RE:Iaxartae

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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ostskyth. Volk
Band IX,1 (1914) S. 11801181
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Iaxartae. Während die älteren griechischen Geographen von den Völkern jenseits des Syrdarja nur unbestimmte Kunde besaßen, war Marinos von Tyros in der Lage, eine Quelle zu benutzen, die ihm über den Fluß selbst, seine Nebenflüsse und die anwohnenden Völkerschaften wichtige Aufschlüsse gab (s. den Art. Iaxartes. So hörte er auch von einem mächtigen Volk, um es nach dem Iaxartes, an dessen rechter Seite es saß, Ἰαξάρται zu benennen. Welchen Platz es auf seiner Karte eingenommen hat, geht aus den Worten seines Nachfolgers Ptolemaios hervor (VI 14, 10): εἶτα Ἄορσοι, μεθ’ οὓς Ἰαξάρται μέγα ἔθνος παρὰ τὸν ὁμώνυμον ποταμὸν μέχρι τῆς πρὸς τοῖς Ταπούροις ὄρεσιν ἐπιστροφῆς. Durch diese Daten ist das Gebiet in trefflicher Weise bestimmt. Im Nordwesten grenzt es an die von den Aorsen beherrschten Uferstriche des Aralsees, im Südwesten und Westen enden Iaxartes, während es im Südosten bis zur Flußbeuge bei Khodjent reicht, wo einige Ausläufer des Tienschan, der hier Τάπουρα ὄρη heißt, nahe an das Ufer herantreten.

Um was für ein Volk es sich in Wirklichkeit handelt, wird uns durch die chinesische Überlieferung bekannt. Als der General Chang-chʿien in den J. 139-127 v. Chr. seine berühmte Expedition nach dem Westen ausführte, besuchte er nordwestlich von Ta-wan (Ferghana) das Reich Kʿang-chü, bewohnt von einem kräftigen Nomadenvolk, das 80-90 000 Personen zählen sollte (123. Buch des Shi-ki, übers. von F. Brosset Journal asiatique II 1828, 423). Im Laufe des 1. Jhdts. v. Chr. gab der rege Handelsverkehr den Chinesen Gelegenheit, neue Nachrichten über Kʿang-chü zu sammeln. Die hierauf beruhenden Angaben der Annalen der früheren Han-Dynastie lassen erkennen, daß das Land die Ebenen rechts vom Iaxartes von Khodjent abwärts bis in die Nähe des Aralsees einnahm; im Nordosten griff es hinüber bis zum Tschu und weiter bis zur Buamschlucht unweit des Issyk-kul, während im Südwesten die Oasen [1181] Sogdianas dem Staate unterworfen waren. Die Hauptstadt Pi-tien befand sich, wie die Entfernungsangaben beweisen, in der Nähe von Tschimkent, im Sommer hielt sich der König jedoch in der quellenreichen Berglandschaft östlich von Auliē-ata auf. Auch im 1. und 2. Jhdt. bestand das Reich Kʿang-chü anscheinend in derselben Ausdehnung weiter (vgl. das Weï-lio, Auszug übers. von E. Chavannes, Tʾoungpao 1905, 559). Hiernach ist wohl nicht zu zweifeln‚ daß das ‚große Volk‘ der I. ‚die Sitze des eigentlichen Kʿang-chü einnahm. Wahrscheinlich ist uns der eigentliche Völkername bei Strab. XI 51l durch Πασιανοί, bei Trog. prol. 41 durch Asiani wiedergegeben, jene Völkerschaft, die zusammen mit den Sakarauken um die Mitte des 2. Jhdts. v. Chr. Sogdiana und Baktrien erobert hat (Näheres s. den Art. Sacaraucae).

Hier sei noch gleich darauf hingewiesen, daß der durch die Chinesen überlieferte Ländername, der in der alten Aussprache Khangki gelautet haben mag, bei Marinos-Ptolemaios in griechischer Umbildung zweimal wiederkehrt. Erstens sind es die nördlich von den I. angesetzten Καχάγαι Σκύθαι (s. d.); ihr Name rührt wohl aus dem Bericht her, in dem ein alter Handelsweg von Südrußland nach dem unteren Iaxartes, wo ja ihre Sitze waren, beschrieben war. Sodann werden im Norden des Sakenlandes die Καράται aufgeführt (Ptolem. VI 13, 3), ein Name, der aus dem Itinerar des Maës Titianus entnommenen ist (s. den Art. Καράται).

Ptolemaios ist nicht der einzige, der uns von den I. berichtet. Auch der Dichter Avienus widmet ihnen einige Verse (III 929ff.). Er legt ihnen die Apposition ‚diri‘ bei und führt dann aus, daß sie keine Bogenschützen seien, sondern sich mit schweren Wurfspießen und Pfeilen bewaffneten. Jedoch ursprünglich scheint sich die ganze Schilderung auf die Sacae zu beziehen‚ wie man aus der Parallelstelle bei Prisc. v. 725f. entnehmen kann.

Was Ammianus Marcellinus von den I. erzählt, hat er teils aus Ptolemaios geschöpft; teils gibt er die schon bei Ephoros (vgl. Scymn. 859ff.) hervortretende Ansicht wieder, daß es im fernen Norden neben rohen auch gerechte Skythenvölker gäbe. XXIII 6, 62 heißt es: illud tamen sciendum est, inter has nationes (Scythas Asiae) paene ob asperitatem nimiam inaccessas, homines esse quosdam mites et pios, ut Iaxartae sunt et Galactofagi, quorum meminit vates Homerus in hoc versu: γλακτοφάγων Ἀβίων τε δικαιοτάτων ἀνθρώπων. Mit diesem Zitat aus Homer Il. XIII 6 scheint Ammianus die Angabe des Ptolem. VI 14, 12 verbunden zu haben, wonach in der Nähe der I. die Γαλακτοφάγοι Σκύθαι auftreten; er verfuhr dann offenbar in der Weise, daß er mit den I. die Ἄβιοι Homers gleichsetzte, weil diese allgemein in Skythien angenommen wurden. So sehen wir, daß er auch ihre Eigenschaften ‚mites et pii‘ auf die I. übertrug.

Nachträge und Berichtigungen

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Band R (1980) S. 130
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