MKL1888:Elektrotechnik

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Elektrotechnik“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 5 (1886), Seite 542
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Elektrotechnik. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 5, Seite 542. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Elektrotechnik (Version vom 19.04.2021)

[542] Elektrotechnik (griech.), auf Anwendung des elektrischen Stroms beruhende Technik, bei welcher es sich im wesentlichen um physikalische Wirkungen des Stroms, Hervorbringung gewisser Bewegungen, Licht- und Wärmeentwickelung, Kraftübertragung, chemische Prozesse etc. handelt. Die wichtigsten Zweige der E. sind: die Telegraphie mit der Telephonie etc., die elektrische Beleuchtung, die Kraftübertragung zum Betrieb von Eisenbahnen und Maschinen an Orten oder unter Verhältnissen, wo andre Motoren nicht anwendbar sind, und die Galvanoplastik. Außerdem hat der elektrische Strom noch außerordentlich mannigfache Verwendung gefunden, z. B. zur Konstruktion von Sicherheitsapparaten, im Signalwesen, zur Konstruktion von Uhren und Läutwerken, in der Sprengtechnik (Minen, Torpedos, Straßenbau etc.), zur Warnung vor schlagenden Wettern in Bergwerken, in der Metallurgie, zur Erzeugung von starken Magneten, zur Wärmeerzeugung an Orten, wo Brennmaterial fehlt, aber mächtige Kraftquellen (Wasserfälle, Flüsse, Ebbe und Flut) zum Betrieb dynamoelektrischer Maschinen zur Verfügung stehen, in welchem Fall die von der Natur gegebene Kraft durch die Maschine in Elektrizität und diese wieder in Wärme verwandelt wird. Die chemische Wirkung des Stroms ist ebenfalls in der Metallurgie zur Fällung von Metallen, versuchsweise in der Färberei und Spiritusfabrikation angewandt worden. Vgl. die betreffenden Artikel. Vgl. Schwartze, Katechismus der E. (Leipz. 1882); „Elektrotechnische Bibliothek“ (Wien 1882 ff.); Kittler, Handbuch der E. (Stuttg. 1885); „Zeitschrift für angewandte Elektrizitätslehre“ (hrsg. von Carl, Münch., seit 1879); „Elektrotechnische Zeitschrift“ (hrsg. von Zetzsche, Berl., seit 1880); „Zeitschrift für E.“ (Wien, seit 1883); „Vademekum für Elektrotechniker“ (hrsg. von Rohrbeck, Berl. 1886).


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 236239
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[236] Elektrotechnik umfaßt das Gebiet der in der Technik verwerteten Eigenschaften des elektrischen Stroms. Sie hat es zunächst zu thun mit der Erzeugung des elektrischen Stromes. Neben der Herstellung von galvanischen Elementen befaßt sich dieser Zweig vor allem mit der Herstellung elektrischer Maschinen, denn nur die maschinelle Erzeugung des elektrischen Stromes machte dessen Eigenschaften allererst praktisch nutzbar. Für die elektrischen Maschinen, wie überhaupt für die eigentliche E. kann das Jahr 1867, das Jahr der Entdeckung des dynamoelektrischen Prinzips von Werner v. Siemens (s. Magnetelektrische Maschinen, Bd. 11), als Geburtsjahr gelten. Von da ab erst sehen wir eine fabrikmäßige Herstellung elektrischer Maschinen beginnen. Allein die ersten Maschinen waren weit davon entfernt, ihrer Grundbedingung, der Umsetzung mechanischer Energie in elektrische ohne nennenswerte Verluste, zu genügen. Erst als gegen Ende der 70er Jahre die berühmten Abhandlungen der Gebrüder Hopkinson und Kapp Aufschluß über die günstigsten Eisen- und Kupferverhältnisse bei elektrischen Maschinen gegeben hatten, war es möglich, nicht nur Maschinen herzustellen, welche über 90 Proz. der mechanischen Energie in nutzbare elektrische Energie umsetzten, nein, man hatte sogar die Mittel, Maschinen voraus zu berechnen. Und so konnte denn der Bau der Dynamomaschinen jenen Aufschwung nehmen, welcher uns heute noch mit Staunen erfüllt. Wurden früher Maschinen von 10 Pferdekräften als sehr groß angesehen, so sieht man heute schon eine ganze Anzahl Maschinen von 500 Pferdekräften laufen, Maschinen also, von welchen jede 5–6000 Glühlampen von 16 Normalkerzen speisen kann. Dies gilt zunächst für die Gleichstrommaschinen. Aber auch die Wechselstrommaschinen, welche mit der Verbesserung der Gleichstrommaschinen mehr und mehr in den Hintergrund getreten waren, erfuhren mannigfache Ausbildungen, namentlich von jenem Zeitpunkt ab, wo die ersten brauchbaren Wechselstromtransformatoren hergestellt wurden. Die Gleichstrommotoren waren gleichzeitig mit der Vervollkommnung der Gleichstrommaschinen ausgebildet, da ja bei Gleichstrom eine und dieselbe Maschine als Strommaschine und als Motor verwendet wird. Es nimmt daher kein wunder, wenn auch die Gleichstrommotoren einen Wirkungsgrad von über 90 Proz. besitzen. Die Wechselstrommotoren [237] dagegen bieten heutzutage noch ziemliche Schwierigkeiten in der Herstellung. Es sind zwar verschiedene Arten solcher Motoren vorhanden, allein bis heute kranken sie alle noch an einer Reihe von Übelständen. Teilweise laufen sie nur mit einer einzigen, ganz bestimmten Geschwindigkeit, gehen nur leer an, vertragen eine plötzliche Belastung nicht und müssen für gleiche Leistung viel größer gewählt werden als Gleichstrommotoren; teilweise benötigen sie drei und mehr Leitungen von der Strommaschine aus; dagegen ist die Behauptung, daß der Wirkungsgrad ein schlechter sei, völlig unbegründet, man hat bereits Motoren, die über 80 Proz. Nutzeffekt haben. Der Wirkungsgrad ist aber allein nicht maßgebend.

Die elektrische Beleuchtung war wohl das erste, was die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zog. Hier waren die Vorteile gegenüber der alten Beleuchtungsart zu packend, als daß man lange auf eine weitverbreitete Anwendung verzichten konnte. Die Erfindung der Glühlampen, die Herstellung selbstregulierender Bogenlampen mußte einen gewaltigen Aufschwung bedingen; die Lösung des Problems der Teilung des Lichtes, d. h. die Lösung des Problems, jede einzelne Lampe unabhängig von der andern brennen zu können, durch das System der Parallelschaltung, sicherte der jungen Technik die praktische Durchführbarkeit, deren schönste Beweise die allerorts entstehenden elektrischen Zentralen sind (s. Elektrische Zentralstationen).

Ein andres, für die Zukunft noch weit bedeutenderes Feld ist die elektrische Kraftübertragung. Obwohl schon jetzt, namentlich in Amerika, zur praktischen Durchführung gelangt, so liegt sie immer noch in den ersten Anfängen, da ihre Vorzüge noch nicht so völlig in Fleisch und Blut übergegangen sind wie jene des elektrischen Lichtes. Bedenkt man aber, daß die elektrische Kraftmaschine die zugeführte Energie ohne Zwischenapparate unmittelbar in drehende Bewegung umsetzt, daß also alle diejenigen Teile fortfallen, welche zur Umsetzung der hin- und hergehenden in drehende Bewegung bei andern Betriebsmaschinen (Dampf-, Gaskraftmaschinen) nötig sind, Teile, welche bekanntlich sehr kostspielig und, da in fortwährender Bewegung, auch am meisten der Erneuerung bedürftig sind, bedenkt man ferner, daß die Zuleitung der Energie durch dünne Kupferdrähte die denkbar einfachste ist, daß keine toten Punkte vorhanden sind, daß Schmutz und Belästigung irgend welcher Art gänzlich ausgeschlossen sind, so müssen wir den Elektromotor, der überdies bei gleicher Kraftleistung das geringste Gewicht besitzt, den kleinsten Raum einnimmt und in der Anlage weitaus am billigsten ist, als das Ideal einer Betriebsmaschine ansehen. Dazu aber kommt, daß die elektrische Energie auf die weitesten Entfernungen ohne nennenswerten Verlust zu leiten ist (s. Elektrische Kraftübertragung).

Endlich aber sind es auch noch die chemischen Wirkungen des elektrischen Stromes, welche in der Technik Anwendung gefunden haben. Teilweise werden diese Wirkungen dazu benutzt, um elektrische Energie aufzuspeichern, teilweise um Substanzen in bestimmte Bestandteile zu zerlegen. Die Aufspeicherung elektrischer Energie in den sogen. Akkumulatoren ermöglicht es, die Maschinen nicht während der ganzen Zeit des Lichtbedürfnisses in Betrieb zu halten. Brennen z. B. in einer Anlage in den Abendstunden 100 Lampen gleichzeitig, während ca. 10–20 Lampen Tag und Nacht brennen sollen, so wäre es im höchsten Grade unwirtschaftlich, wollte man wegen dieser wenigen Lampen die Maschine Tag und Nacht in Betrieb halten. Da empfiehlt es sich vielmehr, die Maschine einige Stunden vor Beginn des Hauptlichtbedürfnisses anzulassen, teilweise die 10–20 Lampen zu speisen, den überschüssigen Strom aber in die Akkumulatoren zu schicken. Während vorher die Maschine Tag und Nacht hätte arbeiten müssen, genügt jetzt ein Maschinenbetrieb von nur 6–8 Stunden, indem die Akkumulatoren die übrige Zeit die Speisung der Lampen übernehmen. Neuerdings finden außerdem die Akkumulatoren eine großartige Anwendung bei Zentralstationen (s. Elektrische Zentralstationen).

Die Zerlegung chemischer Substanzen in bestimmte Bestandteile, die sogen. technische Elektrolyse, hat seit der Herstellung von Maschinen ganz gewaltige Fortschritte gemacht. Man unterscheidet bereits vier weite Gebiete, auf welchen sie sich bethätigt. Die Elektrometallurgie hat es mit der Reingewinnung von Metallen zu thun. Teilweise handelt es sich darum, die Metalle vollkommen rein zu erhalten, wie z. B. bei Kupfer, teilweise sind Metalle auf keinem andern Wege und in größerm Maße gleich vorteilhaft herstellbar, wie z. B. Aluminium. Ein andrer Zweig beschäftigt sich mit der Herstellung von chemisch-technischen Stoffen, z. B. Soda, die Galvanoplastik mit der Herstellung plastischer Abdrücke, die Galvanostegie endlich mit der Herstellung metallischer Überzüge (Verkupferung, Versilberung etc.).

[Hygienisches.] Seit der Einführung des elektrischen Lichtes, der elektrischen Kraftübertragung und der Benutzung des von Dynamomaschinen erzeugten Stromes zu medizinischen Zwecken sind elektrische Leitungen vielfach in bewohnte Räume geführt worden, und es entsteht die Frage, welche Gefahren für Leben und Gesundheit hiermit verbunden sein können und wie sich dieselben vermeiden lassen. Die elektrische Beleuchtung, welche so viele, auch hygienische Vorzüge vor der ältern Beleuchtung besitzt, zeichnet sich auch durch Vermeidung der Feuersgefahr so sehr aus, daß sie selbst dort angewandt werden kann, wo bisher die Benutzung offener Flammen ausgeschlossen war. Eine gewisse Gefahr ist freilich mit dem elektrischen Licht insofern verbunden, als unter Umständen Leitungsteile sich stark erhitzen und die Entzündung umgebender Teile bewirken können. Zur Vermeidung dieser Gefahr hat man hinreichend große Leitungsquerschnitte anzuwenden, damit die Drähte, auch wenn ein stärkerer Strom als der der gewöhnlichen Beanspruchung entsprechende hindurchgeht, sich nicht erhitzen, innerhalb der Gebäude sind alle Teile der Leitung, welche irgendwie mit brennbarem Material in Berührung kommen können, sorgfältig zu isolieren und zwar mit einem die Wärme schlecht leitenden Material, welches höhern Temperaturen, der Feuchtigkeit, dem Mäuse- und Rattenfraß und sonstigen äußern Einflüssen gut widersteht. Sehr empfehlenswert sind auch Einschaltungen von Bleisicherungen, die bei Erhitzungen leicht schmelzen und dadurch den Strom vollständig unterbrechen.

Viel bedeutsamer als die durch elektrische Leitungen herbeigeführte Feuersgefahr ist die zufällige unvermutete Einwirkung des elektrischen Stromes auf den Menschen. Wenn eine Berührung mit der nicht isolierten Stromleitung in der Weise stattfindet, daß der Körper des Betroffenen von dem Strom durchflossen wird, d. h. wenn der Körper die positive und die negative Leitung gleichzeitig berührt und so einen Schluß zwischen beiden bildet, oder wenn eine Leitung infolge [238] mangelhafter Isolation mit dem Boden in Verbindung steht, so daß der Strom durch die Füße des Berührenden und durch seinen Körper zurück zur zweiten Leitung geht, so kann der Berührte durch den Strom an seiner Gesundheit schwer geschädigt, auch getötet werden. Dieser Gefahr sind meist Leute ausgesetzt, welche die Maschinen oder Leitungen zu bedienen haben und die nötige Vorsicht außer acht lassen. Ganz schwache Schläge können den Betreffenden so erschrecken, daß er z. B. von einer Leiter fällt etc. Auch können Verbrennungen vorkommen, die besonders dann gefährlich werden, wenn der Betreffende im Fallen oder um einen Halt zu gewinnen, nun erst recht in die Drähte greift und bewußtlos längere Zeit mit denselben in Berührung bleibt. Sorglosigkeit und Unvorsichtigkeit der Arbeiter führt auch hier die meisten Unglücksfälle herbei, besonders dadurch, daß versäumt wird, vor irgend einer Reparatur oder dergleichen die Stromleitung abzustellen. Besonders häufig sind Unglücksfälle in Amerika vorgekommen, wo man die Leitungen mit unerhörtem Leichtsinn verwaltet. Ein Stück Draht einer aufgegebenen Leitung verrostet, fällt herab auf einen andern Draht, der vielleicht von einem hochgespannten Strom durchlaufen wird, und stellt eine Verbindung dieses Stromes mit der Erde her. Berührt dann der Draht im Fallen einen Menschen, so kann er diesen verletzen oder töten, fällt er auf einen Telegraphen- oder Telephondraht, so leitet er den gefährlichen Strom in die Häuser und kann auch hier verderblich wirken.

Die Gefahr der elektrischen Leitungen steigt sehr erheblich bei Anwendung des Wechselstromsystems. Man benutzte bisher bei Beleuchtungsanlagen das Gleichstromsystem mit elektrischem Strom von geringer Spannung, der zu seiner Fortleitung einen verhältnismäßig starken Draht erfordert, geht aber jetzt mehr und mehr zum Wechselstromsystem über, indem man Ströme von hoher Spannung anwendet, für deren Fortleitung schwächere Drähte genügen. Um die Ströme von hoher Spannung auf eine beliebig niedrigere zu bringen, werden Transformatoren angewendet, bei welchen der hochgespannte Strom eine Spule durchfließt und dabei in einer zweiten Spule einen schwächern Strom induziert. Bei Isolationsfehlern im Transformator kann die primäre hohe Spannung sehr leicht einmal unerwartet im sekundären Leitungskreis auftreten, was um so bedenklicher ist, als das Gefühl vermeintlicher Sicherheit Veranlassung zu nicht gerechtfertigter Sorglosigkeit und Unachtsamkeit gibt. Besonders gefährlich ist eine derartige oberirdische Leitung, bei welcher der Transformator im Haus, etwa unter dem Dach steht, aber auch bei unterirdischen Leitungen ist Sorge zu tragen, daß bei Arbeiten im Straßengrund kein Unglück geschieht.

Die Wirkung elektrischer Ströme auf den Menschen ist von so vielen Verhältnissen abhängig, daß sich darüber wenig Allgemeines sagen läßt. Nach Versuchen in Hannover kann ein Erwachsener, der an die Wirkungen der Elektrizität gewöhnt ist, wenn man ihm den Strom mittels metallener Handhaben von gebräuchlicher Größe zuführt, die fest in die befeuchteten Hände genommen werden, ohne daß wirkliche Schmerzempfindung oder ein merklicher Nachteil für die Gesundheit eintritt, einen Strom eben noch aushalten, der durch eine Spannungsdifferenz von 50–100 Volt erzeugt wird. Höhere Spannungen, wie sie Serienmaschinen für Bogenlicht liefern, können daher sehr wohl nachteilige Wirkungen hervorrufen, und es scheint, daß 600 Volt bei vollem Anfassen metallischer Teile der Schließung die Grenze bilden, jenseit welcher Gefahr vorhanden ist. Viel gefährlicher als Gleichströme sind aber Wechselströme. Hunde, welche in Edisons Laboratorium kontinuierlichen Strömen von 1000–1400 Volt widerstanden, wurden durch Wechselströme von 250–800 Volt getötet. Eine französische Kommission fand, daß bei geschlossenem Stromkreis Stromdifferenzen bis zu 500 Volt durchaus ungefährlich sind. Wechselströme von 60 Volt, also von der Stärke der gewöhnlichen Jablochkowströme, töteten Meerschweinchen bei längerer Einwirkung, solche von 120 Volt führten augenblicklichen Atemstillstand und Tod herbei. Die Kommission schlug daraufhin der Regierung vor, Gleichströme von 500 Volt an und Wechselströme von 60 Volt an der Konzessionspflicht zu unterwerfen. Mit diesen Ergebnissen ist aber die Frage bei weitem noch nicht erledigt und es wird weitern Tierversuchen vorbehalten bleiben, größere Sicherheit zu schaffen. Jedenfalls ergibt sich schon jetzt, daß oberirdische Leitungen für Ströme von stärkerer Spannung in Städten nur ausnahmsweise und dann unter Beobachtung ganz besonderer Vorsichtsmaßregeln zulässig sind. Wenn beide Leiter durch sorgfältige Befestigung vollkommen isoliert und so weit voneinander entfernt sind, daß gleichzeitige Berührung sicher ausgeschlossen ist, so ist immerhin die Unfallgefahr auf ein Minimum reduziert. Im allgemeinen ist unterirdische Leitung vorzuziehen, und zwar sollten nur Kabel mit fester Eisenumhüllung oder Kanäle aus Mauerwerk, Beton oder Gußeisen, in denen die Drähte als Luftleitungen ausgespannt sind, verwendet werden. Die Leitungen zu den Straßenlampen führt man zweckmäßig innerhalb der Kandelaber aufwärts. Transformatoren sind von den Gebäuden fern zu halten und etwa vor denselben in gut gesicherten Hohlräumen unter dem Bürgersteig anzubringen. Das Durchschlagen zwischen primärer und sekundärer Leitung und damit der Eintritt hoher Spannungen in bewohnte Räume ist durch sorgfältige Arbeit und gewissenhafte Kontrolle zu verhüten. Alle in Wohnungen eingeführte Leitungen sind durch Isoliermaterial von oben angegebener Beschaffenheit zu schützen. Niemals dürfen elektrische Leitungen an Gas-, Wasser- oder sonstige Leitungen angeschlossen werden. Leitungen für hohe Spannungen müssen so verlegt werden, daß Berührung von unberufener Hand ausgeschlossen ist, namentlich müssen positive und negative Leitung so weit voneinander entfernt liegen, daß gleichzeitige Berührung beider unmöglich ist. Für Ströme bis zu 10,000 Volt hat man in England konzentrische Kabel konstruiert, bei denen der gut isolierte positive Leiter in dem röhrenförmigen negativen Leiter liegt. Zweifellos kann bei elektrischen Leitungen, auch bei solchen von hoher Spannung, die Gefahr vermieden werden, und in der Regel werden, wenigstens bei uns, die Unternehmer das Ihrige thun, um möglichste Sicherheit zu schaffen. Gleichwohl erscheint eine gesetzliche Regelung der Verhältnisse, auf welche bis jetzt nur die gewöhnlichen Normen der Gewerbeordnung Anwendung finden, durchaus geboten. Italien besitzt bereits eine brauchbare Gesetzgebung, und Frankreich hat vor einigen Jahren eine Enquete unternommen, welche wichtige Anhaltspunkte beigebracht hat.

Wo die Elektrizität zum Löten und Schweißen benutzt wird, entwickelt sich ein Licht von so außerordentlicher Intensität, daß bei den Arbeitern, welche demselben ausgesetzt sind, Erscheinungen wie bei der Verbrennung der Haut durch Sonnenlicht und wie beim Sonnenstich vorkommen, wenn nicht ganz besondere [239] Schutzmaßregeln getroffen werden. Selbst bei Personen, die 5–10 m von der Lichtquelle entfernt gewesen waren, traten Schmerzen an Hals und Gesicht ein, die Haut färbte sich rotbraun, während die Augen, obwohl durch fast undurchsichtige Brillen geschützt, wie erblindet waren, dann alles tiefgelb erblickten und zuletzt 24 Stunden sehr stark thränten. Heftige Kopf- und Augenschmerzen hinderten die Befallenen am Schlafe, es trat Fieber ein, und nach 5 Tagen löste sich die Gesichtshaut in breiten Streifen ab.