Ketten- und Seilschifffahrt

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Textdaten
Autor: Julius Schlichting
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Titel: Ketten- und Seilschifffahrt.
Untertitel:
aus: Deutsche volkswirtschaftliche Monatshefte, VII. Jahrgang, Heft 5 Mai, S. 18–20
Herausgeber: Paul Freiherr von Roëll
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1882
Verlag: F. A. Günther & Sohn
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Erscheinungsort: Berlin
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Quelle: Google-USA*; Commons
Kurzbeschreibung:
siehe auch: Tauerei
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[18]
Ketten- und Seilschifffahrt.

Herr Professor Schlichting (Berlin) hat über dieses, angesichts der neueren Bestrebungen für Förderung der Binnenschifffahrt sehr zeitgemäße Thema, in der General-Versammlung des „Centralvereins für Hebung der deutschen Fluß- und Kanalschifffahrt“ am 27. April einen instruktiven Vertrag gehalten, der für die nächste Ausschußsitzung des Vereins, welche diesen Mittwoch Abend 7 Uhr im Reichstagsgebäude stattfindet, zur Debatte gestellt worden ist. Prof. Schlichting faßt die Vortheile und Nachtheile beider Transportmittel wie folgt zusammen. Der Kettentauer ist dem Seiltauer vorzuziehen wegen des geringeren Tiefganges, des einfacheren Windapparates, der geringeren Zahl Maschinenteile, sowie wegen der geringeren Anlage- und Unterhaltungskosten. Der Seiltauer verdient dagegen den Vorzug wegen der größeren Steuerfähigkeit. Die Kette selbst ist dem Tau vorzuziehen wegen der leichter und schneller ausführbaren Verlängerung, Verkürzung und Wiederverbindung bei Brüchen, wegen der daraus resultirenden geringeren Betriebsstörung, der größeren Sicherheit gegen böswillige Zerstörung und wegen der längeren Dauer, während das Seil vor der Kette den Vorzug verdient wegen des geringeren Gewichts, der günstigeren Form der geringeren Versandung, der constanteren Lage in der Fahrrinne und wegen des geringeren Preises.

Ein absolutes Uebergewicht des einen über das andere. [19] Tauereisystem läßt sich aus Allem, was über die Betriebsresultate bekannt geworden ist, nicht ableiten. Dazu bedürfte es der genauen Kenntniß aller Interna der bestehenden Unternehmungen. Für uns sind die Resultate in Deutschland von besonderem Interesse, und diese ergeben allerdings für die Seilschifffahrt, mit Ausschluß der Rheinstrecke Bingen—Oberkassel, nur Mißerfolge, von denen indessen diejenigen am Rhein nur zum Theil dem System, zum Theil aber auch, wie dem Vortragenden aus eigener Erfahrung bekannt geworden ist, der Konkurrenz der sonstigen Schifffahrt, namentlich der Schleppschifffahrt mit Schraubendampfern, zur Last zu legen sind.

Dagegen hat die Kettenschiffahrt in Deutschland besonders auf der Elbe bedeutende Erfolge erzielt, wie schon die in den letzten Jahren gezahlten Dividenden (1881 = 81/2 pCt.) beweisen. Bei der beschränkten Fahrtiefe der meisten deutschen Wasserstraßen wird die Kettenschiffahrt auf diesen voraussichtlich auch für die Nächstzeit wenigstens so lange das Uebergewicht behaupten, als der Kettentauer den Seiltauer in Bezug auf geringen Tiefgang übertrifft. Aber auch bei gleichem Tiefgang beider Taue wird die Kettenschiffahrt Bestand behalten, weil sie trotz mancher Nachtheile für den Betrieb wesentliche Vortheile bietet. Ob im speziellen Falle Ketten- oder Seilschiffahrt zweckmäßiger und bezüglich der Rentabilität günstiger ist, hängt von den speziellen Verhältnissen der Wasserstraße ab. Sowohl die Ketten-, als die Seilschiffahrt werden noch manche Verbesserungen einzuführen, noch manche Entwickelungsstadien zu durchlaufen haben.

Uebrigens scheint die Kettenschiffahrt gegenwärtig noch in größerer Ausdehnung betrieben zu werden, als die Seilschiffahrt. Nach ungefähren Ermittelungen ist die Kettenschiffahrt im Betriebe in Deutschland auf Elbe, Saale, Brahe und dem Neckar auf 777 km. Länge, in Oesterreich auf Elbe und Donau auf 199 km. Länge, in Frankreich auf Seine und Yonne auf 441 km. Länge, außerdem noch auf einzelnen kurzen Kanalstrecken, und in Rußland auf der Wolga und dem Cheksner auf 375+167=542 km. Länge. Die Seilschiffahrt aber ist [20] im Betriebe in Deutschland auf dem Rhein von Bingen bis Obercassel auf 120 km. Länge, in Oesterreich auf dem Donaukanal auf 17,55 km. Länge, in Belgien auf der Maaß, dem Charleroi- und Terneuzen-Kanal, deren Längen nicht angegeben werden können, in Rußland auf der Newa von Kronstadt bis Petersburg und in Amerika auf einzelnen Strecken des 563 km. langen Eriekanals. Frankreich besitzt somit keine Seil- und Belgien keine Kettenschiffahrt.