37) Antiochos I. Theos Dikaios Epiphanes Philoromaios Philhellen, König von Kommagene. Er war der Sohn des Königs Mithradates I. Kallinikos von Kommagene und der Laodike Thea Philadelphos, durch seine Mutter ein Enkel des syrischen Königs A. VIII. Grypos (Nr. 31, vgl. Mommmsen Athen. Mitt. I 1876, 27ff.). Aus dem Löwenhoroskop vom Nemrud-dagh ist astronomisch berechnet worden, dass die auf demselben dargestellte Constellation die des 17. Juli 98 v. Chr. ist. Puchstein bezieht dies Datum, da es auf den Geburtstag (16. Audnaios = Dec. Jan. nach der grossen Inschrift auf dem Nemrud-dagh II b 14) nicht passt, auf die Conception und setzt danach die Geburt in den Januar 97 v. Chr., wobei er eine Frühgeburt annehmen muss (Humann-Puchstein a. O. 334). Diese Hypothese bedürfte noch weiterer Stützen. Sollte das Horoskop, was an sich nicht ausgeschlossen ist, sich auf den in der Inschrift viel gefeierten Tag des Regierungsantritts beziehen, der nach der Inschrift II b 15 auf den 10. Loos (= Juli) fällt, also wohl mit jenem 17. Juli 98 zusammenfallen könnte, so müsste A. (nach dem Alter seiner Mutter zu schliessen) als unmündiger Knabe den Thron bestiegen haben. In beiden Fällen ist vorausgesetzt, dass das dargestellte Horoskop der Wirklichkeit entspricht, und dass die diensteifrigen Priester dieses ‚geradezu königliche‘ Horoskop (Puchstein [2488] a. O. 334), dessen Vorzüglichkeit fast stutzig machen könnte, nicht als ein Idealhoroskop eines Königs fingiert haben. Die Schriftsteller, die einzelnes aus der Regierung eines Königs A. von Kommagene aus den J. 69–38 berichten, ihn aber immer nur als A. ,den Kommagener‘ bezeichnen, bieten keine Möglichkeit zu entscheiden, ob alle Notizen auf ein und denselben A. gehen, oder ob zwei oder mehrere anzunehmen sind. Mommmsen (Athen. Mitt. I 32 Anm.) sagt mit Recht: ,Wir haben keine Veranlassung, diese Ereignisse nicht alle auf denselben A. zu beziehen‘. Da aber der A. vom Nemrud-dagh ein sehr hohes Alter erreicht hat (I a 22: βίου πολυτελοῦς μακαριστῶς ἐπληρώθην; vgl. auch den greisenhaften Tenor der Inschrift), so ist es jetzt allerdings doch mehr als blos wahrscheinlich, dass der A. von 38 derselbe ist wie der von 69. Nur Einzelheiten sind aus seiner Regierung bekannt. Zuerst begegnet er im J. 69. Vorher hatte er natürlich auf Seiten des Tigranes von Armenien gestanden. Nachdem Lucullus diesem bei Tigranokerta den entscheidenden Schlag versetzt hatte, zog er gegen Kommagene und bestürmte die Hauptstadt Samosata am Euphrat. Ob er die Stadt genommen, wird nicht überliefert (Plin. n. h. II 235). Doch hatte das Auftreten des Lucullus zur Folge, dass A. mit ihm Verhandlungen anknüpfte, auf Grund deren Lucullus seine Unterwerfung entgegennahm. Lucullus beliess ihn im Besitz seines Reiches (Dio Cass. XXXVI 4, 5). Als im J. 64 der siegreiche Pompeius über den Tauros zog, widersetzte sich ihm A. anfangs, vielleicht auf ein Bündnis mit Dareios von Medien gestützt. Er scheint es aber bald vorgezogen zu haben, die Freundschaft des Pompeius zu gewinnen (Appian. Mithr. 106), der ihn nun in Kommagene von neuem bestätigte und ihm ausserdem noch die wichtige Festung Seleukeia am Euphrat und den angrenzenden Teil Mesopotamiens dazugab (Strab. XVI 749. Appian. Mithr. 114). Beim Triumphzug des Pompeius prangte auch A.s Name unter den besiegten Königen (Appian. Mithr. 117). Mommsen R. G. III6 151 Anm. vermutet, dass lediglich hieraus der Kampf des A. gegen Pompeius herausgesponnen sei, da er nach den Abmachungen mit Lucullus unwahrscheinlich sei. Doch verliert diese Vermutung durch die wenn auch nur als möglich gedachte Verknüpfung dieses Kampfes mit dem gegen Dareios von Medien (Appian. Mithr. 106: εἴτε Ἀντιόχῳ συμμαχῶν εἴτε Τιγράνῃ πρότερον, scil. Dareios). Auch wissen wir andererseits zu wenig von diesen Vorgängen, um die Tradition ändern zu dürfen. Als im J. 51 v. Chr. die Parther unter Pakoros, dem Sohn des Königs Orodes, an den Euphrat zogen und Syrien mit einem Einfall bedrohten, bewies sich A. als Freund der Römer, indem er sofort dem römischen Senat (Cic. ad fam. XV 3, 2) und dem Statthalter Kilikiens, Cicero, Mitteilung von diesen Bewegungen machte (Cic. ad fam. XV 1, 2. 3, 1. 4, 3). Als dann sein Wohlthäter Pompeius in den Bürgerkrieg gegen Caesar zog, unterstützte ihn A. durch die Hülfssendung von 200 Mann, meistens berittenen Bogenschützen (Caes. bell. civ. III 4, 5. Appian. bell. civ. II 49). Im J. 38 v. Chr. kam er mit Ventidius, dem Legaten des Antonius, in Streit,
[2489] da er, dem schon im J. 51 mehrere in der Umgebung Ciceros nicht recht getraut hatten (Cic. ad fam. XV 1, 2), sich den Parthern angeschlossen hatte (Plut. Anton. 34). Nachdem Ventidius die Parther in der Kyrrhestike geschlagen hatte, rettete sich ein Teil derselben zum A. nach Kommagene. Des Ventidius Forderung, er solle diese Schützlinge ausliefern, blieb unerfüllt. Dies gab dem Ventidius Veranlassung, gegen ihn zu ziehen, zumal ihn seine Schätze lockten (Dio Cass. XLIX 20). Ventidius begann schon die Belagerung von Samosata und stand bereits in Verhandlungen mit A. (Plut. a. O.), da traf ihn die Abberufung durch den eifersüchtigen Antonius, der nun selbst die Belagerung von Samosata fortführte (Dio Cass. XLIX 21. 22. Plut. a. O. Jos. ant. XIV 439). A. wehrte sich mit solchem Erfolge, dass Antonius unter sehr glimpflichen Bedingungen die Belagerung aufhob (Plut. a. O. Dio Cass. a. O. Zonaras X 26, 519). Die Version des Josephos (ant. XIV 447; bell. Iud. I 16, 7), wonach es doch zu einer Capitulation A.s gekommen wäre, ist nicht unbedenklich. Weiter erzählen die Schriftsteller nichts über A. Er muss vor dem J. 31 gestorben sein, da in diesem ein König Mithriates von Kommagene begegnet (Plut. Ant. 61). Er hat sich verewigt durch sein erst kürzlich wiedergefundenes imposantes Grabdenkmal auf der Spitze des Nemrud-dagh (vgl. Humann-Puchstein Reisen in Kleinasien und Nordsyrien, 1890, nebst Atlas). Ihn feiert eine Inschrift in Ephesos (Le Bas-Waddington III 2 nr. 136 d).
Litteratur: Mommmsen Athen. Mitt. I 27ff. (die Dynastie von Kommagene). Puchstein a. O. 278ff. Babelon Rois de Syrie CCXIIff. Th. Reinach Rev. d. Étud. gr. III 1890, 375ff.