eine Gewöhnung die ihm seit seinem ersten Lallen geläufig war, indem schwedisch, französisch und deutsch gemeinschaftlich um seine Wiege schwirrten. Da er nie in eine dieser Sprachen tief und ernst nachgedacht, folglich nie ihren Geist erkannt und zum Organ seines innern Lebens gemacht hatte, so hatte er auch keine Vorliebe für eine von ihnen, sondern plauderte mit der brillantesten Geläufigkeit französisch wie ein Pariser, italienisch wie ein Römer, gar sehr elegant polnisch - so daß die Fremden ihn meistens für einen Landsmann hielten und freudig als solchen begrüßten, während er mit nichts und mit niemand, weder in Sprache, noch Geist, noch Herz Sympathien hatte. Er erlebte die Vermälung Napoleons mit der Erzherzogin, die Geburt des Königs von Rom, all den Glanz, all die Feste, all die Herrlichkeit, die keine andre Basis hatten, als den Willen eines Einzelnen, der sein Genie und sein Glück als Gesetz der Menschheit betrachtete. Etwas Berauschendes lag in dieser Existenz. Plötzlich trat ihre Nachtseite hervor. Achilles ward in der Ferse verwundet und starb daran. Vor dem fürchterlichen „Matt!“ welches ihm das Verhängniß in Rußland zurief, erholte Napoleon sich nie. Er hatte sich dermaßen mit dem weltbeherrschenden Geschick verschmolzen, daß er für immer
Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Erster Band. Berlin 1845, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn).djvu/018&oldid=- (Version vom 31.7.2018)