Medicinische Charlatans in Franken
Beyliegendes gedrucktes Avertissement wird Sie von der Beschaffenheit der Medicenal-Policey-Anstalten in einigen Gegenden des Fürstenthums Onolzbach belehren. In Marktsteft sahe ich vorige Woche noch des Herrn Potanicus Franz Antoni Vogel, Burgers zu Augspurg, Theater stehen, und am 6 April schlug er seinen Kram in Sickershausen auf, einem Ort, der in das Oberschultheisenamt Marktsteft gehört. – Seine Ankündigung selbst bitte ich mit diplomatischer Genauigkeit abdrucken zu lassen.
Anbey habe ich eine kleine Anmerkung, wegen des so allgemeinen aber auch trüglichen Urinschauens, beybringen wollen. Es ist bekannt, daß es fast aller Orten gebräuchlich geworden ist, daß der Arzt aus dem Urin das Alter, das Geschlecht, die Krankheit, deren nächste und entfernte Ursache, den glücklichen oder unglücklichen Ausgang des Uebels bestimmen sollte, und dieses ist meines Erachtens zu viel begehrt, dann wahrsagen und prophezeyen ist nie das Thun eines rechtschaffenen Arztes.
Daß aber die regelmäßige Kenntniß des Urins dem darinnen wohl bewanderten Arzt viel Licht gebe, die Zu- und Abnahme der Krankheit zu erkennen, auch manchmal den Spiegel vorlege, worinnen er die Abweichungen von dem natürlichen Zustande einsieht, die kritischen Bemühungen und Absätze wahrnimmt, und nicht selten den wirklichen Zustand des Kranken vor Augen leget, bedarf keiner weitläuftigen Beweise, da Hippokrates, Galenus, van Swieten, Boerhaave, Sydenham, de Gorter, de Mezs, etc. hierinnfalls für mich das Wort sprechen. Wollen Sie nun also aus redlicher Gesinnung, und aus Liebe zu ihrer Gesundheit, Ihren Urin oder Wasser mir zuschicken, so werde ich Ihnen ihre Umstände, so viel als es möglich, daraus entdecken, und vielleicht mehr, als sie von mir denken und erwarten werden, nach Besichtigung desselben ihre Krankheit aufklären können.
| Welche nun an äußerlichen Umständen leiden, die ohnehin aus dem Urin nicht zu erkennen sind, als: Augen, Ohren, offene Schäden, Leibschäden beyderley Geschlechts, verschiedene Rauden und Ausschläge, wie auch Erbgrind, Kröpfe, Wind- und Sodhälse, Zahnschmerzen, Scharbock und Mundfäule, Bluten des Zahnfleisches und noch andere mehr, selbige belieben sich bey mir zu melden, welchen ich nach Besichtigung des Urins und wo es durch dessen Beyhülfe nicht seyn kan, nach genauer Untersuchung der Umstände, aufrichtig sagen werde, ob zu helfen sey oder nicht.Nun folgen einige Stücke, die ich auszutheilen pflege. Erstlich führe ich bey mir eine gewisse Nachtlaxier, welche in 7 Pillen besteht; sie wird nicht wie andere mit Suppen oder Thee eingenommen, sondern zu Nacht vor dem Schlafengehen in einem Löffel voll Wein oder Bier; man kan beydes nach Belieben nachtrinken; dann fängt es an Morgens ganz gelinde zu laxiren; eine erwachsene Person, die schwacher Natur ist, nimmt zu Nacht nur 5 oder 6 Pillen; ein Kind von 2 Jahren nimmt 2, von 3 oder 4 Jahren nimmt 3 und so weiters. Diese Laxier führet ab alle Unreinigkeiten des Magens und der Gedärme, benimmt die verlegene Gall und Schleim, bringt den Appetit wieder, und schaffet alle todte und lebendige Würmer samt dem Wurmstock aus dem Leibe sowohl bey Kindern als Erwachsenen. Schwind- und Dürrsüchtigen, Blutspeienden, Schwangern, und denen, die eine Entzündung des Magens, der Gedärme, oder benachbarten Ingeweiden haben, sind meine wie andere Laxanzen verbotten.
2. Ein Präservativ für Personen, die einen schwachen Magen, Wind und Blähung haben, für Grimmen, Kolicschmerzen des Leibes, Dissentrie oder weiße und rothe Ruhr, Durchlauf, in allen| ansteckenden Seuchen und giftigen Nebeln nichts zu ererben, alle Morgen und Abend ein wenig eingenommen. Das Loth kostet 6 Batzen.3. Führe ich ein Remedium, alle 2, 3 und 4tägige Fieber in Kurzem zu vertreiben.
4. Habe ich ein Präservativ für alle rothe, trübe und brennende Augen, wie auch für die Schwäche derselben.
5. Ein sicheres Präservativ vor Schlagflüsse, Hauptschmerzen, Schwindel und schwaches Gedächtniß.
6. Führe ich bey mir eine Composition der vortreflichsten Kräuter. Es können sich solcher Gesunde und Kranke als einer Blutsreinigung bedienen, und wie andern Thee trinken; sie reinigen und verdünnern das Geblüt, lösen den Schleim von der Brust ab, befördern die Ausdünstung, heben die Verstopfung der Bauch-Ingeweyden, vertreiben die Melancholie oder Schwermuth.
7. Verfertige ich den so berühmten, als in seiner Wirkung unverbesserlichen Englischen Balsam. Es zeichnet sich dieses vortrefliche Stück aus in Contracturen und Lähmung der Glieder, in Gicht an Armen und Beinen, in Reissen der Glieder, in Hüftwehe und Schmerzen der Lenden, in dem Ausschlag und Erbgrind, in gehauenen, gestochenen und gebrandten Wunden ist er unverbesserlich. Das Pfund kostet 10 Gulden.
8. Recommendire ich mich auch allen denjenigen, so mit dem Bändel- oder Nestelwurm behaftet sind; ja ich offerire mich solchen Personen, daß sie nicht eher bezahlen, bis derselbe radicaliter samt dem Kopfe abgeführt ist.
Schlüßlich dienet zur Nachricht, daß weder durch meine Leute, noch sonst jemand, eine Medicin verkauft, oder in die Häuser herumgetragen, sondern| von mir selbst, oder in meinem Logie abgeholet werden muß. Der geneigte Leser wird ersucht, diesen Zettel weiter kund zu machen.Er logirt in Sichershaussen (Sickershausen), im Anspach. Amte Markt Steft.
Trier gnädigst privilegirte Potanicus,
Franz Antoni Vogel, Bürger zu
Augspurg.
- ↑ Diese Beylage kann man bereits abgedruckt lesen im Journ. von und für Deutschland 1789. IX St. S. 249.