Seite:Abhandlung des Daseyns der Gespenster.djvu/080

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus

nur noch etliche anführen, welche mir wegen ihren sonderlichen Umständen merkwürdig zu seyn scheinen. Eine derenselben ist folgende, und sie enthält eine der prächtigsten Erscheinungen, welche man kaum sonst in einer Begebenheit finden wird. Ich gieb mit kurzen den Innhalt derselben. Ein Jüngling zu Magdeburg, Udo mit Name, ware in seinem Studieren eines sehr harten Begriffes: weder der Fleiß seiner Lehrer, noch die Schläge könnten ihm die Wissenschaften beibringen. Da er einmal sehr misvergnügt über seine eigene Unfähigkeit zu den Wissenschaften, aus der Schule gieng, verfügte er sich in die Thumkirche, und flehete bei der Mutter der Weisheit um die Gabe der Wissenschaften. Sein Gebett wurde erhört, Maria erschien ihm, und gab ihm nebst der Gabe der Weisheit, das Versprechen zur erzbischöflichen Inful. Udo hat hierauf in den Wissenschaften also zugenommen, daß er nach dem Tode des Erzbischofe allein würdig zu seyn erkennet wurde, den Hirtenstaab über das verweiste Erzbißthum zu erhalten. Dieses geschah unter Kaiser Otto dem Dritten, allein die glänzende Würde veränderte die Sitten des neuen Erzbischofs, und sein von Wissenschaft aufgeklärter Verstand wurde durch die Laster verfinstert. Udo vergessend aller erhaltenen Gnaden häufete Laster auf Laster. Er schändete GOtt geheiligte Jungfrauen, und absonderlich mit einer Abtißin der schwarzen Klosterfrauen Cistercienserordens wälzete er sich in allen fleischlichen Gelüsten herum. Er wurde zwar öfters zu Nachts in dem Bette durch eine Stimme: Udo Udo höre auf von diesem Spiele: Udo Udo cesa à ludo: seiner Gottloßigkeit ermahnet, aber seine Ohren waren taub, und sein Herz verhärtet. Als aber einsmal Fridericus ein gottseeliger Thumherr bei nächtlicher Zeit in der Thumkirche sein eifervolles Gebeth verrichtete, und GOtt um Abstellung dieser Aergerniß inbrünstig bittete, erschien Christus,

Empfohlene Zitierweise:
Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus. , Augsburg 1768, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Abhandlung_des_Daseyns_der_Gespenster.djvu/080&oldid=- (Version vom 23.2.2020)