Io sento sì d'Amor la gran possanza

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Textdaten
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Autor: Dante Alighieri
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Titel: Ich fühle so gewalt’ge Macht bei Minnen
Untertitel:
aus: Die unbekannten Meister – Dantes Werke, S. 73–76
Herausgeber: Albert Ritter
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1922
Verlag: Gustav Grosser
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Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer: Albert Ritter (Karl Förster, Karl Ludwig Kannegießer)
Originaltitel: Io sento sì d’Amor la gran possanza
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Originalherkunft: {{{ORIGINALHERKUNFT}}}
Quelle: Commons
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[73]
Ich fühle so gewalt’ge Macht bei Minnen,

Daß ich sie nun ertragen
Nicht lang mehr kann; und das betrübt mich sehr,
Denn immer seh’ ich sie an Kraft gewinnen,

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Die meine mir versagen:

Allstündlich werd’ ich schwächer als vorher.
Nein, niemals kümmert Minne mein Begehr;

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Denn wollt’ sie alles, wie ich will, nur machen,

So trügen es die Kräfte nicht, die schwachen,

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Beschränkten, die mir die Natur gegeben.

Und eben das macht mir das Herz so schwer:
Was nützt der Wille, wenn die Kräfte hinken?
Doch soll der Lohn der guten Absicht winken,
Dann heisch’ ich ihn, um länger noch zu leben,

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Von jenen schönen Augen, deren Schimmer

Mir Trost gewährt, fühl’ Liebe ich nur immer.

Es dringen dieser schöner Augen Strahlen
In meine, die entbrennen
Von Lieb’ – und bringen Süßes in mein Leid

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Und gehn den Weg, den schon zu vielen Malen

Sie gingen und nun kennen:
Wo Minne blieb – sie wissen wohl Bescheid!
Sie gaben ja durchs Auge ihr Geleit.
So müssen, mir geneigt, sie Segen spenden,

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Doch ihr, der ich zu eigen, Kummer senden,

Falls sie vor mir versteckt. In meiner Minne
Acht’ ich mich wert: nur ihr zum Dienst bereit, –
Wenn all mein Denken, wie es Minne zeugte,
Wie einer Fahne sich vor ihr nur beugte;
Bloß diesen heißen Wunsch hab’ ich im Sinne!

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Selbst sie zu fliehn – würd’ es mir dann gelingen –

Wär’ leicht, doch müßt’ es ja den Tod mir bringen.

Wohl wahre Liebe hat mich überkommen
Und hält mich fest umsponnen.
Gern hätt’ für sie mein Wort ich wahr gemacht.

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Denn mächtiger ist Liebe nie entglommen,

Als wenn dem Tod voll Wonnen
Für andrer Dienst sie selbst sich dargebracht.
Und dieser Wille wurde noch entfacht,
Seitdem der heiße Wunsch, den ich empfunden,

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Durch die Holdseligkeit in mir entbunden,

In deren Anblick alle Reize leben.

[75]
Ich bin nur Diener, doch wenn ich bedacht

Für wen, und wer sie ist, bin ich zufrieden:
Man tut doch Dienst auch, den man gern gemieden!

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Und will die Jugend mir den Lohn nicht geben,

Harr’ ich der Zeit, wo beß’res Recht mir walte,
Wenn nur mein Leben ich so lang erhalte.

Denk’ ich des edlen Strebens, das entsprossen
Dem großen, das ich nähre,

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Und das all meine Kraft dem Guten zugewandt,

Scheint überreicher Lohn mir zugeflossen;
Dann scheint mir selbst, ich wäre
Zu Unrecht wohl ein Diener hier genannt,
Und vor dem Angesicht der Freude fand

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Der Dienst nur Lohn, weil sie so gut und linde;

Doch wenn ich streng mich an die Wahrheit binde,
Heiß’ ich mit Recht wohl ,Dienst’ ein solches Streben.
Denn trachte ich, daß ich als wert erkannt,
Ist’s nicht das Eigne, dem ich Achtung schenke,

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Weil ich an sie, die mir gebeut, nur denke

Und alles tu, um ihren Wert zu heben.
Ich rühme mich: ich bin ihr ganz zu eigen,
Da Minne diese Gunst mir will bezeigen.

Nein, einer Frau, die immer kalt geblieben,

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Macht mich nur Minne

Zum würd’gen Eigentum, wie sie’s ersann.
Nie ward sie je von Mitleid angetrieben
Mit liebestreuem Sinne,
Der ohne sie kein Stündlein leben kann.

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Stets, wenn ich sie erblickte irgendwann,

Konnte ich neuen Reiz bei ihr bemerken;
So wußte Minne ihre Macht zu stärken
In mir, wenn neu sich mehrte mein Entzücken;
So geht es nun: ich bleib’ in diesem Bann,

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Und Minne wird mich noch daran gewöhnen,

Nur einer Pein und einer Lust zu fröhnen,

[76]
Solange diese Qualen oft mich drücken;

Sie währen, wenn ihr Anblick mir entschwindet,
Bis endlich ihn mein Auge wiederfindet.