Le dolci rime d'Amor, ch'io solia
Ich sinnend mich geweiht,
Muß ich nun lassen – winkt mir auch die Zeit,
Wo ich sie wiedersehe;
In meiner Fraue Mienen
Ist jetzo mir der Weg versperrt erschienen
Zu Worten, die mir frommen.
Mein Werkzeug, wenn ich Minnes Preis ersann,
Und nur der Kraft fortan
Ihn weihn, die lehrt, den wahren Adel pflegen,
In Reimen scharf geschliffen
Danach es scheint, als ob des Adels Wesen
Im Grund nur Geld gewesen.
So ruf’ ich denn vorerst Frau Minne an,
Die meiner Fraue Blick zum Sitz genommen,
Ein Herrscher wollt’ den Adel so gestalten,
Wie er es wohl gemeint:
Er sei ererbte Habe, doch vereint
Mit edler Sitte Walten;
Hat falsch den Sinn begriffen,
Indem er just den Nachsatz fortgeschliffen –
Weil er des selbst entbehrte.
Nachsprachen all die andern, was er lehrte:
Die im Besitze alten Reichtums waren.
So blieb in langen Jahren
Der Wahn, zu dem auch wir uns noch bekennen;
Denn uns will’s ja bedeuten,
Bin ich der Sohn und Enkel, die einst wichtig!“
Obwohl er selbst gar nichtig.
Doch gar zu niedrig scheint dem Freund des Wahren,
Wer’s besser weiß und doch nicht danach handelt;
Wer spricht: „Der Mensch ist Holz, doch voller Leben“,
Sagt erstlich, was nicht wahr,
Und hinterher verschweigt er manches gar,
In seines Urteils Streben;
Denn erstlich setzt’ er Falsches, und daneben
Hat er es schlecht begründet:
Der Reichtum kann – wer es auch immer kündet –
Denn von Natur ist er ja völlig nichtig.
Ein Maler kann nicht richtig
Ein Bild, das er nicht in sich trägt, erschaffen.
Den Turm, den steil aufsteigen
Klar ist: Reichtum ist schlecht und kann nicht frommen;
Denn auch zu Hauf gekommen
Bringt er nicht Ruhe, macht uns Sorgen pflichtig!
Drum wird, wem Recht und Wahrheit sind zu eigen,
Man glaubt: „Nie kann sich Niedres adlig nennen,
Und niedrem Blut entsprang
Nie ein Geschlecht von edel-stolzem Rang!“
Das hört man oft bekennen,
Wenn Leute gar ersinnen,
Zum Adligwerden müsse Zeit verrinnen:
Die soll als Maßstab dienen.
Doch nach dem Frühren ist’s schon klar erschienen,
Sonst hätte ja die Menschheit nie begonnen!
Das ist nicht gut ersonnen,
Kann jenen auch – als Christen – nicht gefallen.
Drum zeigt gesunden Sinnen
Nachdem ich nun, wie falsch dies ist, erwiesen,
Wend’ ich mich ab von diesen
Und sage, welche Ansicht ich gewonnen:
Ich sage, es erwächst der Tugend Regen
Aus eines Keimes Kraft –
Die Tugend, mein ich, die uns Glück errafft,
Wenn wir sie eifrig pflegen;
(Läßt uns die Ethik wissen),
Nie läßt den Mittelweg sie uns vermissen –
So steht es dort zu lesen.
Ich sage, Adel schließt nach seinem Wesen
Wie Niedrigkeit nur Unheil kann bereiten;
Die Tugend wird beizeiten
Sich anderem Urteil stets und deutlich zeigen.
Wenn nun der Beiden Walten
Muß (wenn die zwei nicht noch aus drittem fließen)
Eins aus dem andern sprießen.
Doch übertrifft des einen Wert bei weitem
Das andre, muß aus jenem dies entstehen. –
Wo Tugend waltet, ist auch Adel immer,
Doch er gibt kein Vertraun:
Zwar ist dort Himmel, wo wir Sterne schaun,
Doch umgekehrt gilt’s nimmer.
Solch edlen Sinn zu eigen,
Sofern sie zücht’ge Scham und Sitte zeigen;
Doch Tugend kann’s nicht heißen.
Drum, wie aus Schwarzem wird des Purpurs Gleißen,
Ihr Ganzes auch, wie ich es hier erweise.
So daß sich niemand preise:
„Schon durch Geburt ward Adel mir gegeben.“
Der Seele nur schenkt Gott der Gnaden Fülle,
Die er in ihrer Hülle
Vollkommen sieht, so daß nur kleine Kreise
Sich höchsten Glückes Samen wohl erfreuen.
Die Seele, die je diese Gunst beglückte,
Hat nimmer sie verhehlt,
Da diese, seit dem Leibe sie vermählt,
Sie bis zum Tode schmückte;
In ihren Jugendjahren,
Läßt Leib und Glieder sich der Schönheit paaren,
Daß sie einander passen.
Stark ist sie in der Jugend und gelassen,
Getreuen Taten ist ihr Glück begründet.
Wenn sich die Reife kündet,
Wird sie gerecht und großmütig gepriesen,
Ist innig froh für jeden,
Im vierten Lebensteil weiht ihre Treue
Sie Gott dem Herrn aufs neue,
Blickt auf das nahe Ziel, das ihr gewiesen,
Und segnet dankbar die vergangenen Zeiten. –