MKL1888:Juraformation

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
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Band 9 (1887), Seite 329331
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Juraformation. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 9, Seite 329–331. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Juraformation (Version vom 19.02.2023)

[329] Juraformation (oft bloß Jura, nach dem gleichnamigen Gebirge so genannt, Oolithgebirge, Terrains jurassiques, Oolite; hierzu die Tafeln „Juraformation I u. II“), Schichtensystem, von den Gesteinen der Triasformation unterteuft und von denen der Kreideformation überlagert, oft aber bloß zur Bezeichnung der obern beiden Abteilungen der Formation gebraucht, denen dann der Lias (eigentlich Leias zu sprechen, doch vollkommen germanisiert) als selbständige Formation gegenübergestellt wird. Die Abgrenzung nach unten gegen Keuper ebenso wie nach oben gegen Kreide unterliegt sehr verschiedener Auffassung, insofern als die in unsrer Übersicht (vgl. Geologische Formation) als selbständige Zwischenbildung behandelte rätische Formation von andern als Infralias dem Jura zugezählt oder von noch andern zum Keuper gerechnet wird, und insofern als man die Wealdenformation, die Zwischenformation zwischen Jura und Kreide, oft in zwei Teile trennt, deren untern, die Purbeckschichten, man dann zum Jura, deren obern, die Wealdenbildung im engern Sinn, zur untern Kreide zieht. Von Gesteinen beteiligen sich an der Zusammensetzung der Juraschichten hervorragend Kalksteine, oft von oolithischer Struktur oder organogen (namentlich Scyphien- und Korallenkalke), sehr häufig mit Dolomiten eng verknüpft. Höhlenbildungen (Höhlenkalk, z. B. in der Fränkischen Schweiz und Schwäbischen Alb) und groteske Bergformen als Resultat der Erosion sind hier wie in andern Formationen an das gleichzeitige Vorkommen rein kalkigen und dolomitischen Gesteinsmaterials gebunden. Ferner treten Thone, Schieferthone, Mergel (letztere oft schieferig und mit organischer Substanz übermengt, sogen. Brandschiefer, mitunter in den eigentümlichen Formen des Tutenmergels) und Sandsteine auf, während gröbere Trümmergesteine fast gänzlich fehlen. In einzelnen Etagen finden sich noch Eisenerze (Sphärosiderite und Oolithe) und ganz untergeordnet auch Steinkohlen eingelagert.

Hinsichtlich der Gliederung der Schichten, deren Lagerung meist eine sehr regelmäßige und nur selten durch Verwerfungen und Faltungen bis zur Überkippung gestörte ist (Alpen, Juragebirge, Harz), läßt sich zunächst überall eine Dreiteilung nachweisen in (von unten nach oben) Lias, Dogger und Malm (in Schwaben nach den dort den einzelnen Etagen vorwiegend zukommenden Farben: schwarzer, brauner und weißer Jura genannt), wobei von vielen Geologen (wie schon oben angedeutet) der Lias dem Jura im engern Sinn (Dogger und Malm umfassend) entgegengestellt wird. Des nähern teilen die schwäbischen Geologen nach Quenstedts Vorgang jede der drei Unterformationen in sechs Etagen, je mit den sechs ersten Buchstaben (Alpha bis Zeta) des griechischen Alphabets bezeichnet. Einzelne dieser Etagen sind in andern Ländern gut nachweisbar, wobei freilich die Mächtigkeiten und damit die Wichtigkeit einzelner Schichten bei dem Gesamtaufbau der Formation sehr wechselnde sind. Am wenigsten gelingt eine Parallelisierung beim Malm, weil die in Schwaben als Zeta bezeichneten Schichten an andern Orten von noch jüngern jurassischen Bildungen überlagert werden. Speziell im Lias bilden (von unten nach oben) die Schichten mit Gryphaea arcuata (Gryphiten- oder Arcuatenkalk), diejenigen mit Ammonites planorbis (psilonotus), mit A. angulatus, mit A. Bucklandi und andern Ammoniten aus der Gruppe der Arieten (Arietenkalke), sämtlich das Alpha der Schwaben, zum Teil das Sinémurien der Franzosen, nach Sémur genannt, ferner diejenigen mit Terebratula numismalis (Gamma) sowie die mit Ammonites amaltheus oder margaritatus (Delta, Liasien) und die Posidonienschiefer samt den Schichten mit A. jurensis oder Jurensismergeln (Epsilon und Zeta, Toarcien inférieur, nach Thouars genannt) vortreffliche Horizonte zur Parallelisierung, während in der alpinen Entwickelung namentlich die roten Ammonitenkalke von Adneth, die Hierlatzschichten und die Allgäuer Schichten dem Lias entsprechen. Ähnlich wichtige Rollen als geologische Horizonte wie die eben genannten liasischen Schichten spielen im Dogger die Schichten mit A. opalinus (Alpha), mit A. Murchisonae und Pecten personatus (Beta), mit Ammonites coronatus (Coronatenkalk, Delta), mit A. macrocephalus (oberes Epsilon) und mit A. ornatus (Zeta), wobei bemerkt werden muß, daß die norddeutschen Geologen die letztgenannten Horizonte als Kelloway schon dem Malm zuzuzählen pflegen. Die Franzosen unterscheiden Toarcien supérieur (etwa Alpha und Beta), Bajocien (Gamma), Bathonien (ungefähr oberes Delta und Epsilon), von welchem neuerdings speziell für Lothringer Entwickelung eine untere Etage, Vesullien, abgetrennt worden ist, und Callovien. Wegen der häufigen Entwickelung von Oolithen bezeichnen die Engländer Dogger und Malm überhaupt als Oolite, von dem der Lower oder Bath-Oolite auf den Dogger entfällt, welcher wieder in Inferior Oolite und Great Ooolite (in die deutsche Nomenklatur als Hauptrogenstein übergegangen) zerfällt. Im Great Oolite unterscheidet man noch einmal Bath-Oolite oder Great Oolite im engern Sinn des Wortes, wohin auch die Stonesfieldschichten mit den Säugetierresten zählen, Bradfordclay mit Forestmarble und Cornbrash mit Kelloway. Der Nachweis von Doggerschichten in den Alpen ist wegen lokaler Verschiedenheit der an sich spärlichen Versteinerungen nur schwer erbringlich. Wohl sicher gehören die Aptychus-Schiefer hierher. Der Malm zerfällt in Oxford und Korallien (Korallenkalk, Coralrag), in Kimmeridge und in Portland, zu welch letzterm oft die Purbeckschichten (vgl. Wealdenformation) zugezogen werden. Daß viele Geologen auch die untere Grenze des Malm tiefer legen, indem sie den Kelloway zum Malm rechnen, wurde schon oben erwähnt. Nach der schwäbischen Einteilung würde Alpha (Kalkbänke mit mächtigen Thonzwischenlagen und Terebratula impressa als Einschlüssen) dem Oxford entsprechen, Beta und Gamma dem Korallien, Delta bis Zeta dem Kimmeridge. Für Portland läßt sich in Schwaben keine Parallele auffinden. Dabei sind in fast allen Etagen von Beta bis Zeta verschiedene Facies entwickelt, so daß die gleichalterigen Schichten bald als wohlgeschichtete Kalke mit Ammoniten oder Brachiopoden, bald als Spongiten- (Scyphien-) Kalke oder als Korallenkalke (Madreporenkalke der ältern Schriftsteller), bald als Dolomite auftreten, Erscheinungen, wodurch die Parallelisierung schon für Schwaben selbst außerordentlich erschwert wird. Die oberste Schichtenreihe (Zeta) in der schwäbischen Entwickelung sind die Krebsscherenkalke, in welches Niveau auch die durch ihre Versteinerungseinschlüsse weltberühmten Schichten von Nusplingen in Württemberg und Solnhofen in Bayern gehören. Reich an der eigentümlich gestalteten Bivalve Diceras arietina (s. Tafel I) sind die dem obersten Oxford angehörigen Diceratenkalke Frankreichs und der Schweiz. Über die Stellung des sogen. Tithons in den Alpen gehen die Meinungen auseinander. Es handelt sich eben um Zwischenschichten zwischen Dogger und Kreide, welche dem außeralpinen Profil bald

[Ξ]

Juraformation I.
1 2 3 4 5
12
6 8 9
13 14 21
11 15 16
10 20
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[WS 1]

[1] Hemicidaris crenularis. (Art. Echinoideen.)
[2] Cypris leguminella.
[3] Cypris tuberculata (Art. Muschelkrebse.)
[4] Cypris gibbosa.
[5] Ammonites Humphriesianus (Art. Tintenschnecken.)
[6] Ansicht eines vollständigen Belemnitenknochens, restauriert. (Art. Tintenschnecken.)
[7] Belemnit mit Alveole.
[8] Cidaris florigemma, Stachel. (Art. Echinoideen.)
[9] Thecosmilia annularis. (Art. Korallen.)
[10] Terebratula diphya. (Art. Brachiopoden.)
[11] Diceras arietinum. (Art. Muscheln.)
[12] Pentacrinus briaroides, a, b zwei Säulenglieder von der Gelenkfläche. (Art. Krinoideen.)
[13] Ammonites Bucklandi (bisulcatus).
[14] Terebratula globata. (Art. Brachiopoden.)
[15] Ammonites margaritatus. (Art. Tintenschnecken.)
[16] Astarte minima. (Art. Muscheln.)
[17] Libelle von Solnhofen. (Art. Insekten.)
[18] Gryphaea arcuata (Art. Muscheln.)
[19] Scyphia (Cribrospongia) reticulata. (Art. Schwämme.)
[20] Eryon arctiformis. (Art. Krebse.)
[21] Apiocrinus Roissyanus. (Art. Krinoideen.)

[Ξ]

Juraformation II.
1 4 2
3 5
6 7 10 12
8
9 11

[1] Aspidorhynchus, restauriert. (Art. Fische.)
[2] Megalurus, restauriert. (Art. Fische.)
[3] Pterodactylus crassirostris. (Art. Pterosaurier.)
[4] Archaeopteryx macrurus. (Berliner Museum; Art. Archaeopteryx.)
[5] Ein fast vollständiges Skelett von Plesiosaurus macrocephalus. (Art. Enaliosaurier.)
[6] Koprolith des Ichthyosauriers (Art. Enaliosaurier.)
[7] Unterkiefer von Thylacotherium Prevosti. (Art. Beuteltiere.)
[8] Unterkiefer von Phascolotherium Bucklandi (Art. Beuteltiere.)
[9] Schädel des Ichthyosaurus, von der Seite.
[10] Flügel von Pterodactylus mit erhaltener Flughaut.
[11] Ichthyosaurus communis. (Art. Enaliosaurier.)
[12] Zahn von Ichthyosaurus platyodon.

[330] an höherer, bald an tieferer Stelle eingereiht werden. Es sind Kalksteinschichten, reich an Terebratula diphya (s. Tafel I), u. die sogen. Stramberger Schichten.

[Verbreitung der Juraformation.] Unter den Gebieten, in welchen vorwiegend Gesteine der J. die Erdoberfläche zusammensetzen, zieht beim Anblick einer geologischen Karte zunächst der ununterbrochene Höhenzug die Aufmerksamkeit auf sich, welcher, in der Nähe der Rhônemündung beginnend, als Juragebirge die Grenze zwischen Schweiz und Frankreich bildet, bei Schaffhausen den Rhein überschreitet, als Schwäbische Alb Württemberg durchzieht, östlich bis Regensburg sich erstreckt und scharf nach N. biegend sich als Fränkische Schweiz bis in die Gegend von Koburg verfolgen läßt. Zusammenhängende Juraterritorien besitzt Deutschland ferner im NW. (Weserkette mit der Porta westfalica) und im O., den oberschlesischen Jura, mit dem polnischen in Verbindung stehend. Vereinzelte Juraschollen treten am Westabhang des Schwarzwaldes, dann bei Eisenach, Gotha etc. auf, und bis an die Ostseeufer ist die J. in Form vereinzelter Blöcke oder als in der Tiefe vorhanden durch Bohrlöcher nachgewiesen. Am nördlichen und südlichen Rande der Alpen zieht sich ein Band von Gesteinen der J. hin, während in den Karpathen einzelne Partien klippenartig aus jüngern Gesteinen aufragen. Im O. Europas hat Rußland bei Moskau, in der Krim und im Kaukasus Juragebiete aufzuweisen, im W. Frankreich zwei, ein südliches, an die zentrale Granitzone angelegtes, und ein nördliches, zu welchem auch die Juraschichten in Lothringen gehören; das letztere läßt sich, freilich zum Teil von jüngern Schichten bedeckt, bis in die Nähe des Kanals verfolgen und findet jenseit desselben im englischen Jura seine Fortsetzung. Über die Parallelisierung des nordamerikanischen Juras mit dem europäischen sind die Akten noch nicht geschlossen, um so besser konnte eine Übereinstimmung mit der J. Südamerikas und Asiens (Ostindien und Sibirien) nachgewiesen werden.

[Versteinerungen.] Unter den in den Juraschichten eingeschlossenen Resten sind pflanzliche Organismen selten. Fucus-Arten (im Lias), Cykadeenblätter (im Lias und Malm), Koniferenhölzer, verkalkt und verkieselt (im Lias), tragen zum großen Teil den Charakter eingeschwemmten Materials, und nur an wenigen Stellen (Alpen, Karpathen) sind die Pflanzenreste in Form von Kohlenflözen angehäuft. Um so zahlreicher und mannigfaltiger sind die Tierformen, von denen die beiden Tafeln eine kleine Auswahl bieten. Daß die Spongien, von denen die Tafel I Scyphia reticulata darstellt, und Riffe bauende Korallen (s. Thecosmilia annularis auf Tafel I) große, mächtige Schichten fast ausschließlich zusammensetzen, wurde oben erwähnt, und ebenso bilden Brachiopoden, von denen Terebratula globata aus dem Korallien und T. diphya (beide Tafel I) aus dem Tithon als Beispiele gegeben sind, in mehreren Niveaus zoogene Gesteinslagen. Von den Zweischalern wurden Gryphaea arcuata (Lias) und Diceras arietinum (Oxford) (beide Tafel I) schon oben als vorzügliche Leitmuscheln erwähnt; hinzu kommt Astarte minima (Tafel I) aus dem Korallien. Während die Schnecken nach Arten- und Individuenzahl in der J. eine nur bescheidene Vertretung finden, ist die Ordnung der Cephalopoden in einer großen Mannigfaltigkeit entwickelt. So zählt das Genus Ammonites, von welchem die Tafel I die Spezies Bucklandi und margaritatus (oder amaltheus, s. oben) aus dem Lias und Humphriesianus aus dem Dogger darstellt, nach vielen Hunderten von Arten, oft, weil auf einzelne Schichten oder doch wenig mächtige Schichtenkomplexe beschränkt, vorzügliche Leitfossilien. Daneben stellen sich auch schon die allerdings erst in der Kreideformation recht zur Entwickelung kommenden Formen mit Ammoniten-Suturlinien, aber mit andrer Aufwickelung ein (z. B. Arten des Genus Hamites). Die für die J. als solche charakteristischen Formen sind die Belemniten, von deren drei Knochen (vgl. Tafel I und Artikel „Belemniten“) gewöhnlich nur die Scheide (bei Belemnites giganteus aus dem Dogger 0,5 m und darüber groß), bisweilen mit noch eingeschlossener Alveole erhalten ist, während die Schulpe fast immer zerstört ist. Mit Ausnahme des in der alpinen Trias auftretenden Aulococeras, welcher zudem von einem Teil der Paläontologen für einen Orthoceras gehalten wird, sind die Belemniten nicht älter als die Juraperiode, und ihr Auftreten ist zur Abgrenzung gegen ältere Formationen um so wertvoller, als sie sich schon in den untersten Liasschichten in großer Individuenzahl einstellen. Von Kriniten bringt die Tafel I Pentacrinus briaroides, welcher besonders im Lias vorkommt, und den durch seine Kelchbildung ausgezeichneten Apiocrinus Roissyanus aus dem Oxford. Derselben Etage entstammen die als Beispiele gegebenen Seeigel, von denen bei Hemicidaris crenularis der kugelförmige Körper, bei Cidaris florigemma der Stachel zur Darstellung kam. Von Insekten bildet die Tafel I eine Libelle ab, zugleich als Beispiel der vorzüglichen Erhaltung der Versteinerungen in den lithographischen Schiefern von Solnhofen (Kimmeridge). Während die Cypris-Arten der Tafel I jenen obersten, von uns zur Wealdenformation (s. d.) gezogenen Purbeckschichten angehören, entstammen der langschwänzige Krebs Eryon arctiformis auf Tafel I und die Fische auf Tafel II wiederum den Solnhofener Schiefern. Die Fische sind Ganoiden, aber nicht mehr, wie die der ältern Formationen, heterocerkal. Sonstige Abbildungen der Tafel II sind den zum Teil gigantischen Formen der Saurier gewidmet und zwar zunächst dem langhalsigen Plesiosaurus und dem kurzhalsigen Ichthyosaurus (besondere Abbildungen zeigen den Kopf mit dem Knochenring des Auges, Zahn und Exkremente, sogen. Koprolithen), beides Meeressaurier, neben denen aber auch gleichalterig solche (Mystriosaurus etc.) auftreten, welche als echte Amphibien zugleich zum Leben auf dem Land organisiert waren. Entstammen diese Saurier dem Lias (und zwar die schwäbischen von Boll, Holzmaden etc. den Posidonienschiefern, die englischen von Lyme Regis einer tiefern Lage, dem untern Lias), so liegen die Reste des Flugsauriers Pterodactylus (zwei Figuren) sowie diejenigen des ältesten Vogels, Archaeopteryx, wieder in den Solnhofener Schiefern. Indem hinsichtlich der Wichtigkeit des letztgenannten Petrefakts in Bezug auf systematische Stellung und Entwickelungsgeschichte auf den Artikel Archaeopteryx verwiesen wird, sei nur beigefügt, daß die auf Tafel II gegebene Abbildung den neuesten, in den Besitz des Berliner Museums gekommenen Fund darstellt. Da ferner nach Ansicht einer Mehrzahl amerikanischer Geologen die Atlantosaurus-Schichten von Colorado als oberer Jura gedeutet werden, so würden auch jene riesigen Tierformen der Dinosaurier (darunter Atlantosaurus von 30 m Länge und 10 m Höhe) zu den Jurasauriern zu zählen sein. Endlich gibt die Tafel II noch die Unterkiefer von Beuteltieren. Sie entstammen den oben erwähnten Stonesfieldschichten, zum Dogger gehörig, werden also von den deutschen Funden in der Rätischen Formation (s. d.) an Alter übertroffen. In [331] den Purbeckschichten (vgl. Wealdenformation) ist in England ein drittes solche alte Säugetierreste führendes Niveau entwickelt.

Vulkanische Gesteine gleichzeitiger Bildung sind für die deutsche J. nicht nachweisbar, wohl aber anderwärts. Wir verweisen auf das Profil von der schottischen Insel Skye, welches auf der dem Artikel „Gang“ beigegebenen Tafel abgebildet ist. Ein basaltähnliches Gestein, sogen. Trapp, durchsetzt und überlagert Doggerschichten, wird aber seinerseits von Malmgesteinen überdeckt als sicherer Beweis, daß seine Eruptionszeit mitten in die Juraperiode hineinfiel. Von andern Stellen Schottlands sowie aus den Pyrenäen und aus den Rocky Mountains Nordamerikas werden für syenitisch-granitische Gesteine und für Quarzporphyre ganz ähnliche Lagerungsverhältnisse beschrieben. – Unter den technisch wichtigen Materialien, welche den Schichten der J. eingelagert sind, sind neben den Kalksteinen, welche als Baumaterial und zur Zementfabrikation dienen, in erster Linie die Eisenerze zu erwähnen, welche als Oolithe, Thoneisensteine und Sphärosiderite in verschiedenen Etagen des Lias und des Dogger (Luxemburg, Lothringen, Württemberg, Wesergebirge, Oberschlesien) vorkommen und dem Abbau unterliegen. Die mit organischen Substanzen übermengten Posidonienschiefer werden als sogen. Ölschiefer der Destillation unterworfen (Reutlingen in Württemberg), Asphalt aus Malmgesteinen (Juragebirge, Hannover) gewonnen. Steinkohle, im Lias eingelagert, ist im allgemeinen nur von geringer Bedeutung, aber doch bauwürdig bei Fünfkirchen in Ungarn sowie in Persien und China. An die dichte, dreh- und polierbare Kohle, den Gagat, die in kleinen Schmitzen im Lias vorkommt, hat sich in England und Württemberg eine Industrie zur Herstellung von Schmuckgegenständen angeknüpft. Die vorzüglichsten Lithographiesteine, das französische Material (von Cirin) weit übertreffend, liefern die Solnhofener Schiefer (Kimmeridge).

Vgl. L. v. Buch, Über den Jura in Deutschland (Berl. 1839); Römer, Versteinerungen des norddeutschen Oolithengebirges (Hannov. 1836, mit Nachtrag 1839); Quenstedt, Der Jura (Tübing. 1858); Oppel, Die J. Englands, Frankreichs und des südwestlichen Deutschland (Stuttg. 1856–58); v. Seebach, Der hannoversche Jura (Berl. 1864); Brauns, Der mittlere (Kassel 1869), untere (Braunschw. 1871) und obere (das. 1874) Jura im nordwestlichen Deutschland; v. Ammon, Die Juraablagerungen zwischen Regensburg und Passau (Münch. 1875); Engel, Der weiße Jura in Schwaben (Stuttg. 1877); Brauns, Der untere Dogger Deutsch-Lothringens (Straßb. 1879); Philipps, Geology of Yorkshire, Bd. 1 (Lond. 1829), und d’Orbigny, Paléontologie française, terrains jurassiques (Par. 1842–60, 2 Bde. mit Atlas).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Die Nummerierung der Figuren ist in der Vorlage nicht vorhanden und wurde zur Orientierung eingefügt.