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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

jetzt: quod cum pane et vino vere exhibeantur corpus et sanguis Christi, vescentibus in coena D.

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 Da sind nun eine Menge Fragen erhoben worden, vor allem die, warum Melanchthon so geändert hat; dann die, welche Tragweite diese Aenderung hatte; endlich die, was Luther und die anderen Zeitgenossen davon gehalten haben? Namentlich über den letzteren Punkt gingen und gehen die Ansichten weit aus einander. Luther sei überhaupt darüber unzufrieden gewesen, dass Melanchthon die Augustana wie eine Privatschrift behandelt und eigenmächtig Aenderungen vorgenommen habe, sagen die Einen, und dieselben bringen auch bei, dass der Kurfürst von Sachsen schon vor 1540 mit den Aenderungen, welche Melanchthon in den vorangehenden Ausgaben gemacht, unzufrieden gewesen sei.[1] Von anderer Seite wird behauptet und sucht man durch geschichtliche Zeugnisse zu belegen, dass die Aenderungen mit Wissen und Gutheissung Luthers vorgenommen worden seien.[2] Das sind aber Fragen, auf welche wir für unseren Zweck nicht näher einzugehen brauchen.[3] Alles dreht sich um die Frage, aus welchem Grunde Melanchthon geändert hat, und welche Folgerung man aus der Aenderung Melanchthons ableiten will. Von einer Seite wird behauptet, Melanchthon habe die Aenderung den Schweizern zu lieb vorgenommen, denn diese hätten sich an die in der conf. variata enthaltene Abendmahlslehre leichter anschliessen können. Daraus folgert man aber dann weiter, dass, nachdem die conf. variata anerkannt worden, man lutherischer Seits das Bekenntniss vom Jahr 1530 nicht mehr gegen die Schweizer geltend machen, und dass man die confessio variata nicht mehr im lutherischen Sinn interpretiren durfte. Von diesen Behauptungen ist das wahr, oder wenigstens wahrscheinlich, dass Melanchthon allerdings bei der Aenderung die Schweizer im Auge hatte. Manche behaupten zwar, Melanchthon habe mit Rücksicht auf die Pontificii die Aenderung vorgenommen, und berufen sich dafür darauf, dass

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/115&oldid=- (Version vom 1.10.2017)
  1. Historie des Sacramentsstreits p. 447.
  2. So schon Hospinian in seiner historia sacramentaria II, p. 174.
  3. Eine gründliche Untersuchung dieser Frage bei Köllner, l. c. p. 237 u. den Noten 6–13.