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RE:Edictum Diocletiani

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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bedeutendes Dokument zu Handels- und Nationalökonomie der Kaiserzeit
Band V,2 (1905) S. 19481957
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Edictum Diocletiani de pretiis rerum venalium. In der dem Lactantius zugeschriebenen Schrift De mortibus persecutorum 7 findet sich folgende Bemerkung über den Kaiser Diocletian: idem cum variis iniquitatibus immensam faceret caritatem, legem pretiis rerum venalium statuere conatus est. Tunc ob exigua et vilia multus sanguis effusus, nec venale quidquam metu apparebat et caritas multo deterius exarsit, donec lex necessitate ipsa post multorum exitium solveretur. Auf dasselbe Gesetz gehen die Bemerkungen, die die Consularfasten des Hydatius (Mommsen Chron. min. I 230) zum J. 302 [1949] machen: his conss. vilitatem iusserunt inperatores esse; nur ist die Jahreszahl unrichtig, da der erhaltene Eingang des Gesetzes das J. 301 als das des Erlasses erweist. Von diesem Gesetze besitzen wir eine sehr beträchtliche Anzahl von Fragmenten, teils in der lateinischen Urfassung, teils in griechischer Übersetzung, die uns die Anlage des Gesetzes als einer Taxordnung mit rubrikenweise geordneten Höchstansätzen für Waren und Löhne erkennen lassen; und obschon eine beträchtliche Zahl von Rubriken zur Vollständigkeit des E.s bisher noch immer fehlen, so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß der größte Teil des E.s uns, wenn auch nicht durchweg in beiden Sprachen, vorliegt, als eines der bedeutungsvollsten Dokumente zur Kulturgeschichte und zu den Handels- und nationalökonomischen Verhältnissen der späteren Kaiserzeit.

Die Bekanntschaft mit den Inschriftfragmenten ist alt: schon 1709 fand William Sherard, englischer Konsul in Smyrna, in der Stadt Eski-Hissar in Karien, dem alten Stratonikeia, ein umfangreiches Stück des lateinischen Textes, das er kopierte, doch wurde seine Abschrift erst 1827 durch Leake, und auch nur teilweise, veröffentlicht. Das zweite Stück, das darnach bekannt wurde, war in Ägypten gefunden worden, doch ist der genaue Fundort unbekannt; es kam 1807 nach Aix in Südfrankreich und wurde 1827 von M. de Fonscolombe publiziert; es enthält ebenfalls ein Stück des lateinischen Textes. Seitdem hat die Zahl der Fragmente sehr bedeutend zugenommen, indem sowohl weitere vom lateinischen Text, wie zahlreiche und umfangreiche vom griechischen gefunden wurden; der letzte Fund wurde in Athen gemacht (Ἐφημ. ἀρχ. 1902, 11). Nach den Fundorten verteilen sich die Fragmente folgendermaßen: Fragmente des lateinischen Textes sind gefunden worden in Ägypten, auf Kreta (Hierapytna, Knossos), in Karien (Aphrodisias, Apollonia, Bargylia, Halikarnassos, Mylasa, Stratonikeia), Phrygien (Aezani), auf Samos, in Boiotien (Plataiai), Lakonien (Gythion), Arkadien (Tegea); Reste der griechischen Übersetzung auf dem Inselchen Atalante (beim opuntischen Lokris), auf Euboia (Karystos), in Phokis (Elateia), Boiotien (Lebadeia, Plataiai, Theben, Thespiai), Attika (Athen), Megaris (Megara), Achaia (Aigeira), Argons (Troizen), Arkadien (Megalopolis), Lakonien (Geronthrai, Gythion). Im ganzen besitzen wir Fragmente von 29 Exemplaren, von 14 lateinischen und 15 (da aus Lebadeia Fragmente von zwei Exemplaren vorliegen) griechischen. Die Übersicht zeigt zunächst, daß außer in Ägypten, Kleinasien und Griechenland noch nirgends Fragmente des E.s zum Vorschein gekommen sind; ferner, daß Stücke der griechischen Übersetzung nur in Griechenland sich gefunden haben. Ob wir daraus schließen sollen, daß in Kleinasien und Ägypten nur die lateinische Fassung zur Publikation gelangte, und nur in Griechenland der lateinische Text nebst Übersetzung, muß dahingestellt bleiben. Jedenfalls legt die Tatsache, daß in Plataiai und in Gythion Reste beider Texte gefunden worden sind, die Vermutung nahe, daß es auch an anderen Orten von Griechenland so gewesen sein wird. Andrerseits haben wir den auffallenden Umstand, daß in Lebadeia offenbar [1950] zwei Exemplare der lateinischen Fassung aufgestellt waren, denn von den fünf dort gefundenen Fragmenten wiederholt das eine einen bereits in einem andern Fragment vorhandenen Abschnitt.

Sehr verschiedenartig hat der Zufall bei der Erhaltung der einzelnen Abschnitte gewaltet. Während die Einleitung bloß in der lateinischen Fassung vorliegt, haben wir die ersten neun Abschnitte (nach der üblichen, von Mommsen eingeführten Zählung) größtenteils zweisprachig erhalten, Abschnitt 10–12 nur lateinisch, Abschnitt 13–32 mit einigen wenigen Ausnahmen, wo ein paar kleinere lateinische Fragmente vorliegen, nur griechisch. Für die lateinische Fassung lag offenbar der offizielle Text der kaiserlichen Kanzlei vor; wo sich hier Varianten finden, da rühren sie meist von nachläßigen Steinmetzen her, die sich orthographische Fehler, Auslassungen, Wiederholungen u. dgl. zuschulden kommen ließen. Einen offiziellen griechischen Text aber gab es allem Anschein nach nicht; diese Übersetzungen mochten an Ort und Stelle angefertigt worden sein, so gut oder so schlecht eben der betreffende Beamte, dem es übertragen war, seine Sache verstand. Daher weichen die griechischen Fassungen vielfach von einander ab; manchmal haben die Übersetzer mit dem lateinischen Wort gar nichts anzufangen gewußt und es entweder in gräzisierter Form gegeben oder gar es bloß mit griechischen Buchstaben geschrieben.

Das Gesetz ist seiner Form nach ein Edictum ad provinciales, eine Form, in der zur Zeit Diocletians die meisten Landesgesetze erlassen wurden, wie denn auch die Provinzialen mehrfach in der Vorrede direkt angeredet werden. In dieser ungemein schwülstigen und mit poetischen Floskeln verbrämten Vorrede, die die beiden eingangs mit allen ihren Titeln genannten Kaiser Diocletian und Maximian dem E. vorausgeschickt haben, setzen sie die Gründe auseinander, die sie veranlaßt haben, einen solchen Preistarif zu erlassen. Es seien nämlich die Preise von Lebensmitteln und andern Handelsartikeln durch unredliche Kaufleute so beispiellos hinaufgetrieben worden, daß dies eine Schädigung des ganzen Landes zur Folge haben mußte, namentlich da, wo Truppen lägen und die Soldaten genötigt seien, ihren Lebensunterhalt mit ihrer Löhnung zu bezahlen. Um diesen unerträglichen Zuständen ein Ende zu machen, hätten sie die Maxima für Preise und Löhne festgesetzt, und sie drohen für jede Übertretung dieser Verordnung oder auch bloße Vorschubleistung bei solcher strengste Strafen, selbst den Tod an. Auch der Verfasser der erwähnten Schrift de mortib. persecut. berichtet von einer gewaltigen Teuerung, die damals geherrscht habe, und er macht dafür vornehmlich den Kaiser selbst verantwortlich, die große Vermehrung des Heeres, die zahlreichen neugeschaffenen Ämter, die kostspieligen Bauten usw. Allein sicher mit Unrecht; an alledem trug Diocletian selbst weniger die Schuld, als die Mißwirtschaft seiner Vorgänger, die Unsicherheit aller Verhältnisse, vornehmlich aber die rapide und ganz abnorme Verschlechterung des Geldes.

Wiederholt ist im Vorwort davon die Rede, daß das Gesetz für den ganzen orbis terrarum bestimmt sei. Nun ist es von jeher aufgefallen, [1951] daß bisher in der westlichen Reichshälfte noch nirgends Fragmente des E.s zum Vorschein gekommen sind; und Mommsen (Ber. d. Sächs. Ges. d. Wiss. III 1851, 51) machte weiterhin darauf aufmerksam, daß die orientalischen Waren massenhaft vertreten sind, die occidentalischen nur spärlich, und ferner, daß zwar die Fabrikate der kaiserlichen Leinewebereien im Osten im Tarif aufgeführt werden, nicht aber die der nicht minder bedeutenden im Westen belegenen. Er schloß daraus, daß das Gesetz, wenn auch für das ganze Reich bestimmt, doch in dieser Form der öffentlich aufgestellten Steininschriften bloß in der von Diocletian selbst verwalteten östlichen Reichshälfte publiziert worden sei. O. Seeck (DLZ 1894 nr. 15) nimmt an, daß das E. im Occident wenigstens durch öffentlichen Anschlag bekannt gemacht worden sei; und zwar nimmt er das auch deswegen an, weil die Fasti Hydatiani in den J. 276–319 kein einziges orientalisches Ereignis erwähnen, daher auch dies E., das sie zum J. 302 anführen, im Occident gültig gewesen sein müsse. Wenn die Übertragung in Stein unterblieben sei, so erkläre sich das wohl daher, daß Diocletian sehr bald nach Inkrafttreten des Gesetzes dessen Unwirksamkeit und nachteilige Folgen erkannte und daher, da es vermutlich bald wieder aufgehoben wurde, keine Zeit mehr blieb, es in Stein hauen zu lassen. Ein Bedenken bleibt dabei freilich noch immer bestehen, das Fehlen occidentalischer Fabrikate, was doch nicht allein mit Seeck daraus erklärt werden kann, daß Diocletian mit den Bedürfnissen der westlichen Reichshälfte weniger vertraut war. Vielleicht gab es für diese eine andere Fassung des Tarifs, oder es war eine solche beabsichtigt, in der die Waren und Produkte des Westens mehr zur Geltung gekommen wären, gegenüber denen des Ostens.

Die einzelnen Abschnitte des Tarifes, für welche die von Mommsen zuerst durchgeführte Einteilung in 32 Kapitel die allgemein übliche Zählung geworden ist, lassen sich mit Sicherheit in ihrer einstigen Reihenfolge nur da beurteilen, wo diese Reihenfolge inschriftlich bezeugt ist; bei den übrigen Fragmenten beruht die Anordnung auf Hypothese, doch darf immerhin für die bisher gefundenen Abschnitte (von verschiedenen, die jedenfalls da waren, ist noch kein Stück gefunden worden) die von Mommsen angenommene Reihenfolge als größtenteils sicher gelten. Die Abschnitte sind im E. mit allgemeinen Überschriften versehen, doch kommen manchmal Gegenstände darin vor, die zu dieser Überschrift nicht passen; praktische Verhältnisse mögen dazu den Anlaß gegeben haben. In welcher Weise die Gliederung der einzelnen Abschnitte durch die Reihenfolge der tarifierten Objekte und Löhne zustande gekommen, entzieht sich sicherer Beurteilung, da Mommsens (a. a. O. 54) Vermutung, es habe ein nach Gegenständen geordnetes lateinisch-griechisches Glossar zu Grunde gelegen, sich nicht hat halten lassen. Mehr Wahrscheinlichkeit hat die Vermutung Büchers (Ztschr. für d. ges. St.-Wiss. L 1894, 204), daß für gewisse Abschnitte die Kollegien der Handwerker und Kleinhändler zur Aufstellung von Einzelverzeichnissen veranlaßt worden seien, die dann wohl die einzelnen Artikel so aufgezählt haben werden, wie sie sich [1952] auf dem Markt oder in den Niederlagen der Händler zusammenfanden, bei Fabrikaten nach den Verfertigern. Die Zusammenstellungen von Eiern und Gemüsen, Weberschiffchen und Schabmessern, Wolle und Hasenhaaren, würden sich auf diese Weise ungezwungen erklären. Für andere Abschnitte nimmt Bücher an, daß die Verwaltung der Naturalsteuern die Verzeichnisse geliefert hätte. Bekanntlich wurde ein großer Teil der Steuern in natura geliefert, Getreide, Wein, Öl u. a. m., und die Eingänge wurden in den staatlichen Horrea aufbewahrt, wo über den Lagerbestand, den Ein- und Ausgang genau Buch geführt wurde, wofür das Schema für das ganze Reich dasselbe war. Übereinstimmung von einzelnen Bezeichnungen wie von der Reihenfolge einzelner Posten läßt sich in mehreren Fällen zwischen dem E. und Anweisungen auf die staatlichen Magazine nachweisen. Bei den ungemein sachkundigen und in überaus vielen, genau abgestuften Qualitäten tarifierten Produkten der Textilindustrie sucht Bücher (a. a. O. 266ff.) den Nachweis zu führen, daß die betreffenden Tarifabschnitte von den Direktoren der kaiserlichen Webereien (Tuchfabriken, gynaecia, und Leinenwebereien, linyfia) aufgestellt seien oder von den Verwaltern der Provinzialmagazine, in denen neben den Erzeugnissen der kaiserlichen Webereien sich auch die Tuchlieferungen der Steuerpflichtigen befunden hatten. Die von ihnen normierten Preise wären dann nicht bloß für das Privatgeschäft, sondern auch für den Absatz der kaiserlichen Regiebetriebe maßgebend gewesen.

Was nun den Inhalt der einzelnen Abschnitte betrifft, so ist dieser folgender. Zu Anfang kommen (ohne besondere Überschrift) die Feldfrüchte, und zwar zunächst die Getreidesorten, als Weizen, Gerste, Roggen, Spelt, dann die trockenen Hülsenfrüchte, wie Bohnen, Linsen, Erbsen, Lupinen (roh und gekocht), ferner Sämereien, Pfeffer, Kümmel, Senf. Der zweite Abschnitt de vinis bringt verschiedene bessere Weinsorten italischer Herkunft, dann allgemein ,alten‘ Wein und Landwein, zwei Sorten Bier und verschiedene Würzweine. Kapitel 3: Olei enthält Zutaten zu Speisen: Olivenöl, Rettigöl, Essig, Fischsaucen, Salz, Honig und Dattelhonig; hier wie anderwärts vielfach mehrere im Preis sich unterscheidende Sorten derselben Ware. Kapitel 4: Carnis bietet in reichster Auswahl allerlei Fleischsorten vom Schwein, Rind, Ziege, Hammel; dann spezielle Teile vom Schwein, wie Euter, Speck, Schinken, ferner Würste. Es folgt zahmes und wildes Geflügel, auch viele Kleinvögel; dann Wild, wie Wildschweine, Hasen, Hirsche usw.; zuletzt Lämmer und Böckchen, und anhangsweise Talg und Butter. Kapitel 5: Pisces enthält Fische (die nicht nach einzelnen Sorten, sondern nur nach See- und Flußfisch unterschieden werden) und allerlei Seetiere, Austern, Sardellen usw. An vorletzter Stelle steht trockener Käse. Kapitel 6 (Überschrift fehlt) bringt frische Garten- und Feldgemüse, Salate, Küchenkräuter, Eier, dann Baumfrüchte, Nüsse, Kernobst, auch getrocknete Früchte, dagegen fast gar kein Beerenobst. Zum Schluß kommen Schafmilch und frischer Weichkäse. Kapitel 7: De mercedibus operariorum setzt allerlei Arbeitslöhne fest, teils mit teils ohne Beköstigung: für Feldarbeiter, [1953] Bauhandwerker, Maler, Wagenbauer, Schmiede, Bäcker, Schiffbauer, Ziegelstreicher, Viehtreiber, Tierärzte, Barbiere, Schafscherer, Kupferschmiede, Gipser, Wasserträger, Kloakenreiniger, Waffenschleifer, Pergamentarbeiter, Schreiber, Schneider, Lehrer, Advokaten, Badediener usw.; ein kulturhistorisch und nationalökonomisch ungemein lehrreicher Abschnitt, auf den wir unten noch zurückkommen müssen. Kapitel 8 handelt erst De pellibus Babylonicis seu Trallianis seu Phoeniceis, d. h. von feineren Ledersorten, dann De coriis bubulis, von den verschiedenen Arten gegerbten und ungegerbten Rindsleders, für Schuster und Sattler, und zählt dann eine Menge andrer Felle von zahmen und wilden Tieren auf; daran schließt sich die Position De tegestribus, Lederdecken, passend an. Kapitel 9 führt zunächst De formis caligaribus, Schuhleisten, auf, dann De caligis allerlei Schuhwerk, derbes und feines, Soldaten- und Senatorenschuhe, Sandalen und Pantoffeln, Frauenschuhe und Reiterstiefel usw., mit besonderen Untertiteln: De soleis et Gallicis, De soleis Babylonicis et purpureis et Phoeniceis et aliis. In Kapitel 10 folgen Arbeiten von Riemen und Sattlern: De loramentis, Sättel, Zaumwerk, Peitschen usw.; De zonis militaribus, diverse Ledergürtel; De utribus, Schläuche; De scortiis, lederne Hohlmaße, Peitschen, Riemen u. a. Kapitel 11 bringt zunächst De saetis caprinis sive camelinis, Ziegen- und Kamelhaare, in verschiedenartiger Beschaffenheit; dann De sagmis, Filzdecken für Lasttiere, und De zabernis, Reisetaschen oder Reittaschen. Kapitel 12 (lückenhaft) De materiis enthält Bauholz, Balken von Tanne, Fichte, Eiche, Esche. Kapitel 13: Περὶ κερκίδων führt kleine Holzwaren auf, Webergerät, Kämme, Holzmesser u. dgl. m. Kapitel 14: Περὶ φορτίων ἢτοι πάλων, Pfähle, Schilfrohr, Stangen, Brennholz. Kapitel 15: Περὶ ξύλων εἰς τὰ ὀχήματα tarifiert die fertigen Bestandteile für den Wagenbauer, in feinerer und gröberer Arbeit, dann Περὶ ὀχημάτων fertige Wagen verschiedener Art, aber ohne das Eisenwerk, und Περὶ κάρρων, diverse Lastwagen und Karren; daran schließt sich hölzernes Ackergerät, wie Pflug, Schaufeln, Schwingen usw.; ferner Mühlen, für Hand- und Viehbetrieb, und Περὶ κοσκίνων verschiedene Sorten Siebe. Kapitel 16 bietet nur Bruchstücke, die von Farbstoffen zu handeln scheinen; ein kurzer Abschnitt bringt den Tarif für Nähnadeln. Kapitel 17: Περὶ τῶν μισθῶν τῆς βεκτούρης bietet Fuhrlöhne, für Reisende wie für Lasten, ferner Miete für Kamele oder Esel; daran schließt sich Περὶ χόρτου) ein Tarif für Viehfutter. Kapitel 18: Περὶ πλούμου enthält Federn und anderes Material zur Polsterfüllung, sowie Schmuckfedern; ein kurzer Abschnitt Περὶ καλάμων καὶ μελανίου Schreibrohr und Tinte. Kapitel 19: Περὶ ἐσθῆτος; ist sehr umfangreich; es bietet eine Fülle von Preisangaben für wollene und seidene Kleider und ist für die Trachtgeschichte sehr belehrend, da die verschiedenen Namen der damals üblichen Kleidungsstücke, die mannigfaltigen Qualitäten der Wolle, die Produktionsorte usw. aufgezählt werden. Mitten darunter werden auch Zelttücher, Decken, Teppiche u. dgl. aufgeführt. Kapitel 20: Περὶ μισθῶν τῶν πλουμαρίων καὶ σηρικαρίων enthält Arbeitslöhne [1954] für Sticker, Seidenweber u. a. Kapitel 21: Περὶ λαναρίων die Löhne für Wollenweber und Leineweber, Kapitel 22: Περὶ φουλλώνων die für die Walker, doch nur für die Arbeit an neuen Stoffen. Kapitel 23: Περὶ τῆς τιμῆς τῶν Σηρικῶν hat nur zwei Ansätze: für weiße Seide und für das Auflösen der Rohseide. Kapitel 24: Περὶ πορφύρας bringt die Preise der teuern Purpurseide und Purpurwolle, sowie der Arbeitslöhne für Auflösen von Purpurseide, Spinnen u. a. Kapitel 25 (ohne Überschrift) enthält Preise für gangbare Wollsorten, nach Qualitäten geordnet, auch für Hasenhaare. Sehr detailliert sind Kapitel 26–29: Περὶ λίνου, Anfangend mit den Preisen von rohem Flachs folgen die Leinengarne in neun Sorten und dem entsprechend die Fabrikate daraus, bei denen dann wieder im einzelnen die Erzeugnisse bestimmter Webereien unterschieden werden, nämlich bei jeder der drei besten Sorten jedesmal Fabrikate von fünf kaiserlichen Webereien, bei den beiden mindern Sorten je drei Qualitäten, so daß jedes so tarifierte Gewebe in 21 Sorten angeführt wird. Dann folgen Linnenwaren mit Purpurstreifen, wobei von jedem Gewebe sechs, nach Menge und Qualität des verwandten Purpurs absteigende Sorten aufgeführt werden. Von Kapitel 30: Περὶ χρυσοῦ ist nur der Anfang erhalten mit den Preisangaben von Gold in Barren, dann die Löhne für Goldarbeiter in verschiedenen Branchen. Von Kapitel 31: Περὶ ἀργύρου liegen nur Bruchstücke vor, die wenig erkennen lassen. Kapitel 32 enthält vornehmlich Drogen, Öle, Medizinalsubstanzen u. dgl. m., ist aber in sehr trümmerhaftem Zustande erhalten.

Diese Aufzählung des Inhalts läßt erkennen, wie reichhaltig und belehrend die uns erhaltenen Stücke des E.s sind. Was wir noch vermissen und hoffentlich durch spätere Funde erhalten werden, sind außer der Ausfüllung der zum Teil recht beträchtlichen Lücken die Abschnitte über Möbel, Tonwaren, Eisenwaren, Glasfabrikate, Papier, Steinmetzarbeit u. a. m. Was die im Tarif angewandten Münz-, Maß- und Gewichtssysteme anlangt, so ist als Münze durchweg der Denar genommen. Dessen heutigen Geldwert sind wir durch die erste Position von Kapitel 30 zu bestimmen im stande, indem nämlich hier das Pfund Feingold (in Barren oder geprägt) mit 50 000 Denaren angesetzt ist. Da nun das römische 50 Pfund 327, 45 g wog, so betrug sein Geldwert nach heutiger Münzordnung (500 g = 1392 Mark) 913, 59, und darnach hatte der diocletianische Denar einen Wert von ungefähr 14/5 Pfennig (genau 1,827 Pfennig). Daß wir das wissen, ist zur Erkenntnis der Höhe der einzelnen Preissätze sehr wichtig, ganz besonders aber für den damaligen Preis des Weizens, von dem der Doppelscheffel (wie uns erst das Fragment von Aigeira gelehrt hat) auf 100 Denare (also 1,82 Mark) angesetzt ist; da der Durchschnittspreis im 4. Jhdt. 2 Mark gewesen zu sein scheint, ist dies Maximum also verhältnismäßig niedrig. Die Preisbestimmung ist ganz rationell durchgeführt. Nur direkt zusammengehörige Zahlengeschlechter treten nebeneinander, neben Hunderter nur Zehner, neben Tausender nur Hunderter, neben Zehntausender nur Tausender usw. Von 1–25 finden wir nur die geraden Zahlen oder die Produkte [1955] der 5; von 25–100 fast nur die durch 5 teilbaren. Von 100–300 geschehen die Steigerungen meist in Viertelhundertern, sehr selten in dazwischen liegenden Zehnern. Von 275 ab kommen Einer nicht mehr vor; die Steigerung erfolgt von da ab bis 1000 in der Regel um 50. Von 1000–3000 ist die Zahl meist durch 100 teilbar, daneben kommen Vierteltausender vor. Von 3000–6000 steigt es um ein viertel oder ein halbes Tausend; von 6000–10000 finden sich nur durch 500 teilbare Zahlen. Nach 10 000 steigt es um 1000 oder 2500, noch höher hinauf nur um 5000. Der niedrigste Satz, der im Tarif vorkommt, ist ein Denar (für ein Pfund Viehfutter), der höchste 150 000 Denare (für ein Pfund Purpurseide).

Das Gewicht ist das römische Pfund (0,327 kg) und dessen Zwölftel die Unze (27,28 g). Im Pfund berechnet werden Fleisch- und Fettwaren, Butter, Fische, Käse, Trauben; dann Filzwaren, Brennholz, Viehfutter, Bettfedern, Tinte, Seide, Wolle, Werg, Flachs, Hanf, Gold, Drogen; in der Unze bessere Wurstwaren und bei Berechnung von Arbeitslohn von Stickern, Brokatwebern, Goldarbeitern usw. die Quantität des verarbeiteten Materials. Längenmaße sind selten. Beim Bauholz wird die römische Elle (443,6 mm) und der Zoll (18,48 mm) zu Grunde gelegt; bei Ziegeln und beim Pergament der römische Fuß (295,7 mm). Die bei der Leinwand gebrauchten Längenmaße der tela und fascia kennen wir nicht. Die Hohlmaße sind: der italische Sextarius (0,547 l) für Flüssigkeiten wie Wein, Bier, Most, Öl, Essig, Milch, Senf, Honig, Fischmarinade, Weichkäse, doch auch für trockne Substanzen als Erbsen, Bohnen, Mandeln, Haselnüsse, Maulbeeren u. dgl. Ferner werden nach dem Scheffel berechnet, entweder nach dem einfachen italischen oder römischen (8,754 l), Zwiebeln, Knoblauch, Kapern; oder nach dem doppelten, dem castrensis modius (17,51 l) Feldfrüchte, Hülsenfruchte, Salz u. a. m. Sehr viel wird nach der Stückzahl tarifiert, von Lebensmitteln vornehmlich Geflügel und Wildbret, sowie trockner Käse; dann Leder- und Holzwaren, Ackergeräte, Wagen, fertige Kleider, Schuhwerk usw. Auch frische Gemüse, Obst usw. werden nach der Stückzahl berechnet, wobei wie bei der Preisbestimmung von 1–25 nur gerade oder durch 5 teilbare Zahlen vorkommen, nach 25 nur Zehner; 100 ist die höchste Stückzahl (bei Austern, Seeigeln, Kastanien, Nüssen).

Besonders interessant ist die Tarifierung der Arbeitslöhne. Wir erkennen als Prinzip der Bezahlung zwei Arten: Bezahlung nach der Arbeitszeit und Bezahlung nach der geleisteten Arbeit; seltener kommt eine Kombination beider Arten vor. So wird nach der Arbeitszeit, pro Tag berechnet, bezahlt der gewöhnliche ländliche Taglöhner, der Maurer und Steinhauer, die Zimmerleute und Stubenmaler, Wagner und Schiffsbauer, Bäcker, Schmiede, Viehtreiber, Weber u. a. m.; meist alle diese mit Beköstigung. Nach der geleisteten Arbeit werden bezahlt: Sattler, Schneider, Walker, Schreiber, Kupferschmiede, Barbiere, Tierärzte, Sticker, Goldarbeiter u. dgl. Eine Kombination ist es, wenn Tagelohn zwar berechnet wird, aber kein fester, sondern im Verhältnis zur geleisteten Arbeit, wie beim Ziegelstreicher, der [1956] im Tagelohn und bei Beköstigung arbeitet, aber nach der Stückzahl der von ihm gelieferten Luft oder Brennziegel bezahlt wird. Die Betrachtung der Positionen im einzelnen nach ihrer Höhe, nach dem Modus, ob Beköstigung dabei ist oder nicht, u. a. m. ergibt allerlei lehrreiche Ausblicke. Nach dieser Seite hin hat das E. vornehmlich Bücher a. a. O. 674ff. behandelt, wobei er freilich zu nicht unanfechtbaren Resultaten kommt. Indem er annimmt, daß der Lieferant des Rohstoffes, den der Arbeiter geliefert erhält, um ihn entweder in der Wohnung des Lieferanten oder in seinem eigenen Heim zu verarbeiten nicht ein Unternehmer, sondern der Konsument des zu erzeugenden Gutes ist, erkennt er in den Ansätzen des Tarifes die Preise, die ein Konsument zu zahlen hatte, wenn er unter seinen Sklaven keinen hatte (oder der Betreffende gerade krank war), der sich auf die zu leistende Arbeit verstand, so daß er genötigt war, hierfür einen Sklaven eines andern oder einen Freigelassenen zu mieten. Das konnte er dann je nachdem auf zwei Arten tun, entweder im System der Arbeitsmiete (Stör), daß er ihn in sein Haus nahm und beköstigte, oder im System der Werkverdingung (Heimwerk), daß er ihm das Material mit nach Hause gab und höheren Lohn, aber keine Kost bezahlte. Bücher glaubt also nicht an eine bedeutende Entwicklung der Warenproduktion und des Warenhandels in diocletianischer Zeit, bezweifelt sogar, ob die Anfertigung von Kleidern auf den Verkauf in Magazinen hin bei den Römern bereits eine Stätte gefunden habe, weil der Konfektion bei der Eigenart der römischen Gewandung nur ein geringer Spielraum verblieben sei, bei dem es sich wesentlich nur um die Ausschmückung (Saum, Besatz, Stickerei) gehandelt habe. Das paßt aber auf die späte Kaiserzeit keineswegs; die Toga spielte damals keine Rolle (sie kommt im E. gar nicht vor), dagegen alle die mannigfaltigen Dalmatiken, Kapuzenmäntel, Spangenkleider, Hosen usw., die damals üblich waren und die wir zum Teil nach Abbildungen noch beurteilen können, bedurften doch mehr Schneiderarbeit und setzen das Vorhandensein von Gewerbetreibenden, die dergleichen auf Vorrat arbeiten ließen, voraus, da doch nicht jedermann sich seine Kleidung durch seine eigenen Sklaven herstellen zu lassen imstande war. Dieser Frage, inwieweit der Besteller der Arbeit, bezw. Lieferant des Materials lediglich Konsument oder Fabrikant war, im einzelnen nachzugehen, ist freilich hier nicht der Ort.

Literatur. Die Publikation der ersten aufgefundenen Fragmente beginnt mit der des Fragments von Stratonikeia und Ägypten durch Marcellin de Fonscolombe Récueil des mémoires etc. de la société académique d’Aix, Vol. III (1827) p. 60–150 und Martin Leake in den Transactions of the Royal society of literature, London 1827, 181–204. Die erste zusammenfassende Ausgabe aller bis dahin gefundenen Bruchstücke, nebst erklärenden Bemerkungen, gab Th. Mommsen Ber. d. Sächs. Ges. d. Wiss., Phil. hist. Kl. III (1851) 1–80. Es folgte die Bearbeitung von W. H. Waddington in Le Bas Inscriptions grecques et latines, als Separatabdruck u. d. T. Edit de Diocletien Paris 1864 erschienen. Dann [1957] folgte 1873 im dritten Band des CIL eine Zusammenstellung aller Fragmente, nebst Mommsens rekonstruiertem Text p. 801–841; Nachträge dazugab die Ephem. epigr. V p. 87. Einen Abdruck der neu hinzugekommenen Fragmente brachte der Supplementband zu CIL III p. 1909–1925, mit einem neuen rekonstruierten Text Mommsens p. 1926–1953; dieser ist neu abgedruckt in der Schrift: Edictum Diocletiani de pretiis rerum venalium ed. Th. Mommsen. Der Maximaltarif des Diocletian erläutert von H. Blümner, Berlin 1893. Seither gefundene Fragmente sind zusammengestellt im Auctarium additamentorum CIL III Suppl. p. 2208–2211 und in den Additamenta postrema ebd. p. 2328⁵⁷–2328⁶°; Einzelpublikationen von Kubitschek Anz. d. Wiener Akad. 1893, 100. Legrand Bull. hell. XVII (1893) 112, dazu Blümner Philol. LIII 337. Staïs Ἐφημ. ἀρχ. 1899, 150, dazu Blümner Philol. LIX 584. Cousin Bull. hell. XXII (1898) 38⁹. Paribeni Ἐφημ. ἀρχ. 1902, 11. Die nationalökonomische Seite des E.s behandelt K. Bücher Ztschr. f. d. gesamte Staatswissensch. L (1894) 189ff. 672ff., die lexikographische Seite Heraeus N. Jahrb f. Philol. CLV (1897) 353ff.