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RE:Artabanos 7

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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III. in oriental. Trad. Ardewân_d._Gr.
Band II,1 (1895) S. 12931296
Artabanos II. in der Wikipedia
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7) Artabanos III., der Ardewân d. Gr. der orientalischen Tradition (v. Gutschmid Kl. Schr. III 105), ein Abkömmling der Arsakiden, aber nur von mütterlicher Seite (Tac. ann. II 3. VI 42, vgl. über die orientalischen Stammbäume Mohl Journ. asiat. III 11, 165). Er war bei den Dahern aufgewachsen (Tac. a. a. O. II 3) und scheint eine Zeit lang das atropatenische Medien beherrscht zu haben. Die Angabe des Josephos (ant. Iud. XVLII 48), er sei Herrscher von Medien gewesen, als er auf den parthischen Thron gerufen wurde, ist zwar von Longuerue (Annales Arsacidarum 36) angefochten worden, weil nach Strabon (XI 523) die Nachkommen des Atropates noch regierten, wird jedoch von Gutschmid (Kl. Schr. III 67, vgl. Gesch. Irans 117), der die Genauigkeit von Strabons Kenntnis dieser Verhältnisse bezweifelt, verteidigt. Auf den Schild erhoben wurde A. III. von einer Partei, welche mit dem in Rom erzogenen und von Augustus eingesetzten Vonones I. unzufrieden war (Tac. Jos. a. a. O.). In der ersten Schlacht siegte Vonones (vgl. die Münzlegende Βασιλεὺς Ὀνόνης νεικήσας Ἀρτάβανον Percy Gardner Parth. Coin. 47), in einer zweiten wurde er geschlagen und musste das Reich räumen (Tac. Jos. a. a. O.). Die Zeit dieser Vorgänge ist nicht überliefert; die älteste datierte Münze A.s III., die wir besitzen, ist aus dem J. 323 der Seleukidenaera (11/12 n. Chr.). A. III., von der römerfeindlichen Partei erhoben, gab dem parthischen Nationalgefühle einen schärferen Ausdruck als seine Vorgänger. Das lassen auch seine Münzen erkennen. Gutschmid (Gesch. Irans 125) bemerkt, dass die griechischen Münzlegenden der arsakidischen Drachmen von A. III ab barbarisch werden. Und Longpérier Mém. des rois Arsacides 93 hebt als charakteristisch für A. III. hervor 1) dass er niemals den Beinamen Φιλλέλην führt, 2) dass er auf dem Revers einer Reihe von Münzen zu Pferde erscheint.

Der vertriebene Vonones bestieg den gerade erledigten Thron von Armenien; aber auch mit dem armenischen Adel knüpfte A. III. Verbindungen an, und so sah sich Vonones, der sich vergebens an Tiberius um Hülfe gewandt hatte, genötigt, auf römisches Gebiet zu flüchten (Jos. a. a. O. Tac. ann. II 4). Diese Ausdehnung der parthischen Macht erschien Tiberius doch bedenklich. Er sandte Germanicus in den Orient, um das römische Ansehen in Armenien herzustellen. Nachdem dieser 18 n. Chr. einen römischen Schützling in Armenien eingesetzt hatte, empfing er eine Gesandtschaft von A. III., welche bat, die Freundschaft zwischen Römern und Parthern zu erneuern, Vonones aus Syrien zu entfernen und seinen Verkehr mit parthischen Grossen zu verhindern. Germanicus bewilligte diese Bitten und internierte [1294] Vonones in Kilikien (Tac. ann. II 58). Für dies Entgegenkommen soll sich ihm A. III. so dankbar erwiesen haben, dass er bei seinem Tode Hoftrauer anordnete (Suet. Calig. 5).

Ein friedliches Einverständnis mit den Römern zu suchen, mag A. III. durch innere Unruhen bestimmt worden sein. Ein merkwürdiges Licht auf die damals im Partherreiche herrschenden Zustände wirft die Geschichte zweier jüdischer Abenteurer, welche in Babylonien eine so bedrohliche Macht gewannen, dass der König es geraten fand, den einen von ihnen zum Statthalter zu ernennen (Jos. ant. Iud. XVIII 325ff.). Nach dessen Tode wurde die Räuberbande durch Mithradates, Schwiegersohn des Königs und Statthalter von Parthyene (Jos. a. a. O. 353ff.), vernichtet. In Seleukeia sah sich A. III. veranlasst, dem Volke seine Gewalt zu nehmen und das oligarchische Regiment zu verstärken (Tac. ann. VI 42).

Trotz dieser inneren Schwierigkeiten führte A. III. glückliche Kriege, und die machten ihm Mut, seine Autorität nach innen schärfer geltend zu machen und die Rücksicht auf die Römer ausser acht zu lassen (Tac. a. a. O. 31. Dio Cass. LVIII 36). Er setzte in Armenien seinen ältesten Sohn Arsakes als König ein und erhob Ansprüche auf Kappadokien (Tac. a. a. O.), wo nicht auf das ganze Reich, das Kyros und Alexandros beherrscht hatten (Dio a. a. O.). Dazu verlangte er, Tiberius sollte ihm die Schätze ausliefern, die Vonones auf seiner Flucht mitgenommen hatte (Tac. a. a. O.). Durch diese Herausforderung gereizt, ging Tiberius auf das Gesuch einer von Sinnakes und Abdos geleiteten Partei des parthischen Adels ein, welche ihn 35 n. Chr. bat, den Parthern Phraates, einen Sohn des Phraates IV., als König zu schicken (Tac. Dio a. a. O.). Als Phraates unterwegs gestorben war, trat sein Sohn Tiridates an seine Stelle. L. Vitellius wurde beauftragt, diesen durch militärische und diplomatische Actionen in sein Reich einzuführen (Tac. a. a. O. 32. Jos. ant. Iud. XVIII 96ff.). Seiner Feinde im Inneren blieb A. III. vorläufig dadurch Herr, dass er Abdos umbrachte und Sinnakes durch Auszeichnungen und Aufträge unschädlich machte (Tac. a. a. O.). Von aussen aber erhoben sich gegen ihn der Ibererkönig Pharasmanes und sein Bruder Mithradates. Diese wurden entweder von Tiberius (Tac. a. a. O.) oder von Vitellius (Jos. a. a. O.) oder von Tiridates (Dio a. a. O.) gewonnen. Mithradates trat als Prätendent für den armenischen Thron auf. Arsakes wurde auf Betrieb des Pharasmanes ermordet (Tac. a. a. O. 33), Armenien von Iberern überschwemmt (Tac. Dio a. a. O.). Als A. III. den Feinden seinen Sohn Orodes mit Heeresmacht entgegenschickte, öffnete Pharasmanes die kaspischen Thore und liess die Sarmaten und Albaner auf Armenien los (Tac. a. a. O.; nach Jos. a. a. O. blieben die Iberer daheim, und blos die Skythen fielen in Armenien ein, Dio a. a. O. erwähnt nichts von der sarmatischen Hülfe). Orodes wurde von Iberern, Sarmaten und Albanern besiegt (Tac. a. a. O. 34. 35, nach Jos. a. a. O. verlor er auch sein Leben). Im J. 36 zog A. III. mit der gesamten Streitmacht der Parther gegen die Iberer zu Felde, wurde aber durch eine Diversion des Vitellius zur Umkehr genötigt. Jetzt bekam die römerfreundliche Partei die Oberhand (nach Jos. a. a. O. wurden Verwandte [1295] und Freunde des Königs von Vitellius bestochen, ihren Herren zu ermorden), und A. III. hielt es für geraten, nach Hyrkanien (nach Jos. a. a. O. in die oberen Satrapien) zu entweichen, wo er noch Verbindungen besass (Tac. a. a. O. 36). Vor seiner Flucht hatte er sein Geld und seinen Harem in einer Festung untergebracht (Tac. a. a. O. 43).

Bevor noch Tiridates diese Festung erobert hatte, war bereits der Widerwillen gegen ihn bei einem Teile des parthischen Adels so stark geworden, dass Phraates, Hiero und andere unzufriedene Grosse A. III. in Hyrkanien aufsuchten und zur Rückkehr aufforderten (Tac. a. a. O. 43). Sie fanden ihn in sehr bedrängter Lage; er lebte vom Ertrage seiner Jagd. Nachdem er sich von der Zuverlässigkeit der neuen Freunde überzeugt hatte, brach er mit einem skythischen Heere (so drücken sich Tac. a. a. O. 44 und Dio a. a. O. aus, nach Jos. a. a. O. bestand sein Heer aus Dahern und Saken) von Osten her in sein Reich ein. Ohne Kampf drang er bis Seleukeia vor; Tiridates zog sich nach Mesopotamien zurück. Dort lief sein Heer auseinander; er selbst entkam mit einem kleinen Anhange nach Syrien (Tac. a. a. O.). So hatte A. die römische Politik aus dem Felde geschlagen; seine Feindschaft gegen Tiberius soll so weit gegangen sein, dass er ihm in einem Briefe alle seine Schandthaten vorhielt den Rat gab, sich das Leben zu nehmen (Suet. Tiber. 66)

Erst unter Caligula hielt er es wieder für geraten, sich mit den Römern zu verständigen; darin stimmen Sueton (Calig. 14; Vit. 2) und Dio (LVIII 37) überein, und deshalb kann man den abweichenden Bericht des Josephus (ant. Iud. XVIII 101ff.) unbedenklich verwerfen. Wie Josephus erzählt, wurde eine Brücke über den Euphrat gebaut, in deren Mitte Vitellius und A. III. zusammenkamen; dort errichtete der Tetrarch Herodes ein Zelt, in dem er beide Parteien glänzend bewirtete; es wurde vereinbart, dass A. III. seinen Sohn Vonones und viele Geschenke an Tiberius schickte, vom Orte der Verhandlung begab sich der König nach Babylon. Nach Dio traf Vitellius den König am Euphrat und bestimmte ihn, den Bildern des Augustus und Caligula zu opfern, einen den Römern günstigen Vertrag zu schliessen und seine Söhne als Geiseln zu stellen. Mit diesen Angaben stimmt Sueton überein, wo er (Vit. 2) erzählt, Vitellius habe den A. III. summis artibus non modo ad colloquium suum, sed etiam ad veneranda legionum signa bewogen. Dagegen behauptet Sueton im Leben des Caligula (14), A. III. habe aus eigenem Antriebe den Römern diese Zugeständnisse gemacht.

Trotz der Freundschaft mit den Römern musste A. III. noch einmal sein Reich verlassen. Da er einen Abfall der Satrapen fürchtete, floh er mit etwa 1000 Mann zum König Izates von Adiabene (Jos. ant. Iud. XX 54), der ihm bei seinem Regierungsantritte durch Stellung von Geiseln seine Anhänglichkeit bewiesen hatte (Jos. a. a. O. 38ff.). A. III. wurde von Izates, dem er schon unterwegs begegnete, nicht als Flüchtling, sondern als Oberkönig empfangen. Izates brachte eine Aussöhnung zwischen A. III. und der gegnerischen Partei, den von dieser aufgestellten Gegenkönig [1296] Kinnamos eingeschlossen, zu stande; Kinnamos legte die Herrschaft nieder und erkannte A. III. als König an (Jos. a. a. O. 60ff., dessen Erzählung v. Gutschmid Kl. Schr. III 45 in der Abgarsage bestätigt findet). Zum Danke für die geleisteten Dienste verlieh A. III. Izates das Vorrecht, die Tiara aufrecht zu tragen und in einem goldenen Bette zu schlafen, und belohnte ihn mit der Herrschaft über Nisibis (Jos. a. a. O. 68).

Nach seiner Rückkehr wird A. III. noch einmal als Römerfeind genannt; Herodes wurde 39 eines hochverräterischen Einverständnisses mit ihm beschuldigt (Jos. a. a. O. XVIII 250). Die früheren Bestimmungen seines Todesjahres (v. Gutschmid Kl. Schr. III 50) beruhten auf ungenauer Kenntnis der Münzen (Lindsay Hist. and Coin. of the Parth. 184). Die späteste datierte Münze A.s III. gehört dem sel. J. 338 (26/7 n. Chr.) an, die älteste seines Nachfolgers dem sel. J. 352 (40/1 n. Chr., Percy Gardner Parth. Coin. 48, vgl. Longpérier Mém. des rois Arsacides 95. Lassen Griech. und Indoskyth. Kg. in Baktrien 270). Danach lässt sich vermuten, dass A. III. 40 n. Chr. gestorben ist (v. Gutschmid Gesch. Irans 123).