Ewige Jugend (Hertz)
Seid mir gegrüßt, ihr sanften Stunden,
Gegrüßt du balsamkühle Nacht!
Die Welt des Auges ist entschwunden,
Der Seele tiefster Blick erwacht.
Und altes Sehnen, altes Glück,
Sie rufen lächelnde Gestalten
In’s fremd geword’ne Herz zurück.
Wo sind die selig blauen Lenze,
Wo sind die stolzen Siegerkränze,
Die einst im Traum dein Haupt umblüht?
Wohl lächelst du der alten Tage,
Wohl ward das Schöne Trug und Wahn,
So sprich: was hast du denn gethan?
Bist du zum sichern Port gedrungen,
Von Wogendrang und Stürmen fern?
Liegst du nicht arm und mattgerungen,
Doch fühlst du nicht dein Herz erwarmen,
Drängt es dich nicht zu neuer That,
Wenn dir mit tröstendem Erbarmen
Das Bild der schönern Jugend naht?
So bleibt das Bild dir unverwelkt,
Wie in der Liebe sel’gen Tagen
Dein Herz in Kampf und Müh’ geschwelgt;
Wie du mit unbesiegten Händen
Bis du mit kecken Flammenbränden
Den Himmel deines Glücks erstürmt.
Noch einmal, wie in jenen Jahren,
Erhebe deiner Waffen Zier!
Sie wandeln freundlich über dir.
Das Streben, das du überschwenglich
In kühner Sehnsucht einst gefühlt,
Bleibt deinem Leben unvergänglich,
Und wenn dich auch die Welt bemeistert,
Dein Herz bleibt frei auf immerdar;
Das Schöne, das dich einst begeistert,
Ist ewig schön und ewig wahr.
Und fandest nirgends Rast noch Ruh’ –
Jetzt wandelst du auf stillen Wegen
Dem Ideal der Menschheit zu.
Und freudig steigt die Hoffnung nieder,
Des Geistes Jugend kehrt dir wieder,
Und diese Jugend stirbt dir nicht.