Rosen-Monate heiliger Frauen/Katharina

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LV.
25. November.
Katharina.


 Wer kennt nicht den Namen Katharina? Und doch könnte man auch wieder fragen, wer kennt ihn? Die Nachwelt hat sich von der Person mit diesem Namen wohl ein schönes Bild entworfen. Die griechische Kirche hat die Bedeutung des Namens sogar verstärkt, Aei-Katharina, das ist eine Immer-Reine daraus gemacht. Jungfräulichkeit, tiefe Erkenntnis der göttlichen Wahrheit, ein weltüberwindendes Zeugnis durch Wort und Todesleiden wird nach allgemeiner Uebereinstimmung an der hohen Katharina gepriesen, während doch alles, was wir über ihre besonderen Lebens- und Todeszustände wißen, unverbürgt und sagenhaft ist. So groß und hehr schien dem Alterthum eine Vereinigung von Jungfräulichkeit, christlicher Geistesbildung und Martyrerthum, daß der Glanz davon in Ruhm und Preis bleiben konnte, während man alle| speziellen Berichte vergaß und ihrer unsicher wurde. So wie in einem Garten manchfaltige Blumen das Auge erquicken und eine jede für sich als ein Meisterwerk der göttlichen Macht und Weisheit erkannt wird, so verehrt die dankbare Kirche in verschiedenen, geschichtlich fast unbekannt gewordenen Personen Meisterwerke der heiligenden Gnaden. Wie sich aus irgend einer Erscheinunng ein Gedanke entwickelt, so haben viele geschichtliche Personen mit ihrem Leben und Sterben den Boden bilden müßen, aus welchem sich heilige Ideale erhoben, Gottes würdig und schön, zur Lobpreisung des ewigen Herrn und zur Nachfolge reizend. Da wird aus der geschichtlichen Barbara eine Jungfrau, die den natürlich liebenden und klugen Vater in der Klugheit einer himmlischen Liebe überwältigt, eine Tochter, welche in der Hingabe an den ewigen Bräutigam Christus alles übertrifft, was ihr Vater aus ihr machen wollte. Aus der geschichtlichen Katharina wird ein Ideal der höchsten weiblichen Bildung in Christo Jesu, welche, keusch, rein und fest, alle Proben der Leiden übersteht. Die so überaus hinfällige jungfräuliche Natur erscheint durch die Macht der allerheiligsten Religion Jesu über sich selbst erhaben und| verklärt. Die Kirche wollte an den Frauengestalten, welche sich im Verlauf des Jahres ihrem sinnenden und verehrenden Geiste vorstellten, sich und ihren Kindern zeigen, zu was für einer herrlichen Stärke durch den Geist Jesu sich das erheben könne, was natürlich schwach ist. Thoren faßen es nicht und sehen gleichgiltig auf Namen, die in der Kirche große Ehre haben, aber doch unbekannt geworden sind. Weise Menschen aber begreifen den Gang und Sinn der heiligen Kirche und freuen sich des schönen Frühlingsduftes, der aus fernen Zeiten bis herüber zu unsern Zeiten getragen wird und ohne Zweifel von dem Herrn der Kirche selber seinem Volke zu Heil und Segen vermeint ist. – Katharina soll unter dem II. Maximin zu Alexandrien gelitten haben. Sie sei, sagt man, von königlichem Geschlechts gewesen, geschmückt mit den Vorzügen eines reichen Geistes und schönen Leibes. Maximin habe Philosophen abgesendet, sie von Christo abzubringen, das Umgekehrte aber sei geschehen. Nicht sie sei verkehrt, sondern die Philosophen bekehrt worden. Auf den Bildern sieht man sie an ein Rad gelehnt, das mit Stacheln versehen ist: darauf habe man ihren Leib geflochten; bei der Bewegung der| Räder aber seien die Stricke gerißen, so daß ihr der Tyrann das Haupt endlich abschlagen ließ. Unwahrscheinlich sind alle diese Dinge nicht; das alles kann ja geschehen sein. Da wir aber keine Gewisheit von allem besitzen, so freuen wir uns mit der alten Kirche über die Vereinigung von Jungfräulichkeit, tiefer Erkenntnis und Leidenskraft, welche sich mit dem Namen Katharina vereinigt, und wer unter uns den Namen Katharina trägt, nimmt sich insonderheit, so viel ihn angeht, an Katharina ein Beispiel.




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