König Authari’s Brautschau
(Paul. Diac. III, XXIX.)
Herr Authari, der König vom Longobardenland,
Der hatte flinke Boten an Grimoald gesandt,
Zu bitten von dem Alten die holde Theutelind;
Da wurde ihm versprochen das halberblühte Kind.
Daß fremd noch seinen Augen die angetraute Maid.
Da hieß er Rosse zäumen und tragen reich Gewand;
Mit wenig Treuen ritt er in’s grüne Alpenland.
Ein alter Waffenmeister, der führte ihm den Zug,
Herr Authari, der junge, ritt mitten unter’m Troß,
Kein Zeichen trug er selber, kein Zeichen trug sein Roß.
Es war ein Maienmorgen in frischem Sonnenschein,
Da ritten sie zur Hofburg des alten Königs ein.
Der alte Waffenmeister mit Gruß und Neigen sprach:
„Herr Authari, der König vom Longobardenland,
Hat uns mit heitrer Bitte an deinen Hof gesandt;
Er nennt sich deinen Eidam, o König Grimoald!
Drum laß die Minnigliche uns schauen hier im Saal!
Sie mag uns heut’, wie künftig, kredenzen den Pokal!
Und sahen wir der Herrin verehrtes Angesicht,
Laß uns mit Kundschaft eilen! So ist es Botenpflicht.“
Sie trat mit ihren Frauen zum Saal erröthend ein.
Vor soviel Männerblicken erschrak die Holde schier,
Sie ließ den Schleier fallen, das wehrt der Vater ihr:
„Blick’ auf, mein Kind, und schaue die Herren fröhlich an!
Sie brachten liebe Botschaft vom künftigen Gemahl.
Nun magst du ihnen reichen mit Gruß den Gastpokal!“
Noch röther ward ihr Antlitz, nun trat sie an den Schank,
Sie füllt’ den zieren Becher mit goldig kühlem Trank.
Dem alten Waffenmeister bot sie zuerst ihn dar.
Der dankt nach Hofessitte und schlürft ihn fröhlich ein,
Sein graues Haupt verklärte des Trankes güldner Schein;
Sie füllt den Becher wieder und reicht ihn in der Rund’,
Wie pocht das Herz dem König! Er steht allein bei Seit’,
Da naht ihm mit dem Becher die minnigliche Maid;
Sie staunet ob dem Helden, wie hold er blickt und kühn;
Er nickt mit stummem Gruße, und seine Wangen glüh’n.
Lang hielt er, sie betrachtend, den Becher in der Hand,
Und kos’t ihr leis die Wange, sie ließ es bang’ gescheh’n,
Doch blickt sie nach dem Vater, der hat es nicht geseh’n.
Der Gasttrunk war zu Ende, nun rüstet man das Mahl,
„Ach, Amme, liebe Amme, wer ist der fremde Mann?
Er rührte mir beim Trunke die Wange kosend an.“
„Und that er das so offen, so laß die blöde Scham,
So war, der solches wagte, dein eigner Bräutigam.“
„Hast du noch Zeit zu spielen mit meiner Herzensnoth? –
Und glaubst du selbst, er ist es? – Ich hab’ es gleich gedacht. –
O diese goldnen Locken! O dieser Augen Macht!
Daß ich mich gar nicht wehrte, wenn er mir nur nicht grollt!
Im Königssaale lärmte das fröhliche Gelag;
Die Schatten wurden länger, und kühler ward der Tag,
Da huben sich die Gäste, das war dem Alten leid,
Er selber gab den Degen zur Grenze das Geleit.
Und lichter Augen Leuchten, – das ist mir nicht bekannt;
Doch als sie Urlaub nahmen an ihres Landes Mark,
Da that der junge König ein Zeichen wunderstark.
Er schwang auf eine Eiche sein Beil in grimmem Schlag,
Dann sprengt er fröhlich weiter im abendkühlen Wald;
Da staunte solcher Stärke der König Grimoald:
„Solch junge Heldenkräfte sah ich fürwahr noch nie!
So schwingt das Beil kein Andrer als König Authari!
Wär’ nicht das Beil gewesen, kein Mensch hätt’ ihn erkannt!“