einen Wunsch noch hatte sie gekannt: Fort! fort! Nie mehr jene beiden sehen müssen, von denen sie gekränkt, erniedrigt, betrogen worden … So hatte sie alle Gemeinschaft mit ihm öffentlich zerrissen.
Jahre waren seitdem vergangen. Und dann war plötzlich ein rastloses Sehnen über sie gekommen, und mit unwiderstehlicher Gewalt hatte es sie aus der Ferne hierher zurückgezogen in das Haus, wo das Glück einst wohnte. Sie wußte nicht, was es war, das sie gezwungen hatte wiederzukehren, da doch alles verloren – aber, was sie bisher nur dunkel gefühlt, ohne es sich selbst doch eingestehen zu wollen, hier tönte es ihr fragend aus den verödeten Räumen und von den kahlen Wänden entgegen: warst du es nicht selbst, die das fliehende Glück auch noch vertrieben?
Ihrer Jugend war damals unmöglich erschienen, daß sich über die Verheerungen solchen Zusammenbruchs je eine Brücke schlagen ließe, auf der die für immer getrennt Scheinenden, doch wieder den Weg zueinander fänden; heute wußte sie, daß gar manches auf Erden, das stark genug ist, schwere Lasten zu tragen, aus Trümmern erbaut wurde, und daß die meisten Leben nur Flickwerk sind. Sie hatte es erfahren, daß jedes neue Jahr doch etwas von jenen unantastbar scheinenden Forderungen abhandelt, mit denen die Menschen des
Elisabeth von Heyking: Weberin Schuld. G. Grote’sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1921, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Weberin_Schuld_Heyking_Elisabeth_von.djvu/021&oldid=- (Version vom 31.7.2018)