Mährchen und Jugenderinnerungen/Erster Theil
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[I]
[II]
[III]
Du schreibst mir, mein süßes Kind! „Ach! wenn das schöne Rügenland und der schöne Rhein doch so leicht zusammenkommen könnten, als die Gedanken!“
Ja wohl es ist traurig, daß was sich lieb hat oft so fern von einander wohnen muß und sich bloß durch geistige meistens unsichtbare Boten noch erreichen kann. Ich gebe dir hier ein Bündelchen Gedankenspiele, die auch als solche leicht geflügelte Boten kommen und gehen mögen. Du kennest viele davon, du hast [IV] viel mit darin gespielt. Andere, die auch mit dabei gewesen, blinzeln nun nicht mehr durch den oft verdunkelten gläsernen Berg der Erde, nein sie schauen schon mit himmlischen Augen aus dem reinen hellen Firmament auf das blinde Maulwurfsgewimmel dieser Erde herab. Diese sind auch jetzt ein wenig mit dabei gewesen und sie sollen dich mit den schönsten Gütern segnen, welche die irdische Welt geben kann.
[V]
Wie diese Mährchen zur Welt kommen? Zufällig, wie so viele Dinge dieser Welt. Meine Bücher waren auf einer Seereise von der Ostsee zu dem Zuydersee größtentheils im Wasser ersoffen: ich konnte und ich mogte nichts Ernstes und Schweres anfassen. Da musste ich denn, damit ich meinen Kummer und Verdruß tröstete, versuchen, ob ich mir die Welt und ihre Dinge noch in das leichte Spiel verwandeln könnte, was sie sind und billig immer seyn sollten: und so habe ich diese leichten Träume und Kinderspiele der Jugend zusammengelesen, die theils auf dem Papiere theils in dem Kopfe lange fertig lagen.
[VI] Weiter ist über sie nichts zu sagen; aber ein Wörtchen sollte ich über meine Sprache sagen.
Weise Meister werden kommen und sprechen: dies ist nicht richtig, und das ist nicht teutsch, und jenes ist veraltet. Ich antworte diesen weisen Meistern kurz: Ich werde auch wohl einmal Rede und Antwort geben, wie ich seit zwanzig Jahren teutsche Sprachstudien getrieben habe. Hier sage ich nur, daß die meisten der weisen Meister nur Büchermeister sind, und wenige unter ihnen Lebensmeister, und daß das das magerste und schlechteste Teutsch ist, was sich allein aus Büchern lernt.
Mit boshaften Wortverdrehern und Misbrauchern der Sprache, während sie andere des Misbrauchs beschuldigen, mit solchen, die, damit sie ehrlichen Leuten etwas anhängen, sich noch dummer gebärden, als sie sind, werde ich mich nie einlassen, weil ich gern über den Schmutz [VII] der Bosheit hinschwebe und in dem kurzen Leben heitere Gedanken zu hoch anschlage.
Den Dritten endlich, die es mit der Muttersprache treu und redlich meinen und das Löbliche wollen, sage ich nur, sie sollen manches Wort etwas näher betrachten und ihm länger bis zu seiner Quelle nachjagen, ehe sie das Zeter wälsch und fransch darüber schreien.
Geschrieben zu Bonn den dritten des Christmondes 1817.
[VIII]1. | Geschichte von den sieben bunten Mäusen. | Seite 3 |
2. | Prinzessin Svanvithe. | 10 |
3. | Der Wolf und die Nachtigall, oder wie zwei arme Königskinder verwandelt und zuletzt nach vieler Noth doch wieder zu Menschen geschaffen wurden. | 29 |
4. | Der Wolf und die Nachtigall. (Schwedisches Volksmährchen.) | 57 |
5. | Klas Avenstaken. | 61 |
6. | Paiwai und Paiwuzzo. | 123 |
7. | Die Neun Berge bei Rambin. | 155 |
8. | Schneeflöckchen. | 311 |
9. | Erdwurm. | 337 |
10. | Rattenkönig Birlibi. | 359 |
11. | Der Schlangenkönig. | 374 |
12. | Das brennende Geld. | 397 |
13. | Halt den Mittelweg! | 401 |
14. | Mieskater Martinchen. | 405 |
15. | Der große Jochen. | 416 |
16. | Der Wiedehopf. | 425 |
17. | Rothkehlchen und Kohlmeischen. | 427 |
18. | Die Seekönigin. | 434 |
19. | Der Baurendom. | 445 |
[IX]
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Gewidmet Arndts zweiter Ehefrau Anna Maria Schleiermacher (1786–1869), die er am 17. September 1817 heiratete.