in übermäßigem Lichte sich lösend, vor uns zu entweichen scheinen, und wir nicht genau mehr wissen: wird unser Schiff noch wie von altersher von Wasser getragen, oder sind wir es selbst, die, aller gewohnten Fesseln und Zusammenhänge bar, in neuen Möglichkeiten frei durch den Raum fluten? – Stunden, wo sich dann solch fragendes Zweifeln an allem Bestehenden wie ein Mittagsgespenst hervorwagt!
Doch schwindelnd suchen die Augen gar bald wieder einen Halt in der flimmernden Leere, schwindelnd auch tastet der Geist aus der Welt der Unwirklichkeit sich zurück nach irgendeiner der wohlvertrauten Stützen, der altehrwürdigen Unumstößlichkeiten, die Sicherheit gewähren.
Und neben all diesen umrißlosen Gegenwarten, diesem Sein, das ein Zergehen ist, bleibt ja doch immer ein Ruhepunkt: dort, die scharf gezeichnete Küste des langgezogenen Kontinents, dessen Lauf das Schiff schon seit Tagen folgt, sie gewährt ihn. Denn das ist Wirklichkeit, das ist Festland. Und wie auch die gedehnten Wogen der Dünung, in nimmer rastendem Anschwellen und Zurückebben, auf und nieder schwanken, wie es auch flimmern und zittern mag, dort wo Himmel und Erde in trügerischer Ferne sich vereinen, dies feste Land steht während der ganzen Fahrt da, als müsse seine unerschütterliche
Elisabeth von Heyking: Weberin Schuld. G. Grote’sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1921, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Weberin_Schuld_Heyking_Elisabeth_von.djvu/149&oldid=- (Version vom 31.7.2018)