Geschichte der Stadt Basel. Erster Band/4. Der Kampf mit Oesterreich

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Die Entwickelung der Stadt zur Herrschaft Geschichte der Stadt Basel. Erster Band
von Rudolf Wackernagel
Anmerkungen und Belege
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Viertes Buch.
Der Kampf mit Oesterreich.




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[335] Für die Stadt, die zur Herrschaft gelangt war, erwuchs nun die Pflicht, ihre Stellung nach außen zu begründen. Und hiebei handelte es sich vor allem um das Verhältnis zu Oesterreich. Der Kampf mit dieser Herrschaft ist es, was während eines halben Jahrhunderts die Geschichte Basels nicht nur begleitet, sondern erfüllt und beherrscht. Auch dann, wenn zu Zeiten Anderes im Vordergrunde steht.


Ein Blick auf die Karte der oberrheinischen Territorialzustände an der Wende des vierzehnten Jahrhunderts zeigt deutlich, welche Tendenzen und Kräfte da am Werke sind.

Imposant in der Konfiguration ist die Stellung Oesterreichs. Von allen Seiten drängen sich seine Gebietsmassen gegen das Zentrum der ganzen Gegend, Basel, heran. Neben ihnen macht durch seine Geschlossenheit noch Eindruck das Territorium von Hochberg-Röteln. Die alte Gewalt des Basler Bistums aber ist zertrümmert. Es verfügt nur noch über die Täler von Delsberg, Münster und St. Immer mit Biel. Alles Uebrige ist weggegeben an Burgundisch-Neuenburg, Mömpelgard, Oesterreich.

Aus dem Zerfall des Bistums, aus der jetzt schon sich ankündigenden Unfähigkeit kleinerer Herren (Habsburg-Laufenburg, Tierstein, Falkenstein usw.), ihre territoriale Selbständigkeit zu behaupten, entwickelt sich die Umbildung des Gebietes zu einzelnen Territorien. Mitten in solche Kämpfe werden wir hineingeführt, und bedeutsam vor allem ist die Beteiligung der Stadt Basel an ihnen. Hier kommt die ausgiebige Finanzkraft dieser Stadt zur Geltung. Dem Bischof, der ohne Baarvermögen ist und aus den Herrschaftserträgnissen die Schulden des Bistums nicht abzuzahlen und selbst die Zinsen nicht zu leisten vermag, nimmt sie nicht nur Rechtsame, sondern nun namentlich Territorien ab; es ist bezeichnend, wie beim Kauf der sisgauischen Herrschaften der allerkleinste Teil des von Basel gezahlten Geldes in die Tasche des Bischofs gelangt, alles Uebrige an die Deckung seiner Schulden geht. Und in gleicher Weise verfährt dann Basel auch mit kleinen Dynasten seiner Sphäre. Nur gegenüber Oesterreich bedarf es anderer Kräfte und Kampfmittel.

[336] Unscheinbar, als das kleinste Territorium von Allen, ruht Basel inmitten des weiten Geländes. Vor den Stadtmauern die Banngrenze umschließt sein Gebiet. Der erste Schritt hierüber hinaus ist 1392 der Erwerb der rechtsrheinischen Stadt. Er darf kaum als Versuch gelten, nun im Breisgau ein Stadtgebiet zu schaffen; er ist eher anzusehen als Schaffung eines Brückenkopfs, als Deckung des Rückens und damit als Erleichterung und Sicherung einer Extension nach Süden. Nur in dieser Richtung war ein Ausweg aus der Umklammerung Oesterreichs möglich. Hier lagen zerstückelte Gebiete des Bischofs und kleiner Herren, lagen die Hauensteinpässe, lagen jenseits dieser die freien Städte Solothurn, Bern und Luzern. Auch wie diese Städte die alten, schwach gewordenen Territorialgewalten überwinden, um nach Norden, zum Jura zu dringen, zeigt die Karte. Basels höchstes Interesse war, sich ihnen zu nähern. Daher der Kauf der bischöflichen Herrschaften im Sisgau, der eine Verbindung mit den Eidgenossen ermöglichte und die Tendenzen Oesterreichs auf Vereinigung seiner argauischen und seiner sundgauischen Gebiete endgiltig zunichte machte.

Immer wieder führt unsere Betrachtung auf den Konflikt der Stadt mit Oesterreich, neben dem ihre Kämpfe mit dem Bistum, mit den Grafen von Tierstein usw. an Bedeutung weit zurück treten. Er macht das Leben dieser Periode aus; was dabei an einzelnen Zwistigkeiten sich geltend macht um Zölle, Freizügigkeit, feilen Kauf, Gerichtsbarkeit usw., ist nur Aeußerung des großen Gegensatzes von Stadtrepublik und Fürstentum, des heftigen Ringens um die Machtstellung am Oberrhein.

Im Hintergrunde dieses Kampfes aber stehen Solche, die zeitweise nur Zuschauer, häufiger jedoch Mitspieler sind: die Wälschen, der Hochberger, der große Markgraf von Niederbaden, der Pfalzgraf.


Daß diese Jahre Epoche bilden, daß die Stadtgeschichte hier an einen Punkt gelangt war, wo ein Altes aufhörte, ein Neues begann, ist nicht zu leugnen.

Die Stadt selbst hat das Bewußtsein, eine Periode dauernd bedeutender Leistungen abgeschlossen hinter sich zu haben; mit Stolz zählt sie in der Einführung des großen Steuergesetzes von 1401 die Leistungen auf: den Erwerb Kleinbasels, den Erwerb der Landschaft, die Richtung mit Oesterreich, den Bau der äußern Ringmauer.

Nach diesem Abschluß aber hebt die neue Zeit, das größte Jahrhundert unsrer städtischen Geschichte, sofort mit einer Aktivität an, die in [337] Erstaunen setzt. Diese Wahrnehmung ist nicht nur Folge der viel reicheren Bezeugung, des sich Oeffnens einer Reihe neuer Quellen. Allerdings hat die städtische Verwaltung sich in diesen Jahren sorgsamer, breiter, geschäftsmäßiger eingerichtet, und die größere Menge von Nachrichten gibt dem Bild in der Tat eine neue Belebung. Aber die gedrängte Fülle der Tatsachen selbst ist überraschend; Regsamkeit und Energie zeigen sich auf allen Gebieten. Man fühlt, daß eine frische, mutige Generation, diejenige der in den schweren Kampf- und Sturmjahren Gezeugten, am Ruder steht.