich gezogen, du mein süßes Leben?“
Mich vermocht im Kerker zu verbleichen!
Nein, ein Schicksal war mir eingegraben,
Meine junge Stirne trug ein Zeichen.
Unsre Väter nahmen dich gefangen
Dass du nimmer wirst ans Licht gelangen,
König Enzio mit den Ringelhaaren!
Daß du nimmer tragen eine helle
Rüstung wirst, wo die Drommeten klingen,
Hörst, noch einen freien Vogel singen!
Und wir Kinder lauschten sachte, sachte
Durch das Gitter in des Kerkers Tiefe,
Leis und heftig streitend, ob Er wachte
Drinnen lagst du schlummernd, wie mir deuchte,
Blickte … blickte, war nicht wegzuweisen,
Bis der Wächter drohend mich verscheuchte.
Schlug die Hände jammervoll zusammen:
„Kind, wer hat dir in die Stirne“ – fragte
Sie – „gezeichnet dieses Kreuz von Flammen?“
Hieß mich dann in ihren Spiegel schauen –
Eingezeichnet über meinen Brauen
Waren deines Kerkers Eisenstäbe!
Außen wich das Zeichen; aber innen
Blieb’s, da ich zur Maid erwuchs, geschrieben –
Dich und deinen Kerker nur zu lieben.