RE:Erasinides 1

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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attischer Feldherr. Nach der Schlacht bei den Arginusen 404 v. Chr. wegen Unterschleifs zum Tode verurteilt
Band VI,1 (1907) S. 331
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Erasinides 1) Attischer Feldherr. Wahrscheinlich ist er zu identifizieren mit demjenigen Athener, welcher im J. 409 den Antrag auf Auszeichnung der Mörder des Phrynichos stellte (IG I 59), vgl. Kirchhoff S.-Ber. Akad. Berl. 1861, 605. Er war somit entschieden demokratischer Gesinnung, doch scheint er kein Radikaler gewesen zu sein (Beloch Att. Pol. seit Perikles 85). Als nach der Schlappe von Notion (Frühjahr 407, über die Chronologie Boerner De rebus a Graecis inde ab a. 410 usque ad a. 403 a. Chr. n. gestis quaestiones historicae 21ff.) Alkibiades abgesetzt und ein neues Kollegium von Feldherren gewählt ward (Ed. Meyer Gesch. des Altert. IV 635), befand sich E. unter ihnen (Xen. hell. I 5, 16. Philoch. frg. 121. Diod. XIII 74, 1). Mit Archestratos, Leon und Aristokrates ging er auf den Kriegsschauplatz ab, zunächst nach Samos (L. Herbst Die Schlacht bei den Arginusen 17, 26) – auch im Hellespont scheint er gewesen zu sein (Xen. hell. I 7, 2) –, von Samos später mit Konon, Archestratos und Leon nach Lesbos (Lys. XXI 8), wurde aber mit diesen (Archestratos kam um) in dem Hafen von Mytilene blockiert. Doch gelang es ihm auf einem Schiffe zu entweichen und die Botschaft von Konons Einschließung nach Athen zu bringen (Xen. hell. I 6, 19ff., dazu L. Herbst a. O. Lolling bei Koldewey Antike Baureste der Insel Lesbos 13). Im Frühjahr 406 wurde E., wie seine übrigen Kollegen, wiedergewählt und ihnen das Kommando der neu aufgestellten Flotte übergeben (Busolt Griech. Gesch. III 2, 1592, 1). In der Schlacht bei den Arginusen führte er das Kommando einer Abteilung von 15 Schiffen auf dem linken Flügel, welche im zweiten Treffen, hinter den Schiffen des Diomedon, aufgestellt war (Xen. hell. I 6, 29); nach dem Sieg der Athener vertrat er im Feldherrenrate die Ansicht, so schnell als möglich nach Mytilene zu fahren, um die spartanische Escadre unter Eteonikos zu vernichten (Xen. hell. I 7, 29. Diod. XIII 100, 1), ein Plan, der dann, wenn auch modifiziert, ausgeführt ward, doch gelang es Eteonikos zu entkommen (Xen. ebd. I 7, 30ff. 6, 35ff.). E. wurde in das tragische Schicksal der Feldherren der Arginusenschlacht mit verwickelt; gleich den anderen wurde er seiner Stelle entsetzt und nach Hause berufen (gegen die Auffassung Gilberts Beitr. zur innern Gesch. Athens im Zeitalter des peloponnesischen Krieges 370 und Boerners a. O. 35ff., daß es sich um keine Absetzung handelte, vgl. Beloch Griech. Gesch. II 99. 100, 1. Busolt a. O.). Nach seiner Rückkehr stellt ihn Archedemos wegen Unterschleifs, weil er angeblich Staatseinkünfte aus dem Hellespont nicht abgeliefert hatte, und wegen seiner Tätigkeit als Stratege vor Gericht, welches E. in Haft nahm (Xen. hell. I 7, 2, dessen Ausdrucksweise nicht klar ist, Vermutungen über den Sachverhalt bei L. Herbst a. O. 44, 60. Gilbert a. O. 371ff. Boerner a. O. 38. Busolt a. O. III 2, 1599ff.; vgl. auch Demetrios im Schol. Aristoph. Ran. 1196). E. wurde dann in das gegen seine Kollegen gerichtete Eisangelieverfahren einbezogen und wie sie zum [332] Tode verurteilt (Xen. hell. I 7, 34. Diod. XIII 101, 5 – wo für Καλλιάδης mit Wesseling jedesfalls Ἐρασινίδης zu lesen ist – 102, 3. Philoch. frg. 121). Bei Aristophanes (Frösche 1196, ähnlich wird er Xen. mem. I 1, 18 mit Thrasyllos zusammen genannt) erscheint er wohl deswegen als Repräsentant für das Schicksal der Feldherren der Arginusenschlacht, weil mit ihm das Vorgehen gegen dieselben begann.

Literatur: L. Herbst a. O. Gilbert a. O. 866ff. 371ff. M. Fraenkel Die att. Geschworenengerichte 80. E. Curtius Griech. Gesch. II³ 685ff. Holm Gesch. Griechenlands II 571ff. Grote Hist. of Greece VII² bes. 421. 422. Beloch Att. Politik 85; Griech. Gesch. II, bes. 99. Boerner a. O. 35ff. Kirchner Prosopogr. Att. I 331 nr. 5021. Ed. Meyer Gesch. d. Altert. IV 641. 647ff.