Ein Hexenmal bei Heiligenstein

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Autor: Curt Mündel
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Titel: Ein Hexenmal bei Heiligenstein
Untertitel:
aus: Volkstümliches aus dem Elsasz, in: Alemannia, Band XII, S. 102–103
Herausgeber: Anton Birlinger
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1884
Verlag: Adolph Marcus
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Erscheinungsort: Bonn
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Quelle: Google-USA*, Commons
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[102] 2 Ein Hexenmal bei Heiligenstein[1]

Von einer Magistratsperson aus Barr, gleich unfähig sich einer Täuschung hinzugeben, als auch andere zu täuschen, habe ich folgendes vernommen. Am 16. October 1716 ward ein Schreiner, Bürger des benachbarten Dorfes Heiligenstein, um 5 Ur des Morgens in Barr auf den Speicher eines Küfers aufgefunden. Der Küfer war hinaufgestigen um Werkholz für den Tagesgebrauch zu holen. Als er die Türe öffnete, die von außen verrigelt war, erblickte er einen Mann, der auf dem Gesichte ligend lang hingestreckt in tiefem Schlafe dalag. Geweckt und gefragt, was er da mache, antwortete der Schreiner, den man übrigens kannte, mit größtem Erstaunen, daß er nicht wiße, weder durch wen, noch wie er hierhergelangt sei. Nicht zufriden mit diser Auskunft und in der Meinung, der Mann wäre da, um etwas zu stelen, ließ in der Küfer vor den Amtmann füren. Im Verhöre sagte er offenherzig aus: er habe sich um 4 Ur des Morgens von Heiligenstein nach Barr auf den Weg gemacht. Unterwegs habe er plözlich auf einem schönen Rasenplaze ein prächtiges Fest gewart, eine reich geschmückte Gesellschaft habe sich bei glänzender Beleuchtung an reich besezter Tafel und an ausgelaßenem Tanzen vergnügt. Zwei Frauen aus Barr hätten in eingeladen, sich unter die Gesellschaft zu mengen. Er sezte sich an die Tafel und ließ sich das leckere Mal wol schmecken. Nach kaum einer Viertelstunde rief einer der Gäste: Rasch, rasch! Er fülte sich sanft in die Höhe gehoben und one zu wißen wie auf den Speicher des Küfers versezt. –

Diß war die Aussage vor dem Amtmann. Sonderbar dabei war, daß die beiden Frauen, die in zum Feste eingeladen hatten, sich nach kaum beendeter Aussage des Schreiners jede in irem [103] Hause erhängte. Auf weitere Nachforschung verzichtete die Obrigkeit, da in die Untersuchung villeicht die Hälfte der Einwonerschaft verwickelt worden wäre.

Dom Augustin Calmet, Dissertations sur les apparitions des esprits et sur les vampires ou les revenans de Hongrie de Moravie etc. Einsidlen. 1749. p. 142.

Anmerkung. Der Hexenglaube ist auch jezt noch tief eingewurzelt im Elsäßischen Volke. So ist mir in Hägen bei Zabern eine alte unverheiratete Frau bekannt, die im Rufe einer Hexe stet, und allgemein gemiden ein trauriges Leben füren muß.


  1. Brief des Herrn G. P. R. vom 5. October 1746.