Gäste vom Galgen
Gäste vom Galgen.
Ein Wirth einer ansehnlichen Stadt reiste mit zwei Weinhändlern aus dem Weingebürge, wo sie einen ansehnlichen Vorrath Wein eingekauft hatten, wieder heim und ihr Weg führte sie am Galgen vorbei und obwohl sie berauscht waren, sahen sie doch und bemerkten drei Gehenkte, welche schon lange Jahre gerichtet waren. Da rief einer von den zwei Weinhändlern: „du, Bären-Wirth, diese drei Gesellen, die da hängen, sind auch deine Gäste gewesen.“ – „Hei! sagte der Wirth in tollem Muthe, sie können heut zu Nacht zu mir kommen und mit mir essen!“ Was geschieht? Als der Wirth also trunken anlangt, vom Pferd absteigt, in seine Wohnstube geht und sich niedersetzt, kommt eine gewaltige Angst über ihn, so daß er nicht [436] im Stande ist, jemand zu rufen. Indeß tritt der Hausknecht herein, ihm die Stiefel abzuziehen, da findet er seinen Herrn halb todt im Sessel liegen. Er ruft alsbald die Frau und als sie ihren Mann mit starken Sachen ein wenig wieder erquickt, fragt sie, was ihm zugestoßen sey. Darauf erzählt er ihr, im Vorbeireiten habe er die drei Gehängten zu Gast geladen und da er in seine Stube gekommen, seyen diese drei in der entsetzlichen Gestalt, wie sie am Galgen hängen, in das Zimmer getreten, hätten sich an den Tisch gesetzt und ihm immer gewinkt, daß er herbei kommen solle. Da sey endlich der Hausknecht hereingetreten, worauf die Geister alle drei verschwunden. Dieses wurde für eine bloße Einbildung des Wirths ausgegeben, weil ihm trunkener Weise eingefallen, was er im Vorbeireiten den Sündern zugerufen, aber er legte sich zu Bett und starb am dritten Tage.