Knotenpunkte

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: W. G.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Knotenpunkte
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 22, S. 368
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[368] Knotenpunkte. „Station Elm! Zwölf Minuten Aufenthalt; umsteigen nach Gemünden!“

„Wo sind wir eigentlich? Wie heißt der Ort?“

Bebra vierundachtzig Kilometer, Gemünden sechsundvierzig Kilometer, Frankfurt einundachtzig Kilometer. das ist Alles, was zur Orientirung am Stationsgebäude zu lesen ist.

Wer nicht häufig unser liebes deutsches Vaterland von einem Ende bis zum andern durchfährt, dem kann man keinen Vorwurf daraus machen, wenn er nicht weiß, wo er Orte wie Bebra und Gemünden oder wie die kleinen Nester sonst heißen, welche der Zufall, oder richtiger gesagt der Stift des tracirenden Ingenieurs aus ihrer Abgeschiedenheit so plötzlich in das Verkehrsleben hineingeworfen, in seinen geographischen Vorstellungen unterzubringen hat.

Hier in dem herrlich gelegenen Elm hätten wir nun einige Minuten Zeit, neben der Tasse Kaffee auch etwas Gegend zu genießen, aber was hilft uns das? Wir kommen gar nicht recht zum Genuß, das Gefühl der Unkenntniß dessen, was wir sehen, verleidet uns denselben. Was ist das für ein wunderbares Thal mit dem Silberstreif in der Ferne? – Es ist die Kinzig, in deren Begleitung wir aus der Rhön dem Main zueilen. – So, so! Also dort befinden wir uns. Ich kann ein Gefühl der Beschämung über meinen Mangel an geographischen Kenntnissen nicht los werden. Und ebenso wie mir ist es unzahlige Mal anderen Reisenden ergangen, als sie im rasenden Fluge längs den Ufern eines kleinen Flusses ihre Reise fortsetzten, ohne zu wissen, ob sie ein namenloses Wiesenbächlein oder vielleicht einen alten Bekannten, den Main oder irgend einen größeren Strom in seinem oberen Laufe vor sich hatten.

Zur Abhülfe solcher Unkenntniß möchte ich durch diese Zeilen eine Anregung geben, und zwar zunächst Diejenigen, deren Berufs es ist, Kenntnisse in der Geographie zu verbreiten, ersuchen, dem heutigen Eisenbahnnetz in seinen Hauptrouten besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Dann möchte ich unsern geographischen Vereinen die Bitte an’s Herz legen, nicht nur für Erforschung Afrikas zu sorgen, sondern auch für Verbreitung der Kenntniß unserer deutschen Heimath etwas zu thun. Zu diesem Zwecke halte ich die Beschaffung und Verbreitung einer billigen und im besten Sinne des Wortes populär gehaltenen Reiselectüre für äußerst wünschenswerth.

Schließlich wende ich mich noch an die geehrten Eisenbahnverwaltungen, die so in dieser Beziehung unaufgefordert schon Manches gethan haben, durch Anbringung von Routenkarten in den Wagen, Ausschmückung der Wartesäle größerer Stationen durch große Wandkarten, Angabe der Höhenlage über dem Meeresspiegel etc., nach dieser Richtung hin noch mehr zu thun. Besonders sind es die Knotenpunkte, auf denen das Publicum Muße hat, derartige Studien zu treiben, und dennoch entbehren sehr häufig gerade diese Stationen solcher belehrenden und anregenden Karten und Pläne vollständig. Und dann wünschte ich dies nicht nur für die Reisenden erster und zweiter Classe, sondern auch für die, denen der Geldbeutel nur ein bescheidenes „Fortkommen“ gestattet. Das Publicum ist für das Dargebotene dankbar; ich habe schon oft Gelegenheit gehabt, von ganz einfachen Leuten anerkennende Aeußerungen über die Darbietung solcher Hülfsmittel zur Volksbildung zu vernehmen.

W. G.