Zum Inhalt springen

Ein Jahrhundert Turngeschichte

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: ***
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Ein Jahrhundert Turngeschichte
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 20, S. 334–336
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[334]
Ein Jahrhundert Turngeschichte.

Es war am Abend des 1. Juni 1785, als in die seit kurzem eröffnete Salzmannsche Erziehungsanstalt zu Schnepfenthal ein junger Theologe aus Quedlinburg kam. Er hatte zwei Zöglinge bei sich, einen sechs- und einen zehnjährigen Knaben, die er in der Anstalt unterbringen sollte – und wie er nun so dem Leiter derselben, dem vielverehrten Meister der Erziehungskunst Christian Gotthilf Salzmann, gegenüberstand, da knüpfte sich rasch und unsichtbar ein Band zwischen den beiden Männern, das sich im Leben nicht mehr lösen sollte. Die gleichen Seelen schlossen sich voreinander auf, aneinander an, der geweckte geistige Ausdruck der beiden Jungen trug das Seinige dazu bei – kurz, das Ende vom Liede war, daß Salzmann den jungen Hauslehrer aufforderte, bei ihm zu bleiben und sein Gehilfe zu werden. Und so geschah es auch.

Der Quedlinburger Theologe war Johann Christoph Friedrich GutsMuths, damals ein 26jähriger Mann, denn er theilte sein Geburtsjahr mit Friedrich Schiller; und seine zwei Schutzbefohlenen waren Söhne des Leibarztes der Aebtissin von Quedlinburg, Dr. Friedr. Wilh. Ritter; Johannes hieß der ältere, Karl der jüngere, und dieser letztere war kein anderer als der später so berühmt gewordene Geograph.

Vierundfünfzig Jahre hat nun GutsMuths an der Schnepfenthaler Anstalt gewirkt, durch seine Vermählung mit einer Nichte des Begründers bald noch enger mit ihr verknüpft. Und neben verschiedenen anderen Unterrichtsfächern, unter denen die Geographie einen bevorzugten Platz einnahm, war es insbesondere die Leitung der Leibesübungen, die GutsMuths oblag.

Den Werth der Leibesübungen für die Erhaltung des Gleichgewichts zwischen Körper und Geist hatten manche Reformatoren des Unterrichts in damaliger Zeit wohl erkannt. Auf den „Philanthropinen“ zu Marschlins, Heidesheim und Dessau waren einzelne Uebungen in den Lehrplan aufgenommen, und die Dessauer Anregungen Basedows lebten in Salzmann weiter. Der erste aber, der mit methodischer strenge und Gründlichkeit das Turnen gleichsam in ein System brachte, das war GutsMuths, und nach achtjähriger Arbeit auf dem eichenbeschatteten Turnplatze von Schnepfenthal veröffentlichte er 1793 das erste deutsche Turnbuch. „Gymnastik für die Jugend. Enthaltend eine praktische Anweisung zu Leibesübungen. Ein Beitrag zur nöthigsten Verbesserung der körperlichen Erziehung, von GutsMuths, Erzieher zu Schnepfenthal“ – so lautete der nach alter Sitte etwas umständliche Titel, vorgedruckt aber war dem Buche das Motto:

„Ihr lehrt Religion, ihr lehrt sie Bürgerpflicht,
Auf ihres Körpers Wohl und Bildung seht ihr nicht!“

Hundert Jahre sind seitdem dahingegangen, gewaltige Stürme haben die Welt durchfegt, mächtige Fortschritte auf allen Gebieten des Wissens und Könnens sind zu verzeichnen – und doch ist fast alles das, was GutsMuths von dem Einzelnen, vom Hause, von der Schule verlangte, noch heute wahr und richtig; allein nur zum kleinsten Theil ist es in den Codex unseres erziehlichen Lebens übergegangen, noch harrt das Meiste der Erfüllung, und es bedarf der Mitarbeit aller ernsten Jünglinge und Männer, wenn wirklich das Ziel erreicht werden soll, welches GutsMuths anstrebte, daß in den breiten Massen unseres Volkes „eine gesunde Seele im gesunden Körper“ wohne.

Das Buch von GutsMuths hat seinerzeit eine mächtige Wirkung ausgeübt – es traf den wunden Fleck in der Erziehung der Jugend, und Schnepfenthal wurde der Wallfahrtsort für alle, die Herz und Sinn für eine Besserung hatten. Wie es oft im Leben geschieht, fand der Prophet die meiste Anerkennung zuerst außerhalb des Vaterlandes. In Dänemark wurden von Staats wegen seine Ideen in die Schulen eingeführt, und die frühzeitige Entwicklung der leiblichen Uebungen in Schweden ist ebenfalls auf GutsMuths’ Anregung zurückzuführen. 1796 schrieb GutsMuths zur Ergänzung seines ersten Werkes „Spiele zur Uebung und Erholung des Körpers und Geistes, für die Jugend, ihre Erzieher und alle Freunde unschuldiger Jugendfreuden“, ein „Lehrbuch der Schwimmkunst“ folgte 1798, und 1804 erschien, ganz umgearbeitet und bedeutend erweitert, die zweite Auflage der „Gymnastik für die Jugend“.

Noch aber fehlte der starke Geist, der es verstand, die Lehren der alten Griechengymnastik und die Anregung, welche von GutsMuths ausging, der Gesamtheit des deutschen Volkes zu vermitteln. Und dieser starke Geist war Friedrich Ludwig Jahn. „Was mir unmöglich wurde,“ schreibt GutsMuths, „gelang späterhin dem kräftigen Jahn. Er trug 1810 die wiedererweckte Gymnastik nach Berlin – dem Wackeren fügte sich die glückliche Stunde, ihm gebührt das große Verdienst der unmittelbaren Einführung der gymnastischen Uebungen, denen er den Namen Turnübungen gab, in die (damals) zweite Stadt des deutschen Landes und eben dadurch in viele andere Orte.“ 1811 eröffnete Jahn den Turnplatz in der Hasenhaide bei Berlin – in der Zeit der tiefsten, schier hoffnungslosen Erniedrigung des deutschen Volkes, unter der Faust des Korsen wollte er ein neues starkes Geschlecht heranziehen helfen zur Befreiung des Vaterlandes! Ernst und Zucht im Bunde mit feuriger Begeisterung herrschten auf dem Turnplatz, von dem die Jünger hinauszogen ins Land, allenthalben neue Turnstätten zu gründen. Und als die Stunde der Erhebung kam, als Friedrich Wilhelm III. sein Volk aufrief, da zog von den Turnern mit ins Feld, was nur die Wehre tragen konnte. Unter allen ragt Jahns treuer Arbeitsgenosse Friedrich Friesen aus Magdeburg hervor, „ihn hätte,“ schreibt Jahn, „im Kampfe keines Sterblichen Klinge gefällt, von welscher Tücke fiel er bei düsterer Winternacht durch Meuchelschuß in den Ardennen“. Auf Jahns Zureden und auf Verlangen der Aerzte blieb Ernst Eiselen mit schwerem Herzen als Leiter der Turnsache in Berlin zurück – mit ihm gab Jahn 1816 „Die deutsche Turnkunst“ heraus, die das ganze Gebiet der Leibesübungen, zum ersten Male auch Reck [335] und Barren mit umfaßte und Regeln und Gesetze für Einrichtung und Leitung der Turnplätze aufstellte. Auch GutsMuths erschien mit einer neuen Schrift auf dem Plane. Sein „Turnbuch für die Söhne des Vaterlandes“ (1818) brachte die nationale Bedeutung des Turnens besonders auch als Vorschule für den Wehrdienst zur Geltung.

Aber dem frischen Turnerleben, das sich damals entwickelt hatte, war nur eine kurze Blüthezeit beschieden. Die Diplomaten, die in Wien unter Metternichs Führung die Früchte der Freiheitskämpfe, die „Wiedergeburt eines ehrwürdigen Deutschen Reiches“ zu nichte machten, sahen mit Mißtrauen auf das Treiben der Turner und auf „den Jahn, der die höchstgefährliche Lehre von der Einheit Deutschlands erfunden hatte“. Die Gründung der Burschenschaft, das Wartburgfest mit seiner Verbrennungsscene regten die ängstlichen Regierungen noch mehr auf und die Ermordung Kotzebues durch Sand am 23. März 1819 gab den letzten Anstoß – Jahn wurde am 13. Juli 1819 verhaftet, die Turnplätze wurden geschlossen, die Burschenschaft aufgehoben und die Demagogenhetze auf alle, die für Turnen, Burschenschaft und Vaterland eingetreten waren, begonnen. Nach vier langen Jahren ward der in Colberg internierte Turnvater zu zweijähriger Festungshaft verurtheilt. Auf seine „Selbstvertheidigung“ sprach ihn das Oberlandesgericht zu Frankfurt a. d. O. 1826 völlig frei, – aber der König bestimmte, daß Jahn weder in Berlin und dessen Umkreis von 10 Meilen, noch in einer Universitäts- oder Gymnasialstadt sich aufhalten dürfe, und daß er unter polizeilicher Aufsicht bleiben solle. So war er zur Unthätigkeit verdammt. Nur der treue Eiselen arbeitete in Berlin für das Turnen weiter, so gut es möglich war, doch erst 1826 durfte er einen „Fecht- und Voltigiersaal für die Studierenden“ und Jahre später eine Privatturnanstalt eröffnen.

Indessen, durch Polizeierlasse und Kabinettsbefehle war die gute Sache nicht tot zu machen. Immer wieder tauchten, besonders aus den Kreisen der Erzieher und Aerzte, Stimmen auf, welche die Aufnahme der Leibesübungen in den Kreis der Lehrfächer verlangten. Besonders Lorinsers Flugschrift „Zum Schutze der Gesundheit in den Schulen“ rüttelte die Geister auf, und mit der Thronbesteigung Friedrich Wilhelms IV. schlug auch für die Turner endlich die Stunde der Erlösung. 1842 ward durch das preußische Kultusministerium die Nothwendigkeit der Leibesübungen für die Jugenderziehung anerkannt. Freilich, vom erlösenden Worte auf dem Papiere bis zur umfassenden Einführung des Turnens in den Schulplan war noch ein weiter Weg. Erst nachdem das deutsche Turnvereinswesen festen Boden gewonnen hatte, nach 1860, und nachdem von allen Seiten die Wortführer der Sache mit Denkschriften und Mahnungen hervorgetreten waren, fingen die Einzelstaaten an, Ernst zu machen. In Preußen, Sachsen, Württemberg u. a. wurde das Turnen in den Schulplan aufgenommen, und heute ist wohl kein deutscher Staat damit mehr ganz im Rückstand, wenn auch noch viel zur vollständigen Durchführung fehlt. Ueberall, besonders auf dem platten Lande, läßt man noch viele Ausnahmen zu – staatliche und Gemeindeturnhallen, Turn- und Spielplätze giebt es im Verhältniß immer noch zu wenig und vielfach fehlt bei dem Unterricht der rechte Feuereifer, der hervorgeht aus der Ueberzeugung, daß, indem wir eine starke gesunde Jugend erziehen, wir dem Vaterland, der Menschheit dienen!

Auch das turnerische Vereinsleben trieb im Anfang der vierziger Jahre wieder die ersten Knospen; im sächsischen Vogtland, in Württemberg, am Rheine, später in Dresden und Leipzig wurden Turnvereine gegründet und die ersten Versuche zu einer ganz Deutschland umfassenden Organisation gemacht. Der einzige Verein, der seit der Zeit nach der Völkerschlacht bei Leipzig sich erhalten hatte, war die Hamburger Turnerschaft von 1816. Aber wie die Turnsache jahrelang von der Metternichschen Politik verdächtigt worden war, so wurde sie jetzt in natürlichem Rückschlag gerade von den Männern gefördert und gepflegt, die an der Spitze der politischen Reform- und Revolutionsbewegung standen. Noch fehlten damals der Sache die rechten Führer, die es verstanden hätten, sie hoch über dem Treiben der Parteien zu erhalten, und so fiel der gewaltige Aufschwung, den die Turnerei 1848 und 1849 fast Hand in Hand mit der politischen Bewegung genommen hatte, wieder in sich zusammen. Der politische „Demokratische Turnerbund“ und der unpolitische „Allgemeine deutsche Turnerbund“, die man gegründet, waren totgeborene Schöpfungen. In Frankfurt, Dresden, in Baden kämpften Turner auf den Barrikaden – Grund genug, von Neuem zu einer Unterdrückung der Turnvereine zu schreiten, und nur wenige Vereine, die sich ganz tadellos gehalten hatten, überlebten die neue Turnsperre und hielten Wacht auf eine bessere Zeit. Sie mußte kommen und sie kam. Die tausend deutschen Turner, die 1860 am Jahrestag der Schlacht von Belle-Alliance auf den Ruf zweier schwäbischen Turner, namentlich Theodor Georgiis, des späteren langjährigen Vorsitzenden der Deutschen Turnerschaft, unter dem Schutze Herzog Ernsts in Koburg zum ersten deutschen Turn- und Jugendfest zusammentraten, sie verkündeten den Frühling einer neuen Zeit. In Koburg und ein Jahr später in Berlin gab es noch heiße Kämpfe mit den politischen Drängern, die mehr beschließen wollten, als damals zu erringen war. In Leipzig zogen 1863, 50 Jahre nach der Leipziger Schlacht, schon 20.000 Turner zum dritten deutschen Turnfest ein, das von einer so übermächtigen Begeisterung getragen war, daß es sogar den Herrn von Beust zwang, sich vor dem Gedanken an ein einiges großes deutsches Vaterland zu beugen! Es war damals eine Zeit, in welcher es bis in die höheren Stände hinauf Ehrensache, vielleicht auch Mode war, Turner zu sein. Doch ehe noch das Reich erstanden war, kam auch schon der Rückschlag. Das Strohfeuer erlosch rasch, aber die Treuen blieben doch. 1868 wurde in Weimar der Vereinigung der deutschen Turner auch die äußere Form gegeben und der Bund mit den deutsch-österreichischen Turnern unter Genehmigung der österreichischen Regierung fest geschlossen. Die „Deutsche Turnerschaft“ war gegründet und ein neues Leben begann.

Und dann kam die große Zeit, da die deutschen Scharen nach Frankreich zogen, um dort mit „Blut und Eisen“ das Reich zu gründen. Wieder wie 1813 wurden die Turnplätze leer, die Turnhallen wurden zu Lazarethen, und die Turner zogen, wenn nicht als Kämpfer, so doch als Krankenträger und Krankenpfleger mit ins Feld. Und seit der Zeit, da Jahns „höchst gefährliche Lehre von der deutschen Einheit“ sich im jungen Deutschen Reich verkörpert hat, ist der Segen bei der Turnsache geblieben. Gefestet und in Eintracht verbunden zählt die Deutsche Turnerschaft jetzt fast 5000 Vereine mit einer halben Million Mitgliedern. In 17 Kreise, deren fünfzehnten Deutsch-Oesterreich bildet, ist das Turnerreich getheilt, an der Spitze eines jeden Kreises steht ein Kreisvertreter, und die Fäden von überall her laufen zusammen in der Hand des Vorsitzenden und des Geschäftsführers. Die großen deutschen Turnfeste in Frankfurt a. M. 1880, Dresden 1885 und München 1889 haben Zeugniß abgelegt, daß die Turnsache im Geiste ihrer Schöpfer, eines GutsMuths, eines Jahn, mit Fleiß und Treue gepflegt wird. Die Deutsche Turnerschaft hat die „Jahnstiftung“ für Turnlehrer und deren Witwen und Waisen gegründet, sie hat eine „Stiftung für Errichtung deutscher Turnstätten“ geschaffen, aus der unbemittelte Vereine Unterstützung zur Erbauung von Turnhallen erhalten, im Archiv der Deutschen Turnerschaft wird die gesamte turnerische Litteratur gesammelt, in Gau-, Bezirks- und Kreisvorturnerstunden wird unermüdlich für Ausbildung tüchtiger Lehrkräfte gesorgt. Hand in Hand mit der Turnerschaft arbeiten die deutschen Turnlehrer an der Vervollkommnung des deutschen Schulturnens, und Tausende von Turnern treten alljährlich wohlvorbereitet in das Heer ein, um dem Vaterland zu dienen – kurz, am Schlusse des ersten Jahrhunderts deutschen Turnerlebens ist das Werk der Meister zu herrlicher Blüthe gelangt!

In GutsMuths’ stilles Leben zu Ibenhain, wo er seit seiner Verheirathung wohnte, warfen die Stürme der Turner- und Demagogenverfolgung ihre Wogen nicht hinein. In Schnepfenthal wurde auch nach 1819 ruhig weiter geturnt, und unbehelligt leitete GutsMuths in den Vormittagsstunden von 11 bis 12 Uhr den Turnunterricht, in den späteren Nachmittagsstunden das Schwimmen der Schüler. Und als man am 1. Juni 1835 sein fünfzigjähriges Wirken an der Anstalt durch ein kleines Fest feierte, da richtete es Salzmann – der Sohn und Nachfolger des Gründers – in sinniger Weise so ein, daß der Zug, welcher den Jubilar von seiner Wohnung abholte, ihn zuerst auf den alten wohlbekannten „gymnastischen Platz“ führte, wo die Zöglinge unter seiner Anleitung einige Uebungen ausführten. „Welche hohe Gnade des Himmels,“ schrieb er nach diesem Feste an seinen einstigen Schüler Karl Ritter, damals längst Professor an der Berliner Universität, „daß ich hier wie vor fünfzig Jahren noch kräftig, gewandt wie in alter Zeit über die lustige Jugend walten konnte.“

Die Leitung der Turnübungen gab der sechsundsiebzigjährige [336] Greis nun allerdings nach jenem Feste an zwei jüngere Lehrer ab. Doch unterrichtete er in wissenschaftlichen Fächern noch weiter, und erst mit Ostern 1839 legte er auch diese Thätigkeit nieder. Er hatte ausgeharrt bis zum Letzten; kaum zwei Monate später, am 21. Mai, ging er zur ewigen Ruhe ein.

Jahn, den man zu früh für seinen reichen Geist und seine Schaffenskraft lahmgelegt hatte, erlebte noch den Vorfrühling des deutschen Volksthums im Jahre 1848, aber was er erstrebt, ein wirklich einiges Volk, das für Kaiser und Reich einträte, das fand er nicht. Das Treiben der Parteien, deren äußerste in fanatischer Unzufriedenheit und Wildheit ihm sogar ans Leben wollte, ekelte ihn an. In körperlicher und geistiger Frische legte er nach kurzer Krankheit am 15. Oktober 1852 zu Freiburg a. d. U. den Wanderstab nieder. Auf seinem Grabe errichteten die dankbaren deutschen Turner 1859 ein Grabdenkmal, das eine Büste von Schillings Meisterhand ziert, und noch in diesem Jahre wird sich an derselben Stelle über dem Denkmal ein Ehrenbau wölben, dessen rückwärts liegender Theil eine Turnhalle bildet, während der ganze in den Besitz der Stadtgemeinde übergegangene alte Begräbnißplatz zum Turn- und Spielplatz werden soll. So wird über seinem Grabe fort und fort ein frisches fröhliches Turnerleben blühen, ein Anblick, so recht nach dem Herzen des toten Meisters! ***