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RE:Iunius 127

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Philargyrius Vergilkommentator
Band X,1 (1918) S. 10771079
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127) Iunius Philargyrius, Vergilerklärer. Literatur: P. Wessner bei Teuffel-Kroll Röm. Lit.-Gesch. LII § 472, 9. M. Schanz Röm. Lit.-Gesch. II 1³, 127. Ph. Wagner De Iunio Philargyro I. II. Dresden 1846. 1847. C. Barwick Comm. phil. Jen. VII 2, 57–123. Scholien des Philargyrus hat zuerst Fulvius Ursinus 1587 herausgegeben. Es waren das teils Exzerpte, die Angelo Poliziano aus dem gleich näher zu bezeichnenden Codex L angefertigt hatte, teils Erklärungen zu den Georgica aus dem cod. Vatic. 3317 s. X/XI, die mit Philargyrius nichts gemein haben, sondern mit dem sog. Servius Danielis enge verwandt sind; vgl. Thilo Rhein. Mus. 1860, 135 und Servius III 1 p. XII.

Im cod. Paris. 1308 (P) s. IX, 7960 (N) und Laur. 45, 14 (L) s. X ist überliefert eine Explanatio Iunii Filargirii grammatici zu den Bucolica (Servius ed. Thilo Hagen III 2, 1–189), von der ein Teil zur Ausfüllung der Serviuslücke Buc 1, 37 – 2, 10 gedient hat. Über [1078] das Verhältnis der Hss. zueinander vgl. Barwick 59, 1. Die in der Explanatio enthaltenen Vergilviten sind besonders herausgegeben von J. Brummer Vitae Vergilianae (Leipzig 1812) 39–48.

I. Ph. ist augenscheinlich auch einer der drei Autoren, die in den Scholia Bernensia (ed. Hagen Jahrb. f. Philol. Suppl. IV 674–1014) erscheinen, und zwar der hauptsächlichste von ihnen; vgl. die Subscriptio der Bucolica (nach Mommsen Rhein. Mus. 1861, 446 vielmehr den Titel zum Kommentar der Georgica, was A. Klotz ebd. 1911, 157 bekämpft): Haec omnia de commentariis Romanorum congregavi, id est Titi Galli et Gaudentii et maxime Iunilii Flagrii Mediolanensis). Vor Georg. I steht ferner: Iunilius Flagrius Valentiano (Valentiniano Subscr. der Explan. II) Mediolani. Verderbt ist die Subscr. zu Georg. I: Titus Gallus de tribus commentariis Oaudentius haec fecit. Ein großer Teil der Scholien wird eingeleitet durch Bemerkungen wie Iunolius dicit, Gaudentius dicit, Gallus dicit. Hauptquelle ist cod. Bern. 172 s. IX/X (B); dazu kommen Bern. 167 s. IX/X (C) und 165 s. IX (D).

Einen weiteren Auszug aus jenem Dreimännerkommentar enthält Cod. Leid. Vossianus F 79, den Hagen nur für die Bucolica nachträglich S. 999 berücksichtigt hat; vgl. auch S. 692. Die Erläuterungen zu Georg. I sind von Suringar Hist. crit. schol. Lat. II 272–350 veröffentlicht; vgl. Barwick 60, 2.

Eine sehr ähnliche Sammlung endlich, doch ohne solche Angaben, besitzen wir in der Brevis expositio zu einem Teile der Georgica (Servius ed. Thilo-Hagen III 2, 193-320), die außer in den Berner Hss. auch im Cod. Leid. 135 saec. XI in. (G) steht. Die Frage nach dem Anteil, den jeder der genannten drei Autoren an der Sammlung hat, ist für die Berner Scholien am meisten gefördert worden von Mommsen Rh. Mus. 1861, 446, auf dessen Fundament Barwick 62 weiter gebaut hat, während die dazwischen liegenden Untersuchungen von Hagen Praef. zur Ausgabe, E. Thomas Scoliastes de Virgile (Paris 1880) 288, Perušek De scholiorum Bern, origine et auctoribus, argumento et indole Pr. (Sarajewo 1881), H. Georgii Philol. Suppl. 1904, 215 verhältnismäßig wenig Nutzen gestiftet haben. Die erwähnten Scholienmassen sind, wie Barwicks Untersuchungen gezeigt haben, sämtlich aus einer Quelle geflossen, in der Auszüge aus den drei Kommentatoren vereinigt waren. Den Grundstock bildeten die Erklärungen des Philargyrius. Daraus sind dann nachmals zwei Auszüge angefertigt worden. Aus dem einen sind die Berner Scholien geflossen, aus dem andern die Explanatio und die Brevis Expositio. In dem Anfang dieser hat Barwick die Reste dreier verschiedener Praefationes ermittelt: 1) 193–195, 9; 2) 195, 10–197, 10; 3) 197, 11–198, 12. nr. 1 und 3 bieten auch die Schol. Bern., während nr. 2 ihnen durch Schuld der Schreiber abhanden gekommen ist. Augenscheinlich gehen die drei Vorreden auf je einen der drei Kommentatoren zurück.

Die Explanatio liegt in zwei Fassungen vor, einer umfangreicheren und einer kürzeren. Jene gehört mit der Brevis Expositio der Berner Hss., diese mit der Leidener Expositio zusammen. Ähnlich [1079] verhalten sich auch die Scholia von B zu denen des Leid. 79.

Aus diesem im Laufe der Zeiten sehr stark verderbten Material läßt sich das Eigentum des Philargyrius bis zu einem gewissen Grade aussondern. Die unter dem Namen des Gaudentius gehenden Scholien entsprechen im wesentlichen dem Servius unserer Vulgat-Hss. Titus Gallus wird nur an wenigen Stellen, die bis Georg. I 54 reichen, angeführt: sein Kommentar wurde vermutlich von dem Epitomator bald beiseite gelegt, weil er wohl auch aus dem Serviuskommentar herausgeschält war und gegenüber den beiden andern nichts Neues enthielt (vgl. Mommsen 447). Was nach Abzug der von Gaudentius und Gallus herrührenden Bemerkungen übrig bleibt, kann mit der nötigen Vorsicht im wesentlichen für Philargyrius in Anspruch genommen werden.

Aber das letzte Wort ist in der Philargyriusfrage noch nicht gesprochen. Es fehlen noch genauere Untersuchungen über die Zeit, die Methode und die Quellen des Kommentators. Barwick 121 hat mehrfach Beziehungen zu den Scholia Lemovicensia und Vaticana festgestellt, d. h. den Erweiterungen des Servius (sog. Servius Danielis) in den Bucolica und Georgica. Ferner hat er, gestützt auf Übereinstimmung mit den Notizen des Aelius Donatus im Terenzkommentar und in den Fragmenten des Vergilkommentars, vermutet, daß Philargyrius diesen Grammatiker benützt habe; weitere Parallelen sind von P. Wessner Berl. phil. Wochenschr. 1910, 850 beigebrachr. Dazu stimmt ausgezeichnet, daß nach den Untersuchungen von F. Lammert Comment. phil. Jen. IX 2 ein sehr enges Verhältnis zwischen dem Serv. Dan. und Donat besteht, so daß es höchst wahrscheinlich ist, daß jener aus dem verlorenen Vergilkommentar des letzteren geschöpft habe; vgl. Tolkiehn Berl. phil. Wochenschr. 1913, 1267.

Die irische Glosse in den Berner Scholien Georg. II 115 pictos quos alii dicunt ,Cruithnecdiu‘ sed false scheint darauf hinzudeuten, daß diese Sammlung oder vielmehr ihre Quelle in Britannien entstanden ist. Denn auch in der Explanatio begegnet eine Menge irischer Glossen. In Explan. I steht zudem bei eclog. 3, 90: De Maevio vero nihil reperi, ut Adamnanus ait. Man hat daraus geschlossen, daß Adamnan von Hy, der 623 oder 624 in der irischen Grafschalt Donegal geboren war, das Zustandekommen der Sammlung veranlaßt hat; vgl. Manitius Gesch. d. lat. Lit. d. M.-A. I 239. In Irland scheint auch, und zwar in der nämlichen Zeit, die Erweiterung des Servius vorgenommen worden zu sein; vgl. Barwick Philol. 1911, 145.