RE:Endoios

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Endoios, Bildhauer des 6. Jahrhunderts
Band V,2 (1905) S. 25532555
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Endoios, Bildhauer aus der Mitte des 6. Jhdts. Seine Signatur steht auf einer säulenförmigen auf der athenischen Akropolis gefundenen Statuenbasis, die außerdem noch die Künstlerinschrift eines Philergos oder Philermos aufweist, also zwei Statuen getragen zu haben scheint (IG I Suppl. p. 179 nr. 3737), und auf dem gleichfalls zu Athen, aber in der Unterstadt gefundenen Bathron einer Statue, die nach dem Epigramm auf dem Grabe einer fern von ihrer Heimat gestorbenen Frau Namens Lampito stand (IG I 477). Pausanias bezeichnet E. als einen geborenen Athener und zählt drei Werke von ihm auf: 1. (I 26, 4) ein Sitzbild [2554] der Athena auf der athenischen Akropolis, das Kallias, ohne Zweifel der Sohn des Phainippos, der Sieger von Ol. 54 (Kirchner Prosopogr. Att. nr. 7833) geweiht hatte, das also, wie der Hermes ἀγοραῖος (Paus. I 15, 1. Hes. s. v.), der Herakles ἀλεξίκακος des Hagelaidas und die Statue des Anthemion (Arist. πολ. Ἀθ. VII 4), zu den wenigen Bildwerken gehörte, die die Katastrophe von 480 und 479 überdauert haben; 2. (VIII 46, 1) das Kultbild der Athena Alea in Tegea aus Elfenbein, von Augustus nach Rom entführt; 3. (VII 5, 9) die Kultstatue der Athena Polias in Erythrai, ein großes hölzernes Sitzbild mit dem Polos auf dem Kopf und einer Spindel in jeder Hand. In diesem Falle behauptet jedoch Pausanias die Autorschaft des E. aus dem Stil und, nach einer in ihrer gesuchten Kürze nicht recht verständlichen Bemerkung, aus den vor dem Tempel aufgestellten Marmorstatuen der Chariten und Horen erschlossen zu haben, womit vielleicht gesagt sein soll, daß diese die Signatur des E. trugen. Jedesfalls also steht bei der Athena von Erythrai die Urheberschaft des E. nicht so unbedingt fest, wie bei den zwei anderen Athenastatuen. Endlich nennt der dieselbe kunsthistorische Quelle wie Pausanias benutzende Athenagoras 14 neben der Athena von der Akropolis auch die Artemis von Ephesos als Werk des E., wonach Sillig den bei Plin. n. h. XVI 214 in der korrupten Form Pandemion überlieferten Namen des Verfertigers dieses Kultbildes richtig in Endoeon verbessert zu haben scheint. Nach der literarischen Überlieferung hat also E. nicht bloß in Marmor, sondern auch in Holz und Elfenbein gearbeitet.

Die Athena der Akropolis wollte O. Jahn De antiq. Minervae simul. Attic. 3–5 in dem Torso einer sitzenden Athenastatue wiedererkennen, der schon zu Ross Zeiten in der Nähe des Erechtheions, wo die Athena des E. stand, gefunden ist (Brunn–Bruckmann Denkm. 145. Collignon Sculpt. I 338. Overbeck Plast.⁴ I 190 fig. 40 u. ö.). Für diese Identifizierung spricht außer dem Fundort namentlich der Umstand, daß diese Statue nicht nur in dieselbe Zeit zu setzen ist wie die Athena des E., sondern daß sie auch wie diese zu den wenigen Bildwerken gehört, die bei der Perserinvasion verschont geblieben sind. Jedenfalls aber beweist diese Statue und beweisen die anderen oben angeführten Beispiele, daß man den Ausdruck Herodots IX 13 (Μαρδόνιος πάντα καταβαλὼν καὶ συγχώσας) nicht so streng wörtlich zu nehmen hat, wie es Lechat Revue des étud. gr. V 1892, 385ff. tut, der mit Rücksicht auf diese Stelle die Lebensdauer des E. bis unter 480 herabrücken will. Wegen seiner Tätigkeit in Ionien hält Löschcke (Athen. Mitt. IV 1879, 305f.) den E. trotz der gegenteiligen Versicherung des Pausanias für einen Ionier oder wenigstens für einen in Ionien geschulten Athener. Diese Annahme wird durch den Stil der erhaltenen Sitzstatue sehr empfohlen, und sie hat an Wahrscheinlichkeit außerordentlich gewonnen seit Auffindung der oben erwähnten säulenförmigen Basis, auf der E. seinen Namen mit dem zu jener Zeit in Athen ganz unerhörten, aber in Ionien üblichen vierstrichigen Sigma geschrieben hat. Dagegen hat sich Klein (Arch.–epigr. Mitt. V 1881, 88ff.) [2555] durch die konstruierende antike Kunstforschung, die den E. zu einem Schüler des Daidalos macht (s. Daidalos Bd. IV S. 2004), zu der Hypothese verführen lassen, daß der Künstler von kretischer Herkunft gewesen sei. Brunn Künstlergesch. I 98ff. Overbeck Plast.⁴ I 90ff. Collignon Sculpt. I 111. 167. 337. Murray Sculpt. I 181. Robert Arch. Märch. 14ff. Lechat a. a. O.