Noch einmal: Frauenwirken in Gefängnissen

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Titel: Noch einmal: Frauenwirken in Gefängnissen
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aus: Die Gartenlaube, Heft 18, S. 303
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[303] Noch einmal: Frauenwirken in den Gefängnissen. Ueber die Anforderungen, die an eine Aufseherin in sächsischen Strafanstalten gestellt werden, theilen wir auf zahlreiche an uns ergangene Anfragen zur Vervollständigung des Aufsatzes in Nr. 9 und der Briefkastennotiz in Nr. 13 des laufenden Jahrganges aus gutunterrichteter Quelle Folgendes mit: Unerläßliche Bedingung ist kräftige Gesundheit. Der Dienst, welcher des Morgens meist um fünf Uhr beginnt und mit einer anderthalbstündigen Unterbrechung am Mittage bis Abends nach neun Uhr dauert, zwingt die Aufseherin, sich unausgesetzt in der nächsten Umgebung der Gefangenen aufzuhalten. Zur Ueberwachung der einstündigen Bewegung der Delinquenten im Freien muß sie bei jeder Witterung still stehen, und zu den Beschwerden dieser Anforderungen kommen noch mancherlei Gemüthsaufregungen, denen die Aufseherin ausgesetzt ist. All dies und der Verkehr mit oft sehr rohen und leidenschaftlichen Personen, die Einförmigkeit des Tageslaufs, die häufig eine große Abspannung der Nerven hervorruft, stellt an die Gesundheit der Aufseherinnen große Anforderungen; auch der häufige Nachtdienst, bei dem die Aufseherin in der Nähe der Schlafsäle zu verweilen hat, gehört nicht zu den leichtesten Leistungen. Ungefähr der sechste Tag ist frei, wobei aber die freihabende Aufseherin während des Mittags drei Stunden die diensthabenden Aufseherinnen abzulösen hat. Urlaub wird alljährlich auf sieben bis vierzehn Tage gewährt. Als das geeignetste Alter zur Anstellung ist die Zeit vom fünfundzwanzigsten bis zum fünfunddreißigsten Lebensjahr zu bezeichnen. Wittwen, welche erziehungsbedürftige Kinder bei sich haben müßten, eignen sich zur Anstellung nicht, da der Dienst nicht nur die ganze Zeit, sondern auch die volle Aufmerksamkeit, welche durch häusliche Sorgen nur zu leicht abgezogen wird, erfordert. Neben guter Schulbildung, welche zur Anfertigung der vorkommenden schriftlichen Arbeiten, Anzeigen, Arbeitslisten, zur Nachhülfe beim Briefschreiben der Gefangenen etc. nöthig ist und den Beamten ein geistiges Uebergewicht über die durchschnittlich wenig gebildeten Gefangenen verleiht, wird auf häusliche Tüchtigkeit und gründliche Kenntniß der weiblichen Arbeiten Werth gelegt, da die Aufseherin erforderlichen Falls auch in der Küche, im Waschhause, bei der Näharbeit oder im Garten und Feld die Aufsicht zu führen und den Gefangenen Anleitung zu richtiger Ausführung der aufgetragenen Arbeiten zu geben genöthigt sein kann, wenngleich für die eigentlichen Facharbeiten, welche in Frauengefängnissen betrieben werden, meist eigene Werkführerinnen angestellt sind. Die Behandlung der Gefangenen erfordert Ruhe und Festigkeit, Geistesgegenwart und Umsicht, Strenge ohne Härte, Gerechtigkeit und Unparteilichkeit, vor Allem aber strengste Wahrheitsliebe und Gewissenhaftigkeit. So nothwendig es ist, daß eine Aufseherin nicht nur durch ihr eigenes musterhaftes Vorbild, sondern auch unmittelbar durch Zusprache und Aufmunterung einen bessernden Einfluß auf die Gefangenen zu gewinnen suche, so kann doch nicht dringend genug vor weichlichen und schwärmerischen Anschauungen gewarnt werden; denn die Verhältnisse einer geordneten Strafanstalt, welche in Deutschland überall etwas von militärisch strammer Zucht und Ordnung mit sich bringen, gestatten so etwas nicht.

Zum Schlüsse sei noch, gegenüber der Angabe in Nr. 9 berichtigend bemerkt, daß in Sachsen den Aufseherinnen außer einem Anfangsgehalt von 900 Mark, welcher bis 1200 Mark aufsteigen kann, keinerlei Nebenvergünstigung, z. B. unentgeltliche Dienstwohnung oder freie Station gewährt wird. Uebrigens wird bei Anstellung von Aufseherinnen auf die Staatsangehörigkeit zwar keine Rücksicht genommen, wie in Nr. 13[WS 1] angedeutet wird, jedoch werden bei den wenigen Anstalten, die hierbei in Frage kommen, von im Ganzen etwa fünfzig Stellen selten mehr als fünf in einem Jahre neu besetzt.

Unter dem sächsischen Ministerium sind nur bei den neuen Gefangenenanstalten zu Dresden, Leipzig und Chemnitz, welche nach dem Muster größerer Strafanstalten eingerichtet sind, besondere Aufseherinnen angestellt, während in den Arresthäusern die Besorgung der weiblichen Gefangenen, so weit nöthig, fast ausschließlich den Ehefrauen der Arresthausinspectoren anvertraut ist. In Preußen dagegen bestehen bei den Strafanstalten 18 Stellen für Oberaufseherinnen mit je 1080 Mark und 188 Stellen für Aufseherinnen mit 660 bis 900 Mark, wozu noch freie Wohnung kommt.



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Nr. 14