Kreuzeswissenschaft/Inhalt der Kreuzesbotschaft
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Wir haben erwogen, auf welchen Wegen die Kreuzesbotschaft zu Johannes gedrungen sein mag. Die folgenden Teile wollen zeigen, wie sich diese Botschaft in Lehre und Leben des Heiligen ausgewirkt hat. Dazu ist es notwendig, den Inhalt der Botschaft – in einem vorläufigen knappen Umriß – klar vor Augen zu haben. Wir stellen ihn hier so hin, wie wir ihn bei dem Meister der Kreuzeswissenschaft selbst finden:
„,Wie eng ist die Pforte und schmal der Weg, der zum Leben führt, und nur wenige finden ihn’ (Matth. 7,14). Bei dieser Stelle darf durchaus nicht übersehen werden, welches Gewicht und welche Betonung auf das Wörtchen wie gelegt ist. Es soll uns wohl sagen: wahrhaftig, er ist sehr schmal, schmäler als ihr glaubt .... Dieser Weg auf den hohen Berg der Vollkommenheit läßt sich nur von solchen Wanderern beschreiten, die keine Last tragen, welche sie abwärts ziehen würde .... Und weil dabei nur Gott allein das Ziel ist, das man suchen und erwerben soll, darf man auch nur Gott allein suchen und erwerben .... Weil nun der Herr uns diesen Weg weisen wollte, trug Er uns .... jene wunderbare Lehre vor, die unbegreiflicherweise von den geistlichen Seelen um so weniger befolgt wird, je notwendiger sie ihnen ist .... ,Wer mein Jünger sein will, verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren, wer aber sein Leben um meinetwillen .... verliert, wird es retten’ (Marc. 8, 34 f.). O könnte doch einer den Inhalt dieser erhabenen Lehre .... so recht erklären und probieren und auskosten!.... Beraubung aller Süßigkeit in Gott .... Trockenheit, Ekel und Mühsal .... ist das rein geistige Kreuz, ist die Blöße der Armut im Geiste Christi .... Der rechte Geist sucht in Gott eher das Unschmackhafte als das Angenehme; er ist mehr zum Leiden als zum Trost geneigt, mehr zum Verzicht auf alle Güter um Gottes willen als zu ihrem Besitz; ihm ist Trockenheit und Trübsal lieber als süßer Verkehr, da er weiß, daß hierin die Nachfolge Christi und die Selbstverleugnung besteht, während das andere weiter nichts ist als sich selbst in Gott suchen .... Gott in Gott suchen heißt, .... um Christi willen bereit sein, von Seiten Gottes und der Welt gerade das Unschmackhafte zu wählen“. Die Entsagung nach dem Willen des Heilands „muß ein Absterben und Vernichten alles dessen sein, was der Wille in zeitlicher, natürlicher und geistiger Beziehung hochhält“. Wer aber in dieser Weise das Kreuz trägt, wird erfahren, daß es ein „süßes Joch“ und eine „leichte Bürde“ ist (Matth. 11, 30), denn er wird „in allen [27] Dingen große Erleichterung und Süßigkeit finden“. „Erst wenn die Seele in tiefster Erniedrigung förmlich zu nichts geworden ist, kommt ihre geistige Vereinigung mit Gott zustande .... Diese besteht .... einzig in einem Kreuzestod bei lebendigem Leibe, im Sinnlichen wie im Geistigen, äußerlich wie innerlich“[1]. Das kann nicht anders sein, weil nach Gottes wunderbarem Heilsplan Christus die Seele „durch dieselben Mittel erlöst und mit sich vermählt, wodurch die menschliche Natur verdorben und zugrunde gerichtet wurde. Wie nämlich im Paradies durch den Genuß der verbotenen Frucht die menschliche Natur zerstört und dem Verderben preisgegeben wurde, so wird sie unter dem Baum des Kreuzes von Ihm erlöst und wiederhergestellt[2]. Wenn sie Sein Leben teilen will, muß sie mit Ihm durch den Kreuzestod hindurchgehen: gleich Ihm die eigene Natur kreuzigen durch ein Leben der Abtötung und Selbstverleugnung und sich ausliefern zur Kreuzigung in Leiden und Tod, wie Gott sie fügen oder zulassen will. Je vollkommener diese aktive und passive Kreuzigung sein wird, desto inniger wird die Vereinigung mit dem Gekreuzigten sein und desto reichlicher der Anteil am göttlichen Leben.
Damit sind die Hauptmotive der Kreuzeswissenschaft angeschlagen. Sie werden uns immer wieder entgegenklingen, wenn wir dem Lehrwort des Heiligen lauschen und seinem Lebensweg nachgehen. Es soll gezeigt werden, daß sie die tiefsten bewegenden Kräfte sind, wodurch dieses Leben und Lebenswerk geformt ist.
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