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Gesang- und Musikliebhaberei der Eidechsen

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Textdaten
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Autor:
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Titel: Gesang- und Musikliebhaberei der Eidechsen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 10, S. 168
Herausgeber: Ernst Ziel
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1882
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[168] Gesang- und Musikliebhaberei der Eidechsen. Man hat die Eidechsen, diese niedlichen Thiere, welche so leicht zutraulich werden, im wärmeren Europa den Menschen in seinen Wohnungen besuchen und hinter jedem Steine und aus jeder Mauerritze der Ruinen ihr lauschendes Köpfchen hervorstrecken, bisher, und wie es scheint mit Unrecht, für gänzlich stumm gehalten. Die gewöhnlichen Eidechsen besitzen so gut wie die Geckos des Südens, welche ihr Geck-Geck in allen Tonarten erschallen lassen und bisher (abgesehen von den Krokodilen) als die einzigen stimmbegabten Eidechsen galten, eine feine Stimmritze, und wir halten sie also wahrscheinlich nur deshalb für stumm, weil sie ihr Stimmchen vielleicht nur in der Paarungszeit vernehmen lassen. Ein englischer Naturforscher, F. P. Pascoe, berichtete nun vor Kurzem, daß er auf den Triften und unter dem Gebüsch zu Ajaccio öfters eigenthümliche Lockrufe, ein zwei- bis dreimal in kurzen Pausen wiederholtes „Wied-Twied“ vernommen habe, welches er anfänglich einer Grille zuschrieb, bis er sich überzeugen konnte, daß es von einer kleinen Eidechse herrührte. Ein anderer Beobachter, P. S. Oliver, bestätigte dasselbe von einer kleinen Eidechse auf Sanct Helena. Mit diesen einem kurzen, schwachen Pfiff ähnlichen Locktönen steht es nun vielleicht im Zusammenhange, daß unsere gewöhnliche Mauereidechse, die im südlichen und westlichen Europa besonders häufig ist, verschiedenen Beobachtern zufolge, aufmerksam lauscht, wenn man ihr etwas vorpfeift. Der belgische Naturforscher De Selys-Longchamps, welcher sich seiner Zeit in der Umgebung von Turin mit dem Einfangen von Mauereidechsen beschäftigte, fand, daß sie ihn ohne zu fliehen näher kommen ließen, wenn er eine Melodie pfiff. War das bloße Neugierde oder eine Variation des Gedankens: wo man singt, da laß dich ruhig nieder etc., oder hörten sie das Pfeifen wirklich gerne? Die belgische Mauereidechse zeigte ihm diese Musikliebhaberei nicht, aber dies liegt vielleicht daran, daß sie dem Pfeifen nur in gewissen Jahreszeiten mit Hingabe lauscht. Damit stimmt sehr wohl eine neue Mittheilung von Professor Leydig in Bonn überein, dem ein im Ahrthal wohnender aufmerksamer Thierbeobachter versicherte, daß er die auf den Weinbergsmauern häufigen Eidechsen durch Vorpfeifen auf einem Schlüssel allezeit zu sich heranlocken könnte. Man wird dadurch an die orientalischen Schlangenzauberer erinnert, welche angeblich, gleich dem Rattenfänger von Hameln, durch Blasen auf einer eigenthümlichen Pfeife alle Schlangen eines Gehöftes zu sich lockten, um sie zu fangen. Es wäre interessant, über diese Musikliebhaberei verschiedener Reptilien weitere Beobachtungen anzustellen.