Einige Anmerkungen zu dem Plan einer Anstalt zu Versorgung der Wittwen
2) Man kann also bey Fertigung eines Plans nicht vorsichtig genug zu Werke gehen; auch bey der größten Vorsicht werden sich in der Folge Mängel zeigen, die dem Verfasser anfangs entschlüpft sind. Die Ursache ist, weil solche Institute bloß auf Wahrscheinlichkeiten und Zufällen beruhen, welche Revolutionen der Zeiten sehr verändern.
3) Ich wage es diesem Plan einige Zweifel entgegen zu stellen, welche ihm, nach meiner wenigen Einsicht, keine lange Dauer zu versprechen scheinen, wenn er zu Stande kommen sollte.
4) An alle dem, was von S. 131 bis 134 steht, habe ich nichts auszusetzen; finde es auch sehr gut, daß der einsichtsvolle Herr Verfasser seiner Gesellschaft genau vorgezeichnete Gränzen setzt. Denn eben das| Unbegränzte hat schon manche solche Anstalt ruinirt.5) Wider die Classificirung im Ganzen habe ich auch nichts einzuwenden, nur würde ich zu bedenken geben: ob sie in Rücksicht auf die Personen proportionirt genug ist? ob der Ritterbote das aufzuwenden im Stande ist, was der Consulent aufwenden kann?
Die ersten 6 Classen sind gut, aber die VII und VIII Classe würden gewiß der Anlage zum Schaden gereichen, besonders wenn gg, hh, ll, mm, nn, qq, sich vorfinden sollten. Es sind aber zum Glück sehr seltene Fälle, besonders qq.
Sollte es in den löblichen XIV Ritter-Cantons wohl viele Pfarrer, Schulmeister, Jäger, Ritterboten etc. geben, welche die Antritts-Gelder zur V, VI, besonders zur VII und VIII Classe zu leisten fähig – aber doch der Hülfe für ihre Wittwen sehr bedürftig wären? Wenn indessen eine Wittwe so viel Gehalt bekommen soll, als die andere, so muß einer einlegen, was der andere.
6) mit N. 7, S. 139 bin ich auch ganz einverstanden, aber N. 8, S. 139 halte ich für viel zu gering, wenn des Herrn V. Theller à 400 fl. für die Person herauskommen soll.| S. 140, N. 9, 10, 11 und 12, alles sehr schön und gut; aber vor N. 13, S. 142, wird sich die Casse gewiß nicht zu fürchten haben, der Überschuß wird gut zu zählen seyn. N. 14, ist sehr herrlich und menschenfreundlich, und wäre es gut, wenn es viele bedächten. Auch habe ich von S. 143-150 gar nichts auszusetzen.7) Aber S. 150 kommt ein Rechnungs[-]Formular, welches die Idee des Herrn V. näher aufklärt, und manches zu bedenken gibt.
α) Das Vermögen des Instituts ist auf 20,000 fl. angenommen, ich setze zum Voraus, daß dieses aus den Eintrittsgeldern erwachsen ist, welches die 700 Mitglieder, welche die Gesellschaft ausmachen, zusammengeschossen haben, und dieser Fond ist auch nicht zu hoch, ein Mitglied kommt zwischen 28-29 fl. so viel kommt gewiß von den 8 Classen, eine in die andere gerechnet, zusammen, wenn es 700 Mitglieder sind.
β) Ob aber in allen Cantons 4 bis 5 p. C. fallen werden? daran zweifle ich sehr, im Odenwald und Kocher gewißlich nicht aller Orten, wenn das Geld sicher stehen soll. Indessen es mag gut seyn.
| γ) Die 1400 fl. jährlicher Beytrag von 700 Mitgliedern sind sicher billig, und nach meinem Ermessen – nur zu wenig. Der Calcul hätte also seine Richtigkeit.Dieses ist keine idealische Chimäre; es ist res facti. Ich bin selbst ein Mitglied von der Deputation einer solchen Wittwen-Verpflegungs-Gesellschaft, welche nun 13 Jahre stehet, und bis jetzt in guten Umständen ist; unsere Gesellschaft ist für das Jahr 1793 stark 290 Mitglieder und wir haben 25 Wittwen und Waisen zu versorgen.
Wenn das weibliche Geschlecht eine gewisse gefährliche Periode überstanden hat, so lebt es gewöhnlich länger, als das männliche.
Erst nach 80 Jahren werden die beyden Geschlechter in der Zahl der Lebenden einander wieder so ziemlich gleich; zwischen 60 und 80 gibt es mehr alte Weiber, als Männer.
| Auf 11 stehende Ehen muß man in Wittwen-Anstalten allemahl zwey Wittwen rechnen, sonst scheitert der Plan.Endlich Capitalien und Zinse sind ein unsicherer Fond. Oft fallen Zinse; oft geht ein Capital verloren. Wittwen- Verpflegungs-Gesellschaften müssen hauptsächlich ihren Fond auf die Beutel der Interessenten gründen, sonst gehen sie zu Grund.
Dieß sind keine Speculationen, sondern Erfahrungs-Sätze.