RE:Hieron 13

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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II., König von Syrakus 270-215 v. Chr.
Band VIII,2 (1913) S. 15031511
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13) Hieron II., Sohn des Hierokles, von 270–215 König von Syrakus, wahrscheinlich im J. 306 als Sproß einer weder durch Reichtum noch durch angesehene Stellung hervorragenden Familie geboren (Polyb. VII 8, 1). Wenn Trog. Pomp. (Iustin. XXIII 4, 1) ihn wenigstens von Vaterseite aus der alten Deinomenidenfamilie herleitet – seine Mutter soll eine Sklavin gewesen sein (Iustin. a. a. O. Zonar. VIII 6) – so mag das darin seinen Grund haben, daß H. später zur Legitimierung seiner Stellung wirklich seinen Stammbaum auf die ältere Herrscherfamilie zurückzuführen liebte; an sich hat die Notiz ebensowenig Gewähr, wie die übrigen Wundergeschichten, die Trog. Pomp. an dieser Stelle doch wohl nach Timaios aus H.s Jugend zu erzählen weiß. Offenbar war H. von niederer Herkunft, allein mit den hervorragendsten Gaben des Geistes und Körpers ausgestattet (Iustin. XXIII 4, 14–15. Polyb. I 8, 3) gelang es ihm bald, sich eine angesehene Stellung zu erwerben; besonders soll er sich unter Pyrrhos mehrfach im Kriege ausgezeichnet haben (278–275). Dies war offenbar der Grund, weshalb ihn das mit der Regierung entzweite und bei Mergane lagernde Söldnerheer von Syrakus kurz vor der Einnahme Rhegions durch die Römer (270 v. Chr.) zum Feldherrn wählte. Als solchem gelang es ihm, die feindliche Partei in der Stadt zu stürzen, wobei es ganz ohne die üblichen Hinrichtungen und Verbannungen abging (Polyb. VII 8, 2), und zunächst die Bestätigung seiner Feldherrnwürde zu erreichen (Polyb. I 8, 4). Doch strebte er nach der Alleinherrschaft und vermählte sich daher mit Philistis (Polyb. I 9, 1–3), der Tochter des Leptines, der infolge seines Reichtums und seines Ansehens weitaus die erste Stelle in Syrakus einnahm. Der Name der Frau, der uns übrigens nur aus inschriftlichen Quellen und Münzen bekannt ist s. u. S. 324 und der ihres Vaters zeigen, daß beide jener mit dem älteren Dionys verschwägerten syrakusischen Adelsfamilie angehörten, die diesem seine besten Generale und Staatsmänner geliefert hatte (Holm Gesch. Siziliens II 290. 491). Indem H. seinem 267/6 aus dieser Ehe geborenen Sohn den Namen Gelon beilegte, gab er damit zu erkennen, daß er die Ansprüche seines Hauses eben auf die Verwandtschaft mit den beiden berühmten Herrscherfamilien begründe. Vollkommen abweichend von der vorstehenden Erzählung berichtet eine Stelle in Plaut. Menaechm. 409, daß H. die Herrschaft von einem gewissen Liparo erhalten habe, der Agathokles und Pinthias Nachfolger in der Tyrannis gewesen sei. Es ist heute allgemein anerkannt, daß es sich hier um einen Einfall des Dichters handelt, der ein paar ihm flüchtig im Gedächtnis [1504] gebliebene Namen willkürlich zusammenstellte; nur Gercke Rh. Mus. XLII 270f. scheint der Sache größeres Gewicht beizulegen, aber mit Unrecht. – Bald nach seiner Wahl zum Feldherrn sah sich H. genötigt, den Krieg gegen die Mamertiner in Messana aufzunehmen, ward aber am Kyamosoros geschlagen, wobei ein großer Teil der Söldner zu Grunde ging, während es H. glückte, sich mit den Bürgertruppen ohne erhebliche Verluste zurückzuziehen (Polyb. I 9, 3-4). Neue Anwerbungen gaben seiner Macht erst die rechte Grundlage (Pol. I 9, 6), so daß er nach sorgfältigen Vorbereitungen abermals im Felde erscheinen konnte. Zunächst nahm er den Mamertinern eine ganze Reihe fester Plätze weg (Mylai, Ameselon, Halaisa) und beschränkte sie auf den Nordostzipfel der Insel, der ungefähr durch eine Linie Tauromenion – Tyndaris begrenzt wird, dann siegte er entscheidend am Longanos (265) in der Ebene von Mylai (Polyb. I 9, 7-8), wobei er dem Feind die schwersten Verluste zufügte (Diod. XXII 13, 1-7). Allein der Siegespreis, Messana selber, ward ihm durch die Schlauheit des karthagischen Admirals Hannibal entrissen, der von Lipara herüberkommend, angeblich um H. zu beglückwünschen, die Gelegenheit benützte, mit Einwilligung der ratlosen Mamertiner eine Besatzung in die Burg von Messana zu werfen ) (Diod. XXII 13, 7ff.). H. blieb nichts anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen, was Zonar. VIII 6 so ausdrückt, daß Hannibal den Frieden zwischen H. und den Mamertinern vermittelt habe. Auch so war es ein glänzender Erfolg; bei seiner Rückkehr ward der Sieger mit dem Königstitel begrüßt (I 9, 8). Doch ist es nicht wahrscheinlich, daß H. den karthagischen Gewaltstreich ohne weiteres hingenommen hat; Theokrits XVI Gedicht, das vielleicht in diese Zeit (265/4) gehört, zeigt ihn mitten in den Vorbereitungen zum Karthagerkrieg. Andere allerdings, wie Vahlen (S.-Ber. Akad. Berl. 1884 II 823f.) setzen es in die J. 274-270, so daß also H. damals Pyrrhos karthagerfeindliche Politik fortgesetzt hätte, doch macht Niese mit Recht das Bedenken geltend, daß dann doch auch die Mamertiner in dem Gedicht erwähnt sein müßten (Niese Gesch. d. griech.-maked. Staat. II 196, 2). Wie dem auch sei, zum Ausbruch ist der Krieg mit Karthago nicht gekommen, wahrscheinlich weil der Übergang der Römer nach Sizilien die Gesamtlage von Grund aus veränderte.

Die Chronologie dieser ersten Jahre H.s ist sehr umstritten; das Entscheidende ist dabei die Ansetzung der Schlacht am Longanos (die Form Loitanos bei Diod. XXII 13, 2 ist einfacher Schreibfehler, vgl. Beloch Griech. Gesch. III 1, 668, 1). Nach den übereinstimmenden Ausführungen von Haakh bei Pauly RE1 III 1299ff. Gercke Rh. Mus. XLII 267ff. und Beloch XXVIII (1893) 481ff. kann es als gesichert angesehen werden, daß die Schlacht am Longanos unmittelbar mit der Gesandtschaft der Mamertiner nach Rom zuammenhängt, die dann im Hochsommer 264 den Übergang der Römer nach Sizilien hervorruft; sie fällt also in das Vorjahr. [1505] 255. Diese Ansicht ist auch gegen Meltzer Gesch. d. Karth. II 552ff festzuhalten, der entgegen der ganz klaren, keine Lücke bietenden Darstellung des Polybios hier einen mehrjährigen Zwischenraum ansetzt und die Schlacht auf 269 legen will. Diese Ansetzung, der auch Niese (Gesch. d. griech.-maked. Staaten II 179, 5) nicht ganz ablehnend gegenübersteht, findet eine scheinbare Stütze in den Worten des Polybios VII 8, 4 ἔτη πεντήκοντα καὶ τέτταρα βασιλεύσας. H. erhielt nach Polybios eigenem Zeugnis (I 9, 8) die Königswürde, unmittelbar nach der Schlacht am Longanos; er starb im Frühjahr 215 (nach Beloch III 2, 226f. Frühling 214, worüber u.), also ward er 269 König und der Sieg am Longanos fällt eben in dieses Jahr. Allein Beloch (Gr. Gesch. III 2, 228ff.) hat mit entscheidenden Gründen gezeigt, daß bei Polybios die Gesamtregierung zu verstehen sei, daß also die 54 J. auch die Feldherrschaft H.s umfassen, deren Anfang demnach in 270/69 zu setzen ist. Genau besehen stimmt dazu auch die vielumstrittene Angabe des Polybios in I 8, 3 χρόνοις οὐ πολλοῖς πρότερον; sie geht offenbar nicht auf § 2, der durch summarische Vorwegnahme des Ergebnisses die Darstellung unterbricht, sondern auf § 1 die Lage der Mamertiner nach der Einnahme Rhegions, d. h. 270 (Beloch Griech. Gesch. III 1, 666, 3). Demnach fällt H.s Erhebung zum Feldherrn 270, sein Staatsstreich wahrscheinlich in den Herbst desselben Jahres, so daß er zur Not immer noch den Römern, die Rhegion belagerten, ein Hilfskorps und Getreide geschickt haben kann, wie Zonar. VIII b 379 d erzählt. An der Sache selber zu zweifeln liegt kein Grund vor; aber es ist allerdings sehr möglich, daß die Hilfssendung noch von der republikanischen Regierung ausging und dann später H. aufs Konto gesetzt ward, der noch im selben Jahre die Staatsleitung übernahm und dessen freundwilligem Beistand die Römer später so vieles verdankten. Mit den gewonnenen Ansätzen (270/69 Herbst Hieron Strateg, 265 Schlacht am Longanos) stimmt der Begründung nach auch Beloch (III 2, 226ff.); wenn er die genannten Ereignisse beide ein Jahr später 269/8 und 264 setzt, so liegt das daran, daß er H.s Tod ins J. 214 und den Übergang der Römer nach Sizilien 263 ansetzt (beides meines Erachtens mit Unrecht, vgl. u. und o. Bd. VII S. 2308). Nun besitzen wir allerdings noch eine genaue Angabe bei Paus. VI 12, 2, die auch Niese annimmt (a. a. O. II 179, 5), daß nämlich H. Ol. 126, 2, d. h. 275/4 zur Regierung gekommen sei. Allein ganz abgesehen davon, daß die Herkunft des Datums zweifelhaft ist, kann es sehr wohl daher entstanden sein, daß Pausanias Quelle an Pyrrhos Abzug aus Sizilien unmittelbar den Beginn von H.s Herrschaft anschloß. Unverwertbar ist die Notiz bei Lucian de longaev. 10, wonach H. 70 J. regiert habe; die Zahl ist sicher verderbt, und jenachdem man in 60 oder 50 ändert, kommt man entweder auf die Zahl des Pausanias oder auf das oben erschlossene Jahr der Schlacht am Longanos, die H. die Königswürde verschaffte. Was sein Geburtsjahr betrifft, so hat die genaueste Angabe [1506] wieder Luc. a. a. O., der ihn 92 Jahre alt werden läßt. Allein Polyb. VII 8, 8 sagt einfach πλείω τῶν ἐνενήκοντα ἔτη ἐβίωσε, und wenn man Liv. XXIV 4, 4 hinzunimmt, der bei den letzten Vorgängen vor seinem Tod von ihm als nonagesimum iam agenti annum spricht, so ergibt sich, daß H. tatsächlich nur eben über das 90. Jahr hinausgekommen und seine Geburt also auf 306/5 anzusetzen ist, wahrscheinlich in der zweiten Hälfte 306. Das Geburtsjahr seines Sohnes, der bald nach der Schlacht von Cannae und noch vor dem Vater, also in der zweiten Hälfte 216 starb (Liv. XXIII 30), ergibt sich aus Polyb. VII 8, 9 πλείω τῶν ἐνενήκοντα βιώσας ἔτων, also etwa Anfang 266 oder Ende 267; die Heirat mit Philistis wird demnach etwa ein Jahr nach dem Staatsstreich stattgefunden haben 269/8, was zu der Erzählung bei Polyb. I 8 sehr gut stimmt. Die Schlacht am Kyamosoros wäre dann 268 anzusetzen, so daß annähernd drei Jahre für die Vorbereitungen zum Mamertinerkrieg blieben.

Mit dem Übergang der Römer nach Sizilien (Hochsommer 264) bereitet sich die entscheidende Wendung in der Geschichte H.s vor. Fast ein Menschenalter hatte Syrakus mit den Mamertinern um Messana gekämpft, den Schlüssel Siziliens, den es nicht in den Händen der stammfremden Italiker lassen wollte: es war durch H.s Sieg am Longanos fast ans Ziel gelangt, als das mächtigste aller italischen Völker eingriff. Die drohende Gefahr überbrückte zunächst sogar den Gegensatz zu dem alten Erbfeind des Griechentums auf der Insel; mit richtigem Blick erkannte H. unter Zurückdrängung jedes persönlichen Grolls, daß diesmal sein Platz an der Seite der Karthager sei. Sofort vereinigte er sich mit ihnen zur Belagerung Messanas und schlug sein Lager am chalkidischen Berge auf (Polyb. I 11, 7-8. Diod. XXIII 1. 2). Allein in einem Ausfallgefecht von dem römischen Consul Appius besiegt (Polyb. I 11, 12-15) bewerkstelligte er in der folgenden Nacht seinen Rückzug, weil er sich von den Karthagern verraten glaubte (Diod. XXII 3. Flor. II 2, 5. Oros. IV 7. 1-3. Zonar. VIII 9). Nach Besiegung auch des karthagischen Belagerungsheeres folgte ihm der Consul, verwüstete sein Gebiet und griff Syrakus selbst an (Polyb. I 12, 4), mußte aber dann sich infolge einer ausbrechenden Seuche zurückziehen, worauf er in Rom einen Triumph feierte (Eutrop. II 13, 1). Daß diese ganze, in letzter Linie auf Fabius Pictor (vgl. Polyb. I 15, 1 ff.) zurückgehende Darstellung frei erfunden ist, hat Beloch Griech. Gesch. III 2. 447ff. gezeigt: die Triumphalfasten wissen nichts von einem Triumph des Appius über H., und so verdient Philinos’ Darstellung, nach der der römische Consul sogar eine Schlappe durch H. erlitt, bedeutend mehr Glauben; wahrscheinlich rührten aus ihr auch die Gefangenen her, die H. nachher im Vertrage zurückgab (Polyb. I 16, 9). Große Erfolge erzielten vielmehr erst die Consuln des nächsten J. 263/2, die mit bedeutenden Verstärkungen anlangten, M'. Otacilius und M. Valerius, dessen Beinamen Messalla, wie Mommsen Röm. Forsch. II 295f. gesehen hat, darauf hindeutet, [1507] daß er einen größeren Erfolg in der Nähe von Messana errungen haben muß. Dies war der Sieg über die Karthager und H., der auf dem von ihm geweihten Gemälde in der Curia Hostilia dargestellt war (Plin. n. h. XXXV 22), unmittelbar darauf mag die Einnahme von Katane (Plin. n. h. VII 214) erfolgt und der Consul zur Belagerung von Syrakus geschritten sein. So ist wahrscheinlich der bei Philinos richtig erzählte Verlauf der Sache gewesen; indem Plybios Appius und Valerius durcheinander brachte, gelangte er zu der heftigen Polemik gegen Philinos (I 15 1ff.), die jeder Grundlage entbehrt. Vielmehr war es Valerius Messalla, der Syrakus angriff und bald darauf den Vertrag mit H. abschloß. Inzwischen war nämlich unter dem Eindruck der römischen Erfolge die Stimmung in Sizilien umgeschlagen; der alte Haß gegen den karthagischen Erbfeind brach wieder durch, und alles fiel den Römern zu (Polyb. I 16, 3. Diod. XXIII 4). Auch in Syrakus wurden Stimmen gegen H.s Politik laut (ἀγανακτοῦντας, Diod. XXIII 4), denen der König umso eher nachgab, als er sich mittlerweile von den gewaltigen Hilfsmitteln des Feindes überzeugt hatte. Seine Anerbietungen fanden bei den Consuln freundliches Entgegenkommen (Polyb. I 16, 8), und sie schlossen mit ihm ein Bündnis zunächst auf 15 Jahre unter günstigen Bedingungen: gegen Auslieferung der Gefangenen und Erlegung von 100 Talenten ward H. Bundesgenosse des römischen Volkes und als Herr von Akrai, Leontinoi, Heloros, Megara, Neton, Tauromenion anerkannt (Polyb. I 16, 9, vgl. Diod. XXII 13, 9). Außerdem besaß er, wie aus andern Quellen bekannt ist, Kentoripa, Agyrion (wo er das Theater erbaute, Diod. XVI 83) und Herbessos (Liv. XXIV 30), die aber möglicherweise erst später hinzukamen. Übrigens betrug nach Diodoros die Kriegsentschädigung nur 25 Talente, was Niese als Betrag der ersten Teilzahlung ansehen möchte, während die spätere Überlieferung auch hier übertreibt (200 Talente bei Eutrop. Il 19, 2. Oros. IV 7, 1-3). Eigentümlich ist die Notiz des Zonar. VIII 9, 11, wonach H. zu einem Tribut von 100 Talenten verpflichtet worden sei, den ihm die Römer nach Ablauf des 15 jährigen Vertrages erlassen hätten; wenn etwas Richtiges daran ist, so stellten diese 100 Talente wohl den Beitrag zu den Kriegskosten dar, für den die Römer den Schutz von H.s Territorium übernahmen. Daß sein Gebiet tatsächlich von den Schrecken des Krieges verschont blieb, sagt Polyb. VII 8, 4; nur eine einzelne Notiz erwähnt eine Unternehmung Hamilkar Barkas’ gegen Katane (Zonar. VIII 15, 397 c), das aber wahrscheinlich römisch war (Beloch Gr. Gesch. III 1, 672, 2). Andrerseits hat sich H. persönlich seit 263 nicht mehr am Kriege beteiligt, wahrscheinlich also auch keine Hilfstruppen gestellt, sondern nur durch Lieferungen von Getreide und sonstigen Zufuhren die Römer unterstützt, so zunächst bei der Belagerung von Akragas (Polyb. I 18, 11. Zonar. VIII 10, 385 d), dann bei Kamarina, wo er auch seine Belagerungsgeschütze zur Verfügung stellte (Diod. XXIII 9, 2), bei Lipara (Zonar. VIII 14, 7), bei [1508] Lilybaion (Diod. XXIV 1-2. Zonar. VIII 17, 4), ferner zweimal bei der Vernichtung römischer Flotten an der Südküste Siziliens (Diod. XXIV 14 und 24). Auch diente der Hafen von Syrakus den römischen Flotten öfter als Stützpunkt (Polyb. I 52, 6. Diod. XXIV 1, 7. 9). Im ganzen also ist der Vertrag von 263 doch nicht so ungünstig gewesen, wie Beloch III 1, 673f. die Sache ansieht; auch war H.s Stellung keineswegs so vollständig von den Römern abhängig, wie Beloch sie schildert. Daß ein kleiner tüchtig geleiteter Staat auch unter Großmächten sich ehrenvoll behaupten konnte, hatte damals das Beispiel von Rhodos gezeigt, und H. ist mit Erfolg bemüht gewesen, auch für Syrakus eine ähnliche Stellung aufrecht zu erhalten.

Mit dem J. 241 beginnt die große 23 jährige Friedensperiode in H.s Regierung, in der er Syrakus noch einmal zu einer glänzenden Blüte führte. Sein Reich umfaßte etwa ein Dreieck, dessen Grundlinie die Ostküste Siziliens bildete, die nordwestliche Seite ward von dem nebrodischen, die südwestliche vom heraeischen Gebirgszug begrenzt, hier bildete Echetla (Diod. XXIII 4 statt Ἔγεστα) die Grenze gegen das karthagische, später römische Gebiet (vgl. Pais Amministrazione della Sicilia, Archiv. Stor. Sic. XIII, auch S.-A. 56f.). Die Spitze lag bei Henna, das aber römisch war. Damit war ihm der beste Teil Siziliens zugefallen, die fruchtbaren und zum Ackerbau besonders geeigneten Täler der Flüsse, die sich nachher zum Symaithos vereinigen; daher denn auch der Ackerbau die Grundlage von H.s innerer Politik bildete. Unermüdlich auf seine Hebung bedacht – er selber war Verfasser mehrerer Schriften über den Ackerbau (Varro de r. r. I 1, 8. Plin. n. h. XVIII 3. Colum. de r. r. I 1, 8) – schuf er jenes Gesetz über die Erhebung des Getreidezehntens, das die Beziehungen zwischen Steuerpächtern und Eigentümern aufs genaueste regelte und wegen seiner Vorzüglichkeit noch zu Ciceros Zeit in Gebrauch war, die Lex Hieronica (vgl. Cic. Verr. II 32. 147. III 14.28. V 33 und Degenkolb Die lex Hieronica, Berlin 1861). Ob er dabei das sehr einträgliche, aber ziemlich drückende ägyptische Steuersystem auch in Sizilien eingeführt hat, wie Niese a. a. O. II 194f. meint, muß dahingestellt bleiben; jedenfalls hatten seine Bemühungen den Erfolg, daß die Produktionskraft Siziliens bedeutend wuchs und er immer in der Lage war, von den Produktionsüberschüssen bald an Rom, bald an Karthago, bald an Rhodos und Griechenland abzugeben (s. u.); selbst Ägypten erhielt von ihm bei Gelegenheit einer Hungersnot eine riesige Spende (Athen. V 209 a. b), und das goldene Korn seines Landes ward ihm recht eigentlich die Münze, in der er sogar Belohnungen an befreundete Dichter auszahlte (ebd. 209 e). Die zweite Quelle des Wohlstandes ward der Handel; Syrakus übernahm wieder wie einst im 5. Jhdt. die Vermittlung zwischen Ost und West, unterstützt durch die kluge Politik des Königs, der gute Beziehungen nach allen Seiten unterhielt. Dabei blühte die Stadt mächtig empor; sie gab den großen Handelsmetropolen Karthago und Alexandria an Glanz, Reichtum und Bevölkerungszahl wohl nicht allzuviel nach, [1509] wie die ungeheure Beute zeigt, die Rom nachher aus der eroberten Stadt zog. Für ihre Sicherheit war H. in erster Linie bedacht, wobei ihm vor allem seine Freundschaft und Verwandtschaft mit dem großen Archimedes zu statten kam (Plut. Marc. 14); die Stadt ward geradezu großartig mit Verteidigungsmaterial ausgerüstet, wie die Römer später zu ihrem Schaden erfuhren. Allein auch mit Prunkbauten schmückte er Syrakus; eine ganze Reihe von Tempeln, Theatern und sonstiger Prachtbauten zeugte von seiner Freigebigkeit (Athen. V 206 e), vor allem das Olympieion auf dem Markte (Diod. XVI 83) mit dem Altar, der die Länge eines Stadions hatte, und sein eigener Palast auf Ortygia, der später noch den römischen Praetoren als Wohnung diente (Cic. Verr. IV 118. V 30). Selbst kleine Städte seines Reiches wurden von ihm mit schönen Bauten bedacht, so Agyrion (Diod. XVI 83, der in seinem Lokalpatriotismus vielleicht die Farben etwas stark aufträgt), Akrai (vgl. Holm Gesch. Siz. III 38f.) und Neton, das ein schönes Gymnasium erhielt, worüber uns eine Inschrift belehrt. Ein weiteres Beispiel seiner Prachtliebe ist das große von Athenaios genau beschriebene Prunkschiff (Athen. V 209), das ursprünglich bestimmt war, Griechenland Getreide zu bringen, aber wegen seiner Größe griechische Häfen nicht anlaufen konnte (? Graser De veterum re navali, Berol. 1864 berechnet seinen Raumgehalt auf 4200 Tonnen) und schließlich dem König von Ägypten geschenkt ward. Daß unter diesen Umständen H. viele Beziehungen zu der Kunst seiner Zeit gehabt haben muß, leuchtet ein, doch ist merkwürdig wenig davon bekannt, ebensowenig wie von seinen Beziehungen zu Dichtern; abgesehen von der Notiz über den Athener Archimelos, den er wegen eines Epigramms fürstlich belohnte, ist für uns das einzige Denkmal Theokrits XVI. Gedicht, in dem dieser die Gunst des Fürsten sucht; über den Erfolg ist nichts bekannt. Vielleicht hängt das mit der Einfachheit zusammen, die H.s Privatleben auszeichnete; offenbar liebte er keine glänzende Hofhaltung, wie denn weder er noch sein Sohn Gelon sich in ihrem äußeren Auftreten von den besseren Bürgern unterschieden (Liv. XXIV 5, 1-2). Doch führten sowohl er wie sämtliche Mitglieder seines Hauses den Königstitel, was sich aus den Inschriften DS² 217 Collitz Gr. Dialektinschr. III 3231. (Kaibel IGS et It. nr. 2. Βασιλέος ἁγε[ομένου (so Blass, Dittenberger) Ιέρωνος Ἱεροκλέους Συρακόσιοι θεοῖς πᾶσι (vielleicht die Weihinschrift für das Geschenk nach dem Siege am Longanos 265), für Gelon aus Bull. hell. XX (1890) 400 = DS² 218 ὁ δᾶμος τῶν Συρακοσίων βασιλέα Γέλωνα βασιλέος Ἱέρωνος Διὶ Ἑλλανίῳ, für Philistis und Gelons Gemahlin Nereis die Inschriften auf den Mauerresten des Theaters von Syrakus IGS et It. nr. 3 = Collitz 106 = DS² 219. Dieselbe Bezeichnung findet sich auf den Münzen, wobei für die einzelnen Köpfe Porträtähnlichkeit nicht ausgeschlossen ist (Coins of the Brit. Mus., Sicily 212ff. Head HN 161; s. auch Holm Gesch. Siziliens II 287. 491ff. III 797ff., 3-697). Im übrigen läßt die Fassung der Inschriften erkennen, daß die konstitutionellen [1510] Formen unter H. gewahrt blieben, wie er denn auch die Gesetze des Diokles neu aufzeichnen und bei dieser Gelegenheit durch Polydoros sprachlich erneuern ließ (Diod. XIII 35, 5). Auch Ratssitzungen wurden regelmäßig gehalten, Liv. XXIII 22, 5. Es ist daher auch wohl sicher keine konstitutionelle Komödie gewesen, wenn H. mehrmals dem Volk die Niederlegung der Krone anbot, aber sie stets durch Volksbeschluß wieder erhielt (Polyb. VII 8, 5). Noch in seinen letzten Tagen dachte er daran, dem Volke in seinem Testament die Freiheit zurückzugeben, ließ sich aber von den Frauen des königlichen Hauses davon abbringen (Liv. XXIV 4). Nimmt man die Milde seiner Regierung hinzu, die Polyb. VII 8, 2 mit Recht hervorhebt, so kann man sagen, daß er wirklich ein König von Volkes Gnaden war, vielleicht der einzige in dieser Zeit des Absolutismus.

Die äußere Politik des Königs war naturgemäß darauf gerichtet, möglichst überallhin gute Beziehungen zu unterhalten; bei aller Treue, die er dem römischen Bundesgenossen erwies, erkannte er doch auch den Wert eines machtvollen Karthagos, das dem überstarken Bundesgenossen die Wage hielt. Daher unterstützte er Karthago in der Not des Söldnerkrieges auf alle mögliche Weise (Polyb. I 83, 1ff.); gleich im folgenden J. 237 aber besuchte er Rom, um die Spiele zu sehen, und brachte auch dem römischen Staat ein ansehnliches Getreidegeschenk mit (Eutrop. III 1. 2). Allein auch gegen die Griechenstaaten erwies er seine Freigebigkeit (Polyb. I 16, 11. VII 8, 6), weswegen ihm die Ehre zu teil ward, daß drei Bildsäulen von ihm in Olympia Aufstellung fanden (Paus. VI 15, 3); vor allen scheint er indes Ägypten (Athen. V 209) und den mit ihm verbündeten Staaten seine Gunst zugewandt zu haben. So unterstützte er Rhodos bei dem furchtbaren Erdbeben des J. 227 (Polyb. V 88, 5ff. Diod. XXVI 6) nicht bloß mit Geld, sondern auch durch Lieferung seiner berühmten Kriegsmaschinen; außerdem gewährte er Abgabenfreiheit für den rhodischen Handel in Syrakus. Alle diese Bemühungen kamen in letzter Linie doch immer Syrakus zugute, das noch einmal eine glänzende Blütezeit durchmachte. Erst gegen den Abend von H.s Leben verdunkelte sich der politische Horizont, als der Entschei dungskampf zwischen Rom und Karthago heraufzog. Schon im Gallierkrieg und in den illyrischen Kämpfen hatte er Gelegenheit den Römern abermals seine Treue zu beweisen, wie sich daraus ergibt, daß sie ihm aus der Beute allerhand Prunkstücke schenkten, die dann in dem neuerbauten Tempel des Zeus Olympios ihre Stätte fanden (Liv. XXIV 21. Plut. Marc. 8 a. E.). Gleich beim Beginn des großen Krieges glückte es ihm, in Messana ein paar Karthagerschiffe abzufangen (Liv. XXI 49, 1-2) und die Römer in Lilybaion rechtzeitig vor dem karthagischen Überfall zu warnen (ebd. 6). Als der Consul Ti. Sempronius Longus ankam, empfing er ihn mit Freundschaftsversicherungen und dem Versprechen, Getreide sowie Kleidung für die römischen und bundesgenössischen Mannschaften zu liefern. Dann begleitete er den Consul mit seiner Flotte bis Lilybaion und fuhr [1511] von dort nach Hause zurück (Liv. XXI 50, 7–51, 1). Im folgenden Frühjahr sandte er den Römern auf ihr Ansuchen 500 Kreter und 1000 Peltasten (Polyb. III 75, 7), die größtenteils in der Schlacht am Trasimenus gefangen wurden und in Hannibals Dienst traten (Liv. XXIV 30). Dies Verhalten mag den König zu einer zweiten Hilfeleistung bewogen haben, die im Frühjahr 216 anlangte (Liv. XXII 37, 1ff; vgl. Zonar. VIII 26, 416 c); diesmal sandte er außer 1000 Bogenschützen und Schleuderern noch eine bedeutende Masse von Getreide und eine goldene Nikestatue als Geschenk. Nach Niese sind übrigens beide Sendungen identisch; Livius hat den Vorgang nur an falscher Stelle und in einer Weise ausgeschmückt berichtet (Niese a. O. II 511, 4). Im selben Jahre unterstützte H., trotzdem sein eigenes Gebiet schwer vom Kriege gelitten hatte (Liv. XXII 56, 6), den Praetor von Sizilien, T. Otacilius, der sich in großer Bedrängnis befand, mit Geld und Getreide (Liv. XXIII 2, 5). Das Geld sollte im folgenden Jahre durch den Nachfolger des Otacilius, Appius Claudius, zurückgezahlt werden, ward dann aber auf Befehl des Senats für den makedonischen Krieg verwandt (Liv. XXIII 38, 12) offenbar, weil inzwischen in Syrakus der Abfall eingetreten war. Die an dieser Stelle erwähnte Getreidesendung muß die letzte gewesen sein; im Winter 216/5 (über den Zeitpunkt vgl. den Artikel Hieronymos) starb König H., nachdem er testamentarisch seinen unmündigen Enkel Hieronymos zum Nachfolger und 12 Vormünder eingesetzt hatte (Liv. XXIV 4). Bis zum letzten Augenblick erfreute er sich des ungestörten Gebrauchs seiner sämtlichen Sinnesorgane und geistigen Fähigkeiten (Polyb. VII 8, 7-8). Sein Bild geben die Münzen (vgl. Holm Gesch. Siz. III 693-697 und die Abb.); ein kleines bei Girgenti im Meere gefundenes Marmorrelief stellt ebenfalls wahrscheinlich H. nebst seiner Gemahlin Philistis dar (Description of anc. marbles in the Brit. Mus. X table 32, vgl. Helbig Rh. Mus. XXVII 153f.).

Quellen Für die ältere Geschichte H.s kommen in erster Linie Polyb. I 8-16 und einige weitere Notizen des ersten Buchs in Betracht, bis zum Beginn des ersten Punischen Krieges mag noch Timaios benutzt sein, von da an liegen Fabius Pictor und Philinos zu Grunde. Wichtig ist die umfassende Charakteristik Pol. VII 8-9. Für den zweiten Punischen Krieg liegt Livius zusammenhängender Bericht in XXI 50. 51-XXIV 4 vor, daneben Polybios, der aber H. nur einmal erwähnt (III 75, 5). Indessen folgt daraus noch nicht, daß sämtliche Nachrichten bei Livius zu verwerfen sind, wie Niese Gesch. d. griech. und maked. Staaten II 511, 4 will; die meisten Notizen sind an sich unverdächtig und fügen sich ohne Zwang dem Zusammenhang der Ereignisse ein. Neuere Darstellungen: Petry H. v. Syrakus, Elberfeld 1861. Schneiderwirth H. II., Heiligenst. 1861. Cassagrande La campagna di Gerone II contro i Mamertini, Torino 1894. Holm Gesch. Sic. III 33-41. Niese Gesch. der griech. u. maked. Staaten II 174ff. 510ff. Beloch Griech. Gesch. III 1, 664-676.