und Zukunft, thronen, ganz gleich, ein und dasselbe alle drei. Und zu ihnen aufschwellend das Murmeln der Mönche, uralte Gebetsworte in eintöniger Wiederholung, wie das einschläfernde Vorbeirauschen eines Stromes. Ein Ahnen der Bedeutungslosigkeit aller Erscheinungsformen – weil nie endgültig – stieg von dem allen auf, lag über dem ganzen Tempelgelände wie geistige Atmosphäre gebreitet. Pflanzen, Tiere, Berge oder auch Menschen mit ihren Leiden und Freuden, was waren sie denn mehr als solch ein Wort, das der Priester spricht, das eine Sekunde tönt und alsobald verhallt. Scheinbar, als sei es nie gewesen. Und doch – vielleicht – wie alles übrige, wie Kleinstes und Größtes, wie jede Schuld und alle Sühne, auch Teil eines ungeheuren, noch unbegriffenen Planes, auch Ergebnis eines unabänderlichen Gesetzeswalten, vor dem es kein Entrinnen, nur stilles Sichfügen, Sichwandelnlassen gibt. – Wer vermochte es zu sagen! –
Eine Wirkung aber hatte solch Oftgedachtes, das in der Luft des Ortes zu schweben schien: Unrast sacht einwiegend, Auflehnung sanft betäubend, Schmerz unmerklich mildernd – so umwob die Fremde leise des Ostens geheimnisvoller Zauber. Und es freute sich dessen die Tempelbewohnerin, hielt die Gehetzte schon für erlöst von langem, schwerem Banne.
Elisabeth von Heyking: Weberin Schuld. G. Grote’sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1921, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Weberin_Schuld_Heyking_Elisabeth_von.djvu/121&oldid=- (Version vom 31.7.2018)